aus den aktuellen Share-Infos:
Die Share-Infos (http://www.share-infos.de) haben seit Mai 2000 wiederholt vor einer negativen Entwicklung bei MOBILCOM gewarnt. Die Vorgänge der letzten Wochen zeigen, daß die Befürchtungen berechtigt waren und die MOBILCOM AG kurz vor dem Aus steht. Einzige Hoffnung der freien Aktionäre ist ein seit Wochen im Raum stehendes Übernahmeangebot, bei dem es jedoch Hinweise gibt, daß es hierzu eventuell überhaupt nicht kommen könnte.
Bei der Spekulation um ein Übernahmeangebot von FRANCE TELECOM an die freien MOBILCOM-Aktionäre schlugen die Wellen in den letzten Wochen sehr hoch und die Presse hat ausgiebig über den Vorgang berichtet. Ich möchte den Sachverhalt nicht im Einzelnen wiederholen, sondern lediglich auf ein Detail hinweisen, daß ein Pflichtangebot an die freien MOBILCOM-Aktionäre keinesfalls als wahrscheinlich erscheinen läßt.
Vor kurzem hat MOBILCOM gemäß § 41 Abs. 2 WpHG die Stimmrechtsverteilung der MOBILCOM-Aktionäre veröffentlicht. Meldepflichtig waren zum 1.4. alle Aktionäre, deren Anteil an MOBILCOM-Stimmrechten mindestens 5% betrug. Nach dieser Meldung hält FRANCE TELECOM 68,02% der MOB-Stimmrechtsanteile, wobei ihr 39,71% (der Anteil von MOBILCOM-Chef Schmid) nach § 22 Abs. 2 WpHG zuzurechnen sind. Diese Zurechnung ist seit Anfang 2002 unverändert und erfolgt vor dem Hintergrund des bestehenden wechselseitigen Optionsvertrages, der zwischen FRANCE TELECOM und Schmid besteht.
Sollte diese Darstellung zutreffen, ist davon auszugehen, daß ein Übergang der Kontrollmehrheit - und das ist der Terminus Technicus beim neuen Wertpapierübernahmegesetz WpÜG bei der Überschreitung des Stimmrechtsanteils von 30% - gar nicht stattgefunden hat, sondern bereits vor dem 1.1.2002 bestand, also vor dem Termin der Einführung des Übernahmegesetzes.
Wenn man dieser Sichtweise folgt, wird es kein Pflichtangebot geben. MOBILCOM-Aktionäre können dann nur auf ein freiwilliges Angebot von FRANCE TELECOM hoffen. Der Preis bei einem freiwillige Angebot kann jedoch von FRANCE TELECOM frei gestaltet werden. Eine Bindung an den Preis, den Schmid für seine Anteile erhält, ist nicht zwingend.
Vor diesem Hintergrund ist eine Spekulation auf einen 'free ride' beim Übergang des MOBILCOM-Aktienpakets von Schmid an FRANCE TELECOM keinesfalls risikolos. Der in der Presse immer wieder, vor allem durch Aussagen aus dem Hause MOBILCOM ins Spiel gebrachte Übernahmepreis von 22 Euro wäre Makulatur.
Ohne Übernahmeangebot muß die MOBILCOM-Aktie wieder nach den Maßstäben einer normalen Unternehmensbewertung bewertet werden.
Hier offenbart die jüngst vorgelegte Bilanz ein Desaster. Die Gesellschaft hat zum 31.12.2001 ein Konzern-Eigenkapital in Höhe von 3,77 Mrd. Euro. Auf der Aktivseite machen die UMTS-Lizenzen mit 9,4 Mrd. Euro (oder 83% der Bilanzsumme) den wesentlichen Vermögensgegenstand aus. Börsenbeobachter wissen seit langem, daß die UMTS-Lizenz weder in 2000 noch in 2001 abgeschrieben wurden und immer noch mit den Anschaffungskosten in den MOBILCOM-Büchern stehen.
Es ist bei Experten unstrittig, daß die im Bieterstreit im Jahr 2000 gezahlten Beträge für die UMTS-Lizenzen deutlich überzogen waren. Wenn man die Lizenzen jetzt um 40% abschreiben würde (und nach meiner Meinung im Rahmen einer Marktwertbetrachtung auch müßte), wäre das gesamte Eigenkapital von MOBILCOM aufgebraucht. Wenn jemand die Aussage trifft, daß die UMTS-Lizenzen nur noch die Hälfte von dem wert seien, was seinerzeit dafür bezahlt wurde, wäre die Konsequenz, daß MOBILCOM überschuldet ist.
MOBILCOM hat im Geschäftsbericht ausschließlich die Zahlen nach IAS-Bilanzierung dargestellt. Da nur die wenigsten Beobachter die Zahlen der deutschen HGB-Bilanzierung angefordert haben, kennen auch die wenigsten die Auswirkungen der Bewertung, wenn man die klassische deutsche Bilanzierung zugrunde legt.
Hier sehen die Zahlen noch düsterer aus. Ein Beispiel gefällig? Nach IAS beträgt das MOBILCOM-Ergebnis des vergangenen Jahres Euro -206 Mio. Euro. In der HGB-Bilanz wird ein Verlust von satten 2,1 Mrd. Euro ausgewiesen. Das ist 10(!)-mal soviel wie in der IAS-Bilanz. Leider gehen die wenigsten Analysten auf diesen Sachverhalt detailliert ein, weil es zur Angewohnheit geworden ist, 'aus Gründen der Vergleichbarkeit' lediglich die IAS-Zahlen zu beurteilen.
Nach HGB verfügt MOBILCOM über ein Eigenkapital von 2,3 Mrd. Euro. Die UMTS-Lizenzen wurden in eine Tochtergesellschaft ausgelagert. Sie sind in der HGB-Bilanz von MOBILCOM nicht mehr direkt ersichtlich, sondern im Posten 'Anteile an verbundenen Unternehmen' enthalten. Nach einigem Suchen in der Auflistung verbundener Unternehmen findet man die MOBILCOM MULTIMEDIA GMBH, die über ein Eigenkapital von 3,73 Mrd. Euro verfügt. Ob diese GmbH selbst nach HGB bilanziert und die Lizenzen abschreibt oder den Ansatz gem. IAS beibehält, kann den Unterlagen nicht direkt entnommen werden. Da die MOBILCOM AG aber in der HGB-Bilanz keine Wertberichtigung auf die GmbH-Beteiligung vornimmt, ist davon auszugehen, daß keine Wertberichtigung vorgenommen wurde.
Diese Betrachtung hat weitreichende Konsequenzen. Der Verlust der MOBILCOM AG von 2,1 Mrd. Euro im Jahr 2001 stammt vor allem aus den Kosten des Aufbaus für das UMTS-Netz und der Zahlung von Zinsen für die sehr hohen Kredite. Die Kosten für die Kreditzinsen kommen im laufenden Geschäftsjahr weiter dazu. Der Aufbau des UMTS-Netzes ist ebenfalls nicht abgeschlossen. Bei einer Wertberichtigung von nur 2,3 Mrd. Euro auf die UMTS-Lizenzen ist MOBILCOM auch ohne diese Kosten schon überschuldet - oder etwas landläufiger ausgedrückt: pleite!
Ohne den Partner FRANCE TELECOM wären die Banken mit Sicherheit nicht bereit, an eine Verlängerung des am 31.7.2002 auslaufenden Kredits von 4,7 Mrd. Euro auch nur zu denken. Man muß es mit dieser Klarheit sagen: Ohne FRANCE TELECOM wäre MOBILCOM bereits seit längerer Zeit am Ende.
Die Entwicklung ist eigentlich dramatisch. MOBILCOM hat sich in einem Anflug von Größenwahn mit den UMTS-Lizenzen völlig übernommen. Der jetzige Börsenkurs ist nur noch mit der Erwartung der Marktteilnehmer auf eine attraktive durch FRANCE TELECOM begründbar. Diese Erwartung wurde vor allem aus dem Hause MOBILCOM geschürt, das erst jüngst über seinen Informationsverteiler ein solches Angebot als wahrscheinlich bezeichnet hat. Klar dürfte sein, daß FRANCE TELECOM nicht zuletzt angesichts der eigenen schwierigen Situation kein Interesse daran hat, große Geschenke an die freien MOBILCOM-Aktionäre zu verteilen.
Das größte Interesse am Überleben von MOBILCOM haben die Banken, die im Falle einer Insolvenz die nicht durch FRANCE TELECOM besicherten Kredite an MOBILCOM abschreiben dürften. In der Vergangenheit war u.a. die Rede davon, daß die Banken das MOBILCOM-Aktienpaket der FT übernehmen könnten. Wenn man dann noch eventuelle Anteile aus dem Besitz vom MOBILCOM-Vorstand Schmid dazurechnet, könnte es eventuell nach den Regelungen des WpÜG zu einem Pflichtangebot der Banken an die freien MOBILCOM-Aktionäre kommen.
Auf der heutigen Hauptversammlung mußte die MOBILCOM-Führungsriege jedenfalls harsche Kritik der Anteilseigner einstecken. In dem von der BDO vorgelegten Gutachten wird dem MOBILCOM-Vorstand Schmid nachgewiesen, daß er gegen seine Sorgfaltspflichten verstoßen hat. Der Vertreter der DSW sagte im Verlauf der Hauptversammlung, daß sich MOBILCOM in einer bedrohlichen Schieflage befinde. Die Entlastung wurde Schmid mit 86% der abgegebenen Stimme verweigert.
Für die freien MOBILCOM-Aktionäre bleibt folgendes festzuhalten:
- Die MOBILCOM AG ist bei marktgerechter Bewertung der UMTS-Lizenzen faktisch überschuldet.
- Die Verbindlichkeiten, für die FRANCE TELECOM eventuell bürgen muß, bleiben Verbindlichkeiten der MOBILCOM AG und müssen auch von dieser zurückgezahlt werden. Ob dabei die Banken oder FRANCE TELECOM der Gläubiger ist, ist für die MOBILCOM-Aktionäre unerheblich. Damit bleibt MOBILCOM auch im Falle einer jetzigen Brückenfinanzierung/Umschuldung Schuldner der hohen Verbindlichkeiten.
- MOBILCOM ist in der Schuldenfalle. Alleine die Zinszahlungen übersteigen die Erträge aus dem laufenden Geschäft. An eine Rückzahlung der Schulden ist mit der aktuellen Ertragssituation nicht zu denken. Aus heutiger Sicht besteht keine Möglichkeit, diese Schuldenfalle aus eigener Kraft zu verlassen.
- Ein Übernahmeangebot an die freien Aktionäre ist aus den oben genannten Gründen keinesfalls gesichert, eine Spekulation auf ein solches Angebot ist mit außerordentlich hohen Risiken behaftet.
- Sollte es zu einem Übernahmeangebot an die freien MOBILCOM-Aktionäre kommen, so sind die freien Aktionäre angesichts der desaströsen MOBILCOM-Entwicklung gut beraten, dieses anzunehmen.
MOBILCOM AG (WPK 662240): letzter Kurs: ca 15 Euro (unter hohen Schwankungen zwischen 13 und 17 Euro); Börsenplätze Frankfurt und XETRA (am umsatzstärksten).