Amazon baut für den deutschen Markt bestimmte Versandzentren in Tschechien aus

  • Amazon investiert kräftig in Tschechien und baut u.a. in der Nähe von Prag sein Rücksendezentrum um weitere 40.000m2 und 3000 Mitarbeiter aus. Quelle z.B.:


    http://archiv.ihned.cz/c1-6447…estnat-az-tri-tisice-lidi


    Ein für den deutschen Markt bestimmtes Verteilzentrum in der Nähe vom Prager Flughafen wird in den nächsten Tagen eröffnet.


    Marktbeobachter sprechen von einer direkten Reaktion der Amazon Logistik GmbH auf die Störversuche durch die Gewerkschaft verdi: Letztere versucht seit 2 Jahren erfolglos, bei Amazon einen Tarifvertrag des Versandhandels durchzusetzen. Amazon sieht die Mitarbeiter der Logistikzentren als Logistiker, und bezahlt in Anlehnung an Logistiktarife im oberen Bereich: Am Anfang gibt es ca. 10€ je Stunde, nach 2 Jahren ca. 12€, für innerhalb von 4 Tagen angelernte Logistiker. Verdi sieht die Amazon Logistik GmbH als Versandhändler, und möchte dort einen mit verdi verhandelten Versandhandels-Tarifvertrag durchsetzen.


    Wie seht Ihr das? Beutet Amazon seine Mitarbeiter einfach nur aus, und verschiebt Arbeitsplätze assozial ins preiswertere Ausland, oder ist Amazon ein fairer Arbeitgeber, der in strukturschwachen Regionen vergleichsweise gute Arbeitsplätze schafft?
    Ist es angemessen, wenn Amazon möglicherweise wegen der verdi- Sticheleien in Zukunft zunehmend vom Ausland nach Deutschland liefert?


    Disclaimer: Ich habe weder mit verdi noch mit Amazom irgendetwas wirtschaftlich/personell zu tun ( ausser dass ich Amazon- Kunde bin).

  • Asozial ist Definitionssache.
    Wenn die Mitarbeiter in Tschechien so viel verdienen wie man dort so verdient dann ist das in Ordnung. So läuft der Kapitalismus nun mal und da man sich ja diese Globalisierung, Wirtschaftsunionen und so einen Kram gewünscht hat muss man auch mit den Kehrseiten solcher Abkommen leben.


    Man kann aus deutscher Sicht keine Wettbewerbsfähigkeit, Wachstum und gesunde Wirtschaft verlangen und gleichzeitig nur die eigenen Arbeitsplätze im Sinn haben. So funktioniert das nicht, und so endet das im anderen Thread in dem es um die Schuldenkriese geht. Viel eher müssten das noch viele andere Firmen auch tun, ganz besonders Firmen bei denen "Made in Germany" keine Rolle spielt. ;)

    .:Gate 13:.
    Vor die Wahl gestellt zwischen Unordnung und Unrecht, entscheidet sich der Deutsche für das Unrecht.
    Johann Wolfgang von Goethe

  • Re: Amazon baut für den deutschen Markt bestimmte Versandzentren in Tschechien aus


    Zitat

    Original geschrieben von Goyale
    Ist es angemessen, wenn Amazon möglicherweise wegen der verdi- Sticheleien in Zukunft zunehmend vom Ausland nach Deutschland liefert?


    Was heißt angemessen? Auch nach dem Amazon Tarif verdienen die Leute nach einer 4tägigen Einführung dort soviel (oder mehr) als andere Berufsgruppen die eine 3jährige Ausbildung nachweisen müssen.


    Und so komplex kann der Job ja scheinbar nicht sein, wenn man das nötige Know-How in 4 Tagen drauf hat...


    Und das gering qualifizierte Arbeit die erste ist die im Rahmen der Globalisierung über die Wupper geht ist nichts Neues - in ein paar Jahren sind die Versandzentren dann wahrscheinlich vollautomatisiert und man braucht auch keine "teuren" Tschechen mehr.


    Und wenn sich Verdi dann mit Phantasieforderungen hinstellt (obwohl nur ein sehr geringer Teil der Belegschaft da gewerkschaftlich organisiert ist) ist das halt nur ein weiterer Grund (wenn wohl auch nicht die Hauptursache) weswegen man sich als Unternehmen anderweitig orientiert.

  • Amazon ist ja schon öfter unangenehm aufgefallen, was den Umgang mit ihren Mitarbeitern angeht. Ich erinnere mich da beispielsweise an ALG II 'Praktikanten' zu Unterstützung des Weihnachtsgeschäfts. Im aktuellen Konflikt habe ich aber durchaus Verständnis für Amazons Position.


    Es gibt für exakt die gleiche Arbeit -Päckchenpacken im Versandlager- zwei unterschiedliche Tarife. Mitarbeiter die direkt bei einem Versandhändler angestellt sind bekommen mehr als Mitarbeiter die bei einem Dienstleister des Versandhändlers angestellt sind. Beides sind gültige Tarifverträge, beide von Verdi. Das Amazon mit Amazon Logistik nun nicht mehr als die Wettbewerber mit z.B. Hermes Fulfillment zahlen möchten kann ich durchaus nachvollziehen.


    Verdi sollte sich dafür einsetzen, das es nur noch einen Tarif für Versandlagerarbeiter gibt, unabhängig wer der Arbeitgeber ist. Dafür können sie dann auch streiken. Sich aber irgendeinen Anbieter herauszupicken um ihn -und nur ihn- in den teureren Tarif zu zwingen ist m.E. nicht sehr zielführend.

  • Re: Re: Amazon baut für den deutschen Markt bestimmte Versandzentren in Tschechien aus


    Zitat

    Original geschrieben von ChickenHawk
    Was heißt angemessen? Auch nach dem Amazon Tarif verdienen die Leute nach einer 4tägigen Einführung dort soviel (oder mehr) als andere Berufsgruppen die eine 3jährige Ausbildung nachweisen müssen.


    Und das gering qualifizierte Arbeit die erste ist die im Rahmen der Globalisierung über die Wupper geht ist nichts Neues - in ein paar Jahren sind die Versandzentren dann wahrscheinlich vollautomatisiert und man braucht auch keine "teuren" Tschechen mehr.


    Sehe ich 100% genauso. In den Regionen mit den Versandzentren verdient die Fachverkäuferin im Fleischereifachgeschäft Mindestlohn, während der ungelernte Amazon- Picker nach 2 Jahren mit 12€ die Stunde nach hause geht, und mit zusätzlichen geldwerten Vorteilen.


    Viele ungelernte Kräfte bekommen, jedenfalls bis zur Automatisierung der Lager, dort einen vergleichsweise Top- Job, und verdienen nehr als woanders.


    verdi dagegen macht alles, damit sich Amazon Deutschland noch schneller nach Alternativen zu den bisherigen Versandzentren umsieht, als ohne verdi. Wie krank ist das denn?

  • Innerhalb von Stunden haben ja schon mehrere Leute eine Vorläufigkeit bis zum vollautomatischen Lager erwähnt. Aber gibt es denn überhaupt Pläne, Prototypen oder zumindest Absichten dahingehend. Kartons aus einem Hochregallager lassen sich bestimmt automatisiert entnehmen, Bücher vielleicht auch noch, aber bei der denkbar breiten Warenpalette von Amazon vom Schräubchen bis zum Rasentraktor kann ich mir das nicht gut vorstellen. Bei vielen anderen Tätigkeiten ist der menschliche Einsatz ja nach wie vor billiger als der von Maschinen.


    Für mich ist Amazon kein Logistiker, sondern ein Händler. Logistiker verschieben nicht eigene Ware zu eigene Ware, sondern fremde Ware zu fremden Kunden, zum Beispiel Speditionen. Ansonsten wäre auch die Fleischfachverkäuferin Logistikerin, denn sie erzeugt nichts, veredelt nichts, sondern transportiert im Grunde Ware von Lager und Zwischenlager (Kühltheke) über Wägung und Verpackung zum Kunden. Amazon handelt und handelt ebenfalls eigene Ware zu eigenen Kunden.

    Je suis Charlie

  • Amazon hat bekanntlich eine Firma, die automatisierte Lagerlösungen entwickelt und verkauft, gekauft. Genormte Teile können bereits jetzt automatisiert gelagert und verpackt werden.


    Das derzeitige chaotische Lager ( bitte googeln) bei Amazon zu automatisieren, wird auch nach meiner Meinung noch mindestens 10 Jahre bei Amazon dauern.


    Zu Deinem Einwurf, dass die Amazon Logistik GmbH ein Händler ist, möchte ich einwenden:
    Die Amazon Logistik GmbH verkauft absolut nichts (auch weil sie keine Endkunden- Produkte besitzt oder vermittelt), sondern erbringt Logistik- Dienstleistungen z.B. für Amazon S.A.R.L. und sehr viele Marketplace- Händler.

  • Ob man geordnet oder chaotisch lagert, lässt sich ja bei Bedarf neu festlegen, aber vollautomatische Lagerhaltung jenseits genormt verpackter Ware ist eben eine ganz andere Hausnummer.


    Klar macht Amazon auch was für andere Händler, aber eben vor allem für sich selbst. Eine Aufteiltung auf 1001 Geschwisterfirmen ändert daran nichts, genausowenig wie es auch Ertrags- und Steuerverschiebungen mittels Briefkastenfirmen und vorgeblichen Lizenzzahlungen an sich nicht geben dürfte.

    Je suis Charlie

  • In einem anderen Forum hat gerade jemand empfohlen, (s)ein Auto in Polen lackieren zu lassen, und den Hol-/Bringservice gelobt...

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