Benötige juristischen Tipp bzgl. AN-Treuepflicht

  • Hallo,


    ich bräuchte mal ein paar juristische "Denkanstöße" zu folgendem Sachverhalt:


    X ist angestellt beim Versandhaus Y und zugleich Kunde beim selben. Als Kunde überzieht er ständig sein Kundenkonto. Ist das ein Verstoß gegen seine Treupflicht dem Arbeitgeber gegenüber, sodass dieser berechtigt wäre das Minus auf dem Kundenkonto mit seinem Gehalt aufzurechnen? Der längere Weg wäre dann die Lohnpfändung. Aber ginge es erstmal auch ohne?


    Nur um keinen schlechten Eindruck zu hinterlassen, es geht nicht um mich ;) . Aber ich muss den Fall lösen und find den Einstieg nicht so richtig.


    Danke für die Anregungen. :)

  • Grundstudium Jura? Wie wäre es als Einstieg sich mal mit den (Deinen?) Kommilitonen im sogenannten Real Life darüber auseinander zu setzen? ;) Ansonsten weiß da die Rechtsabteilung des Versandhauses Bescheid...

    Q: I've always tried to teach you two things. First, never let them see you bleed.
    Bond: And the second?
    Q: Always have an escape plan...

  • Nein, ganz und gar nicht. Wirtschafstinformatik. :)
    Ist eher ne private Frage.


    Ich hoffte nur auf ein paar Anregungen, weil ja sonst auch jedes Thema durchgekaut wird. :D

  • Hallo,


    ich werd mich mal ein bisschen an der Problemlösung beteiligen. (Bin angehender Wirtschaftsinformatiker).
    Wenn ich die Treuepflicht nicht falsch verstehe, geht es darum den Arbeitgeber mit seinem persönlichen Verhalten nicht zu schaden. D.H. keine Firmengeheimnisse verraten, Mitarbeiter abwerben und ähnlich verwerfliche Sachen.
    Weiterhin stellt es sich so, dar, dass die Treuepflicht doch eng an die Stellung im Unternehmen gekoppelt ist. Ein leitender Angestellter hat eine höhere Treuepflicht dem AG gegenüber als der Lagerarbeiter.
    Ist der AN in deinem Fall in einer leitenden Position, so sollte er sich über sein Verhalten gedanken machen, da es sich für die Stellung nicht "schickt".


    Ist der AN in einer ich sag mal niederen Position, so ist ja die Treuepflicht nicht so sehr stark bindend für ihn. Der AG kann demnach weniger auf solche restriktiven Mittel wie die Lohpfändung zurückgreifen.


    Generell würde ich erst einmal nach dem Arbeitsvertrag fragen und nachschauen, ob so etwas überhaupt geregelt worden ist oder ob eine Abtretungsklause mit im Vertrag steht.
    Wenn es diesbezüglich keine Regelung gibt, dann sag ich mal aus dem Bauch heraus das unserem X nicht einfach das Gehalt um den säumigen Vertrag gekürzt werden kann, da er ja die Firma durch sein handeln nicht in der Existenz bedroht.


    Um dem Ärger ganz aus dem Weg zu gehen sollte X einen Z beauftragen für ihn zu bestellen. Nur muss der Z das halt mitmachen, das X seinen Zahlungsverpflichtungen nicht immer pünktlich nachkommt.


    Ich hoffe, ich konnte dir zu einem Denkanstoß verhelfen.

  • Eine OT Frage: Was genau macht man als Wirtschaftsinformatiker? Welche Fächer im ABitur sind sinnvoll? Ich würde mich über eine PN freuen :)


    Grüße

  • Re: Benötige juristischen Tipp bzgl. AN-Treuepflicht



    Rechtlich gesehen: keine Ahnung, frag einen Anwalt!


    Ethisch gesehen: wenn der Kerl Schulden hat hat er sie gefaelligst zu bezahlen. Tut er das nicht, kommt's eh bald zur Lohnpfaendung, nur dass dann halt noch ein entsprechender Haftbefehl mit SCHUFA-Eintrag dazukommt. So gesehen tut ihm der Arbeitgeber noch einen Gefallen.


    Falls es sich bei dem Kundenkonto um eines mit speziellen Konditionen fuer Angestellte handelt mag es da Zusatzklauseln geben. Bei Bankangestellten ist eine Kontoueberziehung beispielsweise auch anders zu sehen als beim "normalen" Bankkunden (Organkredit).


    Frank.

  • Re: Re: Benötige juristischen Tipp bzgl. AN-Treuepflicht


    Zitat

    Original geschrieben von Blarney


    Falls es sich bei dem Kundenkonto um eines mit speziellen Konditionen fuer Angestellte handelt mag es da Zusatzklauseln geben. Bei Bankangestellten ist eine Kontoueberziehung beispielsweise auch anders zu sehen als beim "normalen" Bankkunden (Organkredit).


    Ist sie nicht. Empfehle dazu die Lektüre des § 15 KWG. Das betrifft nur einen sehr eingegrenzten Personenkreis in den Banken.


    Btw: ist ja schön, dass Ihr alle so ein Vertrauen in die Meinung anderer habt, aber bei juristischen Problemen würd ich mich ja doch eher an die wenden, die das von Berufs wegen wissen sollten. Oder kennt Ihr Euch untereinander alle, so dass Ihr wisst, wer hier Anwalöt und Co ist? *sichimmerwiederwundert*

    Auch ein Traumjob berechtigt nicht zum Schlaf am Arbeitsplatz.

  • Mal von der Arbeitsrechtsproblematik losgelöst:


    Wenn sich zwei Forderungen aufrechenbar gegenüberstehen, dann kann grundsätzlich mal aufgerechnet werden.


    Wenn der AN also eine offene Forderung gegenüber dem Versandhaus hat, so kann dieses ab Fälligkeit der AN-Lohnforderung des AN mit der offenen Forderung aufrechnen.


    Auf die Problematik mit der abeitsrechtlichen Treuepflicht kommt es m.E. nur an, wenn aufgrund eines Aufrechnungsverbotes der Arbeitgeber grundsätzlich nicht berechtigt wäre gegen die Arbeitslohnforderung aufzurechnen.


    Ein Aufrechnungsverbot bestünde nur dann, wenn das Arbeitseinkommen des AN unpfändbar wäre. Dies wäre es erst ab einer sehr geringen Grenze von ca. 600,- Euro (mehr wenn den AN Unterhaltsverpflichtungen treffen).




    Kurz: Auf die Treuepflicht kommt es erst dann an, wenn der AG nicht ggü. der Gehaltsforderung des AN aufrechnen dürfte.
    Weil dann könnte man überlegen, ob der AG trotz Aufrechnungsverbot aus Treu und Glauben durch die bestehende Treupflicht auf der Aufrechnung bestehen kann.


    Den komplizierten Weg über die Lohnpfändung braucht der AG nicht gehen, da er ja einfach aufrechnen (§§ 398 ff. BGB) kann.





    gruss,
    altobelli

  • Blarney
    also wegen Schulden wird in Deutschland kein Haftbefehl ausgestellt, solange wie es sich nicht um Betrug handelt und derjenige deswegen verurteilt wird.


    altobelli
    Die Pfändungsgrenze liegt momentan bei ca. 930 Euro (alleinstehend ohne Verpflichtungen wie Unterhalt).


    Zur rechtlichen Situation kann ich sonst nicht viel sagen, aber das ist moralisch schon "verwerflich" und ich würde als AN den Abzug akzeptieren oder eine Abzahlungsvereinbarung mit dem AG treffen mit der beide leben können. Kommt natürlich darauf an, ob der AN überhaupt gewillt ist seine Schulden zu bezahlen und ob er da weiter beschäftigt werden möchte... Es hört sich hier so an als ob dies nicht der Fall ist?


    Als AG würde ich beim Scheitern einer Vereinbarung versuchen den AN so schnell wie möglich los zu werden da ja IMHO Loyalität auch eine Rolle spielt die in dem Fall nicht mehr gegeben ist. Kommt natürlich auch wieder auf die Position des AN im Unternehmen an, aber für mich wäre so ein Mitarbeiter nicht mehr tragbar wenn ich merke das der an keiner Lösung interessiert ist...

    Gruß
    berlibaerchen

  • Zitat

    Original geschrieben von berlibaerchen
      Blarney
    also wegen Schulden wird in Deutschland kein Haftbefehl ausgestellt, solange wie es sich nicht um Betrug handelt und derjenige deswegen verurteilt wird.


    Sorry, das ist natuerlich die Extremfolge bei Zahlungsverzug, bei bestehendem Gehalt kommt das natuerlich nicht in Frage. Passte wirklich nicht ganz hierher.


    Erik Meijer:


    Als erstes hatte ich den Anwalt empfohlen, sowas kann man hier hypothetisch mutmassen, aber es wird ja wohl keiner so verrueckt sein auf diese Mutmassungen sein Handeln abzustellen, falls das Ernst ist!?!?!


    Wegen den Bankern: ich weiss dass es seinerzeit eine Katastrophe war, wenn man als Banker den Dispo auch nur um 5 Pfennig ueberzogen hatte. Ich meine es waere dabei der Begriff Organkredit gefallen, aber das ist halt auch schon 20 Jahre her... :)


    Frank.

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