Hamburger Morgenpost v. 21.01.03.
MISTER X | 21.01.2003
HanseNet: Vergessen in der Warteschleife
„Was ist eigentlich bei HanseNet los?“ Immer mehr Bürger fragen sich das. Kunden, die zu dem Hamburger Telefonnetzbetreiber wechseln wollen, erteilen einen Auftrag – hören aber nie wieder etwas davon.
Andere sind schon lange bei HanseNet – doch dann ziehen sie um und schon nimmt das Unheil seinen Lauf. Chaos pur also. Was dahinter steckt – Mister X deckt auf.
Mit einem Highspeed-Anschluss von HanseNet macht das Surfen erst richtig Spaß“, verspricht die Werbung. „Turboschnell durchs Internet. Per Flat-
rate rund um die Uhr im Netz.“ Und das alles für nur 59,90 Euro im Monat!
Klingt gut, sagt sich Dieter Dembkowski – und bestellt am 3. August das „HanseNet Speed Komplett“-Paket. Zwei Tage später bekommt er die Bestätigung. Und das ist auch das letzte Mal, dass er von HanseNet gehört hat.
Dembkowski wartet. Drei Wochen. Vier Wochen. Als sich HanseNet immer noch nicht rührt, ruft er die Hotline an. Vergeblich. Wieder und wieder wählt er die Nummer – und landet jedesmal in einer endlosen Warteschleife. Schließlich schickt er ein Fax.
Drei Wochen später: HanseNet hat sich immer noch nicht gemeldet. Abermals ruft Dembkowski an – und kommt beim dritten Versuch endlich durch. „Eine freundliche Dame sagte mir, der HanseNet tue es sehr Leid, aber der Antrag sei noch nicht bearbeitet.“
Weitere vier Wochen später: das Gleiche. Noch einmal bekommt er die einstudierten Höflichkeiten zu hören. Dass man der Sache nachgehen werde und dass er nur noch ein klein wenig Geduld haben müsse. „Passiert ist wieder nichts“, sagt Dembkowski. „Ich habe dann einen Brief an die HanseNet-Geschäftsleitung geschrieben... Sie haben es erraten: Bis heute habe ich keine Antwort.“
Dembkowski ist kein Einzelfall. Schon seit Monaten wird Mister X mit Hinweisen auf die Pannen von HanseNet überschüttet. Viele Leser berichten, sie seien zunächst hoch erfreut gewesen, dass der müde Riese Telekom Konkurrenz bekommen habe. Inzwischen aber stehe das Hamburger Unternehmen seinem großen Mitbewerber in Sachen Behäbigkeit in nichts nach.
Das sieht auch Jan Müller so, ein 31-jähriger Herrenschneider. Ihm ist es ähnlich ergangen wie Dembkowski. Nur noch viel schlimmer. Auch Müller wartet Monat um Monat auf seinen HanseNet-Anschluss. Er beschwert sich. Er wird hingehalten. Und am Ende ist die Deutsche Telekom beim Abschalten des alten Anschlusses schneller als HanseNet mit dem Freischalten des neuen. Mehrere Tage ist das Telefon tot. Rückblickend sagt Müller augenzwinkernd: „Ich war ein glücklicher Mensch, bis HanseNet in mein Leben trat.“
Unser letztes Beispiel: Elfriede Behrmann. Auch die Besitzerin des Croque-Ladens „Knusperhäuschen“ an der Großen Elbstraße weiß, wie es ist, ohne Telefon auskommen zu müssen.
Schon seit Jahren verfügt Elfriede Behrmann über einen HanseNet-Telefonanschluss und ist damit sehr zufrieden. Das heißt: Sie war es. Bis zum 8. Oktober. An diesem Tag zieht sie von Rissen nach St. Pauli um und bittet HanseNet, den Anschluss möglichst unverzüglich freizuschalten.
Zunächst scheint dieser Wunsch auch in Erfüllung zu gehen. Schon ein paar Tage später soll der Techniker kommen. Elfriede Behrmann wartet vergeblich. Als sie um 17 Uhr im Call-Center nachfragt, heißt es, sie solle noch etwas Geduld haben. Als sie um 18 Uhr wieder anruft, meint ein anderer Call-Center-Mitarbeiter plötzlich, aus den Unterlagen sei nicht ersichtlich, dass an diesem Tag überhaupt ein Techniker kommen sollte.
Elfriede Behrmann gibt nicht auf, lässt sich einen neuen Termin geben – und wartet. Wieder vergeblich.
Als auch der dritte Termin verstreicht, ohne dass jemand auftaucht, wird sie wütend.
Happy End der Geschichte: Am 3. Januar, nach drei Monaten, kommt der Techniker endlich. Weil Elfriede Behrmann in der Zwischenzeit sämtliche Telefonate mit dem Handy erledigen musste, sind ihre Gebühren dramatisch gestiegen. Und das ist noch nicht alles: „Für die Techniker, die nie gekommen sind, habe ich dreimal meinen Laden schließen müssen. Die Umsatzeinbußen ersetzt mir niemand!“