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Original geschrieben von saintsimon
Interessant ist die Nachsicht in Deinem professoralen Umfeld. Gehen diese auch so tolerant mit schummelnden wissenschaftlichen Mitarbeitern oder Studenten um? Oder ist es "das Amt"(des Ministers), was zur Bigotterie verleitet/-blendet?
Wieso tolerant? Aus wissenschaftlicher Sicht ist es relativ leicht, wie es mit dem "Unterschleif" aussieht: wird ein Student dabei erwischt, dann kann die Arbeit mit nicht bestanden bewertet werden, muss aber nicht. Dies liegt im Ermessen des Bewertenden, der natürlich den Fall gemäß bestem Wissen, Gewissen und Ermessen entscheiden kann. Und ganz ehrlich: wenn mir einer das gesamte Semester über "auf den Sack" ging und sich dann auch noch bei einer Abschlussarbeit etwas "ungelenk" anstellt und erwischen lässt, dann würde ein persönliches Ermessen eher dazu tendieren, ein "nicht bestanden" zu vergeben, als bei jemandem, dessen Arbeit bereits während des Semesters positiv auffiel. Wobei in der wissenschaftlichen Praxis nach meiner Kenntnis (bin nicht in dem Umfeld tätig) selbst relativ eindeutige Fälle erstaunlich häufig einer von manchen möglicherweise nachsichtigen Regelung zugeführt werden.
Menschlich wie auch politisch würde ich mir nicht anmaßen wollen, diese Ertappten als "Betrüger" oder "Kriminelle" zu bezeichnen, denen man nicht über den Weg trauen darf. Die Kirche sollte bitteschön im Dorf bleiben. Anders wäre meine Wertschätzung bei jemandem gelagert, der den Tacho des Gebrauchtwagens zurückdreht.
Anders sieht es freilich aus, wenn wissentlich fremde oder gefälschte Ergebnisse verwendet werden, um Karriere in der Wissenschaft zu machen. Hier gab es eine Reihe prominenter Fälle, die aber wohl selbst die heftigsten Kritiker als völlig anders gelagert einschätzen.
Zitat
Original geschrieben von saintsimon
In einem Unternehmen wäre die Guttenberg'sche Plagiatur ein Kündigungsgrund, wenn sowas rauskäme (und auch schon viel banalere Sachen ...).
Das ist doch - entschuldige bitte - absoluter Quatsch und entspricht nicht der Realität. Wenn ich jemanden einstelle, weil er einen Doktortitel hat, dann kann für den Fall, dass der Doktortitel nach Abschluss eines Prüfungsverfahrens der Hochschule aberkannt wird, eine Kündigung erfolgen. Sofern der Stelleninhaber sich aber bereit bewährt hat, wird ein guter Arbeitgeber dem Ex-Dr. nicht kündigen, allenfalls eine Gehaltskürzung oder Ähnliches vorsehen.
Ein Doktor ist die Bescheinigung der Fähigkeit, selbstständig wissenschaftlich zu arbeiten. Es ist keine eigenständige Berufsausbildung, die einen befähigt bestimmte Berufe auszuüben. Von daher spielst Du eventuell auf Fälle an, wo der Bewerber bestimmte Fähigkeiten vortäuscht, ohne diese tatsächlich zu besitzen. Dies wäre völlig anders gelagert und ist obendrein rechtlich relativ eindeutig geregelt.