Sozialneid, Doppelmoral & Co.: Mannesmann-Prozess

  • Unabhängig vom Ergebnis des heute begonnen Gerichtsprozesses um die Abfindungen, die in Zusammenhang mit dem Ende des Mannesmann-Konzerns geflossen sind:
    Die Berichterstattung ist wohl typisch deutsch: sowohl in der Presse als auch im Fernsehen wird Sozialneid ohne Ende geschürt, selbst bei einem Freispruch der Beschuldigten ist zumindest ein Ergebnis des Prozesses klar - der Neid und die Missgunst des "kleines Mannes" gegenüber Spitzenverdienern ist größer als zuvor.


    Interessant ist die dabei aber zutage tretende Doppelmoral einiger der Angeklagten: Wasser predigen und Wein trinken - für Gewerkschaftsvertreter und Betriebsräte wohl an der Tagesordnung. Ackermann, Esser und Konsorten haben finanzielle Annehmlichkeiten sicher nie verleugnet, aber Personen, die Arbeitnehmer vertreten und Arbeitgeber anklagen, sollten sich in mehrfacher Hinsicht fragen, inwieweit solches Verhalten mit der eigenen Aufgabe vereinbar ist.


    Sicherlich sind die Summen, um die es geht, jenseits des Vorstellungsvermögens der meisten Bürger, möglicherweise sind die geflossenen Abfindungen nicht nur moralisch, sondern auch rechtlich daneben. Aber die Art und Weise, wie die Beschuldigten in den Medien dargestellt werden, ist eine Vorverurteilung und Bedienung von Klischees, welche die Spannungen zwischen Gut-/Spitzenverdienern und 0815-Gering-/Kleinverdienern sicher nicht abbauen kann. Und der Kanzler klagt auch noch diejenigen an, die das einzig Rationale machen: das Land vorübergehend zu verlassen und im Ausland auf "normale" Verhältnisse warten.

  • Zitat

    Aber die Art und Weise, wie die Beschuldigten in den Medien dargestellt werden, ist eine Vorverurteilung und Bedienung von Klischees, welche die Spannungen zwischen Gut-/Spitzenverdienern und 0815-Gering-/Kleinverdienern sicher nicht abbauen kann.


    Bist du sicher, dass es die Art und Weise der Darstellung ist? Könnte es nicht daran liegen, dass wie du selber schreibst, die Taten selbst, moralisch und vermutlich rechtlich total daneben waren?


    Ich kann auch nicht nachvollziehen, warum du meinst a) diese Leute zu verteidigen zu müssen und b) es für wichtig empfindest, auf anderes vermeintliches Fehlverhalten hinzuweisen (was am Thema vorbei ist) um die aktuellen Dinge zu verharmlosen und in den Hintergrund zu stellen.
    Aber jeder so wie er mlchte. Sowie Meister Röhrig immer den Angriff der Russen bevorstehen gesehen hat, sehen manche Besserverdiener auch bei jeder Gelegenheit das Aufbegehren des Pöbels, dass einem ums rechtmässig verdiente Geld bringen will. So malt sich jeder sein Welt wie er möchte...


    Zitat

    Und der Kanzler klagt auch noch diejenigen an, die das einzig Rationale machen: das Land vorübergehend zu verlassen und im Ausland auf "normale" Verhältnisse warten.


    Ich finds erschreckend, dass du scheinbar einen Kanzler haben möchtest, der so ein Verhalten auch noch für Gut befindet. :eek: :D Würde man das mit Freunden oder Familie machen, hiesse sowas schlicht und einfach Verrat. Man muß sich schon innerlich sehr stark von Land und Leuten distanziert haben, um das als Gerecht zu empfinden...

    Viele Menschen denken, dass sie denken, wenn sie auch lediglich ihre Vorurteile umorganisieren
    - William James

  • Zitat

    Original geschrieben von popostoepsel
    Bist du sicher, dass es die Art und Weise der Darstellung ist? Könnte es nicht daran liegen, dass wie du selber schreibst, die Taten selbst, moralisch und vermutlich rechtlich total daneben waren?


    Die Art der Darstellung finde ich in der Tat sehr daneben, der Ausgang des Verfahrens ist für die viele Organe derzeit völlig irrelevant, ein Urteil wird vorweggenommen. Ich will den Beschuldigten bestimmt keine Absolution erteilen, aber eine Vorverurteilung allein wegen der Höhe der Zahlungen ist meiner Meinung nach reisserischer Populärjournalismus.


    Zitat

    Original geschrieben von popostoepsel
    Ich finds erschreckend, dass du scheinbar einen Kanzler haben möchtest, der so ein Verhalten auch noch für Gut befindet. :eek: :D Würde man das mit Freunden oder Familie machen, hiesse sowas schlicht und einfach Verrat. Man muß sich schon innerlich sehr stark von Land und Leuten distanziert haben, um das als Gerecht zu empfinden...


    Denkt man einen Schritt weiter, böte sich als Alternative an, die Ursachen für die Wohnsitzverlegung zu bekämpfen, oder? Erschreckend finde ich das nun wirklich nicht :)

  • Zitat

    Original geschrieben von Joe2
    Die Art der Darstellung finde ich in der Tat sehr daneben, der Ausgang des Verfahrens ist für die viele Organe derzeit völlig irrelevant, ein Urteil wird vorweggenommen. Ich will den Beschuldigten bestimmt keine Absolution erteilen, aber eine Vorverurteilung allein wegen der Höhe der Zahlungen ist meiner Meinung nach reisserischer Populärjournalismus.


    Wieso abhängig von der Höhe der Zahlung? Glaubst du die gehen nur mit Reichen so um?
    Der Maiami-Rolf wurde ja viel übler durch den Kakao gezogen, dabei war es weder rechtlich, noch moralisch oder verfahrenstechnisch Unrecht. Und die Summen um die es da ging waren "Peanuts".
    Nee, also ich finde es absolut ok, dass die Leute wenigstens von den sensationsgeilen Medien gleich behandelt werden. ;) Dass man das Verhalten der Medien generell nicht ok findet, da kann man drüber diskutieren, aber bitte nicht erst oder nur, wenn es die Besserverdiener trifft. ;)


    Zitat

    Denkt man einen Schritt weiter, böte sich als Alternative an, die Ursachen für die Wohnsitzverlegung zu bekämpfen, oder? Erschreckend finde ich das nun wirklich nicht :)


    Gib's zu ( ;) ): Dir ging es doch nur darum, wieder eine Spitze gegen den Kanzler einzubauen, auch wenn es mal nicht so recht zum Thema passt. So richtig Sinn gemacht hat die obige Behauptung ja nicht. Dass man die Ursachen bekämpfen sollte, da sind wir dann aber wieder einer Meinung. :)

    Viele Menschen denken, dass sie denken, wenn sie auch lediglich ihre Vorurteile umorganisieren
    - William James

  • Daß im Rechtsstaat (zum Glück) Moral und Recht nicht immer deckungsgleich sind, scheinen viele einfach nicht zu bemerken. Auch wenn es juristisch einwandfrei ist, was da abgelaufen ist, kann es doch trotzdem moralisch gesehen ganz andere "Qualitäten" aufweisen...

  • Nix für ungut, aber ich ich möchte mal ganz kurz einen Vergleich hier anstellen, um zu zeigen, was ich persönlcih für völlig daneben halte.


    Ein Herr Gerstdorf hat Milliarden an Beitragszahlungen ( in die Arbeitslosenversicherung) verdummt, und keiner redet von juristischen Folgen, sondern es wird nur über eine Entlassung gesprochen... von Schadenersatz, Strafe oder Aberkennung seiner Pensionsansprüche redet keiner.


    Herr Esser hat, wenn man mal den Wert der Mannesmann D2 AG laut Aktienkurs bei seiner Übernahme des Vorstandsposten gegenüberstellt gegen den Wert der Mannesmann D2 AG zum Zeitpunkt der Übernahme nur einen Bruchteil der Wertsteigerung als -ich nenne es mal Abfindung- erhalten... und die Aktionäre haben auch nicht 'draufgelegt....


    Insofern würde ich manchem ach so empört tuendem Politiker raten, mal lieber vor der eigenen Tür zu kehren.


    Und was die Presse betrifft :
    Das der "Normalbürger", wenn man ihm auf der Straße ein Mikrofon vor die Nase hält und von " soundsoviel Milliarden Abfindung" redet, dann den Betrag mangels Vorstellungsmöglichkeiten im Zweifelsfall mit seinem Verdienst vergleicht und dann von "Sauerei" redet.... wen wunderts.
    Schön, daß nirgendwo in der Presse was über die Wersteigerung des Unternehmens geschrieben oder gesagt wird... so kann man die öffentliche Meinung auch manipulieren .

  • Zitat

    Original geschrieben von BenediktW
    Daß im Rechtsstaat (zum Glück) Moral und Recht nicht immer deckungsgleich sind, scheinen viele einfach nicht zu bemerken. Auch wenn es juristisch einwandfrei ist, was da abgelaufen ist, kann es doch trotzdem moralisch gesehen ganz andere "Qualitäten" aufweisen...


    Aber "leider" haben Richter ein Gesetzesbuch und kein Moralbuch! Die Bibel z.B. ist nicht als rechstgültige Grundlage vor dem Staat zugelassen.


    Das hier hohe Summen gezahlt worden sind, ist nicht abzustreiten, aber wenn man die Summen in Proportion zum Geschäftvolumen sieht, sieht das ganze schon ganz anders aus (Mannesmann war doch mehrere Millionen Euro wert)! Der Chef der NYer Börse hat ja auch ziemlich viel "Rente" bekommen. Es gibt halt viele Leute, die "sau-viel" verdienen und es gibt Leute, die weniger als 10 Millionen im Jahr verdienen. Zu letzteren zähle ich übrigens auch!

    "Linienflüge sind was für Loser und Terroristen!"
    H.S.

  • Genörgel:


    uwm

    Zitat

    Ein Herr Gerstdorf hat Milliarden an Beitragszahlungen ( in die Arbeitslosenversicherung....


    Ich gehe mal davon aus, dass du den Herrn Gerster, seines Zeichens Chef der BA, meinst?


    Im Übrigen finde ich, dass dein Vergleich nicht wirklich weiterbringt. Du bringst Sachverhalte zusammen, die nichts miteinander zu tun haben. Auf ein berühmtes Zitat vom "Großen Blauen" sei hiermit verwiesen.


    Nach meiner Kenntnis der Materie reagieren die Aktienkurse im übrigen weniger stark auf eine gute Leistung des Vorstandes. Äußerst stark reagieren sie allerdings auf Übernahmegerüchte bzw. Kaufabsichten. Das dazu, dass du offensichtlich der Meinung bist, die Höhe der Abfindung ist durch die gute Arbeit des Herrn Esser der Art und der Höhe nach korrekt.


    BTT:
    Für mich sind die Umstände der Übernahme und letztendlich die Umstände der Zahlungen an den Vorstand das eigentlich Verwerfliche. Das gezahlt würde und auch in welcher Höhe gezahlt wird stand schon fest, als die Übernahme durch Vodafone noch abwendbar war. Just zu dem Zeitpunkt, als die Fa. Mannesmann noch Hunderte von Millionen für Kampagnen gegen die Übernahme ausgab. Das legt für mich nahe, dass die Zahlungen unmittelbar mit dem Einknicken des Vorstandes verbunden war. Und dann ist es wurscht, wie viel gezahlt wurde! Für mich steht dann das Wort Korruption im Raume! Die Presse, insbesondere die seriöse Presse, arbeitet dieses Thema imho sehr genau auf, ohne Populismus zu verbreiten. Die restliche Presselandschaft tut das, was sie eigentlich immer tut - ihr Produkt an den Mann, respektive an die Frau bringen!
    ;)

    Och danke! Und selbst so?

  • Zitat

    Original geschrieben von uwm
    Schön, daß nirgendwo in der Presse was über die Wersteigerung des Unternehmens geschrieben oder gesagt wird... so kann man die öffentliche Meinung auch manipulieren .


    und die war ja immens! was der chinese mit einem 10%igen aktienpaket verdient hat....:eek: :eek:


    da sind die 30mio ein klacks. und da sind wir beim springenden punkt: fett abkassieren an der börse geht nur wenn du sowieso schon mit millionen drin bist. klein bleibt klein und gross wird immer grösser.

    So long, Portugieser
    Ist man in kleinen Dingen nicht geduldig, bringt man die großen Vorhaben zum Scheitern. "Konfuzius
    chin. Philosoph (551 - 479 v. Chr.)"

  • Zitat

    Original geschrieben von uwm


    Herr Esser hat, wenn man mal den Wert der Mannesmann D2 AG laut Aktienkurs bei seiner Übernahme des Vorstandsposten gegenüberstellt gegen den Wert der Mannesmann D2 AG zum Zeitpunkt der Übernahme nur einen Bruchteil der Wertsteigerung als -ich nenne es mal Abfindung- erhalten... und die Aktionäre haben auch nicht 'draufgelegt....


    wer waren denn die Aktionäre? Die ganzen Angestellten von Mannesmann die bei der Zerlegung des Konzerns über die Wupper gesprungen sind? Die finden das bestimmt ganz klasse, dass der Herr Esser den Wert des Unternehmens so uneigennützig gesteigert hat. Die konnten bestimmt alle sowieso danach aufhören zu arbeiten, weil ihnen die Aktien ja so ein riesengrosses Vermögen eingebracht haben.


    Ich arbeite in Düsseldorf in der Nähe der ehemaligen Mannesmannröhrenwerke. Es ist hochinteressant sich mit den zumeist ehmaligen Angestellten zu unterhalten, wie deren Meinung so ist.


    Mag es rechtlich sein, wie es will, da habe ich absolut keinen Einblick. Aber die Entscheidung Herrn Esser über 30 Mio Euro hinterherzuwerfen kann ich ebensowenig nachvollziehen wie die anderen geflossenen Abfindungszahlungen. Eine wirtschaftliche Notwendigkeit war hier nicht gegeben. Worin bestand die Gegenleistung? Korrekt, in der Zustimmung zum Verkauf an Vodafone. Und damit scheint es wirklich so, als sei mit diesen Summen die Zustimmung zur Übernahme erkauft worden. Dass in den oberen Etagen die Moral im Zweifel durch Geld ersetzt wird, ist doch nichts neues, auch wenn es oft genug einige Etagen tiefer genau zugeht.


    Verwerflich sind in der Tat im besonderen die Zustimmung der Arbeitnehmervertreter. Doppelmoral ist mehr als berechtigt in diesem Zusammenhang. Da fällt mir nun wirklich nichts mehr zu ein. Aber auch hier regiert das Geld, das war in der IG Metall schon zu Zeiten eines Franz Steinkühler so. Oder nehmt ver.di, wettert gegen Stellenabbau und baut eigenes Personal ab. etc. pp.


    Und auch die Rolle von Herrn Ackermann ist mehr als zweifelhaft. Seinem Prüfungsauftrag scheint er meiner Meinung nach nur ungenügend nachgekommen zu sein.


    Was ich auch nicht begreife, warum bezahlt die Deutsche Bank Ackermanns Anwälte? Da würde ich als Deutsche Bank Kunde und Aktion#r doch gerne mal drüber informiert werden. Warum gibt es schon erste Gerüchte, Ackermann werde auf Kooperation machen und die Einstellung des Verfahrens gegen Zahlung einer Geldbusse anstreben? Wel er unschuldig ist? Weil die Deutsche Bank Schaden befürchtet? Aber wenn sie doch nichts zu befürchten hat...?

    Auch ein Traumjob berechtigt nicht zum Schlaf am Arbeitsplatz.

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