Was spricht dagegen, zu sagen: "das ist mir unsympathisch, interessiert mich nicht, zieht mich nicht an, also befasse ich mich damit nicht, sondern beschäftige mich mit Dingen, die mich interessieren."
Menschen treffen in einem Fort auf diese Art Entscheidungen und das ist auch in Ordnung, man kann sich nicht mit allem befassen und ständig fundierte Entscheidungen treffen, das wäre in hohem Grade umständlich und ineffektiv. Der dabei wirksame Instinkt trifft eine notwendige Vorauswahl und das ist m.E. eine erprobte Überlebensstrategie.
An wieviel potentiellen Sexualpartnern geht man achtlos vorbei, weil sie einen nicht interessieren, ohne sich mit deren Person fundiert auseinandergesetzt zu haben, völlig klar.
Bescheuert ist nur, wenn man dieses Sympathie/Antipathie-Verhalten so unreflektiert läßt, daß man gleich derartig übers Ziel hinausschießt und etwas dann auch noch zusätzlich abwerten muß, weil man sich unter Rechtfertigungszwang sieht, sich also im Grunde in der Defensive zu befinden meint. Wäre meine Erklärung für die doch sehr spürbare Aggression in der Ablehnung.
Niemanden sollte stören, wenn sich jemand anders nicht für etwas interessiert, was man selber gut findet. Aber es ist klar, daß man sich ärgert, wenn der Betreffende ein abwertendes Urteil absondert, ohne sich mit der Materie angemessen befaßt zu haben.
Im Grunde ist das aber ziemlich normal. Meine persönlichen Knackpunkte wären Angela M. und Edmund S. Die stoßen mich spontan so ab, daß ich gar keine Lust habe, mich mit denen zu befassen. Nur als Beispiel. Ist wahrscheinlich genauso blöd.
Viel Konfliktpotential.
Wie man auf etwas reagiert, was man nicht kennt, ist eine Charakterfrage.
"Was der Bauer net kennt, frißt er net", oder auch "was die Masse gut findet, ist grundsätzlich nichts für mich" (Anarchist/Individualist) oder "das ist eine Kassenerfolg, das muß gut sein" sind alles Urteile vor der eigentlichen Beschäftigung mit der Sache an sich.
Eine ganz andere Frage ist die Diskussion über einen Gegenstand, den alle Beteiligten wirklich kennen. Das ist eine ganz anderes Stadium. Was HP betrifft: es steht und fällt damit, ob man sich mit der Geschichte identifiziert und dann hineinfallenlassen kann oder nicht. Vielen ist das zu albern (Kindergeschichte). Ich könnte mir vorstellen, daß "junge Erwachsene" noch nicht wieder Lust haben, sich "dem Kind im Manne" wieder zu überlassen, später sieht man das dann wieder lockerer, weil man sich wieder sicherer fühlt. Aber sogar mein 82jähriger Vater hat HP1 ganz gelesen, obwohl er es eigentlich albern fand. Aber jedesmal nachdem er das Buch weggelegt hatte, ließ es ihn dann doch nicht mehr los und er hat weitergelesen, weil er wissen wollte, wie's weitergeht und es dann bis zum Ende gelesen.
Das ist eigentich eine interessante Frage: sollte man sich vornehmen, sich hin und wieder bewußt mit Dingen zu beschäftigen, die einen spontan abstoßen? (Ich kann z.B. BMW und Mercedes auch nicht leiden, käme für mich nicht in Frage, vielleicht sollte ich trotzdem mal ne Probefahrt machen?) Oder lieber seinem Instinkt trauen?
Hat man diese Wahl überhaupt?
Was HP betrifft: ich finde es persönlich schade, wenn man die Bücher aufgrund von Vorurteilen nicht kennenlernt, bin der Meinung, es entgeht einem was. Aber lebenswichtig ist es überhaupt nicht. Sie können Spaß machen und fesseln, aber fürs Leben gewinnt man als Erwachsener bestimmt nicht viel...
Ich finde im Gegensatz zu den meisten hier übrigens nicht, daß HP eine typische Modeerscheinung ist. Modeerscheinung heißt, daß viele sich auf etwas stürzen, weil es gerade "in" ist, bei HP habe ich das Gefühl, daß die meisten Fans es jeder für sich wirklich gut finden. Ist das nicht etwas ganz singuläres? Wie oft kommt so was eigentlich vor? Mit fällt da spontan gar keine Parallele ein, von Dingen wie Rubik's Cube, Skateboards, etx. abgesehen. Dann eher schon Phänomene wie Boris Becker oder Marilyn Monroe. Aber im Literaturmarkt? Im Film gibt es ähnliches, Projekte, die viele anziehen wie Star Wars oder meinetwegen auch HDH, oder Star Trek. Hier ist der "Hype" aber schon zum großen Teil industriell geplant.
Wem fällt eine vernünftige Parallele zu HP ein? Hanni und Nanni, 5 Freunde oder so was? Der Kampf der Tertia. Weiß nicht, paßt nicht wirklich, oder?
Den Vorwurf, daß HP unrealistisch ist, finde ich lächerlich. Da könnte man ja gleich nur noch wissenschaftliche Werke lesen und die Phantasie abschaffen. Wenn man Band 5 gelesen hat, weiß man auch, daß HP überhaupt nicht durchgängig positiv und moralisch unangreifbar dargestellt wird. Die Realität eines Heranwachsenden ist dagegen ziemlich genau getroffen.
Ich fände interessant, wenn die HPhasser schreiben würden, was jeder so stattdessen sehr gerne lesen/gelesen haben, vielleicht stoßen wir auf was neues?
Des weiteren fände ich interessant, wenn Eltern erzählen würden, was sie von der Wirkung von HP auf ihre Kinder halten, aber da ist dieser Thread wohl der falsche Ort.
Just my 2cts.
CUdj.