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Quelle [URL=http://www.zdf.de/ZDFde/inhalt/27/0,1872,2053563,00.html]Frontal21[/URL]
Steuerflucht in Deutschland
Wie große Unternehmen erst kassieren und dann gehen
Der deutsche Chiphersteller Infineon will seinen Firmensitz in eine Steueroase verlegen, wo die Unternehmenssteuern gering sind. Dabei bediente sich das Unternehmen früher kräftig aus deutschen Subventionstöpfen.
Ulrich Schumacher, Chef von Infineon, will weg aus Deutschland. Ihm sind die Steuern zu hoch. Infineon, Ende der 90er Jahre aus Siemens hervorgegangen, präsentiert sich in Firmenvideos gerne als modernstes Chipwerk der Welt.
Weil Chips sich aber zur Zeit schlecht verkaufen, macht das Unternehmen riesige Verluste und zahlt daher keine Steuern. Doch bevor wieder Gewinne und damit auch Steuern fließen, will Schumacher den Firmensitz in eine Steueroase verlegen, erhebt er die Steuerflucht zur Unternehmerpflicht.
Der deutsche Fiskus geht leer aus
Und so funktioniert es: Da in einem Konzern wie Infineon die Gewinne nicht in den einzelnen Werken anfallen, werden sie in einer Gesamtbilanz des Konzerns erfasst. Das heißt, sie tauchen nur im Konzerndach, der Holding, auf und werden am Sitz dieser Holding versteuert. Die Fabriken aber bleiben im Land. Es muss nur die Konzernzentrale mit wenigen hundert Mitarbeitern dorthin verlegt werden, wo weniger Steuern anfallen. Infineon prüft hierfür mehrere ausländische Standorte und favorisiert die Schweiz mit ihren niedrigen Unternehmenssteuern. Und schon geht der deutsche Fiskus leer aus.
"Wir sagen, dass wir Rahmenbedingungen hier vorfinden, die uns im globalen Wettbewerb Nachteile bringen", so die Begründungsversuche von Christoph Sieder dem Unternehmenssprecher von Infineon. "Wir müssen versuchen, diese Nachteile auf verschiedene Art und Weise zu minimieren. Wir haben ein großes Interesse daran, dass der Standort Deutschland für uns nach wie vor ein erfolgreicher bleibt, aber wir müssen uns von der Fokussierung auf diesen Standort verabschieden und natürlich einen weltweiten Aspekt haben."
Bezahlt aus Steuergeldern
Die Erfolgsformel für Infineon könnte einmal lauten: Erst kassieren, dann gehen. Denn rund 400 Millionen Euro Fördermittel spendierten Bund und das Land Sachsen für das erste Werk in Dresden, als Infineon noch Siemens war. 200 Millionen Euro zahlten Bund und Land als Zuschuss für das neue Werk. 360 Millionen Euro gab es obendrauf als Bürgschaften aus Berlin und Dresden. 115 Millionen Euro gab die Messegesellschaft Leipzig, hinter der das Land Sachsen und die Stadt Leipzig stehen, und 50 Millionen Euro schoss eine Tochtergesellschaft der Jenoptik zu, an der wiederum das Land Thüringen beteiligt ist. 164 Millionen Euro erhielt Infineon bislang vor allem aus Fördertöpfen des Bundesforschungsministeriums und kann noch weitere circa 133 Millionen Euro Forschungsgelder ausgeben.
Infineon bediente sich aus vielen Fördertöpfen
Alles in allem, einschließlich der Bürgschaft, sind dies bislang rund 1,4 Milliarden Euro, bezahlt aus Steuergeldern, die Infineon jetzt sparen will. Infineon räumt ein: Ohne die Subventionen, ohne die Steuergelder, hätte es das Werk in Dresden nicht gegeben. "Ich denke, dass vernünftige Anschubsubventionen ein sehr, sehr gutes Instrument sind, um vor allem Unternehmen in Deutschland anzusiedeln", so Sieder. "Ich wüsste nicht, muss ich ganz ehrlich gestehen, ob wir das Chipwerk in Dresden gebaut hätten, wenn es diese Anschubsubventionen nicht gegeben hätte."
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Also mich hat der Bericht gestern in Frontal21 fast umgehauen. Ähnliche Subventionspraktiken waren mir bislang nur aus der Automobilindustrie bekannt - aber nicht in dieser Höhe. Gibt es eigentlich noch ein größeres Wirtschaftsunternehmen in Deutschland das Gewinne erwirtschaftet, die nicht auf Subventionen oder Steuer- und Buchungstricks basieren? Wer sitzt eigentlich alles im Aufsichtsrat von Infineon?