tele.ring überlegt doppelte 3G-Strategie
Wie die COMPUTERWELT von verschiedenen Brancheninsidern erfahren hat, dürfte Telering Mitte nächsten Jahres erste EDGE-Tests durchführen. Ende 2004 werden auch Endgeräte am Markt erwartet, die sowohl GSM, GPRS, EDGE als auch WCDMA (UMTS) beherrschen. "EDGE ist Teil eines möglichen Planungsszenarios für Telering" sagte Marketingchef Michael Krammer auf Anfrage, "Aber es hat derzeit keine Marktrelevanz, es ist eher eine Vision." Die Effizienz von UMTS sei noch höher, auch würde es dafür bald mehr Endgeräte geben. Alle österreichischen Mobilfunk-Netzbetreiber werden bis Jahresende mindestens 25 Prozent der österreichischen Bevölkerung mit ihren UMTS-Netzen versorgen, bis Ende 2005 sollen es nicht weniger als 50 Prozent sein.
Während Telering sich vorstellen kann, "irgendwann" EDGE als 3G-Technologie für die "erweiterten Ballungszentren" einzusetzen, setzt One rein auf UMTS. Wie CCO Christian Czech bestätigte, sind seine EDGE-Überlegungen nicht mehr aktuell. Ein Einstieg wäre für One, und insbesondere T-Mobile und Mobilkom auch ziemlich kostspielig. Telering hingegen hat ein moderneres Netz, welches relativ einfach aufgerüstet werden kann. 3G könnte so schneller und kostengünstiger in größeren Regionen angeboten werden.
Ob sich dies neben UMTS tatsächlich rechnet wird von der allgemeinen Entwicklung der mobilen Datennutzung und der weiteren Kundenentwicklung von Telering abhängen. Diese Woche wird Telering-Eigentümer Western Wireless die Zahlen für das dritte Quartal veröffentlichen. Dabei wird auch das überspringen der Marke von 500.000-Mobilfunkkunden in Österreich erstmals offiziell bestätigt werden.
DETAILS ZU EDGE
EDGE (Enhanced Data rates for GSM Evolution) ist eine Weiterentwicklung von GPRS ("2.5G") und wird daher der dritten Generation zugerechnet. Auch die Datenraten sind durchaus mit anderen 3G-Technologien vergleichbar. Dank besserer Modulation können pro GSM-Zeitschlitz 48 kbit/s (statt 9,6 kbit/s bei GPRS) übertragen werden. Werden alle acht Zeitschlitze dafür genutzt, sind 384 kbit/s Bruttodatenrate möglich.
Die tatsächlich verfügbaren Bandbreiten in den bisher kommerziell betriebenen EDGE-Netzen liegen bei 144 bis 192 kbit/s im Download (drei bis vier Zeitschlitze) und 48 bis 96 kbit/s im Upload (ein bis zwei Zeitschlitze). Auf der ITU Telecom World 2003 in Genf vergangene Woche hatte TTPCom EDGE-Datenraten von über 216 kbit/s netto demonstriert.
Ein weiterer wesentlicher Vorteil von EDGE ist die flexible Verwaltung der Zeitschlitze. Bei herkömmlichen GPRS-Verbindungen wird zu Beginn eine bestimmte Anzahl von Zeitschlitzen zugeteilt, beispielsweise drei für den Download und einer für den Upload ("Class 4"). Wird die Kapazität im Netzwerk knapp, wird oft die Datenverbindung gekappt, da Voice-Calls und insbesondere Notrufe Vorrang haben. Mit EDGE kann die Zahl der für den Datenverkehr verfügbaren Timeslots bei aufrechter Verbindung erhöht oder gesenkt werden, je nach Netzauslastung.
Alles in Allem kann mit EDGE die Kapazität eines GSM/GPRS-Netzes deutlich gesteigert werden, ohne dass zusätzliche Sendeanlagen oder Frequenzen erforderlich wären. Ericsson spricht von einer Verdreifachung. Tatsächlich ist die Kapazitätserweiterung aber natürlich vom Anteil der EDGE-Geräte an den für Datenübertragung genutzten Handys im jeweiligen Netzwerk abhängig.
Gegenwärtig gibt es erst wenige EDGE-Mobiltelefone am Markt (darunter Modelle von Nokia (im Bild das 3200) und Motorola), aber eine ganze Reihe großer Hersteller entwickelt bereits entsprechende Geräte (LG, Sony Ericsson, TCL). Da schon einige EDGE-Netzwerke in Betrieb sind und über 50 Netzbetreiber (in Europa beispielsweise aus Finnland, Frankreich, Italien, Littauen und Ungarn) diese 3G-Technologie angekündigt haben, wird die Modellvielfalt bald steigen und werden die Endgeräte-Preise schnell fallen.