Brauche Hilfe bei einer schwierigen Entscheidung zwischen Herz und Verstand

  • Hallo erstmal...


    Ich stecke momentan in einer Zwickmühle und weiß nicht, wie ich mich verhalten soll.
    Ich hoffe auf reichlich Tips, da es dazu warscheinlich viele verschiedene Meinungen geben wird.


    Es geht um folgendes:


    Ich habe zwei Bekannte, Familie AB und Herr XY.


    Familie AB hat vor fünf Monaten ihren vierjährigen Sohn auf tragische Weise verloren, er ist im Teich der Nachbarn ertrunken.
    Sie leben von Sozialhilfe.


    Herr XY ist Steinmetz und hat den Grabstein des Kleinen gefertigt und an Familie AB verkauft.


    Vor zwei Tagen stellt Frau AB beim Besuch des Grabes fest, daß der Grabstein weg ist.


    Daraufhin telefoniert sie mit Allen, die ihr einfallen, die eventuell auf dem Friedhof für Ordnung sorgen, um vielleicht etwas über den Verbleib des Steins in Erfahrung bringen zu können.


    Leider erfolglos, wir gehen also davon aus, daß er gestohlen wurde.


    Die Enttäuschung der Eltern kann man sich vorstellen.


    Ich fand das ungeheuerlich, niemand kann doch damit etwas anfangen, zumal ja der Name und Geburts- und Sterbedatum des Jungen eingraviert sind.


    Heute erzähle ich einem Freund von dem dreisten Diebstahl.
    Dabei erfahre ich, daß er am Nachmittag Herrn XY, den Steinmetz, besucht hat.


    Und was erfahre ich?


    Der Grabstein liegt in der Werkstatt des Herrn XY.
    Er hat ihn einfach weggeholt, ohne Familie AB davon zu unterrichten, weil er wohl auch nach drei Mahnungen noch nicht komplett bezahlt wurde.


    Jedoch weiß ich nicht, wann die Mahnungen verschickt wurden und ob sie überhaupt angekommen sind, weil Familie AB zwischenzeitlich umgezogen ist.
    Nachsendeaufträge sind, glaube ich, nur ein paar Wochen gültig.
    Auf jeden Fall hat er sie aber nicht über sein Vorhaben unterrichtet, denn sonst würden sie ja nicht von einem Diebstahl ausgehen.


    Darf er das überhaupt?


    Auf der einen Seite rege ich mich über so ein Verhalten eines Geschäftsmannes furchtbar auf, zumal es für ihn gesetzliche Wege gibt, sein Geld einzuklagen, welches ihm ja zusteht.


    Auf der anderen Seite bin ich selber Mutter und möchte mir nicht vorstellen, wie ich mich fühlen würde, wenn der Grabstein eines meiner Kinder auf einmal weg wäre.


    Nun zu meinem Problem:


    1. Ganz spontan wollte ich Familie AB anrufen und ihnen sagen, daß ihr Stein nicht gestohlen wurde und wo sie ihn finden können.
    Das Verhalten des Steinmetz bedeutet für mich Grabschändung und Entwürdigung eines Toten.


    2. Nach einigen Minuten Überlegung dachte ich, es wäre vielleicht besser, erst mit Herrn XY zu reden und eventuell zwischen den Parteien zu vermitteln.
    Schließlich steht ihm das Geld ja zu, und möglicherweise kann ich ihn ja dazu bringen, daß Familie AB den Stein in Raten bezahlen kann.


    Herr XY hat wie gesagt die Möglichkeit, das Geld gerichtlich einzuklagen.
    Und Familie XY lebt von Sozialhilfe und kann den Betrag nicht in einer Summe aufbringen.


    Da ich mit beiden Parteien befreundet bin, möchte ich niemanden verletzen.
    Aber manche Dinge entscheide ich lieber mit dem Herz als mit dem Verstand.
    Ich denke, wenn man tausende von Euros im Monat mit den Steinen verdient (er ist der einzige hier), kann man doch mal einen billiger machen.
    Wenn ich das zu entscheiden hätte und es mein Geschäft wäre, würde ich ihn sogar verschenken.


    Bitte helft mir, was soll ich tun?


    Familie AB anrufen und ihnen sagen, was mit dem Stein passiert ist?


    Oder mit Herrn XY reden und an sein Mitleid appelieren?

    Handys: SonyEricsson W890i, K750i, Samsung SM-G920F Galaxy S6, SM-T805 Galaxy Tab S 10.5 LTE, P300, D880, E1080i, B100, Nokia 2610, Motorola V3i Dolce & Gabbana, C121, W156, Siemens SL55, SL45i, C55, Sagem My230x, LG KB770, KP100, GB102, Huawei U8600 (Telekom Move)

  • Ich würde sagen: Erst mit dem Steinmetz reden, schauen was bei raus kommt und dann weitersehen.


    Ob er berechtigt ist, den Grabstein einfach vom Grab zu nehmen, weiß ich leider auch nicht.


    Eine Sauerei ist es so oder so auf jeden Fall, und aus eigener Erfahrung kann ich mir ansatzweise vorstellen, was soeine Aktion für die Eltern seelisch bedeutet. :(

  • Beides. Wobei ich zuerst den Steinmetz anrufen würde, wenn Du mit ihm gut befreundet bist. Wenn Du ihn allerdings nur so beiläufig kennst, wär ich vorsichtig. Stell Dir die Frage, warum er ausgerechnet auf Dich hören sollte. Wenn er schon so gefühllos ist und ein Grab entweiht. Die Familie würde ich direkt nach dem Steinmetz anrufen und diesen auch ruhig vorwarnen.


    Zudem glaube ich, das er dazu überhaupt nicht berechtigt ist denn IMHO steht sowas ausschließlich dem Gerichtsvollzieher zu.


    Nebenbei... Was hast Du bloß für Freunde? :rolleyes: ;)


    Zieht einer armen Familie noch den Grabstein ab... <Kopfschütteln..>


    Gruß,


    Tom

    Nutze den Tag


    Das Wort "Würde" kennen manche Menschen nur noch als Konjunktiv II in dem Satz: "Für Geld würde ich alles machen."

  • hi,
    wie immer wird es zwei seiten der medaille geben.


    die version deiner befreundeten familie wird wahrscheinlich erheblich von der version des steinmetz abweichen.


    wenn du halbwegs gut mit ihm befreundet bist, sprich ihn drauf an und lass dir sein verhalten erklären. anschließend kannst du ihn ,wie oben genannt, auf die möglichen alternativen wie ratenzahlung etc. ansprechen bzw. ihm auch deutlich machen, dass du sein verhalten nicht akzeptabel hältst und die familie über den verbleib informieren wirst.


    damit kannst du ihm ja auch einigen ärger wg. diebstahlsanzeige etc vom hals halten.


    rein rechtlich kann das mit sicherheit auch jemand hier beurteilen, zwecks eigentumsvorbehalt etc.


    greetz
    cm

  • Hallo,
    ich würde auch erst mal mit dem Steinmetz sprechen.


    Jedoch stellt sich mir natürlich auch die Frage, warum der Steinmetz so gehandelt hat. Ich denke nicht, dass er so gemein ist und aus lauter Bosheit den Grabstein entfernt hat. Da muss schon einiges davor gelaufen sein (Keine Antwort auf Mahnungen ist soetwas, und wenn ich halt umgezogen bin mach ich nen Nachsendeauftrag = ist 6 Monate gültig und jederzeit verlängerbar).
    So stellt sich mir beim Lesen Deines Beitrages auch die Frage Herz oder Verstand.


    Herz insofern, dass es das Grab eines Toten ist und ich Mitleid mit der Familie habe


    Verstand auf der anderen Seite. Es ist halt so, dass ich mir vorstellen kann, dass der Steinmetz einen nicht unerheblichen Teil seines Umsatzes mit Grabsteinen macht. Und zu jedem Grabstein gehört auch ein Toter. Wenn es jetzt nicht das erste Mal war, dass ein Grabkunde nicht bezahlt hat, bleibt er auf seinen Unkosten sitzen. Somit ist auch seine Existenz gefärdet.


    Es ist ja leider kein Einzelfall, dass Handwerker (kenn ich aus meinem Bekanntenkreis) Insolvenz anmelden müssen, weil die Auftraggeber nicht zahlen und sie mit Ihren Materialkosten, Arbeitsstunden, etc. in Vorleistung getreten sind. Dass ganze endet dann meist in der eigenen Armut. Das diese Handwerker dann irgendwann mal komplett ausrasten und eine solche Aktion (ohne Sie rechtfertigen zu wollen) durchführen ist vorherzusehen. Der beliebte Spruch "Dann Klage ich meine Forderungen halt ein" geht schnell von den Lippen, ist aber in den meisten Fällen ein langwieriger Prozess, dessen Ausgang (für Otto Normalverbraucher) ungewiss ist. Ungewiss insofern, dass man schon wieder mit den Kosten für Anwalt, Spesen, eigener Zeit in Vorleistung treten muss und nicht sicher sein kann, diese Kosten irgendwann wiederzusehen. Dafür muss der Schuldner nur Mittellos sein und schon sind wieder ein paar Euro weg.


    Rechtlich weiss ich auch nicht bescheid. Doch bevor man jetzt hier für eine Seite Partei ergreift, sollte man sich mal in beide Situationen hineinversetzen.
    (a) Die Familie trauert um den Sohn
    (b) Der Steinmetz kann ja nicht zu jedem Grabsteinkunden sagen, dass er nicht zahlen braucht (oder irgendwann zahlen kann), weil der Kunde einen Angehörigen verloren hat. Dass würde so hart es sich anhört, auf Dauer sein Preisgefüge aus der Bahn werfen. -> wobei wir wieder bei seiner Existenz wären.


    Ich würde mit dem Steinmetz sprechen und ihm eine Ratenzahlung vorschlagen. Aber sicherlich keine auf 5 € Basis, sondern eine Absehbare. Am besten erstmal vorfühlen, ob er allgemein dazu bereit ist und dann mit der Familie reden, was sie sich leisten können. Auf gar keinen Fall würde ich die beiden Parteien an einen Tisch setzen. Da kochen die Emotionen zu sehr hoch. Aggiere doch als Vermittler. Und noch eine abschliessende Frage: Zahlt nicht das Sozialamt auch einen Teil dazu ??? Mal versuchen....



    In der Hoffnung, dass sich alles in Wohlgefallen auflöst
    Stefan


    P.S.: Haltet mich nach diesem Beitrag nicht für Unmenschlich, aber ich kann halt auch den Steinmetz (auch wenn der Klau eines Grabsteins schon ein dicker Hund ist)verstehen.

    Wer sich alles leisten kann, kann sich noch lange nicht alles erlauben.

  • wer auch immer was, wann wo und warum auch immer nicht bezahlt hat. sowas ist meiner ansicht nach schwer zu vertreten.... ich empfinde das eigentlich schon als grabschändung. in so einem fall, hätte ein ehrenhafter mensch bei der familie angerufen, oder wäre vorbei gefahren. den stein einfach wegzuholen, halte ich für einfach niveolos und ohne jegliches gefühl.
    ich weiß, sowas soll ich nicht schreiben..... aber ich hätte dem vor zorn direkt den hintern versohlt. (um es mal milde auszudrücken)

    the one, you love to hate...
    warum denkt eigentlich jeder das ich ein netter kerl bin? selbst meine mutter sagt, ich bin ein arschloch.... *g*
    ! Alle macht dem Volk!!!

  • Rechtlich ist das hier nicht eindeutig zu beurteilen, es ist z.B. auch denkbar, dass die Parteien einen Eigentumsvorbehalt vereinbart haben.


    Der Stein war dann zwar im Besitz aber nie Eigentum Deiner befreundeten Familie. Der Steinmetz wäre immer noch rechtlicher Eigentümer und kann dementsprechend auch wenn er kein Geld bekommt sich sein Eigentum zurückholen.


    Damit ist es kein Diebstahl, und ich meine auch, das sofern keine Schäden an der Grabstelle (absacken, etc.) entstanden sind es nicht in Richtung von "Störung der Totenruhe" etc. belangbar ist.


    Aber wie gesagt ohne eine genau Kenntnis des Sachverhalts ist keine sichere jur. Beurteilung möglich.


    Ob und wie das moralisch zu bewerten ist steht auf einem anderen Blatt aber es ist sicherlich für beide Parteien eine vertrackte Position.


    Was wenn der Handwerker versucht hat die Familie zu informieren aber Du sagst selber sie sind umgezogen und er kennt die neue Adresse nicht.
    Dann kann es sein, dass er denkt: "Die haben sich verdrückt ohne zu zahlen" und holt den Stein wieder....


    Alles nicht gerade einfach


    Gruß
    CH

  • Re: Brauche Hilfe bei einer schwierigen Entscheidung zwischen Herz und Verstand


    Zitat

    Original geschrieben von Handyjunkie
    Ich fand das ungeheuerlich, niemand kann doch damit etwas anfangen, zumal ja der Name und Geburts- und Sterbedatum des Jungen eingraviert sind.


    Nur dazu: natürlich kann jemand damit was anfangen, ein Steinmetz kann den Stein problemlos abschleifen und neu gravieren / beschriften. Das wird öfters mit alten Grabsteinen gemacht um sie wiederzuverwenden.

    Paranoia strikes deep
    into your life it will creep
    it starts when your always afraid
    you step out of line, the men come
    and take you away
    (stephen stills/ buffalo springfield "for what its worth" 1966)

  • @ victor


    Zitat

    Original geschrieben von Handyjunkie
    Ich fand das ungeheuerlich, niemand kann doch damit etwas anfangen, zumal ja der Name und Geburts- und Sterbedatum des Jungen eingraviert sind.


    Zitat

    Nur dazu: natürlich kann jemand damit was anfangen, ein Steinmetz kann den Stein problemlos abschleifen und neu gravieren / beschriften. Das wird öfters mit alten Grabsteinen gemacht um sie wiederzuverwenden.


    Das ist wohl richtig, was Du sagst.
    Doch als ich den oben zitierten Satz schrieb, gingen wir ja von einem "normalen Diebstahl" aus und nicht von Selbstjustiz.
    Zumal Herr AB noch Herrn XY anrief und nachfragte, ob er etwas über den Verbleib wüßte.
    Dieser hat das verneint und in dem Moment Herrn AB belogen, worauf dieser eine Anzeige gegen Unbekannt bei der Polizei gemacht hat.


    Mittlerweile hat sich das Problem gelöst.
    Ich sagte Familie AB mehrmals mit Nachdruck, daß der Stein NICHT gestohlen wurde.
    Endlich fiel bei ihnen der Groschen, und sie suchten Herrn XY nochmals auf, um ein klärendes Gespräch zu führen.


    Dort gab Herr XY dann zu, daß die Mahnungen, die er verschickt hatte, zu ihm zurückgekommen waren mit dem Vermerk "Empfänger unbekannt verzogen".
    Also hatte Familie AB tatsächlich nie eine Mahnung bekommen, und Herr XY hat sich nicht die Mühe gemacht, auf dem Einwohnermeldeamt (oder bei mir, da er weiß, daß ich sie kenne) die neue Adresse ausfindig zu machen und den Stein ohne Vorankündigung oder einer Fristsetzung abgeholt.


    Die Anträge auf Erstattung der Beerdigungskosten liegen schon seit längerem dem Sozialamt und der Krankenkasse vor, doch diese Mühlen mahlen bekanntlich ziemlich langsam.
    Er bekommt auf jeden Fall sein Geld, und hätte er etwas überlegter gehandelt, wären den Eltern sicher diese zusätzlichen (unnötigen) Sorgen erspart geblieben und ihm das schlechte Licht, in das er jetzt gerückt ist.

    Handys: SonyEricsson W890i, K750i, Samsung SM-G920F Galaxy S6, SM-T805 Galaxy Tab S 10.5 LTE, P300, D880, E1080i, B100, Nokia 2610, Motorola V3i Dolce & Gabbana, C121, W156, Siemens SL55, SL45i, C55, Sagem My230x, LG KB770, KP100, GB102, Huawei U8600 (Telekom Move)

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