Ukraine / Krimkrise

  • Das ist alles richtig und ich bestreite das auch nicht. Natürlich könnten auch (weitere) Kräfte, die Janukowitsch und vielleicht sogar Putin zuzuordnen sind, die fraglichen Schüsse abgegeben haben.


    Allerdings verwahre ich mich dagegen, eindeutige Schuldzuweisungen als wahr zu unterstellen, bevor nicht einmal die Ermittlungen abgeschlossen sind.


    Würde die sog. Übergangsregierung behaupten, die Erde sein nur eine Scheibe, würde wahrscheinlich auch das noch in der Art eines Papageis nachgeplappert. Wenn intelligente Menschen so handeln, um die Allgemeinheit für dumm zu verkaufen, ärgere ich mich darüber.



    Edit:
    Momentan droht der Streit im Osten der Ukraine in einer Weise zu eskalieren, an dem (fast) Keinem gelegen sein kann. Hier sähe ich es als Aufgabe der EU, die Aufständischen vom Maidan davon abzuhalten, mit Waffen auf (ebenfalls bewaffnete) andersdenkende Aufständische im Osten der UA loszugehen.


    Aber was passiert? Nichts!


    In meinen Augen sollte jegliche Gelegenheit genutzt werden, das noch zu verhindern - und zwar auch wenn es nicht den westlichen Interessen dient.


    Es droht doch wieder einer der "Stellvertreterkriege" (wenn auch zunächst ein Kleiner) des Kalten Krieges, in denen die eine Partei von den USA und die andere von Russland unterstützt wird. Ob das mit Geld oder gleich mit Waffen geschieht, halt ich für zweitrangig.

  • Es hat sich was bewegt!


    Gerade wird in Nachrichtenjournalen berichtet, dass eine Delegation der Kiever Regirung den Osten der Ukraine besucht hat, um am großen Tisch mit den führenden Akteuren im Osten über die Krise zu sprechen. Das ganze in der Regionalsprache russisch und unter Inaussichtstellung von Zugeständnissen.


    Auch wenn die Skepsis im Osten überwiegt, waren diese Gespräche genau das richtige Signal. Wenn nun die Scharfmacher aus dem Kiever Innenministerium noch zur Vernunft kommen, könnte sich das "Worst-Case-Szenario" mit gutem Willen auf beiden Seiten noch vermeiden lassen. Ein wichtiger Schritt ist getan, um die Gefahr eines (lokal begrenzten Bürgerkriegs) zumindest aktuell zu verringen.


    Wie ich in vorhergehenden Beiträgen schon angemerkt hatte (und wofür ich gescholten wurde):


    Gespräche miteinander auf nationaler Ebene ohne massive Einwirkung von Außen (wo jeweils höchsteigene Interessen verfolgt werden) sind aus meiner Sicht zur Zeit das Mittel der Wahl. Was aber alles nix hilft, wenn die Westmächte und zuletzt auch Russland sich weiterhin bemühen, das Feuer durch Brandbeschleuniger weiterhin anzufachen.


    Mal sehen, ob auch diese sich stets selbst einladenden Mitspieler noch zur Vernunft kommen ... :rolleyes: ... zumindest bis sich das Ergebnis der Gespräche auf nationaler Ebene abzeichnet.



    Edit:
    Das vordringliche Ziel sind aus meiner Sicht Parlamentswahlen, um wieder eine legitime Staatsführung herzustellen, die allseits anerkannt wird. Dann wird man beobachten müssen, ob und inwieweit tatsächlich rechtsextreme Kräfte die politische Kultur vergiften. Die Gefahr halte ich aber nicht für unbeträchtlich, weil der Verlust der Krim dem russischen Bevölkerungsteil im Osten der UA angelastet werden könnte.

  • Zitat

    Original geschrieben von frank_aus_wedau
    Es hat sich was bewegt!


    Gerade wird in Nachrichtenjournalen berichtet, dass eine Delegation der Krim-Regirung den Osten der Ukraine besucht hat, ...


    Was hat das für ein Sinn :confused: , oder meinst du Kiew-Regierung!

  • Zitat

    Original geschrieben von rmol
    Nach meiner Erinnerung gab es die ersten Maidan-Toten durch Scharfschützen schon Tage vor der Unterzeichnung Janukowitsch-Außenminister DE/FR/PL - also scheidet deine Begründung aus.

    Ob Scharfschützen oder, wie mir bekannt die Schusswaffen der Polizei vor Ort sei mal dahin gestellt. Vor der Unterzeichnung des Vertrages war das eine 'verständliche' Reaktion und vom staatlichen Gewaltmonopol legitimiert - leider :mad:
    Das ändert doch nichts an der veränderten Motivlage nach der Vertagsunterzeichnung :confused:
    Ich kann Deiner Argumentation nicht folgen. Warum ist ein Motiv keine Begründung?

    Zitat

    Ich frage mich auch, ob es danach überhaupt noch Tote durch Scharfschützen gab, wie von dir suggeriert.

    Wieso suggeriert :confused: Das war schließlich die Begründung für die Absetzung Janukowitschs und die Machtübernahme der aktuellen Regierung. Dass es Tote durch Scharfschützen nach der Vertragsunterzeichnung gab, steht doch außer Frage :rolleyes:

    Zitat

    Wichtiges Detail: es wurde bei Monitor vermutet, dass auch aus dem Oppositionellen-Lager (auf der Karte war das Hotel grün gezeichnet) geschossen wurde - neben den Schüssen von Regierungsgebäuden (ein Halbes Dutzend Gebäude, auf der Karte in rot gezeichnet), die "von vorn" kamen (nach dort waren die Schutzschilde gerichtet, deshalb erschienen die Schüsse von hinten ja so heimtückisch).

    Dass von dort geschossen wurde, steht doch außer Frage :confused: Es geht nur darum, ob von dort auch auf Maidan-Kämpfer geschossen wurde und wer die Schützen waren. Und das halte ich nach Punkt 1. meiner Indizien-Liste für nicht bewiesen.
    Deshalb hatte ich die Frage nach dem Motiv ins Spiel gebracht: Warum sollten die Berkut-Scharfschützen auf Ihre eigenen Kollegen am Boden schießen?

    Zitat

    Last but not least: selbst wenn das Hotel von Oppositionellen "gehalten" wurde, kann wohl niemand definitiv ausschließen, dass dennoch Regierungstreue hineingekommen sind (freilich nicht in offizieller Uniform und mit präsentierter Waffe) - also selbst Schüsse aus einer unerwarteten Richtung beweisen gar nichts...


    Es ist von allen Seiten unbestritten, dass von beiden Seiten auf die jeweils anderen geschossen wurde. Das beweist tatsächlich nichts. Aber darum geht es doch gar nicht.


    Nochmal: Es geht hier um die These, dass einige Maidan-Kämpfer auf die eigenen Leute geschossen haben, um den kurz zuvor unterzeichneten Vertrag vom Tisch zu bekommen.
    Das konnte bisher nicht bewiesen werden. Motiv und Indizienlage (Schüsse aus gleichem Waffentyp aus gleicher Richtung) deuten aber darauf hin. Zudem hält die Regierung die Ermittlungsergebnisse unter Verschluss und einer der damaligen Maidan-Kommadeure führt trotz seiner Befangenheit die Ermittlungen.

  • Zitat

    Original geschrieben von Gallium
    ...
    Nochmal: Es geht hier um die These, dass einige Maidan-Kämpfer auf die eigenen Leute geschossen haben, um den kurz zuvor unterzeichneten Vertrag vom Tisch zu bekommen.
    ...


    Das ist für mich der wesentlichste Punkt!


    Der Bruch des ausgehandelten Vertrags, in dem Neuwahlen vereinbart worden waren und der die Gewalt beendet hätte. Dieser Vertrag ist durch die Opposition gebrochen worden ... wobei die These, dass die Scharfschützen Auslöser waren, für mich nicht einmal von Belang ist.


    Die gegenwärtige Gewalt und auch die Abspaltung der Krim ist in meinen Augen zweifelsfrei der Opposition zuzuordnen. Diese Opposition ist der Beginn einer Kausalkette, die zu all dem geführt hat, das wir jetzt sehen.



    Wie man eine derartige Truppe unterstützen kann und sie zudem noch in den grünen Klee lobt, ist für mich vollkommen unverständlich. Für diese Untaten und die daraus resultierenden Folgen auch noch Russland verantwortlich zu machen und Sanktionen zu verhängen, halte ich für den Gipfel der Unverfrorenheit!



    Das war das eine. Das andere:
    Momentan muss alleiniges Ziel aller (auch selbsternannter) Beteiligter sein, ein weiteres Blutvergießen zu vermeiden.


    Die Annexion der Krim durch Russland und die dort inzwischen wieder friedlichen Verhältnisse (jedenfalls ist mir nichts gegenteiliges bekannt) belegen für mich eindrücklich, dass diese Maßnahme geeignet war, eine nennenswerte weitere Zahl von (Todes-) Opfern zu vermeiden, ohne selbst noch größeres Unheil anzurichten als das, was zu diesem Schritt veranlasste.


    Humaner wäre der Konflikt auf der Krim nicht zu lösen gewesen ... Chapeau!



    Und ich betone noch einmal, dass alle gegenwärtigen Geschehnisse (auch die Abspaltung der Krim) direkte Folge der Vertragsbrüchigkeit der Opposition sind. Darum hat diese Truppe bei mir versch*ssen ... und nicht etwa, weil ich eine der beteiligten Gruppen bevorzuge oder gar private Bande dorthin hege.

  • Zitat

    Original geschrieben von frank_aus_wedau Das ist für mich der wesentlichste Punkt!


    Der Bruch des ausgehandelten Vertrags, in dem Neuwahlen vereinbart worden waren und der die Gewalt beendet hätte.


    Mit dem Bruch des Vertrages scheiden die Putschisten als Verhandlungspartner aus, weil sie keiner mehr ernst nimmt. Selbst Klitschko als damaliger Verhandlungsführer wurde von den Putschisten nicht als Autorität anerkannt, weil sonst der Vertrag nicht gebrochen worden wäre.


    Dass es innerhalb der Putschisten von verschiedenen Leuten bezahlte Interessengruppen mit jeweils eigenen Interessen gibt, ist sicherlich allen hier klar.


    Ich halte es für wahrscheinlich, dass irgendeine Putschistengruppe eine andere Putschistengruppe beschossen hat, und das ganze der Regierung in die Schuhe geschoben hat, um einen Anlass für den Vertragsbruch zu erhalten. Das könnte eine Putschistengruppe sein, welche sich durch den Vertrag benachteiligt gefühlt hat.


    Wie schon jemand in der Antike gesagt hat, muss man sich immer "cui bono?" fragen ("Wem nützt es?"), um herauszufinden, wer eine Sache möglicherweise finanziert oder durchgeführt hat.


    1.) Die Schüsse auf die Demonstranten NACH Vertragsabschluß haben jedenfalls der Regierung massiv geschadet, und haben radikalen Putschisten (welche nur mit Gewalt statt Verhandlungen vorgehen) genützt.
    2.) Unmittelbar haben die Schüsse der EU genützt (so hat die EU jedenfalls gedacht), um die Ukraine aus dem russischen Einflußbereich zu holen.
    3.) Mittelbar genützt haben die Schüsse aber Putin und Russland, weil eine historische Chance eröffnet wurde, um die Krim zurück nach Rußland zu holen.


    Mich würde nicht wundern, wenn Putin jemanden diskret bezahlt hätte (z.B. irgendwelche Berufs- Anarchisten), um die Gewalt in der Ukraine anzustacheln.

  • Zitat

    Original geschrieben von frank_aus_wedau
    Die gegenwärtige Gewalt und auch die Abspaltung der Krim ist in meinen Augen zweifelsfrei der Opposition zuzuordnen. Diese Opposition ist der Beginn einer Kausalkette, die zu all dem geführt hat, das wir jetzt sehen.


    Man sollte aber nicht außer Acht lassen, dass die politischen Kräfte nicht einfach in schwarz/weiß unterteilbar sind.
    Es herrscht ein ganz anderes Selbstverständnis von Posten in der Ukraine. Jeder ist bestrebt, aus übertragenen Ämtern so viel wie möglich für sich zu gewinnen. Familienmitglieder und Freunde unterstützen dies nach Kräften, da sie im Gegenzug erwarten dürfen, davon zu profitieren.


    Aktuelles Beispiel ist Klitschko, der zugunsten des Schoko-Oligarchen verzichtet hat. Er kann sich darauf verlassen, dass er im Gegenzug als Bürgermeisterkandidat jede erdenkliche Unterstützung bekommt. Das ist sozusagen ein ungeschriebenes Gesetz auf das man sich in der Ukraina verlassen kann.
    Wenn es opportun erscheint, wird man sich jederzeit wieder der 'Gegenseite' anschließen. Viele Mitgleider der jetzigen Regierung haben schließlich zuvor auch Janukowitsch an die Macht gebracht um davon zu profitieren:
    ...wessen Brot ich fress, dessen Lied ich sing.... :rolleyes:


    Natürlich gibt es auch Ausnahmen, die sich diesem Korruptionskarussell entziehen. Zynischerweise muss man ausgerechnet die Rechten wegen ihrer ideologischen Grundhaltung davon ausnehmen.

    Zitat

    Humaner wäre der Konflikt auf der Krim nicht zu lösen gewesen ... Chapeau!

    Naja, die Unterdrückung und Vertreibung von Minderheiten schafft auch wieder nur Hass. Dabei ist es auch letztlich egal, wer damit angefangen hat.
    Freiheit wird immer an der Freiheit der anders Denkenden gemessen :top:


    Im Gegensatz zu den Anfängen auf dem Maidan, wo man im Rest der großen Stadt Kiew eigentlich "gar nichts von den Krawallen mitbekommen" hat, herrscht heute in der ganzen Ukraine Angst, Misstrauen und Gewalt den anderen gegenüber
    --> Ziel erreicht: divide et imera :flop:

    Zitat

    Original geschrieben von Truthahn
    Mich würde nicht wundern, wenn Putin jemanden diskret bezahlt hätte (z.B. irgendwelche Berufs- Anarchisten), um die Gewalt in der Ukraine anzustacheln.

    Natürlich treten sich in der Ukraine KGB und CIA überall gegenseitig auf die Füße :p Dass es jetzt nicht um eine neue demokratische Ordnung sondern die Abgrenzung von Einfluss-Sphären geht, bestreitet ja niemand. Und dass die US-Regierung sauer ist, weil ihnen ein paar gravierende strategische Fehler unterlaufen sind kann man sogar irgendwie nachvollziehen.
    Man muss einfach anerkennen, dass die Russen die Menthalität der einfachen Leute besser verstehen. Die Krim ist auch ein Signal an alle anderen Ukrainer: Schaut her, so gut wird es Euch gehen, wenn ihr zu Russland 'gehört'. Die erbärmliche Armut in der Ukraine treibt die einfachen Leute in Putins Arme.
    Die Amerikaner haben bisher ihre Kriege immer verloren, weil sie nicht die Herzen der Bevölkerung erobert haben. Das zieht sich wie ein roter Faden durch die Geschichte und nagt am bröckenlnden Imperium: Vietnam, Afghanistan, Irak, Chile, Nikaragua...

  • Zitat

    Original geschrieben von Truthahn
    ...
    Mich würde nicht wundern, wenn Putin jemanden diskret bezahlt hätte (z.B. irgendwelche Berufs- Anarchisten), um die Gewalt in der Ukraine anzustacheln.


    Davon bin ich sogar überzeugt ... was aber wiederum nur Folge der oppositinellen "Initialzündung" ist.


    Die Gefahr eines Aufstands durch gemäßigte Oppositionelle wie Klitschko ist stets, das die Führung - ist das Volk erst einmal aufgestachelt und in Stimmung - durch immer extremere Kräfte übernommen wird.


    Gut zu beobachten ist das im Nahen Osten zwischen den Bewegungen Hamas und Fatah. Während die Einen sich zuweilen bietende Gelegenheiten zu Gesprächen zur Deeskalation nutzen, geht es radikalen Kräften nicht schnell genug, so dass die Angelegenheit zwingend aus dem Ruder laufen muss.


    Klitschko selbst sehe ich als gemäßigten Player, der sicher bester Absicht war. Aber er hätte schon vor Beginn der Aufstände wissen müssen, dass den gemäßigten Kräften das Ruder aus der Hand gerissen wird. Darunter in aller Regel auch Kräfte, die im eigenen Lager metzeln, um es dem Gegner in die Schuhe schieben zu können. Außergewöhnlich ist das jedenfalls nicht.


    Wer dann noch auf willfährige Mitstreiter wie die EU bauen kann, der ist vom gemäßigten Flügel nicht mehr zu bremsen ... never. Wer mit dem Feuer spielt muss damit rechnen, dass es zum Brand kommt! Wer das macht, trägt m.E. die Hauptverantwortung (nicht: Alleinschuld) ... und nicht etwa diejenigen, die (erwartungsgemäß) dann die Gunst der Gelegenheit nutzen und das entstehende Feuerchen erst richtig anfachen.

  • Zitat

    Original geschrieben von frank_aus_wedau Aber er hätte schon vor Beginn der Aufstände wissen müssen, dass den gemäßigten Kräften das Ruder aus der Hand gerissen wird. Darunter in aller Regel auch Kräfte, die im eigenen Lager metzeln, um es dem Gegner in die Schuhe schieben zu können.


    Es gibt übrigens weltweit das Problem (gerade auch bei der PLO etc., aber nicht nur dort), dass es viele Leute gibt, die nichts anderes als mit der Waffe kämpfen können (weil sie ungelernt sind und noch nie etwas anderes gemacht haben).


    Diese Leute hatten Angst, nach einer Einigung ihren Job (denn sie werden für den bewaffneten Kampf von jemandem bezahlt) zu verlieren, und sind immer an einem permanenten Köcheln bewaffneter Auseinandersetzungen interessiert. Ich könnte mir auch vorstellen, dass manche von denen von sich aus in Richtung einer anderen Gruppe geballert haben, damit sie selber länger eine Daseinsberechtigung haben.


    Putin hat aus meiner Sicht das einzig Richtige getan: Hat seine Atomwaffen gesichert und die Krim zurückgeholt. Stellt euch mal vor, was passiert wäre, wenn radikale Putschisten in den Besitz schwerer und richtig gefährlicher Waffen gelangt wären :flop: .

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