Re: Re: Re: Re: Re: Re: Der falsch verstandene Wert von Pünktlichkeit!
ZitatOriginal geschrieben von polli
Das kann ich mir nicht vorstellen oder wird eine S-Bahn als 100% voll angesehen wenn alle eng gequetscht drin stehen und keiner mehr rein geht?
Zu den Hauptverkehrszeiten hat man sich zumindest als ich vor 10 Jahren noch in M gewohnt hab gefreut wenn man halbwegs bequem zur Tür rein kam und da München deutlich an Einwohnern zugelegt hat...
Würde man die Züge vor 6, nach 9 und nach 19 Uhr ausfallen lassen hätte man vermutlich sofort 90% Auslastung
Du müsstest genau lesen. Ich schrieb "durchschnittliche" Auslastung, das heisst quasi über den ganzen Tag gerechnet.
Dass es schon heute in der Hauptverkehrszeit überfüllt ist, ist paradoxerweise gerade die Folge der derzeitigen Fehlplanung, wonach der Verkehr ausserhalb der Morgenspitze absichtlich verschlechtert wird:
- Kurzfahrten die nicht bis zum Ziel fahren sondern vorher wenden (zumindest früher auf der S4 z.B. München - Geltendorf die in Grafrath oder Buchenau o.ä. wenden)
Dadurch werden Fahrgäste angezogen, die den 10 Minuten Takt "mitnehmen" wollen und vom 20/ 40 Minuten Takt ausserhalb der HVZ (oder jenseits der Kurzfahrten-Wendehaltestellen, Aussenäste) abgeschreckt werden. Und in den übrigen Zeiten werden keine Fahrgäste hinzugewonnen , die für die gleichmässige Auslastung aber dringend willkommen wären.
- Leute die z.b. Gleitzeit arbeiten könnten und wollen, es aber nicht tun weil ihnen die S-Bahn quasi vorschreibt "nur in der Morgenspitze bekommst du einen 10 Minutentakt; fährst du später wirst du mit 2 x 20 Minuten extra Wartezeit bestraft" ; dies ist kontraproduktiv, weil den Leuten quasi 40 Minuten Lebenszeit für ein eigentlich ökologisch sinnvolles Verhalten (Flexibilität, Fahren ausserhalb der Spitze) enteignet werden für nichts und wieder nichts;
- in der Morgenspitze fahren auch Leute bis ins Zentrum, die mit (nichtvorhandenen) Tangentialverbindungen viel besser bedient wären und weniger Platzkilometer in Beschlag nehmen würden. Dies hängt mit der unzulänglichen Netzstruktur zusammen.
Der Verkehrsbetrieb kann es sich aussuchen, welche Leute er "anzieht". Unglücklicherweise werden die wenigen Menschen die im Zentrum wohnen oder dorthin wollen überproportional "verwöhnt" , diese fahren entsprechend oft und zu allem Überfluss wird über ihnen dann das Füllhorn einer Flatrate (Monats-Zeitkarte) ausgekübelt.
Die anderen die erst unterwegs zusteigen, finden nur einen Stehplatz, weil die vorgenannten die Sitzplätze bereits belegt haben. Zum "Lohn" für diese Minderleistung (und den Umweg den sie wegen des Netzes nehmen müssen) dürfen sie dann auch noch mehr bezahlen für die Fahrt per Streifenkarte (denn wegen der schlechteren Leistung rentiert sich gerade für diese Fahrgäste die Monatskarte unterdurchschnittlich).
EDIT: Dein Beispiel mit dem "Ausfallen lassen von Zügen um höhere Auslastung hinzubiegen" sehe ich dir nach, da diesem Irrtum bis heute auch viele Entscheider und Politiker zum Opfer fallen. Natürlich spart man so nichts, da die Zinsen für die auf Kredit gekauften U- und S-Bahnen Tag und Nacht rund um die Uhr anfallen.
Funktionsfähige Züge zwischen 9 und 15 Uhr ins Depot fahren zu lassen anstatt auf der Linie, um den Takt aus angeblichen Spargründen auszudünnen, bedeutet nur, dass sie in dieser Zeit den Fahrgästen nicht zur Verfügung stehen, keine Fahrgeldeinnahmen bringen aber weiterhin Kapitalkosten verursachen. Zuzüglich Personalkosten für die oft leeren Aus- und Einrückfahrten, Trassenbelegung und Weichen- und Gleisabnutzung. :flop: Für nichts und wieder nichts.
Die einzige wirtschaftlich sinnvolle Folgerung daraus kann nur lauten, ganztägig einen gleichmässig dichten Takt anzubieten. Es ist nur eine Frage der Zeit bis sich diese rationale Erkenntnis durchsetzt.