Polit-Affäre um Edathy

  • Zitat

    Original geschrieben von Timba69
    Ich weiß gar nicht, was die Aufregung soll. Prozessökonomie ist seit Jahrzehnten Gang und Gäbe ...


    Das mag für andere Fälle durchaus zutreffen. Wir müssen uns aber vor Augen führen, warum E. vor dem (höheren) Landgericht und nicht vor dem eigentlich zuständigen Amtsgericht erhoben wurde.


    Im Falle E., in dem nicht konkret Tatverletzte als Zeugen zu befragen sind, bliebe für die Zuständigkeit des Landgerichts m.W. ausschließlich eine Alternative:


    "§ 24 GVG


    (1) In Strafsachen sind die Amtsgerichte zuständig, wenn nicht
    1. ...
    2. ...
    3. die Staatsanwaltschaft wegen ... des besonderen Umfangs oder der besonderen Bedeutung des Falles Anklage beim Landgericht erhebt."


    In solchen (sehr seltenen) Fällen muss die zuständige StA einen begründeten Antrag an das Landgericht stellen, in dem sie diese besondere (in der Praxis wohl eher herausragende) Bedeutung des Fall darlegt. Sofern auch das Landgericht diese besondere Bedeutung sieht, entscheidet es durch nicht anfechtbaren Beschluss.


    Die in der Praxis geforderte au0ergewöhnliche Bedeutung wird nur in sehr wenigen Ausnahmefällen bejaht, weil sie einen erheblichen Eingriff in die Rechte des Beschuldigten darstellt:


    Statt der üblichen zwei Tatsacheninstanzen hat der Angeklagte nur eine. Er kann also nicht (wie das in Fällen gewöhnlicher Bedeutung) Berufung gegen ein instanzabschließendes Urteil einlegen - sein Rechtsweg wird also um eine Instanz beschnitten.


    Aus meiner Sicht kann es überhaupt nur so gewesen sein, dass StA und LG eine derartige besondere Bedeutung der Sache angenommen haben. Und eine solche immense Bedeutung der Angelegenheit kann nicht durch ein kurzes Schuldeingständnis wieder entfallen. Der Fall E. könnte in der Bundesrepublik sogar (fast) einmalig sein.



    Zum Schluss noch ein Auszug aus der Pressemitteilung des LG Verden:


    "Das Hauptverfahren war vor der 2. großen Strafkammer des Landgerichts Verden und nicht vor dem Amtsgericht zu eröffnen, weil wegen der besonderen Bedeutung des Falles die sachliche Zuständigkeit der großen Strafkammer begründet sei.


    Zwar wiesen die dem Angeklagten zur Last gelegten Rechtsverletzungen kein besonderes Ausmaß auf, weil es sich insoweit um vergleichsweise wenige Taten ... handele. Auch ebenso wenig seien schwerwiegende Tatfolgen ersichtlich ...


    Vorliegend sei aber zu berücksichtigten, dass der Angeklagte als ehemaliges Mitglied des Deutschen Bundestages, also als gewählter Amtsträger, der in der vergangenen Legislaturperiode einem wichtigen Untersuchungsausschuss (NSU) vorstand und das Verfahren außerordentliches Interesse in Presse, Rundfunk und Fernsehen gefunden hat. Die Begleitumstände des dem Angeklagten vorgeworfenen Tatgeschehens haben zum Rücktritt eines Bundesministers und der Einsetzung eines Untersuchungsausschusses des Deutschen Bundestages geführt. Die dem Angeklagten zur Last gelegten Taten sollen unter anderem über IT-Systeme begangen worden seien, die ihm als damaligen Mitglied des Deutschen Bundestages dienstlich zur Verfügung gestellt worden waren bzw. zu denen er dienstlich Zugang hatte. Dies alles begründe in der Zusammenschau eine besondere Bedeutung des Falles.


    Hat sich an diesem Sachverhalt durch das kurze Geständnis des E. auch nur das allergeringste geändert?

  • Ich kann mich mittlerweile über das Geseiere von Herrn E. nur noch amüsieren.


    Er hat die ihm zur Last gelegten strafbaren Handlungen eingeräumt, will aber natürlich kein Geständnis abgegeben haben und auch weiterhin unschuldig sein...


    Das wäre dann ungefähr so als wenn sich jemand nach der Hochzeit hinstellt und sagt:
    "Also so richtig bin ich ja nicht verheiratet - habe schließlich ja nur eine mir gestellte Frage mit "JA" beantwortet - aber mit keiner Silbe habe ich selbst davon gesprochen das ich genau diese Frau heiraten will..."


    Irgendwie sagt mir mein Gefühl, dass man mit dieser Logik beim Gericht kaum durchkommen wird. :)

  • Zitat

    Original geschrieben von ChickenHawk
    Ich kann mich mittlerweile über das Geseiere von Herrn E. nur noch amüsieren.
    ...


    Mich amüsiert das kein bisschen. :mad:



    Zitat

    Original geschrieben von ChickenHawk
    ...
    Irgendwie sagt mir mein Gefühl, dass man mit dieser Logik beim Gericht kaum durchkommen wird. :)


    Er ist ist damit doch schon durchgekommen! :eek:


    Das Verfahren ist zu Ende ... ein für allemal!

  • Zitat

    Original geschrieben von frank_aus_wedau
    Mich amüsiert das kein bisschen. :mad:



    Dann schaue dir nochmal die Seite bei FB von Herrn Edathy an und manche Kommentare zur Erklärung.

  • Ich wisst doch, dass ich an solchen Kommunikationsnetzwerken nicht teilnehme.


    Wer das machen und aus meinen Argumentationen dabei etwas übernehmen möchte, mag dies tun. Es handelt sich um Ausführungen, die auf allgemein zugänglichen Quellen beruhen, von mir persönlich verfasst sind und aus denen ich keinerlei Ansprüche aus dem Urheberrecht herleite.

  • Zum juristischen Teil werde ich nichts mehr sagen. Wer sich bisher nicht davon überzeugen ließ, dass ausgerechnet Timba69 und ich mal einig sind -an sich ein Ding der Unmöglichkeit- der wird sich auch von weiteren Argumenten nicht mehr umstimmen lassen.


    Aber der Hinweis auf die Facebook-Seite war ernüchternd. Es gibt durchaus viele Kommentare, die Edathy als Justizopfer sehen. Das ist gruselig.

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  • Es ist durchaus möglich, hinsichtlich des einen Sachverhalts Täter und in einem damit zusammenhängenden anderen Opfer zu sein.


    Wenn das Ding heute "plattgebügelt" wurde, dann m.E. nur zum Zwecke eines Deals "kein Schuldspruch für Edathy gegen Weiße Weste für die Justiz".


    Schließlich war zuletzt sogar ein Generalstaatsanwalt ins öffentliche Kreuzfeuer geraten. Und so lange ein Prozess gegen E. gelaufen wäre, hätte auch diese Geschichte wiederkehrend die Medien gefüllt. Von dieser Sache werden wir nun auch nichts mehr hören.

  • Na gut ... dann ist sie jetzt eben grün wie das Gras, welches etwa jetzt über die Informationslecks in Justizkreisen wachsen wird.


    Spätestens bei der nächsten größeren Schlagzeile ist dieses Thema doch erfahrungsgemäß vom Tisch. Erst rückt es aus dem Fokus der Öffentlichkeit und gerät dann schnell in Vergessenheit.


    Wir werden ja sehen, in wie weit diese Aufklärung noch Stoff für die Titelseite ist. Ginge der Prozess gegen E. weiter, wäre dieses Thema jedenfalls weiterhin auf Seite 1 zu finden. ;)

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