Zitat
Dem Schüler und seinen Eltern wird glaubhaft und erfolgreich vermittelt, ein Studium sei so ziemlich der einzige Garant für einen Arbeitsplatz.
Dem Bürger wird auch allgemein "glaubhaft und erfolgreich vermittelt", dass Erwerbsarbeit auch in den nächsten 50 Jahren für alle da ist und die einzige Grundlage zu einer finanziellen Lebensgestaltung ist
Weiterhin wird erfolgreich vermittelt, dass sämtliche soziale Tätigkeiten (wo es künftig tatsächlich an "Humankapital" fehlen wird) sich nicht Lohn-en und für eine psychisch meist hoch belastetende Arbeit kaum Geld zu verdienen gibt. Denn merke: mit z.B. Alten den Arsch abwischen sind keine jährlichen Produktivitätssteigerungen sowie Renditeziele von 15-25% möglich
Wenn ich mir das Gesamtsystem anschaue, gibt es hier so einige Baustellen, die mit übelster Kurzsichtigkeit angegangen werden. Auch weiterhin werden Arbeiten, die wo anders billiger zu bekommen sind aus Europa abgezogen und in Länder verlagert, wo Menschen froh sind, wenn sie für 10 Euro am Tag 12 Stunden schuften dürfen (um es mal sehr übertrieben zu sagen). Was entsprechend hier vor Ort noch gebraucht wird sind Kräfte für Tätigkeiten, die sich nicht verlagern lassen, z.B. Handwerker oder der komplette soziale Bereich. Nur damit ist nicht viel Gewinn zu machen. Was imho überhaupt hier noch Zukunft hat, sind schlaue Köpfe für ein "Invented and engineered in Germany"-Siegel. Und ob diese schlauen Köpfe aus dem McDoof des Bildungssystems mit einem verschulten Bätschlor kommen wage ich zu bezweifeln.
Nur: das eine ist eine gesamt-gesellschaftliche Debatte die nicht geführt wird, das andere ist eine Diskussion über einen Teil des Bildungssystems. Und da ist für mich als einen Diplom-Inhaber relativ klar, dass die Umstellung auf das Ami-B-A-System in der derzeitigen Ausgestaltung ziemlich für den Popo ist. Es erfüllt ja nicht mal das, was einem die Werbeslogans versprochen haben: erleichterter Uniwechsel, erleichterte Auslandssemester und Anerkennung von Leistungen von anderen Unis, egal ob in- oder ausländisch.
Wenn die Profs weiter nur 8 Std Lehrverpflichtung pro Woche im Semester haben, funktioniert eine brauchbare Betreuung weder mit der gestiegenen Menge an Studenten, noch mit der systembedingt gestiegenen Anzahl an Klausuren. Würde ich heute noch studieren müssen, ich tät die Uni fett verklagen, dass ich für meine Studiengebühren weniger Gegenwert bekomme.
Was die Uni zumindest früher vermittelt hat, waren einmal Inhalte, aber viel wichtiger Strategien Fragestellungen anzugehen und auf einem viel abstrakteren Niveau zu denken sowie über den berühmten Tellerrand zu gucken. Damit wurde man für mehr als eine bestimmte Position oder Funktion in einer bestimmten Firma ausgebildet. Dass es andersrum v.a. kurzfristig viel wirtschaftlicher ist dürfte klar sein. Die Frage ist: will die Gesellschaft das? Zumal ich einen "Schmalspurangelernten" natürlich auch viel billiger einkaufen kann als einen Höherqualifizierten...