Warum laesst man die ganzen "Orginal-Discounter" sterben?

  • Telefonica hat beim Discount-Pioneer simyo die Einstellung ja schon komplett vollzogen. Aber auch congstar, o.tel.o, blau und discoTel duempeln nur noch dahin, da die Tarife mittlerweile vollkommen unintressant sind.


    Stattdessen wird der Discount-Markt beherrscht von:


    - "Supermarkt-Discountern" wie ja! mobil / PENNY Mobil, Lidl Connect und K-Classic Mobil
    - "Ethno-Discountern" wie Lebara, Turkcell Europe, mobi, Lycamobile und Ay Yildiz
    - "Special-Discountern" wie WhatsApp SIM


    Wenigstens die Tarife der Supermarkt-Discounter koennte man doch 1:1 uebernehmen

  • Das ist mal eine interessante Frage.


    Deutschland hatte den höchsten Anteil in Europa an Original-Discountern. Das war insbesondere E-Plus zu verdanken, die in den Nuller-Jahren im Jahr mehrere Marken neu rausbrachten. Seit 2 oder 3 Jahren kommen kaum neue dazu und die Reseller-Marken gehen eher wieder zurück.


    Die Netzprovider versuchen kontinuierlich, die Reseller zu entwerten. Das machen Telekom und Vodafone z.B. mit der Weigerung LTE herauszugeben. Bei O2 ist es etwas komplizierter, da sie ja schon LTE im prepaid von Eplus quasi geerbt hatten. Dennoch ist der LTE-Ausbau auf dem Land und die LTE-Geschwindigkeit in den Städten bei O2 meist niedriger, so dass je nach Lage kein großer Vorteil zu Resellern im 3G von Telekom und Vodafone entsteht.


    Es sind nur noch die Supermarkteketten übriggeblieben, da sie ein Distributionssystem quasi für lau mitbringen und der Markt es als Beigeschäft mitnehmen kann. Dann gibts noch die Nischen für Migranten und Ausländer. Richtige MVNOs haben es schwer dagegen. Neuere Reseller entwickeln sich nur noch im IoT und bezogen auf bestimmte Anwendungen. Zumeist sind die Reseller jetzt Töchter der Netzbetreiber geworden. Das ist international zu beobachten. Das MVNO-Modell wird von den Netzbetreibern immer weiter ausgehölt und potentielle neue Player aus dem Ausland werden abgeblockt.


    Für die Netzbetreiber sind diese Reseller ja auch nur interessant, wenn sie neue Kundenkreise erschließen, die das Mainstream-Produkt nicht erreicht. Deutsche Netzanbieter sind zudem der Meinung, "richtige Kunden" müssten in Verträge, denn die postpaid ARPU ist doppelt so hoch. In Polen oder Österreich mit derzeit steigenden Prepaid-Markt kann man aber sehen, dass bei funktionierenden Wettbewerb das nicht unbedingt so nicht sein muss.


    Deutschland geht aber immer mehr in einem gesättigten Markt wie z.B. in Skandinavien. Dort haben sich die Netzanbieter weitgehend aus dem Prepaid-Geschäft herausgezogen und bieten häufig gar kein Prepaid-Produkt im eigenen Namen mehr an. Das ergibt zwar wieder die Lücke für Reseller, die aber doch nur meist auch nur Töchter der Netzbetreiber sind.


    Diese "Marktkonsolidierung" wird sich kaum vermeiden lassen, wenn nicht politisch-regulativ Signale kommen, dass man neue Player auf dem Markt haben will. Und die sehe ich gerade nicht. Sie müssten auch gegen Firmen ankämpfen, die gerade vom CSD bis zur Dorfkirmes alles sponsoren und wären doch von ihnen abhängig. Die EU-Roamingregelung und die Novellierung der Prepaidregistrierung waren 2 politische Maßnahmen, die tendenziell die großen Netzbetreiber stärken und für kleine Newcomer ein hohe Risiko bedeuten.


    Bis heute bin ich mir nicht sicher, ob das MVNO-Modell wirklich funktioniert, wenn man es nicht regulativ-politisch unterstützt. Ansonsten sind das nur viele Marken, die im Endeffekt das gleiche Produkt verkaufen zu leicht verschiedenen Konditionen und Vielfalt und Wettbewerb nur vorspielen.

  • Zitat

    Original geschrieben von wolfbln
    Für die Netzbetreiber sind diese Reseller ja auch nur interessant, wenn sie neue Kundenkreise erschließen, die das Mainstream-Produkt nicht erreicht.


    Deutschland geht aber immer mehr in einem gesättigten Markt wie z.B. in Skandinavien.

    Den gesaettigten Markt hatten wir aber eigentlich schon bevor es mit den Discountern ueberhaupt losging. Weil der grosse Boom des Mobilfunks war ja eher 2000-2004 noch bevor Simyo als erster Discounter gestartet ist. Seitdem kommen eigentlich nur noch Kinder und Migranten als neue Kunden dazu.


    Aber natuerlich hat durch die billigen Preise E-Plus mit Simyo und Blau schon neue Kunden ins Netz bekommen, die eben wegen der Preise gewechselt sind. Andererseits hat aber E-Plus seitdem dann auch wieder etliche Kunden an die D-Netze wegen dem stagnierenden Netzausbau verloren. Oder weil das iPhone T-Mobile exklusiv war.


    Im Endeffekt haben die Discountmarken eigentlich garnicht soviel gebracht. Einfach bei Xtra, CallYa, Free&Easy und Loop und natuerlich auch bei den Abos die Preise senken haetten den gleichen Effekt gehabt.


    Zitat

    Original geschrieben von wolfbln
    Ansonsten sind das nur viele Marken, die im Endeffekt das gleiche Produkt verkaufen zu leicht verschiedenen Konditionen und Vielfalt und Wettbewerb nur vorspielen.

    So ist es mittlerweile leider ueberall. Selbst bei der Hardware. Es gibt zwar soviele Hersteller und Modelle wie nie zuvor, aber fast alle haben das gleiche Grunddesign, das gleiche Android OS, und den gleichen Qualcomm- oder MediaTek-Chipsatz. Die Unterschiede sind nur noch Nuancen, wie der vorinstallierte Launcher, Cams und Blitz.

  • Zitat

    Original geschrieben von jof
    Marken kosten Geld. Aktiengesellschaften müssen Geld verdienen und Gewinne machen. Ganz einfach.


    Genau, Millionen Nutzer werden zur Kasse gebeten, damit einige wenige Aktieninhaber ganz ohne eigene Arbeit (!) viel Geld verdienen können.

    Wir brauchen alle Wachstum, sagte der Luftballon - und platzte.

  • Zitat

    Original geschrieben von jof
    Marken kosten Geld. Aktiengesellschaften müssen Geld verdienen und Gewinne machen. Ganz einfach.

    Die Marken kosten aber auch jetzt Geld obwohl die Tarife so unattraktiv sind. Wuerde man die Tarife der Supermarkt-Discounter uebernehmen muesste man dafuer auch nicht mehr Geld aufwenden.

  • Für eine sachliche Diskussion wären ein paar konkrete Zahlen zu Marktanteilen und ARPU der einzelnen Marken sinnvoll (und auch prepaid vs. postpaid). Leider habe ich hier bislang noch keine einzige der getätigten Behauptungen mit Daten unterlegt gesehen.


    Congstar ist übrigens nicht primär ein Prepaid-Anbieter sondern einfach die "Billigmarke" der Telekom. Und ebenso wie die Netzbetreiber direkt bietet auch Congstar u.a. Prepaid an, das war aber nie der Hauptfokus gewesen.


    Eine solche Mehrmarkenstrategie gibt es in vielen Branchen, sei es Strom, Luftfahrt, Automobil, Versicherungen, ...

  • Zitat

    Original geschrieben von morsum
    Genau, Millionen Nutzer werden zur Kasse gebeten, damit einige wenige Aktieninhaber ganz ohne eigene Arbeit (!) viel Geld verdienen können.


    Jedem steht frei sein Geld in Aktien anzulegen und ein hohes Risiko damit einzugehen...aber auch hohe Gewinne damit zu machen. So läuft der Kapitalismus.

  • Zitat

    Original geschrieben von geos
    Für eine sachliche Diskussion wären ein paar konkrete Zahlen zu Marktanteilen und ARPU der einzelnen Marken sinnvoll (und auch prepaid vs. postpaid). Leider habe ich hier bislang noch keine einzige der getätigten Behauptungen mit Daten unterlegt gesehen.


    Das ist schwierig, da sie nicht veröffentlicht werden. Denn das ist bei den Netzbetreibern irgendwo versteckt. Es ist auch schwierig "Discounter" genau zu definieren.


    Kundenzahlen 2016: 1.) AldiTalk 5-6 Mio; 2.) Congstar 4 Mio.
    https://www.teltarif.de/congst…ter-markt/news/63812.html


    According to GSMA Intelligence, between June 2010 and June 2015, the number of MVNOs worldwide increased by 70 percent, reaching 1,017 in June 2015. The report further noted that the country with the largest number of MVNOs in June 2015, was Germany with 129 MVNOs.


    Marktanteile gesamt ca 50 %: "Germany has the largest market for mobile virtual network operators (MVNOs) and resellers in the world. As many as 50% of all German wireless subscribers are customers of either a discount (‘second’) brand of the three mobile network operators (MNOs), a network operator-owned MVNO, or an independent MVNO/service provider/reseller. Over 100 MVNOs and resellers are active in the market, targeting their services at a wide variety of customer segments, although by far the most popular target market is the budget and no-frills sector."


    Global inzwischen etwa 174 Mio. Kunden bei MVNOs, wobei Abgrenzung immer etwas schwer ist zu Subsidiaries. Größter Player in Europa ist wohl Lycamobile mit etwa 14 Mio. Kunden (2014).


    Aber die meisten großen prepaid MVNOs gehören inziwschen den Netzbetreibern. Z.B. Telefónica gehören folgende Zweit- und Partnermarken: Blau, BASE, AY YILDIZ, FONIC, netzclub, Ortel Mobile, AldiTalk, Tchibo mobil; ähnlich Vodafone und Telekom.


    Beim ARPU werden die Billigmarken in die Muttergesellschaft mit eingerechenet
    Telekom Q1/17: gesamt 13, postpaid 20, prepaid 3
    Vodafone Q4/16: gesamt 14,9, postpaid 24,7, prepaid 3,2
    Telefónica Q1/17: gesamt 9,6, postpaid 15,5, prepaid 5,0
    Da die Discountermarken nach der Definition der Threaderstellerin meist Prepaid sind kann man die ARPU etwa erraten....


    Wirklich noch unabhängig in Deutschland sind nur noch 3 größere Player Drillisch, Freenet (mit mobilcom) und 1&1. Nach Übernahme der Freenet durch United Internet (1&1) in 2017 dann nur noch 2 Player. Diese zielen aber gar nicht so stark auf das Prepaid-Billigsegment.
    Alle 3 Firmen machten 2016 zusammen nur 18 % des Mobilfunkumsatzes aus, weniger als der kleinste der 3 Netzbetreiber im Mobilfunkmarkt.
    Grafik
    Gute Übersicht


    Klassische unabhängige prepaid Discountermarken gibt es in Deutschland nicht (mehr). Im Billigsegment liegt die ARPU bei ca. 3 €. Die Prepaid-Billigmarken sich Töchter der Netzbetreiber. Echte MVNOs gibts so nur in Form der 2 anderen verbliebenen Player Drillisch und United Internet, die aber längst mehr auf postpaid Discount zielen.

  • [Passt nicht (ganz)] Was ich gerne hätte - Kombination aus Post- und Prepaid


    Die Postpaid-Discounter haben zum Teil sehr interessante Preise, aber was mich bisher abgeschreckt hat, ist, dass es halt kein Prepaid ist. Ich probiere gerne auch Custom-Roms aus und mein Telefon könnte auch abhanden kommen ...


    Deshalb wünsche ich mir Anbieter, die eine Kombination aus Post- und Prepaid in D anbieten.


    [in der Schweiz gibt's oder gab's solche Tarife bei der swisscom (?), meine jedenfalls, vor einiger Zeit sowas irgendwo auf einer Anbieterseite gelesen zu haben.]


    Meine damit, z.B. die Monatskosten für mein günstiges 600-Minuten-nach-D-und-10GB-Paket mit X Monaten Laufzeit werden von meinem Girokonto abgebucht. Sonst aber wirklich nichts. Egal, ob ich zu lange in ein Satelliten-Netz telefoniert habe, eine App 100 Höchst-Preis-SMS sonstwohin gesendet hat oder ob ich mich in der Roaming-Preisliste verlesen haben - mehr als mein zusätzlich aufgebuchtes Prepaid-Guthaben kann nicht verbraucht werden.

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