61 Tage Haft für Verweigerung der Zahlung von 190€ GEZ-Gebühren

  • Ja, blahblah.


    Gerichtsverfahren, Haftunterbringung kosten nunmal eine Stange staatliches Geld, und zwar unabhänging davon, um wieviel oder um wen es geht. Wenn jemand in Erzwingungshaft geht, dann ist natürlich im konkreten Fall nichts gewonnen, sondern es sind nur Kosten entstanden und man wird bis zum nächstmöglichen Haftzyklus nichts erwarten können. Aber der eigentliche Sinn ist ja, daß die allerwenigsten ein Hafterlebnis in ihre Biographie einarbeiten möchten, mal ganz abgesehen davon, daß man Zeit dafür verbrät, die eventuell mehr wert ist, als der strittige Betrag - in diesem Fall ja auf jeden Fall. Zudem wird man vom Knastvorstand auch keine Freistellungsanweisung für den Arbeitgeber bekommen, sodaß man natürlich ruckzuck seinen Arbeitsplatz verlieren kann. Und deshalb ist Erzwingungshaft als Instrument eben beileibe kein zahnloser Tiger.

    Je suis Charlie

  • Bei aller Theorie im deutschen Recht:


    Ich kann es schon nachvollziehen, dass es einigen Leute ein komisches Gefühl in der Magengegend verursacht, wenn man hört, dass jemand für 190 Euro in den Bau wandert, ein Hartz4-Empfänger aber mit einer Tagessatzhöhe von 10 Euro bei Gericht zu einer Geldstrafe wegen z.B. Beleidigung verurteilt wird. Wenn man dagegen die möglichen Bußgelder für Verkehrsordnungswidrigkeiten in Relation setzt, dann merkt man, dass hier einiges außer Verhältnis läuft! ;)

    Neulich im Baumarkt: "Guten Tag, ich brauche eine Laubsäge." "In der Gartenabteilung..."

  • herold, wie hier schon mehrfach geschrieben wurde, hat das eine mit dem anderen nichts zu tun: Hier ghet es um Zivilrecht.


    Beispiel: Du verleihst 100 € und bekommst sie nicht zurück. Also verklagst Du den Knaben und bekommst einen Titel über die 100 €. Der Knabe zahlt immer noch nicht. Du beauftragst den Gercihtsvollzieher. Dem sagt der Knabe: Ich hab nix, ich sag nix, hau ab. Nun willst Du aber die 100 € haben und beauftragst den Gerichtsvollzieher, vom Knaben die Abgabe der Vermögensauskunft einzuholen. Das soll Dir dazu dieen, festzustellen, ob der Knabe wirklich nichts hat und Du nicht doch eine Chance hast, an Dein Geld zu kommen. Der Knabe sagt, geht keinen was an, hab keinen Bock zu zahlen und erst recht nicht irgendwelche Auskünfte zu zahlen. Hierfür ist die Erzwingungshaft gedacht (die meisten geben nach Erlass des Haftbefehls die Vermögenauskunft dann doch lieber ab). Hierbei ist es egal, ob es um 10 € oder um 1 Million geht. Was willst Du in dem Moment machen - willst Du den Schuldner einfach mit der Nichtzahlung davonkommen lassen, nur weil er sich weigert? Bei allem Verständnis, dass man das bei der GEZ anders sehen kann, ist das Ganze doch ein nicht ganz unwirksames Instrument, um auch den armen Gläubiger die ihm zustehende Kohle zu verschaffen. Niemand muss deswegen in den Bau, sondern es erfolgt nur, wenn man sich weigert, die Auskünfte über sein Vermögen zu geben.


    Wenn übrigens ein Hartz IV Empfänger seine Geldstrafe nicht zahlt oder die Verkehrsowi-Gelder nicht gezahlt werden, kann es auch deswegen in den Bau gehen (Bei ersterem Ersatzfreiheitsstrafe , § 43 StGB, bei letzterem Erzwingungshaft, § 96,97 OWiG). ;-)

  • Die Frage ist, ob es einen Sinn macht, wegen 190€ die Abgabe einer EV zu erzwingen, und es nicht besser bei Konto/Lohn-Pfändung zu belassen. Denn sofern der Schuldner nach erfolgloser Pfändung noch Geld hat, dann gut versteckt, und das wird er in der EV nicht angeben.


    Sehr komisch ist im konkreten Fall auch, dass plötzlich der Haftbefehl aufgehoben wird, NUR DESHALB (!) weil die Öffentlichkeit von der Sache erfahren hat. Also entweder beantragt man gar nicht erst einen Haftbefehl, oder man zieht die Sache bis zum Ende durch.
    Aber wie ein ertappter Gauner dann einzulenken, wenn die Öffentlichkeit von der Gaunerei erfährt, geht gar nicht.

  • Zitat

    Original geschrieben von Goyale
    Die Frage ist, ob es einen Sinn macht, wegen 190€ die Abgabe einer EV zu erzwingen, und es nicht besser bei Konto/Lohn-Pfändung zu belassen. Denn sofern der Schuldner nach erfolgloser Pfändung noch Geld hat, dann gut versteckt, und das wird er in der EV nicht angeben.


    Sehr komisch ist im konkreten Fall auch, dass plötzlich der Haftbefehl aufgehoben wird, NUR DESHALB (!) weil die Öffentlichkeit von der Sache erfahren hat. Also entweder beantragt man gar nicht erst einen Haftbefehl, oder man zieht die Sache bis zum Ende durch.
    Aber wie ein ertappter Gauner dann einzulenken, wenn die Öffentlichkeit von der Gaunerei erfährt, geht gar nicht.


    Wenn bei der Vermögensauskunft falsche Angaben gemacht werden ist das eine Straftat. Es macht also sehr wohl Sinn auch bei 190€ eine solche zu beantragen. Jeder der nicht kriminell ist bzw. werden möchte gibt dann auch sein "verstecktes" Vermögen an.


    Und das ganze als Gaunerei zu bezeichnen ist dämlich/lächerlich.

  • Zitat

    Original geschrieben von horstihorsthorst Und das ganze als Gaunerei zu bezeichnen ist dämlich/lächerlich.


    Da frage ich mich doch: Warum hat der MDR die Beugehaft trotz Bekanntwerden des Falles in der Öffentlichkeit nicht weiter durchgezogen, wenn doch der MDR im Recht ist ?
    Die Gesetze haben sich doch zwischenzeitlich nicht geändert, oder etwa doch ;) ?

  • Zitat

    Original geschrieben von Goyale
    Da frage ich mich doch: Warum hat der MDR die Beugehaft trotz Bekanntwerden des Falles in der Öffentlichkeit nicht weiter durchgezogen, wenn doch der MDR im Recht ist ?


    Die genauen Gründe kenne ich nicht. Ich kann da auch nur Vermutungen anstellen.


    Entweder aus Angst vor einem (weiteren?) Imageschaden. Weitere Möglichkeit ist, dass die ganze Sache erstmal "automatisch" läuft und als es dann öffentlich wurde jemand der dort etwas mehr zu sagen hat das Ganze unterbunden hat.


    Es kann auch einfach sein, dass der MDR gemerkt hat, dass es nichts bringt. In den allermeisten Fällen geht niemand wegen der Verweigerung der Auskunft in den Knast bzw. ist dort nur wenige Stunden, weil er die Auskunft dann sofort abgibt. Wenn jemand aber so "verrückt" ist und deswegen schon zwei Monate einsitzt kann man vielleicht davon ausgehen, dass er die letzten vier Monate auch noch absitzt ohne die Auskunft abzugeben. Davon hätte der MDR aber nichts außer Kosten. Wenn also klar ist, dass der Schuldner die Auskunft auf keinen Fall abgeben wird bringt es nichts den Haftbefehl weiter aufrecht zu erhalten.


    Wenn du das als Privatmann dann aus Genugtuung machst ist das auch noch etwas anderes, aber dem MDR bringt das eben nichts.


    Ich sehe das auch nicht zwingend als "Rückzieher", sondern es wurde einfach eingesehen, dass es in diesem speziellen Fall einfach nichts bringt.

  • Zitat

    Original geschrieben von Goyale
    Die Gesetze haben sich doch zwischenzeitlich nicht geändert, oder etwa doch ;) ?


    Nein. Und genau deswegen ist es auch das Recht des MDR die Vermögensauskunft nicht weiter zu verlangen und dadurch die Haft der Schuldnerin zu beenden.

  • bei einer Beuge-Hauft trägt der Gläubiger die Hauftkosten, was wenig Sinn macht um sein Geld zu bekommen.


    Einen Betrug anzuzeigen macht sicherlich Sinn, aber das Geld bekommt man deshalb nur auf zivilrechtlichem Wege.
    Und wenn der Schuldner nichts hat, bekommt man einen Titel aber keine Mittel (Euros)

    Resool has no clue


    but is trying hard to improve
    and to help as good as possible

  • Nach der im gez-boykott Forum veröffentlichten Antwort des WDR gab es folgende Gründe (Quelle: [URL=http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,18207.0.html?PHPSESSID=p7cnp6l45n5kl1e4lhnf0ig1s6]http://gez-boykott.de/Forum/in…7cnp6l45n5kl1e4lhnf0ig1s6[/URL]


    Zitat

    Es ist richtig, dass Frau Baumert inzwischen aus der Haft entlassen wurde. Nach Auffassung der Rundfunkanstalten sollten Zwangsmaßnahmen im Vollstreckungsverfahren grundsätzlich angemessen sein. Im Falle von Frau Baumert ist der MDR nach routinemäßiger Überprüfung und Bewertung zu dem Schluss gekommen, dass die Verhältnismäßigkeit nicht mehr gewahrt war. Der MDR hat die zuständige Vollstreckungsbehörde daher gebeten, den Auftrag auf Vollzug des Haftbefehls gegen die Schuldnerin zurückzunehmen. Aus Gründen der Beitragsgerechtigkeit kann grundsätzlich nicht auf die notfalls auch zwangsweise Durchsetzung von Beitragsforderungen verzichtet werden. Die Entlassung aus der Haft führt nicht zum Erlöschen der Beitragspflicht. Frau Baumert ist daher nach wie vor gehalten, die rückständigen Rundfunkbeiträge zu bezahlten. Dem Vollstreckungsverfahren geht ein bundesweit einheitliches mehrstufiges Mahnverfahren voraus, im Rahmen dessen der Beitragsservice Zahlungserinnerungen, Beitragsbescheide und Mahnschreiben verschickt. Der Beitragsschuldner wird umfassend über seinen Beitragsrückstand informiert und zur Zahlung aufgefordert. Kommt es bis zum Abschluss des Mahnverfahrens dennoch zu keinen Zahlungen, stellt die zuständige Landesrundfunkanstalt bei der örtlichen Vollstreckungsbehörde ein Vollstreckungsersuchen. Hierzu sind die Rundfunkanstalten aus Gründen der Beitragsgerechtigkeit und der gleichmäßigen Belastung aller Beitragszahler gehalten. Die Vollstreckung rückständiger Rundfunkbeiträge erfolgt dann durch die nach den jeweiligen Landesvollstreckungsgesetzen zuständigen Vollstreckungsbehörden. Das Vollstreckungsverfahren liegt – anders als das Mahnverfahren – nicht mehr in den Händen der Rundfunkanstalten. Die zuständigen Vollstreckungsbehörden vollstrecken Rundfunkbeiträge wie jede andere Forderung, mit den ihnen nach dem jeweiligen Landesrecht zur Verfügung stehenden Maßnahmen. Für die Vollstreckung von Rundfunkbeiträgen gibt es keine besonderen Regelungen. Zum persönlichen Sachverhalt von Frau Baumert machen wir keine Angaben. Aus Datenschutzgründen müsste dafür eine schriftliche Einverständniserklärung von Frau Baumert vorliegen.


    Ich denke auch, dass die Gründe zum einen darin liegen dürften, dass man erkannt hat, dass es in diesem Fall offenbar nichts bringen wird, Frau Baumert durch Ausschöpfen der 6 Monate Beugehaft zur Abgabe der EV zu bringen. Außer weiteren Kosten wäre ja nichts gewonnen, wenn der Schuldner sich auch weiterhin weigert. Aber das hat nichts mit Verschörungstheorien wie von Goyale zu tun, dass man erkannt habe, nicht im recht zu sein. Das Recht gibt es nunmal her und wie ja auch andere durchaus sagen, ist die Frage, ob der Weg von Frau Baumert wirklich der sinnvollste ist. Ich kenne auch diverse Leute, die sich wie üblich per Widerspruch und Gericht gegen die Beiträge zur Wehr setzen (inkl. Vereinbarung mit der Rundfunkanstalt, die Beiträge solange auszusetzen) . Das führt zwar derzeit auch nur dazu, dass man die nicht unbedingt begründete Hoffnung darauf legen muss, dass nun nach den abweisenden Entscheidungen des BVerwG das BVerfG den Beitrag noch kippt, aber man erspart sich dadurch solche Unannehmlichkeiten wie hier...

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