ZitatOriginal geschrieben von AdministratorDr
[Ingersoll Richmond]
Seh ich genauso! Die schwarze gefällt mir eindeutig besser.
[Mido Commander]
Danke für deine kompetente Äußerung :top: Ich schau mich dann mal nach um.
Wie pflegt man eine solche komplexe Uhr? Gibt es da auch "Wartungsintervalle"?
Ja. Zunächst einmal sollte jede Uhr, unabhängig vom in ihr eingeschalten Werk, regelmäßig (alle zwei bis drei Jahre, bei Taucheruhren jährlich und auf jeden Fall nach heftigeren Schlägen oder Stößen) auf ihre Wasserdichtigkeit geprüft werden. Dabei müssen die Dichtungen an Krone und Gehäuseboden (nicht bei der Mido Commander, dazu kannst Du mal nachlesen, was ich vor einer knappen Woche bereits darüber geschrieben habe) regelmäßig geprüft und ggf. erneuert werden. Die Kosten dafür halten sich allerdings in Grenzen.
Jede mechanische Uhr braucht überdies, und das darfst Du wörtlich nehmen, einen regelmäßigen Ölwechsel. Alle beweglichen Teile des Uhrwerkes, und dabei ganz besonders die Aufzugsfeder, die sogenannte Ankerhemmung und das Rotorenlager müssen regelmäßig gereinigt und neu mit Schmierstoff versorgt werden (bitte nicht Mutters Nähmaschinenöl verwenden, das würde das Uhrwerk nicht lange überstehen ). Die bekanntesten und am weitesten verbreiteteten Schmiermittel stammen von der schweizerischen Firma Moebius.
Je nach Beanspruchung und Klima hält ein mechanisches Werk zwischen drei und fünf Jahren zwischen zwei Revisionen aus. Den etwas robusteren Manufakturkalibern von Rolex dürfte man theoretisch auch zwischen sechs und zehn Jahren zwischen zwei Wartungen geben, allerdings macht den meisten Krönchen-Trägern hier die gegenüber dem Kugellager-Rotor von ETA (1948 von Eterna entwickelt) erheblich empfindlichere und verschleißanfälligere rubingelagerte Rotorenachse einen Strich durch die Rechnung. (Rolex-Träger könnten sich teure Reparaturen ersparen, wenn sie bloß alle drei Jahre das Rotorachsenlager nachschmieren ließen statt zu warten, bis die Achse sich mangels Schmiermittel so weit heruntergeschliffen hat, daß die Schwungmasse beginnt, mit dem Distanzring Kontak aufzunehmen (das typische schleifende Geräusch, das einem Rolex-Besitzer signalisiert, daß er zu lange gewartet hat).)
In jedem Falle gilt also: Nicht erst warten, bis das Werk anfängt zu knirschen, wenn man an der Krone dreht. Du wartest mit dem Zahnarztbesuch doch auch nicht so lange, bis die Schmerzen unerträglich werden und Dir der Eiter der entzündeten Zahnwurzeln aus der Nase tropft, oder?
Also, etwa alle drei bis fünf Jahre solltest Du Deine mechanische Uhr einem qualifizierten Uhrmacher anvertrauen. Dabei gilt: Lieber ein Jahr früher als ein halbes Jahr zu spät.
Der Uhrmacher wird Deine Uhr öffnen, d. h. den Gehäusedeckel (bei einer Mido Commander: das Glas, die Zeiger und das Zifferblatt) entfernen und dann das Werk fachgerecht ausschalen. Das Werk wird dann in seine Hauptbestandteile zerlegt (Schwungmasse, Feder/Federgehäuse, Hemmung und Unruhe sowie Platine mit Brücken und Räderwerk) und in einem Reinigungsbad (zumeist Reinigungsbenzin) gesäubert. Je nach Grad der Verschmutzung (verharztes Öl, Materialabrieb) dauert dies schon einige Stunden bis zu einem Tag. Danach müssen alle wesentlichen Teile auf Verschleiß und Maßhaltigkeit geprüft werden, bevor sie mit Schmiermitteln verschiedenster Viskositäten abgeschmiert werden. Dabei ist es sehr wichtig, nur die richtigen Schmiermittel in den richtigen Mengen an den richtigen Stellen zu applizieren. Mindestens ebenso wichtig ist es aber auch, genau zu wissen, welche Stellen auf jeden Fall NICHT geschmiert werden dürfen. - Es geht also keinesfalls nach dem Motto "viel hilft auch viel"; das Gegenteil ist hier der Fall.
Zum guten Schluß, wenn das Werk gereinigt, geprüft, ggf. verschlissene Teile getauscht, das zusammengesetzte Werk wieder abgeschmiert und eingeschalt wurde, erfolgt die Regulierung auf der sogenannten Zeitwaage, einem elektronischen Meßinstrument, das aus den Schwingungen der Unruhe die Amplitudenlänge und daraus die Ganggenauigkeit errechnet und anzeigt. Über den sogenannten Regulator (ETACHRON oder des Uhrenherstellers eigene Entwicklung wie z. B. bei A. Lange & Söhne der berühmte Schwanenhals oder bei Rolex die Microstellar-Schrauben) wird dann die Uhr so eingestellt, daß sie am Handgelenk eine geringe Tendenz zum Schnellgang aufweist - dies, um auf jeden Fall zu vermeiden, daß eine Uhr nachgeht. Kein Uhrmacher wird also eine Uhr mit Nullage oder Nachgang einregulieren, und dies aus praktischen Gründen: Es ist höflicher, ein wenig zu früh zu kommen als zu spät (und den Zug oder das Flugzeug zu verpassen). Und es ist erheblich leichter und schneller, Schnellgang durch ein kurzes Anhalten des Werkes (Ziehen der Krone) zu korrigieren als Nachgang durch Anhalten, Vorstellen der Zeiger und wieder In-Gang-setzen des Werkes.
Und weil die Regelage sich nicht auf einen kurzen Test auf der Zeitwaage beschränkt, behält der Uhrmacher die Uhr i. d. R. noch einige Tage, um mittels eines Uhrenbewegers zu testen, ob die eingestellten Werte auch über mehrere Tage konstant bleiben.
So, jetzt weißt Du also über die Revisionen alles, was man als Uhrenbesitzer wissen sollte - bis auf die Kosten.
Für die Anhänger des "Green Oyster Cult" wird das alles kein billiges Vergnügen, aber für solche Leute spielt Geld ja ohnehin keine Rolex: eine komplette Revision der Uhr kostet bei Rolex (ohne irgendwelche Ersatzteile!) schon mal locker zwischen 250 und 350 Euro. Müssen Teile ausgetauscht werden, fallen auch schon mal Kosten zwischen 500 und 1.000 Euro an - wohlgemerkt: für eine Revision, nicht für eine Reparatur nach einem Unfall mit sichtbaren Beschädigungen an Gehäuse, Glas und/oder Band.
Bei "normalen" Mechanikuhren sind die Kosten geringer, zwischen 120 und 200 Euro für eine komplette Revision. Im Mittel darfst Du mit ca. 150 Euro rechnen.
Bei einer Mido-Uhr hast Du auf jeden Fall zwei Jahre Herstellergarantie, d. h. innerhalb dieser Zeit werden Reparaturen von authorisierten Mido-Händlern kostenfrei durchgeführt, wenn keine von Dir selbst verursachten Schäden vorliegen.
Abschließend noch ein Hinweis, und der ist durchaus als Werbung für ein Handwerk zu verstehen, das mir sehr sympathisch ist, nämlich für das Uhrmacher-Handwerk: Es ist zwar manchmal billiger, sich eine Uhr über einen Internet-Händler zu kaufen. Aber ich möchte darauf hinweisen, daß man gerade "im Fall des Falles" auf einen qualifizierten Uhrmacher in seiner Nähe angewiesen ist. Daher würde ich meine Uhren immer dort kaufen, wo ich sie später auch warten und reparieren lassen kann. Ich habe nämlich die Erfahrung gemacht, daß Uhrmacher erheblich freundlicher und flexibler auch auf Sonderwünsche wie "können Sie bitte mal eben das Band wechseln/kürzen oder die Uhr einregulieren" reagieren, wenn man dort auch kaufender Kunde ist. Die paar Euro mehr, die man vielleicht beim ortsansässigen Uhrmacher mehr ausgeben muß (bei Uhren wie der Mido Commander sind das sicher nicht mehr als 10 oder 20 Euro), sind da in jedem Fall gut angelegtes Geld, weil sie eine Service-Qualität schaffen, die man sonst nicht bekommt. Ich habe jedenfalls für Regelagen oder Bandwechsel noch nie auch nur einen Pfennig/Cent bei meinem Uhrmacher bezahlen müssen.
Viele Grüße und einen
Happy Day