Holocaust Mahnmal in Berlin

  • An dieser Stelle möchte ich - abgesehen vom Mahnmal und dessen Kosten -
    mal das Thema anschneiden, was Glamourbabe schon angesprochen hat.
    Auch möchte ich mich dabei BigBlue007 im großen und ganzen anschließen.


    60 - 70 Jahre sind mittlerweile seit dem Holocaust vergangen.
    Die meisten Kriegsverbrecher aus jener Zeit sind längst gestorben,
    der Rechtsextremismus in Deutschland nimmt immer mehr ab,
    ist lang nicht so bedrohlich wie noch vor paar Jahren,
    wendet sich in erster Linie gegen Ausländer und nicht gegen Juden.


    Juden sind - für die jüngere Generation - eine ethnische Gruppe,
    die man aus dem Geschichtsunterricht oder aus Filmen kennt.
    Viele haben in der Schule oder im Fernsehen Filme wie Schindlers Liste gesehen,
    und wissen, was die bösen Deutschen den armen Juden angetan haben.
    Die Deutschen waren nicht die Einzigen, das wird im Geschichtsunterricht kurz erwähnt,
    aber alle anderen haben sich halt geschickt aus der Affäre gezogen, erwähnt sei hier England.


    Viele junge Menschen haben ein KZ besucht und mit den eigenen Augen gesehen,
    unter was für Umständen und in welcher Art man mit diesen Menschen vorgegangen ist.


    Viele haben es begriffen, das dies nicht rechtsmäßig war,
    und die allermeisten würden sowas nicht verantworten können,
    mal abgesehen davon daß es nie wieder eine solche Ära geben kann und wird.


    Wer heute noch denkt, daß die Juden diese Behandlung verdient haben,
    wird sich nie eines Besseren belehren lassen. Auch nicht durch ein Mahnmal.


    Im Gegenteil: Millionen Euro, die für ein Mahnmal ausgegeben werden,
    lösen exakt das gegenteilige Gefühl aus, als sie sollen, nämlich Unverständnis,
    Kopfschütteln und Wut, weil einem immer noch die Erbchuld aufgedrängt wird.


    Das Thema Holocaust sollte nun endlich geschlossen werden,
    da es mit dem heutigen Deutschland schlichtweg nichts mehr zu tun hat.
    Ich weiß nicht wieviel Milliarden Deutschland schon an die Opfer geblecht hat,
    auch weiß ich nicht, wie lang das noch gehen wird.
    Es ist nunmal ein fester Part des Haushaltsplanes, und wird es bleiben.
    Das war während der Lebzeit aller Deutschen nie anders.


    Aber wenigstens in der Realität sollte man dieses Kapitel endlich abschließen,
    weil es den meisten wirklich schon überall raushängt.

    Signatur ist so 2002.


  • Dies ist ein Standpunkt bertl.


    Ich bin kein Vertreter des Berliner Mahnmals. Dieses "Ding" symbolisiert in bester City-Lage, dass wir Deutschen es nach 66 Jahren immer noch nicht geschafft haben, aus der Ecke des "Büßers" auszutreten; dass die "Betroffenheit" sozusagen als pawlov´scher Reflex auch weiterhin Bestand hat, wenn der Faschismus thematisiert wird.


    Mir geht es hier weniger um Bundesmittel und deren Verschwendung. Vielmehr sehe ich in dem Mahnmal der fehlende Mut Vieler, bei der Diskussion und Abstimmung zu diesem "Ding" auch mal aufzustehen und klar nein zu sagen....


    Aber ein ja bzw. ja, aber kommt medial leichter über die Lippen, als ein nein. Man denke dabei wieder an den Betroffenheitsreflex, bzw. die Macht der Interessengruppen und der Presse.

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  • [QUOTE] Original geschrieben von Jay

    vor kurzem habe ich im TV einen Report gesehen, in dem berichtet wurde, dass in Berlin Schulen aus Kostengründen nicht saniert werden können, Sportstätten verfallen und geschlossen werden , die Polizei wird im Personal reduziert, weil kein Geld da ist usw. Und dann will man diese Höllensumme für so einen Schandfleck wegwerfen ??!! Ob 28Mio. Peanuts sind ist mir Scheissegal - dafür baut man aber 2 komplette Schulen in Vollausstattung, in denen kann man über den Holocaust unterrichten. Das wäre eher ein Ansatz als einem duchgeknallten Künstler die Ehre zu erweisen.


    das sehe ich genau so.
    es reicht vollkommend aus wenn in schulen zu diesen thema unterrichtet wird.
    dann kann das geld anderweitig verwendet werden (schulen,krankenhäuser usw...)
    ausserdem : es kommen bestimmt keine leute angereist um extr diese "tollen"betonpfosten zu sehen.also eine sehenswürdigkeit ist es auch nicht.


    meiner meinung nach is das reine geldverschwendung.

  • Ich für mich brauche dieses Mahnmal auch nicht, aber ich kann die Verwerflichkeit daran auch nicht erkennen und nur das Geld als Kriterium gegen das Mahnmal zu nehmen ist schon ein bisschen scheinheilig, wenn hier jeden Tag Tausende für unnützes Zeug (Handys) ausgegeben wird, aber gleichzeitig man mit dem Geld "etwas sinnvolleres" machen soll!


    Und alle Argumente von wegen nach 66 Jahren muß das doch vorbei sein und so weiter stimmen ja auch, aber z.B. sind wir die zweitgrößte (!!!) Volkswirtschaft der Welt und daß es Daimler und ThyssenKrupp so gut geht, hat auch seine Gründe, die z.T. eben vor 66 Jahren begründet sind. Also so ganz ohne Verbindung ist das Jahr 2003 nicht zu den Jahren `33-`45.


    Man darf ja gerne streiten ob Mahnmal oder nicht und jeder der ein Mahnmal aus den genannten Gründen nicht will, ist einer der es auch nicht braucht! Und das ist ja positiv zu sehen. Aber die Diskussion über ein Mahnmal, das Millionen systematisch (und das ist eine andere Qualität in unserer Geschichte, im Vergleich zu der Geschichte anderer Länder) getöteter und ausgerotteter Menschen gedenken soll, auf den finanziellen Aspekt zu reduzieren finde ich zynisch und armselig!

  • Zitat

    Original geschrieben von Heiko Schulz
    Dieses "Ding" symbolisiert in bester City-Lage, dass wir Deutschen es nach 66 Jahren immer noch nicht geschafft haben, aus der Ecke des "Büßers" auszutreten; dass die "Betroffenheit" sozusagen als pawlov´scher Reflex auch weiterhin Bestand hat, wenn der Faschismus thematisiert wird.


    Das ist etwas, was ich immer wieder gehört habe, wenn ich im Ausland gewesen bin. Viele Menschen in vielen Ländern können nicht nachvollziehen, weshalb "wir" uns auch heute noch in nahezu allen Fragen zu dieser Thematik so "duckmäuserisch" verhalten.


    Natürlich sind die Greueltaten von damals ein dunkles Kapitel in unserer Geschichte, und das sollte nicht verhamlost oder vergessen werden. Allerdings hat sich IMHO niemand aus unserer Generation dafür verantworlich zu fühlen, bzw. die "Pflicht" sich dafür zu entschuldigen.

  • Heiko:


    Ein guter Punkt.


    Dazu fällt mir noch Folgendes ein: Man hat manchmal den Eindruck, als wäre das, was Hitlerdeutschland gemacht hat, das Schlimmste und Übelste gewesen, was die Welt jemals gesehen hat. Ohne die Schandtaten des dritten Reiches mindern zu wollen - es gab in der Geschichte der Menschheit schon weitaus üblere Dinge, die z.T. auch weitaus länger anhielten.
    Wer käme z.B. heute auf die Idee, den Christen dieser Welt vorzuwerfen, sie wären Anhänger eines Menschenschlächtervereins? Wer käme auf die Idee, Kirchen als Symbole der unmenschlichen Inquisition zu schließen und den Papst als Anführer einer Organisation, die dareinst für unvorstellbare Greueltaten aller Art verantwortlich war, hinter Gitter zu stecken?


    Zugegebenermaßen habe ich als jemand, der in der DDR die Schule besucht hat, wahrscheinlich noch weniger Verständnis für dieses allgegenwärtige Duckmäusertum der Deutschen, wenn es um dieses Thema geht. Die Vergangenheitsbewältigung diesbezüglich hat bei uns früher in der Schule einen sehr hohen Stellenwert eingenommen; ich brauche ganz sicher kein Mahnmal, um daran erinnert zu werden, daß das dritte Reich keine gute Sache war...


    Der Westen hat sich da schon immer irgendwie schwer getan. Einerseits hat man es damals mit der Verfolgung von Kriegsverbrechern nicht sonderlich genau genommen - viele alte Nazis verrichteten nach dem Krieg weiterhin ihren Job und waren in Nullkommanix als Beamte "rehabilitiert". Das Thema spielte und spielt an Schulen eine viel zu kleine Rolle. Andererseits aber wird kein medialer Auftritt ausgelassen, um uns vorzuhalten, wie schlecht wir früher waren. Mahnmale in die Welt setzen, für die sich nach der Eröffnungsfeier kein Schwein mehr interessiert (außer vielleicht ausländische Besucher, die wissen wollen, warum da so ein hässliches Teil rumsteht) - das ist typisch für uns.


    Im Grunde genommen ist das nix anderes als der übertriebene Pathos der Amis, über den wir uns immer so gerne lustig machen - nur andersherum. Es wäre noch was anderes, wenn unsere Gesellschaft auch ganz allgemein davon geprägt wäre, daß wir es mit der Vergangenheitsbewältigung wirklich ernst meinen. Dies kann aber eben nur bedeuten, daß dieses Thema in einer angemessenen Art und Weise und vor allem in einem angemessenen Umfang - dabei aber durchaus mit einem gesunden Maß an historischem Abstand - in unseren Schulen vermittelt wird. Und ich bin absolut nicht sicher, ob dies passiert. Wer jedoch denkt, daß Vergangenheitsbewältigung allein mit Symbolen betrieben werden kann, befindet sich im Irrtum...

    Ist das eine von den Kirchen, wo man so kleine Cracker kriegt? Ich habe Hunger!

  • Zitat

    Original geschrieben von BigBlue007
    Ohne die Schandtaten des dritten Reiches mindern zu wollen - es gab in der Geschichte der Menschheit schon weitaus üblere Dinge, die z.T. auch weitaus länger anhielten.


    Also, alle Historiker und auch Politiker sind sich heute eigentlich einig, daß der Holocaust in der Qualität durch die Systematik und industrielle Ausbeutung und Tötung, einzigartig war, ist und bleiben soll und man sollte nicht ständig versuchen, das zu relativieren!


    Deswegen stimmt der Rest deiner These ja nicht weniger, aber zur sinnvollen und abschließenden Vergangenheitsbewältigung gehört halt auch, zu akzeptieren, daß der Holocaust einzigartig menschenverachtend, sinnlos und in Quantität und vor allem Qualität ein nie dagewesener und sich nie wiederholen dürfender Vorgang war!


    Ich meine, erst wer das akzeptiert und nicht versucht, ständig andere Völker und deren Geschichten zum Vergleich herbeizuziehen um damit die eigene Geschichte zu relativieren, nur der kann meines Erachtens wirklich abschliessen.


    Und das Mahnmal hat damit ja wenig zu tun! Man könnte so ein Mahnmal ja auch selbstbewußt aufstellen und interpretieren: wir sind uns unserer Geschichte und deren Bedeutung für die Menschheit bewußt, haben damit abgeschlossen und daraus gelernt und gehen daraus gestärkt in die Zukunft ;)

  • Naja, ob sich da wirklich ALLE Historiker und Politiker einig sind, wage ich einfach mal auf Verdacht zu bezweifeln. Wüßte auch gar nicht, wie man das belegen wollte. Aber wie auch immer... wenn Du damit sagen willst, daß wir mehr als jeder andere verpflichtet sind, ständig in Demut auf unsere Vergangenheit zurückzublicken, oder gar daß wir aufgrund der Einzigartigkeit des Holocausts überhaupt die Einzigen sind, die dies tun sollten - da sage ich ganz klar "nein".


    Ich weiß nicht, was genau Du mit "relativieren" meinst, aber wenn man in der Geschichte zurückblickt, dann findet sich so manches, was "relativierend" wirkt. Wie gesagt - das soll die Greueltaten des dritten Reiches nicht schmälern, allerdings wehre ich mich gegen die Auffassung, daß es in der Geschichte nichts annähernd vergleichbares gab. Das mit dem technischen Einsatz muß man natürlich ebenfalls unter Zugrundelegung des Zeitfaktors relativieren. Zu allen Zeiten hat man sich natürlich immer der Mittel bedient, die verfügbar waren. Hätte vor ein paar Jahrhunderten der Papst eine Atombombe gehabt, hätte er sie verwendet...

    Ist das eine von den Kirchen, wo man so kleine Cracker kriegt? Ich habe Hunger!

  • Zitat

    Original geschrieben von andi2511
    Ich für mich brauche dieses Mahnmal auch nicht, aber ich kann die Verwerflichkeit daran auch nicht erkennen und nur das Geld als Kriterium gegen das Mahnmal zu nehmen ist schon ein bisschen scheinheilig.

    Geld ist nicht das einzige Kriterium, zumindest nicht für die Kritiker.
    Ich habe vielmehr den Anschein, daß man versucht mit einem möglichst großen
    und möglichst teuren Mahnmal die Interessen bestimmter Gruppen zu befriedigen.
    Den Kritikern geht es vielmehr um die Notwendigkeit eines Mahnmals dieser Ausmaße,
    und da frage ich mich auch ob ein großes und teures Mahnmal auch ein sinnvolles und besseres Mahnmal ist.

    Zitat

    Original geschrieben von andi2511
    ...daß es Daimler und ThyssenKrupp so gut geht, hat auch seine Gründe, die z.T. eben vor 66 Jahren begründet sind.

    Von der Ausbeutung einer bestimmten Gruppierung profitieren alle einer Gesellschaft.
    Allerdings steht Deutschland mit diesem Vergehen nicht alleine in der Welt,
    man denke dabei nur an die Kolonialisierung im 18. und 19. Jahrhundert,
    unter der vor allem afrikanische Länder noch heute leiden und keinen Groschen bekommen.
    Und keiner käme auf die Idee, England und Frankreich deswegen zur Rechenschaft zu ziehen.
    Geschweige denn, diese Länder würde ihre Schuld akzeptieren und noch ein teures Mahnmal bauen.

    Signatur ist so 2002.

  • Nein, natürlich ist ein großes Mahnmal in der Aussage nicht anders als ein kleines, aber warum nun genau dieses Projekt bei der im übrigen freien Ausschreibung durch die Kommission ausgewählt worden ist, weiß ich nicht.


    Und auch bei dir wieder die gleiche Argumentation: die anderen haben es ja auch gemacht, warum die nicht usw. Das ist doch schwach und hat nun gar nix mit selbstbewusstem Umgang mit Geschichte zu tun! Na und, dann haben die es halt nicht kapiert! Wir schon (hoffe ich) und deswegen bauen wir ein Mahnmal! ;)

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