Lange Zeit war es um die Handysparte von Philips ein wenig still geworden. Und das eigentlich zu Unrecht, zeigen die Holländer doch durchaus, daß sie gute Geräte bauen können. Insbes. die Xenium-Serie war mir eigentlich sehr symphatisch. Ein andersartiges und trotzdem sehr innovatives und intuitives Bedienkonzept, ausgezeichnete Verarbeitung und insbes. beim 9@9 eine Standbyzeit, die seitdem auch kein anderes Gerät mehr erreicht hat. Letztlich aber hatte Philips dasselbe Problem wie so viele andere Hersteller: Gegen die überlegende Marketingmacht und das tiefverwurzelte "Handy=Nokia" - Denken vieler Käufer kam man einfach nicht an.
Nun wollen sie es aber wieder wissen und kommen mit einem neuen Gerät auf den Markt, welches in den Käuferschichten eines T68 oder 6510 wildern will. Welchen Erfolg dies haben könnte, soll der nachfolgende Test des durch Semec freundlicherweise überlassenen Testexemplares klären.
Design/Verarbeitung
Philips knöpft hier an alte Tugenden an. Das Gehäusematerial erinnert stark an das 9@9, was absolut ein Lob darstellen soll. Das Gerät macht einen extrem stabilen Eindruck und läßt damit Wackel- und Knarzkandidaten ala T68 oder 6510/8x10 weit hinter sich. An keiner einzigen Stelle läßt sich das Gehäuse auch nur einen mm eindrücken. Sehr sauber. Ein wenig ungewohnt ist, daß der Akku keine sichtbare Entriegelung hat, er wird einfach auf das Gerät geschoben. Er sitzt aber absolut ausreichend fest und läßt sich nur mit mittelstarkem Druck nach unten und hinten wieder abziehen. Der Verzicht auf eine externe Antenne dürfte dem Massengeschmack auf jeden Fall entgegenkommen. Insgesamt liegt das Gerät, nicht zuletzt auch durch seine abgerundeten Ecken, nicht nur hervorragend in der Hand, sondern gleitet auch problemlos in die Hosentasche.
Gut überlegt ist auch das Philips-Logo aus Gummi auf der Rückseite. Zusammen mit dem Gummiknopf hinten oben rechts (hinter dem sich übrigens ein Anschluss für eine externe Antenne verbirgt), sorgt es für eine außergewöhnlich hohe Rutschfestigkeit auf praktisch allen Flächen. Während eines Vibracalls bewegt sich das Teil nicht einen mm!
Klick
Tastatur
Die Tastaturbeschriftung ist zwar relativ klein, aber bei allen Lichtverhältnissen gut ablesbar. Die grüne Beleuchtung ist ausreichend hell und gleichmäßig. Der Druckpunkt der Tasten ist dem früherer Philipse sehr ähnlich, d.h. die Tasten sind etwas schwergängiger als bei z.B. Nokia, haben aber einen sehr angenehmen, dumpf klickenden Druckpunkt.
Display
Hier kommen wir leider schon zur ersten Schwachstelle. Denn bei der Wahl des Displayherstellers hatte Philips alles andere als ein glückliches Händchen. Die spezifizierten 256 Farben funktionieren allenfalls theoretisch, um sie praktisch umsetzen zu können, fehlt es der Anzeigeeinheit schlicht und einfach an Kontrast. Das Display erinnert an die ersten passiven DSTN-Displays der Notebook-Ära. Es reagiert zwar nicht so träge wie diese, ist aber ebenso blaß und kontrastarm. Die in der Werbung für das Gerät oder auch auf der Verpackung abgebildeten Bilder sind pure Verar***ung.
Die Displays von T68, Eclipse und erst recht Samsung T100 sind um Welten besser. Einziger Vorteil des Fisio-Displays: Auch ohne Beleuchtung ist es bei Tageslicht problemlos ablesbar. Tatsächlich ist tagsüber so gut wie kein Unterschied zwischen Licht an und Licht aus zu erkennen.
Dieses Display ist wirklich schade, denn Käufer eines Gerätes mit Farbdisplay werden natürlich geneigt sein, ein wenig zwischen den verschiedenen Anzeigen zu vergleichen. Und dann muß das Fisio leider abgeschlagen auf dem letzten Platz landen.
Bedienung
Wenn wir einmal bei den Nachteilen des Gerätes sind, dann können wir auch gleich da weitermachen. Denn die Bedienung des Fisios ist für mich, noch mehr als das Display, das größte Manko. Hätte man die Zifferntasten nur geringfügig kleiner gemacht, dann wäre ausreichend Platz für eine Art Cursorpad und zwei Softkeys gewesen. Die Idee, ein solches Steuerkreuz in die normale Tastatur zu integrieren, mag auf den ersten Blick interessant erscheinen, erweist sich im praktischen Einsatz aber als völlig unbrauchbar. Man ist in einer Tour am überlegen, ob nun die 6 eine 6 ist oder den Cursor nach rechts bewegt. Auch die 5 ist nicht immer eine Bestätigungstaste. Manchmal kann man mit der 5 eine Auswahl bestätigen, manchmal aber muß man auch den mittleren Softkey nehmen. Mit diesem wird während z.B. dem SMS-Schreiben auch die Funktion der Zifferntasten zwischen "normal" und "Cursorkreuz" hin- und hergeschaltet. Die Bedienung erfordert selbst nach mehreren Stunden derart viel Konzentration, daß es nicht wirklich Spaß macht, mit dem Teil herumzuspielen. Dabei ist man der Karusellmenüführung früherer Philipse durchaus treu geblieben, und mit einem ordentlichen Konzept aus Steuerungs- und Softkeys oder gar einem seitlichen Rad (wie bei den Xeniums) wäre das auch alles nach wie vor perfekt und intuitiv. So aber fällt die eigentlich sehr schöne Menüführung einem völlig verkorksten Tastenkonzept zum Opfer, welches ich in dieser designerischen Unüberlegtheit noch nie erlebt habe.
Also ehrlich - wer sich sowas ausgedacht hat... Was immer die Designer da eingenommen hatten - die Hälfte hätte auch gereicht. Da sieht man, was den Holländern die Legalisierung leichter Drogen eingebracht hat... :D:D
Features
Nach soviel Schmach ist es dann aber doch wieder an der Zeit für etwas frohere Botschaften. Und die folgen auf dem Fuße, wenn man sich den gebotenen Leistungsumfang des 820 anschaut. GPRS, Bluetooth, ein Phonebook für 300 Einträge mit je 5 Nummern und zwei Textfeldern ("Notes" und "EMail"), WAP1.2-Browser, Wecker, Organizer, Profile, Sprachwahl - kurz: Es fehlt abgesehen von Infrarot und HSCSD eigentlich nichts, was ein gutes Businessphone ausmacht.
Das Telefonbuch speichert wie gesagt bis zu 300 Einträge. "Bis zu" heißt, daß es auch weniger sein können. Grund: Ähnlich dem Siemens S45 hat das Fisio 820 eine Art Flex Memory von knapp 300kB, welches für Phonebook, Organizer und empfangene Bilder herhalten muß. Je nach Nutzung der einzelnen Features können es also auch weniger als 300 Einträge werden. Einträge können via Bluetooth versandt und empfangen werden, wobei sich Philips an das vcard-Format hält. Die Bluetooth-Verbindung sowohl zu einem Ericsson als auch zum PC klappte völlig problemlos und auf Anhieb, der Versand bzw. Empfang von vcards (und übrigens auch Kalendereinträgen) war kein Problem.
Zur SMS-Funktionalität gibts nicht viel zu sagen. Ob das Gerät einen internen SMS-Speicher hat, war leider nicht herauszufinden. Phase2-Übertragungsberichte werden unterstüzt.
Der eingebaute EMail-Client funktioniert ebenfalls überraschend problemlos, da war ich von frühen Ericsson-Firmwares durchaus anderes gewohnt. Man kann zwei Mailboxen mit jeweils eigenen Providereinwahldaten definieren. Die Einwahl kann sowohl via GPRS als auch GSM erfolgen. Die Einstellungen hinsichtlich Client und Einwahl sind dieselben wie bei anderen Geräten auch. Positiv wie gesagt, daß sowohl mit O2 als auch Vodafone und jeweils GSM und GPRS alles auf anhieb funktionierte.
Das "Picture Album" beherbergt einige vordefinierte .jpg-Dateien. Der Empfang weiterer Dateien kann via Bluetooth oder EMail erfolgen. Habe es allerdings weder via Bluetooth noch EMail hinbekommen. Via BT gehts vielleicht nicht vom PC aus, sondern nur von einem anderen BT-fähigen Handy, welches .jpg's via BT verschicken kann. Und als Mail kam immer die Meldung beim Lesen der Mail, daß sie zu groß sei, obwohl ich auch kleine .jpg's (10kB) probiert habe. Jedenfalls, die Bilder lassen sich dann als Wallpaper einsetzen oder eben per EMail oder BT versenden.
... Fortsetzung s.u. ...