OpenSignal ist bekanntlich eine App, die über Crowdsourcing Abdeckung, Geschwindigkeit usw. von Netzen misst. Sie ist international weit verbreitet und funktioniert so ähnlich wie Cellmapper.
OpenSignal als Firma gibt auch Länderberichte und Berichte über den Stand des LTE-Ausbaus in verschiedenen Ländern und global heraus. Gerade eben ist der neue "State of LTE" Bericht Nov. 2017 erschienen:
https://opensignal.com/reports/2017/11/state-of-lte
oder als PDF Download: https://opensignal.com/reports…l/data-2017-11/report.pdf
Das wäre jetzt nicht überraschend, wenn Deutschland nicht weiter gefallen wäre und im Bericht inzwischen katastrophale Werte erzielt:
- bei der LTE-Verfügbarkeit (Availability) liegt Deutschland mit 57,52% auf Platz 72 von 78 Ländern, hinter den Philippinen und der Dominikanischen Republik, kurz vor Pakistan und Russland.
- beim durchschnittlich erreichbaren LTE-Geschwindigkeit (Speed) belegt Deutschland mit 19,29 Mbit/s auch nur einen Mittelplatz mit leicht rückläufigen Werten ggü. dem letzten Bericht vom Frühjahr.
Ich will diese Ergebnisse mal zur Diskussion stellen. Sieht es wirklich so schlecht aus in Deutschland? Nochmal zur Verdeutlichung: die LTE-"Verfügbarkeit" ist nicht mit LTE-Abdeckung zu verwechseln, weder auf Fläche noch Personen bezogen. Hier wird nur von Userseite her geschaut, wer hat effektiv wann LTE zur Verfügung? Ähnlich der Speed: im LTE-Netz ist welcher Speed erreichbar?
Nun hat OpenSignal sicher viele Messfehler. Aber die müssten sich tendenziell in der Masse ausgleichen, wenn sie nicht systematischer Natur sind. Wieso sollte in anderen Ländern dieser Fehler nicht auch auftreten?
Zur LTE-Verfügbarkeit fallen mir 2 Effekte ein, die in Deutschland besonders zu Buche schlagen und das Ergebnis drücken könnten:
- die sehr restriktive Freigabe von LTE durch einige Provider. Insbesondere die Prepaid-Angebote von Telekom und Vodafone-Reseller haben immer noch keinen LTE-Zugang. Hier ist Deutschland ziemlich Schlusslicht und das drückt die allgemeine LTE-Verfügbarkeit.
- der Load Balancer der Telefónica schiebt einen in vielen überlasteten Zonen gegenwärtig ins 3G-Netz ab. Zwar ist LTE verfügbar, aber das Handy landet im 3G-Netz. In manchen Großstädten ist das z.Zt. die Regel.
Auch wenn diese systematischen Effekte in Deutschland bestehen, gilt dennoch von Userseite aus, dass LTE in Deutschland effektiv weniger verfügbar ist als in praktisch allen anderen EU-Ländern (außer Irland).
Damit werden auch nicht die durchwachsenen Ergebnisse im Speed-Test erklärt und warum das hier sogar langsamer wurde. Denn hier wird nur LTE-Speed gemessen und 3G hat dadurch keinen Einfluss. Hier fällt mir kein systematischer Effekt ein, außer vielleicht die Geschwindigkeitslimits mancher Anbieter, die es aber anderswo auch gibt. Auch wäre das kein Grund für den Rückgang. Eher schon die schlechten Geschwindigkeiten des Telefonica-LTE-Netzes insbesondere in einigen Städten dürfte auf das Ergebnis drücken. Vielleicht haben auch weniger User in Deutschland Handys mit Carrier Aggregation.
Wie seht ihr die Ergebnisse? Alles nicht so schlimm? Oder mal klar gezeigt, dass Deutschland gegenwärtig den Anschluss verliert?