Liebe Kasia,
Zitat
Original geschrieben von Kasia
Natürlich steigert man die Nachfrage auf ein Produkt schlecht oder nur in geringen Stückzahlen lieferbar ist. Apple lässt das iPhone 4 ja nicht erst seit der Veröffentlichung fertigen oder? Also wenn man gewollt hätte wäre es möglich gewesen mehr Geräte zum Liefertermin in den Regalen zu haben. Apple weiß aber das viele Kunden es bestellen und wArten weil sie unbedingt eines haben wollen! Und Dinge die schwer zubekommen sind sind interessanter als Massenware!
Diesen Vorwurf an Apple liest man ja häufiger.
Man sollte jedoch folgende Punkte nicht aus dem Blick verlieren:
1) Apple legt größten Wert darauf, dass Produkte solange streng vertraulich bleiben, wie sie nicht offiziell angekündigt wurden. Wenn die Keynote am 7.6.2010 ist, wird man versuchen, nicht allzu lange vorher mit der Massenproduktion zu beginnen. Spätestens, wenn die Geräte aus der Fabrik raus sind und irgendwo gelagert werden müssen, ist es vorbei mit der Geheimhaltung - Transportverluste gibt es immer. (Dass es dieses Jahr mit der Geheimhaltung eher schlecht geklappt hat, ist zwar besonders peinlich, aber betraf einen Produktprototypen, der normalerweise gerade nicht in Massen existiert und daher normalerweise halbwegs brauchbar geheimzuhalten ist.)
2) Damit das Interesse nicht abebbt, darf der Erscheinungstag des Produkts nicht zu lange nach der Keynote liegen.
3) Wir leben in einer Weltwirtschaft, die auf Just-in-time-Production basiert - man will am liebsten garnichts lagern. Wenn eine besonders große Nachfrage erwartet wird, ist das einzige, was man tun kann, dafür zu sorgen, dass möglichst viele Maschinen gleichzeitig das Produkt bauen. Nun ist es aber offenbar so, dass Apple in den letzten Jahren in zunehmendem Maße Wert auf Fertigungsmethoden legt, die "Apple-spezifisch" sind - man denke nur an die Unibody-Gehäuse, wie sie beim MacBook Pro eingeführt wurden. Das macht es nicht einfacher, Zulieferer zu finden. Da ruft nicht ein Steve Jobs irgendwo an und sagt "ab nächster Woche macht Ihr iPhones". Da wird viele Monate lang am Herstellungsprozess getüftelt und gefeilt, und während wir das hier schreiben, sitzen schon bei Apple und einigen asiatischen Zulieferern Leute, die überlegen, wie sie das iPhone 5 bauen werden.
Auch die allgemeine Knappheit bei Ausgangsmaterialien wie den genannten Flash-Speichern schränken die Anzahl von iPhones, die man pro Zeiteinheit bauen kann, deutlich ein.
4) Zu guter Letzt will sich keine Firma finanziell zu sehr aus dem Fenster lehnen, auch Apple nicht. Wenn es heute heißt, dass die Nachfrage nach dem iPhone 4 am ersten Tag zehnmal so hoch war wie nach dem iPhone 3GS, dann kann man entweder das 3GS als großen Flop oder das iPhone 4 als wahnsinnigen Erfolg ansehen - in jedem Fall aber wird kein BWLer, der bei Apple einschätzen soll, für welche Zahl von Geräten Finanzen bereitgestellt werden sollen, mal eben sagen "ja klar, lasst uns mit der zehnfachen Zahl von Geräten rechnen". Der Jobs macht gerne eine große Welle, AMAZING, FANTASTIC und so weiter, aber es gibt in dieser Firma auch Leute mit Bedenken, Skizzen und Taschenrechnern, die in finanzieller Sicht konservativ vorgehen.
Es ist nunmal eine Tatsache, dass "flexibles Reagieren auf den Markt" und "Just-in-time-Production an wenigen Orten weltweit auf Basis beschränkter Rohstoffe" einander widersprechen.
Die relative Knappheit mancher Apple-Produkte ist manchmal ein Fluch, der dazu führt, dass Apple sich - wie heute - entschuldigen muss (http://www.apple.com/pr/library/2010/06/16iphone.html) - bestimmt nichts, was man so vorhergeplant hatte. Hin und wieder aber, und da will ich Dir, Kasia, nicht widersprechen, ist's sicher auch ein Segen, wenn es darum geht, ein gewisses Image von Exklusivität zu erhalten.
Nur denke ich nicht, dass es Apples Firmenpolitik ist, diese Knappheit ganz bewusst herbeizuführen (wenn man mehr herstellen & verkaufen kann, macht man das auch) - sie ist eher ein Nebeneffekt bestimmter Grundsätze, nach denen die Firma Produkte entwickelt und herstellen lässt.
Just my two cents,
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