Die Deutsche Bundesbank trauert um Helmut Schlesinger. Der ehemalige Bundesbankpräsident ist am 23. Dezember 2024 im Alter von 100 Jahren verstorben.
Helmut Schlesinger kam im Jahr 1952 als junger Volkswirt zur Vorgängerinstitution der Bundesbank, der Bank deutscher Länder. Bei der Bundesbank wurde er 1964 Leiter der Hauptabteilung Volkswirtschaft und Statistik, von 1972 an war er Mitglied des Direktoriums der Bundesbank und ihr Chefvolkswirt. Ab dem 1. Januar 1980 bekleidete er das Amt des Vizepräsidenten, bevor er am 1. August 1991 zum Präsidenten der Bundesbank ernannt wurde. Dieses Amt übte er bis zum Eintritt in den Ruhestand Ende September 1993 aus.
Vor allem Helmut Schlesingers Einsatz für eine stabile D-Mark bleibt in Erinnerung und bescherte ihm internationale Anerkennung. Es gilt bis heute auch als sein Verdienst, dass sich der Stabilitätsgedanke nach dem Vorbild der Bundesbank in ganz Europa ausgebreitet hat.
Helmut Schlesingers Handeln folgte stets klaren und festen Linien mit dem Ziel der Geldwertstabilität. In seinen mehr als 41 Jahren bei der Bundesbank hat er einen großen Beitrag dazu geleistet, dass die D-Mark eine der stabilsten Währungen der Welt war und auch zu dem Stabilitätsanker im späteren Europäischen Währungssystem wurde, sagte Bundesbankpräsident Joachim Nagel. Unsere Anteilnahme und unser Mitgefühl gelten jetzt seinen Angehörigen, so Nagel.
Nachruf:
Die Deutsche Bundesbank trauert um Helmut Schlesinger. Er war von Januar 1980 bis Ende Juli 1991 Vizepräsident und danach bis Ende September 1993 Präsident der deutschen Zentralbank. Schlesinger ist am 23. Dezember 2024 im Alter von 100 Jahren gestorben.
Schlesinger war insgesamt mehr als 41 Jahre für die Bundesbank tätig und prägte die Institution. Seine Zeit an dessen Spitze als Bundesbankpräsident erstreckte sich vom 1. August 1991 bis 30. September 1993.
Einsatz für eine stabile Währung
In seinen mehr als 41 Jahren bei der Bundesbank hat er einen großen Beitrag dazu geleistet, dass die D-Mark eine der stabilsten Währungen der Welt war und auch zu dem Stabilitätsanker im späteren Europäischen Währungssystem wurde, sagte Bundesbankpräsident Joachim Nagel in Gedenken an Schlesinger.
Sein Einsatz für eine stabile D-Mark bleibt in Erinnerung und bescherte ihm sowohl Anerkennung als auch so manche Kritik. Als „bayerischer Preuße“ oder „unbequemer Mahner“ wurde er in seiner aktiven Zeit bezeichnet. Er wittere Inflation unter jedem Kiesel, soll US-Finanzminister James Baker einmal über Schlesinger gesagt haben. Der damalige Bundesbankpräsident Hans Tietmeyer sagte im Jahr 1993, dass Schlesinger die deutsche Zentralbank zu einem "Bollwerk der Stabilität" ausgebaut habe. Die Börsen-Zeitung beschrieb ihn als „stabilitätspolitischen Pelikan“, weil der Pelikan hohes Ansehen aufgrund seiner Zuverlässigkeit, Aufopferungsbereitschaft und Fürsorge genieße. Gewiss ist: Auf nationalem und internationalem Parkett genoss der gebürtige Oberbayer hohes Ansehen.
Als Schlesinger Präsident der Bundesbank war, stemmte sich die deutsche Zentralbank mit höheren Zinsen gegen den Preisauftrieb infolge der deutschen Wiedervereinigung. Ihre beharrliche Hochzinspolitik stieß dabei auch im Ausland auf Kritik. Viele Partnerländer im Europäischen Währungssystem (EWS) machten die deutsche Zentralbank für die Währungskrisen und Abwertungsrunden der Jahre 1992 und 1993 verantwortlich.
Schlesinger sei es immer wichtig gewesen, Geldpolitik zu erklären – sei es in persönlichen Beiträgen oder im Monatsbericht der Bundesbank, den er akribisch und stilsicher redigierte. So beschrieb ihn der amtierende Bundesbankpräsident Joachim Nagel anlässlich Schlesingers 100. Geburtstages im September 2024. Viele in der Bundesbank erinnern sich an seine Bleistiftnotizen – er bevorzugte Härtegrad HB mittel.
Eigengewächs der Bundesbank
Im Alter von 66 Jahren wurde Schlesinger im Sommer 1991 Bundesbankpräsident, nachdem Karl Otto Pöhl zurückgetreten war. Es war der Gipfel der beeindruckenden Notenbankkarriere des passionierten Bergsteigers, die im Jahre 1952 bei der damaligen Bank deutscher Länder ihren Anfang genommen hatte. Spätestens seit Schlesinger 1964 die Leitung der Hauptabteilung „Volkswirtschaft und Statistik“ übernommen hatte, war er Vordenker der Zentralbank. 1972 rückte er als Dezernent für Volkswirtschaft und Statistik ins Direktorium der Bundesbank und damit in den Zentralbankrat. Es waren die turbulenten Jahre nach dem Zusammenbruch von Bretton Woods, dem System fester Wechselkurse. Auf Betreiben von Schlesinger führte die Bundesbank das Konzept der Geldmengensteuerung ein, dessen Umsetzung zum Renommee der D-Mark als besonders stabile Währung wesentlich beitrug.
Als Vizepräsident und „Innenminister“ der Bundesbank hielt er dem damaligen Präsidenten Pöhl Anfang der 1980er Jahre den Rücken frei für dessen internationale Aufgaben. Die D-Mark erwies sich in den 1970er und 1980er Jahren als eine der stabilsten Währungen. Sie entwickelte sich in dieser Zeit zur Ankerwährung im EWS.
Weg in gemeinsame europäische Währung
Am Anfang der europäischen Einigung, so erklärte es Schlesinger einmal selbst, habe ja noch ein ganz anderer Gedanke im Vordergrund gestanden – nämlich nie wieder Krieg in Europa. Mit seinem Einsatz für eine stabile D-Mark trug er als Bundesbankpräsident dazu bei, dass die D-Mark im europäischen Währungssystem nicht nur die dominierende Währung, sondern auch der Stabilitätsanker des Systems war. Damit ebnete er womöglich den Weg in eine gemeinsame europäische Währung.