Ukraine / Krimkrise

  • Das wichtigste unter zwei gleichstarken Gegnern (zumindest stark sind sie beide, wenn man von einem unterschiedlichen Niveau ausgeht) ist gegenseitiger Respekt.


    Respektieren sich zwei starke Gegner, können sie selbst mit sehr unterschiedlichen Auffassungen passabel miteinander auskommen.


    Nur wenn einer von beiden meint, er sei der Strärkere, Cleverere etc, und das vor Dritten (etwa der EU) auch noch zu demonstieren versucht, brüskiert er damit seinen Gegner und fordert ihn zwangsläufig zu einer Gegenvorstellung heraus.


    Nach zwei Jahrzehnten der Entspannung spielen die USA mal wieder so richtig "Weltpolizei" und demonstrieren dabei ganz offen, dass sie Bedenken Anderer (nicht nur der Russen) gar nicht erst ernst nehmen. Wie selbstverständlich werden Andersdenkende als Deppen hingestellt, die die Welt nicht verstanden haben.


    So funktioniert ein friedliches Miteinander einfach nicht!


    Und solche Machtspielchen der beiden Großen sind es nun wieder, die nachhaltig das Weltklima (ihr wisst, wie ich das meine) vergiften.


    Auch ich stehe nicht hinter den Handlungen und Ideen von Putin - auch wenn das manchmal so scheinen mag. Ich nehme seine (zumindest teilweise berechtigten) Bedenken aber Ernst! Darum geht es (ihm) letzlich - er versucht, sich Respekt in der Weltgemeinschaft zu verschaffen.


    Gewährt man ihm diesen Respekt nicht freiwillig, wird er halt andere Wege suchen, ihn sich zu verschaffen. Die Übernahme der Krim sehe ich genau in diesem Sinne. Wer entgegen früherer Zusagen auch noch der Ukraine eine NATO-Mitgliedschaft in Aussicht stellt, sät Sturm, den wir nun langsam ernten können.



    Edit:
    Fadenscheinige Argumente, dass man sich an frühere Zusagen wegen Auflösung des Warschauer Pakts nicht mehr gebunden fühle, interessieren Putin (zu Recht) nicht die Bohne.


    Krieg ist die Fortsetzung der Diplomatie mit militärischen Mitteln, wie man so treffend formuliert. Die Gefahr, dass diese Weisheit zum Tragen kommt, steigt durch die Unruhen in UA enorm. Die USA und Europa wären gut beraten, sich nicht weiterhin in den inneren Konflikt der UA einzumischen ... und zwar selbst dann, wenn die Russen es tun.

  • Zitat

    Original geschrieben von Gallium
    Kannst Du mal bitte verlinken. Ich kann zwischen 16:07 und 16:19 keinen Artikel finden. Wäre mal interessant, nach der Quelle zu schauen.

    Heute scheint es den Liveticker nicht mehr zu geben. Aber auch gestern konnte man nur die gesamte URL, nicht jedoch den interessierenden Teil des ständig aktualisierten Blogs verlinken. Deshalb habe ich 100% des Textes incl. Datum und Uhrzeit hier hereinkopiert - mehr war aus der Quelle nicht zu holen.


    Edit: dieser Blog eines Moskauer Radiosenders berichtet auch darüber. Mit Google Translate ergibt das folgenden einigermaßen verständlichen Text:

    Zitat

    In Charkow, heute eine Gruppe von Separatisten stürmten die Opern-und Ballett -Theater.
    Wie schrieb auf seiner Facebook-Seite Kharkiv Journalist Wjatscheslaw Mavrich nun offenbar alle die Angreifer waren nicht Kharkovites. Und da sie nicht wissen, wo in der Stadt ist das Rathaus, ergriff sie fälschlicherweise ein Theater und begann zu verlangen, dass sie an den Bürgermeister der Stadt kam.


    Edit2: hier was in Englisch dazu

    Zitat

    A local journalist in Kharkiv reported on Sunday that separatist protesters there had initially stormed the local opera theater after mistaking it for the city hall in an apparent sign the activists were unfamiliar with the city.


    Wochenlang war es relativ ruhig in der Ost-Ukraine. Es fällt schwer zu glauben, dass die nun fast zeitgleich erfolgte Besetzung lokaler Verwaltungen in mehreren Städten nicht von ganz oben orchestriert ist. Wie praktisch, dass jenseits der Grenze auch 30.000 Soldaten bereitstehen, um auf einen "Hilferuf" reagieren zu können...

  • Zitat

    Original geschrieben von rmol
    Edit: dieser Blog eines Moskauer Radiosenders berichtet auch darüber. Mit Google Translate ergibt das folgenden einigermaßen verständlichen Text:

    Der Blogeintrag bei Radio Echo Moskau ist zeitlich (17:12) nach dem SPON-Beitrag (16:16) und kann daher nicht die Primärquelle sein. Der erste Satz gibt jedoch den Hinweis auf die Quelle: "Wie der Charkowsker Journalist Watscheslaw Mawrichew in seinem Facebook Blog schrieb..."
    Unter facebook-Russland findet man ihn übrigens unter seinem Spitznamen Slava Mawrichew :cool:
    Diese Quelle wird so in diesem Blogeintrag nicht wiedergegeben:

    Zitat

    Edit2: hier was in Englisch dazu

    Hier heisst es nur "Ein lokaler Journalist in Kharkiv berichtete am Sonntag..."


    Abgesehen von der merkwürdigen Schreibweise der Stadt Charkow hat hier auch sonst die 'stille Post' bereits intensive Spuren hinterlassen. Der amerikanische Blog schreibt von einem 'Bericht', wogegen die russische Seite auf den facebook-Account (die Primärquelle) verweist.


    journalistische Recherche sieht eigentlich anders aus ;)

  • Zitat

    Original geschrieben von Gallium
    Abgesehen von der merkwürdigen Schreibweise der Stadt Charkow hat hier auch sonst die 'stille Post' bereits intensive Spuren hinterlassen. Der amerikanische Blog schreibt von einem 'Bericht', wogegen die russische Seite auf den facebook-Account (die Primärquelle) verweist.


    1. "reported" heißt nicht "Bericht", sondern "berichtet" - die Art der Berichtung bleibt dabei unklar und schließt eine Facebook-Quelle nicht aus.
    2. Die "Übersetzung" von Namen in kyrillischer Schreibweise ist nie eindeutig und hängt von Quell- und Zielsprache ab - Beispiel Gorbatschow auf deutsch und Gorbachev in englisch. Für Charkow (russisch-deutsche Lautsprachübersetzung) gibt es auch Charkiw (ukrainisch-deutsche Lautsprachübersetzung) und Kharkiv (ukrainisch-englische Lautsprachübersetzung)


    Beides hat nichts mit journalistischer Sorgfalt, sondern persönlicher Präferenz zu tun.


    Kleine Anekdote dazu: französisch gelesen klingt "Putin" wie "putain" - in der korrekten Lautsprachübersetzung schreibt sich der Mann dann auch "Poutine".

  • Pro-russiche Kräfte (mit ziemlicher Sicherheit von Putin zur Destabilisierung des Ostens geschickt) haben ja jetzt sogar eine souveräne Republik in Donezk ausgerufen (http://www.faz.net/aktuell/pol…ost-ukraine-12883397.html).
    Das sind doch genau so Vorboten wie auf der Krim. Gründe schaffen, um russische Bürger im Ausland zu schützen und dann militärisch zu intervenieren. Da kann ja noch so oft gesagt werden, dass kein Interesse daran besteht, in die Ost-Ukraine einzumaschieren. Und dem Westen sind die Hände gebunden...

    Hold your ground!

  • Frank:


    Befürwortest du es eigentlich auch, dass sich die internationale Staatengemeinschaft aus Ruanda rausgehalten hat?

  • Eine wirklich schwierige Frage.


    Die Besonderheit im Fall Ruandas war, dass der ganze "Spuk" nur wenige Tage dauerte. Derart kurzfristig angemessen zu reagieren, halte ich kaum für möglich. Wenn die wenigen Blauhelme dann noch abgezogen wurden, war dies deren Eigenschutz geschuldet.


    Der NATO-Einsatz in Jugoslawien (den ich als Ausnahmefall sogar für angemessen hielt), hat gezeigt, welche Schwierigkeiten bestehen, wenn es um einen wirklichen militärischen Eingriff zu humanitären Zwecken geht. Wenn im Falle Ruandas nun Beteuerungen über das eigene Versagen die Runde machen, bin ich mir ziemlich sicher, das die Staatengemeinschaft im Falle einer Wiederholung denselben belämmerten Eindruck machen würde.


    Die Ukraine ist aber ein ganz anderer Fall. Hier ist der Bürgerkrieg noch nicht (voll) im Gange. Die Erfahrungen aus dem Jugoslawien-Konflikt zeigen für mich, dass eine Trennung zweier kampfbereiter Volksgruppen möglicherweise geeignet sein könnte, Bürgerkriege wie in Jugoslawien (und ggf. auch Ruanda) bereits im Vorfeld zu verhindern.


    Eine Überlegung ist das durchaus wert. Allerdings beharrt der Westen weiterhin auf eine territoriale Einheit der UA - eben so, als hätte es das Elend Jugoslawien nie gegeben.



    Edit:
    Wenn die rechtlich einwandfreie oder gar wünschenswerte Lösung aufgrund international widerstreitender Interesse nicht umsetzbar ist, bleibt nur die Möglichkeit der Suche nach einer realisierbaren Ersatzlösung, die das schlimmste noch verhindert. Insoweit verstreicht aktuell wertvolle Zeit, weil USA und EU auf stur schalten.


    Das wichtigste aus meiner Sicht ist, weitere Todesopfer zu vermeiden oder deren Zahl gering zu halten. Die Stimmungsmache aus Richtung Westen könnte aber zum genauen Gegenteil führen.


    Syrien ist für mich das klassische Beispiel. Ohne westliche Einmischung hätten Assads Regierungstruppen den Aufstand wahrscheinlich bereits kurz nach seinem Beginn niederschlagen können. Das wäre aus meiner Sicht eine weitaus humanere Lösung gewesen, als ein über Jahre andauerndes Gemetzel. Selbst dann, wenn letztlich der "Falsche" gewonnen hätte.


    Im Anschluss hätten diplomatische Bemühungen beginnen können, denen sich Assad nicht vollkommen hätte verschließen können. Zumal in diesem Fall auch Russland auf Assad eingewirkt hätte.



    Hätte die EU die gewalttätigen Ausschreitungen auf dem Maidan bereits von Beginn an massiv verurteilt (wie es aus meiner Sicht ihre Pflicht gewesen wäre), hätte die Lage überhaupt gar nicht erst dermaßen eskalieren können!


    Stattdessen hat man lieber wieder Öl ins lodernde Feuer gegossen ... :(

  • Zitat

    Original geschrieben von rmol
    ...die Art der Berichtung bleibt dabei unklar und schließt eine Facebook-Quelle nicht aus.

    Genau das meine ich mit 'unseriös'. Zugegeben, meine journalistische Grundausbildung tendiert gegen Null. Ich kann mich aber sehr genau daran erinnern, dass die erste Frage des Chefredakteurs an Woodward und Bernstein stets war, wieviel unabhängige Quellen sie für eine Nachricht hätten. Unter 3 wurde da nix gedruckt. Der erhaltene Pulitzerpreis zeigt wohl offensichtlich die Bedeutung dieses Maßstabes.
    Einen Facebook-Eintrag eines einzelnen Reporters ohne jede Quellenangabe als Nachricht zu verbreiten, hat daher nichts mit Journalistischer Bericht-Erststattung zu tun, zumal sich die Bunte-Bildchen-Gazetten in USA früher nie um den Output irgendwelcher russischer Reporter scherten. Besonders bezeichnend finde ich dann auch noch, dass ausgerechnet ein russischer Blog die Primär-Quelle danach öffentlich macht.


    Ich will damit den 'Bericht' nicht per se anzweifeln aber ich mahne dazu, für Entscheidungen nur überprüfbare Fakten oder von beiden Seiten bestätigte Angaben heranzuziehen.
    Ansonsten verkündet wieder jemand demnächst: "Ab 5:45 Uhr wird zurückgeschossen" Die Russen wissen übrigens noch sehr gut wohin das führte... im Gegensatz zu den Amerikanern, die noch nie einen modernen Krieg auf eigenem Boden erlebt haben. Aus Sicht der Russen ist deren Hemmschwelle deshalb niedriger und davor haben sie Angst :eek:

    Zitat

    2. Die "Übersetzung" von Namen in kyrillischer Schreibweise ist nie eindeutig und hängt von Quell- und Zielsprache ab

    interessanter Exkurs :top: Über solche Merkwürdigkeiten hatte ich mich schon häufiger gewundert. Allerdings lese ich, genau wie Angela M. ohne den google-Translator. Das ist dann aber schon so ziemlich das Einzige, was uns verbindet :p :D


    Allerdings ist dies eben auch ein besorgniserregendes Indiz, dass keiner den anderen direkt verstehen kann, was schließlich die Grundvoraussetzung zum Reden wäre... und wer redet, schießt nicht ;)


    Somit ist das eher keine gute Vorraussetzung, den beiden sich bildenden 'Interessen-Lagern' in der ukrainischen Bevölkerung die Angst zu nehmen. Die Ukrainer haben Angst vor den Russen und die Russen vor den Amerikanern. (das steckt auch immer noch tief bei vielen drin)
    Andererseits unterstelle ich, dass die Angst gewollt ist, denn nur so lassen sich Gesetze und Verordnungen durchdrücken, die niemand mit Vernunft akzeptieren würde.

    Zitat

    Original geschrieben von frank_aus_wedau
    Die Erfahrungen aus dem Jugoslawien-Konflikt zeigen für mich, dass eine Trennung zweier kampfbereiter Volksgruppen möglicherweise geeignet sein könnte, Bürgerkriege wie in Jugoslawien (und ggf. auch Ruanda) bereits im Vorfeld zu verhindern.

    Die Bewaffnung der Nationalgarde ist da leider ein Indiz in die andere Richtung... nebenbei bemerkt von unseren Steuergeldern, denn die Ukraine selbst ist bekanntlich mittlerweile pleite.

    Zitat


    Hätte die EU die gewalttätigen Ausschreitungen auf dem Maidan bereits von Beginn an massiv verurteilt (wie es aus meiner Sicht ihre Pflicht gewesen wäre), hätte die Lage überhaupt gar nicht erst dermaßen eskalieren können!


    Stattdessen hat man lieber wieder Öl ins lodernde Feuer gegossen ... :(

    Da die Amerikaner lt Erklärung einer Abgeordneten 6Mrd Dollar in die Ukrainische Politik investiert haben, war dieses Verhalten doch nur konsequent :rolleyes:


    Was die US-Regierung allerdings imho immer wieder falsch macht ist, dass sie nicht versucht, die Herzen der Bevölkerung zu erobern. Stattdessen verbündet man sich immer mit den Geld-starken Machthabern und wundert sich, dass sich die Leute nicht über Coke und McDonalds freuen. Deshalb haben sie in Vietnam, Afganistan, Irak etc immer wieder verloren. Russland geht da anders vor: Mit der Einführung des Rubel auf der Krim (einschließlich russischer Renten, Beamtenbezüge etc) geht es den einfachen Leuten besser. Da brauchen die gar keine 'Agenten' ins Land einzuschleusen. Die Leute wollen jetzt schon allein aus wirtschaftlichen Gründen 'heim nach Russland', wie man gerade überall im Osten sieht. :eek:

  • Zitat

    Original geschrieben von Gallium
    Genau das meine ich mit 'unseriös'. Zugegeben, meine journalistische Grundausbildung tendiert gegen Null. Ich kann mich aber sehr genau daran erinnern, dass die erste Frage des Chefredakteurs an Woodward und Bernstein stets war, wieviel unabhängige Quellen sie für eine Nachricht hätten. Unter 3 wurde da nix gedruckt. Der erhaltene Pulitzerpreis zeigt wohl offensichtlich die Bedeutung dieses Maßstabes.
    Einen Facebook-Eintrag eines einzelnen Reporters ohne jede Quellenangabe als Nachricht zu verbreiten, hat daher nichts mit Journalistischer Bericht-Erststattung zu tun, zumal sich die Bunte-Bildchen-Gazetten in USA früher nie um den Output irgendwelcher russischer Reporter scherten. Besonders bezeichnend finde ich dann auch noch, dass ausgerechnet ein russischer Blog die Primär-Quelle danach öffentlich macht.

    Ich hatte den US-Text auch nicht als Vorbild journalistischer Qualität gepostet, sondern als schnell recherchierten möglichen Ersatz für den nicht mehr auffindbaren SPON-Blog (nach dem du dich erkundigt hattest) - möglicherweise gibt es noch viel bessere Quellen. Bei SPON (s. mein Beitrag oben) war übrigens nicht von einem Facebook-Eintrag, sondern von "örtlichen Journalisten" die Rede - also von mehreren Quellen, freilich ohne nähere Bezeichnung...


    Zitat

    Original geschrieben von Gallium
    Der Blogeintrag bei Radio Echo Moskau ist zeitlich (17:12) nach dem SPON-Beitrag (16:16) und kann daher nicht die Primärquelle sein. Der erste Satz gibt jedoch den Hinweis auf die Quelle: "Wie der Charkowsker Journalist Watscheslaw Mawrichew in seinem Facebook Blog schrieb..."

    mit der Primärquelle hast du natürlich Recht, aber zum Thema zeitliche Reihenfolge: Moskau eilt uns 2h voraus (vorausgesetzt, die haben auch Sommerzeit) ;)

  • Frank:


    Und wann sollten wir dann in der Ukraine eingreifen? Bei einem Bürgerkrieg? Bei einem Genozid?


    Und bei Assad bist du für den "diplomatischen" Weg, der dir im Fälle Ungarns aber auch wieder nicht recht ist?

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