Es kam im Jahre 1999 auf den Markt und war damals der Traum vieler Handybesitzer: das Bosch GSM 909 Dual S. Das 909s ist zwar technisch mit dem schlichteren "normalen" 909 identisch, wirkt aber durch das edle Design und das blaue Display viel exklusiver und hochwertiger. Das 909s war allerdings auch ein gutes Stück teurer als das 909, da es anfänglich stolze 1100 DM kostete - durch den Preis wurde es verständlicherweise nur sehr selten gekauft.
Zur Expo wurden Restbestände des teuren Ladenhüters günstiger verkauft und die letzten Restbestände wurden Ende 2000 von debitel in einem XtraPac verkauft (mit SIM-Lock), wobei die Preise hierfür zwischen 99 und 199 DM lagen. Durch diese Dumping-Preise sanken auch die Preise der anderen neuen und auch der gebrauchten Geräte rapide, weswegen ich ein 909s ohne Simlock günstig bekommen konnte. Vor allem durch die debitel-Pakete hat das überteuerte Edel-Handy auf seine alten Tage noch eine nahezu inflationäre Verbreitung erfahren.
Nun aber zu den Einzelheiten des Geräts!
Lieferumfang:
Das Bosch 909s wird standardmäßig mit Akku, Ladegerät, einem Gürtelclip, und Bedienungsanleitung ausgeliefert - spektakuläres Sonderzubehör ist also nicht dabei.
Der Gürtelclip ist keine besonders gelungene Konstruktion: an der Gehäuserückseite befindet sich ein kleines Metallschildchen, das entfernt werden muss. Darunter kommt ein Gewinde zum Vorschein, in das der Clip eingeschraubt wird. Es ist zwar noch ein zweites Schild dabei, das hinterher wieder an die Stelle des alten gesetzt werden kann, aber dennoch ist diese Lösung sehr umständlich. Davon ganz abgesehen halte ich es für eine Untat, die schöne Form des 909s durch einen fest montierten Clip zu verunstalten!
Es können übrigens zwei verschiedene Akkus dabei sein: der eine ist der Standard-Akku mit 650 mAh, der andere ein Vibra-Akku mit nur 450 mAh - man sollte also vorher nachschauen, ob der beiliegende Akku der gewünschte ist. Ein Vibra-Akku mit 650 mAh ist als Zubehör erhältlich.
Alle Akkus des Bosch 909s sind übrigens fortschrittliche Lithium-Ionen-Akkus.
Die Originalverpackung kann ebenfalls variieren: ursprünglich gehörte eine mit Samt ausgeschlagene OVP aus schwarzem Kunstleder dazu, es gibt aber eine EXPO-Edition mit einem einfacheren Pappkarton.
Mein 909s kam leider in dem einfachen Karton und dieser ist auch bei der Prepaid-Variante dabei.
Die Äußerlichkeiten:
Zum Marktstart war das 909s eins der kleinsten und leichtesten Handys, heute liegt es in dieser Hinsicht leider nur noch im Mittelfeld. Mit den Abmessungen von 122 x 58 x ca. 2 mm und einem Gewicht von 109g bietet es aber meiner Meinung nach einen guten Kompromiss zwischen Größe und Bedienbarkeit.
Das Gehäuse wirkt sehr dezent und edel, da es aus einem schlichten schwarzen Kunststoff besteht, der an der Front noch mit einer silbernen Metall-Legierung überzogen ist. Die Tastatur besteht aus silbernem Hartkunststoff.
Das 909s besitzt eine externe Antenne, die 2,7 cm lang ist und dem Handy sehr gute Empfangseigenschaften verleiht.
Links oben befindet sich eine LED, deren Blinkmodus etwas über den Status verrät. Folgende Blinkmodi sind möglich:
grün/langsam = normales Standby, grün/schnell = ankommender Anruf, rot/langsam = kein Netz, rot/schnell = Akku schwach.
Äußerst hübsch anzusehen ist der ovale Lautsprecher, der durch ein feines, silbernes Drahtgitter abgedeckt wird. Dieses Designelement wirkt sportlich und edel zugleich und wurde auch bei dem Nachfolger des 909s, dem Bosch 1886 übernommen.
Da die Firma Bosch ihre Mobilfunksparte an Siemens verkauft hat, ist das 1886 dann minimal verändert als Siemens S40 auf den Markt gebracht worden.
Display & Tastatur:
Das Display ist zweifelsohne das absolute Highlight des 909s, da es das erste serienmaßig blau beleuchtete war. Die Beleuchtungsfarbe ist das schönste Blau, das ich bisher gesehen habe, da es absolut tief und strahlend ist. In Verbindung mit der genialen Tastaturbeleuchtung in der gleichen Farbe und der silbern schimmernden Front ist dieses Blau besonders im Dunkeln der absolute Hingucker!
Bei der Beleuchtung scheint es allerdings eine recht starke Qualitätsstreuung zu geben, da ich auch schon Geräte mit einer sehr unregelmäßigen Beleuchtung oder aber einem "schmutzigen" Blauton gesehen habe.
Mein Gerät ist gottseidank mit einer tiefblauen, regelmäßigen Beleuchtung gesegnet.
Neben dem Netzbetreiber kann man sich auch die Uhrzeit und das Datum anzeigen lassen; diese werden allerdings bei Provider-Karten unterdrückt und sind nur kurz durch kurzes Drücken der "AUS"-Taste aufrufbar.
Links und rechts befinden sich vertikal die Akku- und die Empfangsanzeige, die jeweils 4 Balken aufweisen.
Es werden 4 Zeilen angezeigt, wobei die unterste Zeile durch die jeweiligen Funktionen der Softkeys und der zentralen Navigationstaste belegt wird.
Das Display ist mit seiner Auflösung von 96 x 32 Pixeln ziemlich feinzeichnend und hochauflösend; allerdings ist die Schrift sehr zierlich und vor dem blauen Hintergrund teilweise etwas schwieriger abzulesen, als es bei dem grünen Display des normalen 909 der Fall ist. Der Kontast zwischen hellgrün und schwarz ist einfach etwas stärker.
Ein wenig schade finde ich es, dass die Grafikfähigkeit des Display nur beim Abschalten genutzt wird, da hier der Bosch-Schriftzug nach unten aus dem Bild läuft. Man hätte mit Menügrafiken (evtl. sogar animierten) das Handy noch etwas aufwerten können.
Praktisch hingegen ist die Option des Display-Standbys. Hier schaltet nicht nur die Beleuchtung ab, sondern es verschwindet die komplette Anzeige nach ein oder zwei Minuten, so dass nur noch die blinkende LED signalisiert, dass das Telefon eingschaltet und empfangsbereit ist.
Die Tasten sind zwar recht schmal, liegen aber so weit auseinander, dass sie sicher und komfortabel zu bedienen sind.
Die Tasten bestehen wie schon erwähnt aus einem harten Kunststoff und haben einen kurzen Weg und einen "knackigen" Druckpunkt - so muss eine Tastatur sein, da sie sehr präzise ist und ein genaues Feedback vermittelt.
Ausstattung:
Die Ausstattung ist für den Preis, der seinerzeit für das 909s verlangt wurde, recht mager.
An "gehobenen" Features findet sich ein Terminkalender, der an bis zu 50 Ereignisse erinnert und sehr gut konfiguriert werden kann: es sind wiederkehrende Alarme in diversen Zeitintervallen möglich und es kann eine variable Zeit zwischen Alarm und tatsächlichem Terminbeginn festgelegt werden.
Das Telefonbuch kann zweigeteilt werden; das neu entstandene "2. Telefonbuch" kann durch ein Passwort geschützt werden. Leider wird diese Funktion aber nicht von allen Karten unterstützt.
Das 909s ist daten- und faxfähig und es ist ein Softmodem (9600 bps) integriert; hierzu ist aber ein zusätzliches Datenkabel erforderlich, dass seinerzeit mit deutlich über 100 DM zu Buche schlug.
Ansonsten sind noch ein Taschenrechner für die 4 Grundrechenarten und die 27 Klingeltöne erwähnenswert, die von einem konservativen Klingeln bis zu recht "durchgeknallten" Melodien für jeden Geschmack einen Rufton bieten sollten.
Bei meinem Gerät klingen die Töne allerdings nur in der geringsten Lautstärke akzeptabel - schon ab Stufe 2 "scheppern" sie erbärmlich.
Wie schon beim Display ist dies aber von Gerät zu Gerät unterschiedlich - da mir das perfekte Display wichtiger war als perfekte Klingeltöne, habe ich es nicht austauschen lassen.
Positiv ist, dass man auch die SMS- und Alarmtöne individuell einstellen und dabei aus den 27 Klingeltönen frei wählen kann.
Recht außergewöhnlich ist, dass man zwischen 8 (!) verschiedenen Tastentönen wählen kann;
leider hasse ich Tastentöne, sonst hätte ich bestimmt meine Freude daran.
SMS können natürlich gesendet und empfangen werden, allerdings ist keine Texteingabehilfe vorhanden und die Bedienung etwas umständlich.
Der Rest beschränkt sich leider nur auf Standard-Funktionen und Features wie Spiele, WAP, Bildmitteilungen etc. wird man im 909s vergeblich suchen.
Menüführung und Bedienung:
Die Menüführung erscheint auf den ersten Blick etwas unlogisch, da sie zweigeteilt ist - nach etwas Eingewöhnung sollte man sich aber gut zurechtfinden können.
Aus dem Standby-Screen gelangt man über die zentrale Navigationstaste in das "Funktionsmenü" (Taste nach oben) und in das Telefonbuch (Taste nach unten) - die seitliche Lautstärketaste hat die selbe Funktion.
Im Funktionsmenü finden sich folgende Unterpunkte:
Telefonbuch (nochmal)
2.Telefonbuch (von der Karte abhängig)
Anrufliste
Wahlwiederholung
Nachrichten
Ereignisse
Eigene Nummern
Die Menüpunkte erklären sich eigentlich von selbst, weswegen ich sie wohl nicht genauer erläutern muss.
Über den rechten Softkey gelangt man aus dem Standby-Modus in das "Einstellungsmenü", das folgendermaßen aufgebaut ist:
1. Netzdienste
(Rufumleitungen, Anrufsperre etc.)
2. Toneinstellungen
(Klingel-, SMS-, Tastentöne; Lautstärke)
3. Telefoneinstellungen
(Sprache, Begrüßung, Zeit/Datum etc.)
4. Einstellungen für Nachrichten
(Gültigkeit, Zentale, Bestätigung usw.)
5. Einstellung für Telefonbuch
6. Gesprächs-/Gebührenzähler
7. Schutzfunktionen (PIN-Abfrage, Codes)
8. Taschenrechner
9. (SIM-Toolkit, sofern vorhanden)
Durch Eingabe des Codes *#3262255*8378#
(*#dancall*test*) und folgenden Druck auf die grüne Hörertaste kann man einen versteckten 10. Menüpunkt aktivieren, das Engineering Menü. Hier finden sich Infos zur Software-Version, zum Herstellungsdatum, sowie einen Netmonitor. Der Netmonitor ist ein Programm, das Informationen über die aktuelle Basisstation, die Sendestärke der benachbarten Funkzellen etc. vermittelt.
Bei meinem Gerät kann ich das Engineering-Menü allerdings nur bei Verwendung einer D1-Karte aktivieren.
Der Taschenrechner (Menüpunkt hätte meiner Meinung nach übrigens besser in das Funktionsmenü gepasst; die Bosch-Entwickler werden sich dabei aber sicherlich etwas gedacht haben...
Insgesamt ist die Menüführung zwar nicht die ergonomischste, lässt sich aber ziemlich leicht erlernen. Verzweifeln wird hierbei keiner!
Standby- und Gesprächszeit:
Angegeben sind max. 179h Standby und gut 5h Talktime - diese Werte stimmen aber nicht annähernd mit der Realität überein. Bei mäßigem Gebrauch muss mein 909s alle 3, maximal 4 Tage ans Netz.
Die Akkuanzeige ist übrigens alles andere als verlässlich: es werden lange die kompletten 4 Balken angezeigt, auch wenn der Akku nur noch viertelvoll ist - wenn man nur noch 3 Balken sieht, solte man sich so langsam in die Nähe einer Steckdose begeben, da dem 909s dann innerhalb von kurzer Zeit der "Saft" ausgeht. Eine etwas linearere Abnahme der Anzeige wäre sehr wünschenswert gewesen.
Empfang und Sprachqualität:
In diesen beiden Disziplinen schneidet das 909s im oberen Mittelfeld ab. Es hält recht stabil die Verbindung zum Netz und leistet sich im Stadtgebiet (in dem ich es bisher nur eingesetzt habe) sowohl im D-, als auch im E-Netz keine besonderen Patzer.
Es gibt allerdings nicht wenige Handys, die ich als empfangsstärker einschätze.
Die Sprachqualität ist recht ausgewogen und klar, neben einem Grundrauschen nerven aber des öfteren die charakteristischen GSM-Geräusche, die man selbst im Lautsprecher hören kann. Dieses Phänomen tritt allerdings recht selten auf.
Fazit:
Wie die meisten Geräte dieses Alters ist das Bosch 909s vom Funktionsumfang her heutzutage sicherlich nicht mehr zu empfehlen, da selbst die Geräte in den günstigsten Prepaid-Paketen eine deutlich umfangreichere Ausstattung besitzen.
Jemand der ein Handy sucht, dass "alles kann", wird mit dem 909s keinesfalls glücklich werden.
Wenigtelefonierer, Individualisten und Freunde des exklusiven Designs können mit dem 909s ein günstiges Handy erwerben, das optisch eine Menge hermacht und trotz der debitel-Aktion immer noch nicht in jeder zweiten Tasche steckt.
Als Business-Handy oder Fun-Handy ist es also eher ungeeignet, als schickes Design- und Ausgeh-Handy ist es jedoch schwer zu übertreffen.
Liebe Grüße,
Mooney