Gehaltsverzicht akzeptieren?

  • Hallo liebes Forum!


    Einiges schon vorweg gesagt: Ja, das ist ein Zweitnick, den ich mir für diese, für mich heikle Frage, zugelegt habe. Ja, ich weiß, dass TT kein Rechtsberatungsforum ist.


    Nachdem das nun geklärt ist, komme ich auch schnell zu meinem Anliegen. Ich bin seit etwas mehr als 12 Jahren Angestellter einer Firma. In dieser Zeit wechselten die Geschäftsführer. Mit meinem vorherigen Chef kam ich sehr gut zurecht, war entsprechend angesehen, bekam ein hohes Gehalt und einen Firmenwagen - vereinbart in meinem Arbeitsvertrag. Nach Weggang dieses Chefs kam ein Neuer und mit ihm eine stetige Verschlechterung meines Standes in unserem Unternehmen. Die Abteilung, der ich vorstand, wurde verkleinert. Inzwischen bin ich nur mehr ganz normaler Angestellter dieser Abteilung (auch wenn mein AV mich noch als Leiter der Abteilung benennt). Zwischen mir und meinem Chef gibt es des Öfteren Spannungen. Er zeigt mir recht deutlich, dass es ihm recht wäre, wenn ich mich verabschieden würde.


    Vor etwa zwei Jahren vereinbarte ich mit ihm einen Verzicht auf meinen Firmenwagen, der mir zwar arbeitsvertraglich noch immer zustand aber nicht mehr so recht in meine ausgeübte Tätigkeit passte. Dieser Verzicht war von meiner Seite eher der Versuch ihm entgegen zu kommen.


    In den letzten Jahren lief alles so vor sich hin. Ich war mit ihm nicht zufrieden, er mit mir auch nicht. Aber die Arbeitszeiten sind regelmäßig und die geforderten Leistungen nicht übermäßig hoch. Nun ist noch mein hohes Gehalt als Stein des Anstoßes übrig geblieben. In einem Gespräch eröffnete mir mein Chef daher letztlich, dass er zwei Alternativen sehen würde. Die erste wäre ein Verzicht auf ca. 1/4 meines jetzigen Gehaltes. Die zweite Alternative wäre, dass ich einer Änderung meines AV nicht zustimme. Für diesen Fall kündigte er mir an, dass er "sich das nicht lange ansehen würde" und dass er "dann eben eine Umstrukturierung einleiten müsse, die meinen Arbeitsplatz entfallen ließe".


    Meine anwaltliche Vertretung meint, dass die Chancen in einem Arbeitsgerichtsprozess, sollte es bei der zweiten Alternative dazu kommen, sehr gut stünden. Letztlich interessiert mich diese Frage aber nur sekundär. Die arbeitsrechtliche Seite ist auch nicht Kern meiner Anfrage hier.


    Ich bin durch Haus, Frau und Kinder ortsgebunden, das Gehaltsniveau in meiner Region (sofern man den wenigen statistischen Veröffentlichungen Glauben schenken kann) ist eher dort anzusiedeln, wo mein Gehalt nach Wahl des Gehaltsverzichts läge. Zusammen mit dem Einkommen meiner Frau würden wir auch bei einem Gehaltsverzicht über die Runden kommen.


    Ich bin wirklich hin und her gerissen. Akzeptiere ich die Gehaltskürzung habe ich vielleicht Ruhe, vielleicht ist es aber auch nur der Zwischenschritt vor einem großen Finale. Lehne ich sein Angebot ab, wird er sich etwas einfallen lassen müssen. Ich schätze ihn so ein, dass er sich auch etwas einfallen lassen wird, allein schon um sein Ego zu befriedigen. Wie lange das dauert weiß ich letztendlich nicht. Vielleicht finde ich in der Zwischenzeit eine andere Beschäftigung, vielleicht aber auch nicht.


    Was würdet ihr in meinem Fall machen? Habt ihr vielleicht Gedankengänge, die mir helfen meinen Blick auf die Angelegenheit zu erweitern?


    Vielen Dank für das Lesen dieses Textes und vielen Dank für ggf. hilfreiche Antworten.

  • Nein, Du wirst nicht Ruhe haben, weil er Dich trotzdem nicht plötzlich mögen wird. Es soll Dich nur demotivieren, um dann doch zu gehen. Er wird weiter nachlegen.


    Wenn Du auf ein Gehaltsverzicht eingehst, hast Du folglich weniger Ansprüche beim eventuell doch nötigen Arbeitslosengeld und auch weniger Renteneinzahlungen.


    Deine Bank wird merken, daß Du weniger bekommst, Deine Kreditwürdigkeit leidet, evtl. mit Dispokürzung.


    Und wer weiß, vielleicht ist der neue GF auch wieder schneller weg, als er es schafft Dich loszuwerden.

    LG: V30
    Samsung: Galaxy Tab S2 LTE, A5 (2017);
    Sony: Xperia X Compact;

  • Re: Gehaltsverzicht akzeptieren?


    Zitat

    Original geschrieben von Wasnun
    [...]
    Vor etwa zwei Jahren vereinbarte ich mit ihm einen Verzicht auf meinen Firmenwagen, der mir zwar arbeitsvertraglich noch immer zustand aber nicht mehr so recht in meine ausgeübte Tätigkeit passte. Dieser Verzicht war von meiner Seite eher der Versuch ihm entgegen zu kommen.
    [...]


    Stell dir hier die Frage: Wurde es nach diesem Verzicht besser?

  • Re: Gehaltsverzicht akzeptieren?


    Zitat

    Original geschrieben von Wasnun
    Ich bin wirklich hin und her gerissen. Akzeptiere ich die Gehaltskürzung habe ich vielleicht Ruhe, vielleicht ist es aber auch nur der Zwischenschritt vor einem großen Finale.

    Erfahrungen aus meinem Bekanntenkreis zeigen, dass es tatsächlich nur ein Zwischenschritt ist. Der Dienstwagen war nur der erste Schritt, aber wer garantiert dass dieser Gehaltsverzicht der letzte wäre?
    Wenn es eine ortsnahe und akzeptable Alternative gibt, dann lieber woanders beginnen - mit dem Chef kommst nicht mehr auf einen grünen Zweig. Kommt eine solche Alternative nicht in Frage, dann würde ich mich für den Fall des Gehaltsverzichts (falls er denn tatsächlich akzeptabel ist) um Garantien bemühen - z.B. in der Form "letzter Verzicht in den nächsten fünf Jahren" oder ähnliches.

  • Ich würde mich ab sofort darauf konzentrieren, intensiv eine neue Stelle zu suchen, und den Gehaltsverzicht nicht akzeptieren, selbst wenn die neue Stelle nicht ganz so gut bezahlt sein sollte. Findet sich in der nächsten Zeit etwas anderes (ehe er sein Szenario aufgebaut hat), hat man eine viel bessere Ausgangsposition. Dann könnte man mit ihm noch eine Abfindung aushandeln (damit er einen ohne Ärger loswird), die das Einstiegsgehalt auf der neuen Stelle abfedert. Findet sich bis dahin nichts, kann man erneut mit dem Anwalt die Strategie beraten. Die ganze Zeit läge der Fokus (bei mir) jedoch auf der Suche nach etwas Neuem.


    Gruß
    Lisa

  • Re: Gehaltsverzicht akzeptieren?


    Zitat

    Original geschrieben von Wasnun . Er zeigt mir recht deutlich, dass es ihm recht wäre, wenn ich mich verabschieden würde. /// Die zweite Alternative wäre, dass ich einer Änderung meines AV nicht zustimme. Für diesen Fall kündigte er mir an, dass er "sich das nicht lange ansehen würde" und dass er "dann eben eine Umstrukturierung einleiten müsse, die meinen Arbeitsplatz entfallen ließe".


    Für mich ist das klar: der will Dich los werden. Am liebsten durch deine eigene Kündigung. Aus dem bisher Geschriebenen würde ich ganz klar ableiten, dass ein Gehaltsverzicht nur eine Zwischenstufe vor dem endgültigen AUS ist. Ich würde weitermachen wie bisher und mich parallel intesivst um eine andere Stelle bemühen. Keine Zugeständnisse, sondern fair und korrekt weiterarbeiten, um bei einem evtl. neuen GF noch immer makellos da zu stehen. Mit etwas Glück ist die Zeit auf Deiner Seite, und der üble GF verschwindet von selbst. Der wird ja sicher auch bei anderen MA für mieses Klima sorgen, was dem Unternehmen sicher nicht gut tut.

  • Erst einmal vielen Dank bis hierher. Ich meine eine leichte Tendenz zu erkennen. :D


    @happie: Ich glaube deinen Standpunkt, auch wenn er recht kurz ausgeführt war, verstanden zu haben.


    saint: Das sind auch meine Befürchtungen.


    exo: Nein, es hat sich nichts geändert. Mein Entgegenkommen wurde von ihm nicht als Solches bewertet.


    rmol: Das mit den Garantien habe ich mir auch schon überlegt. Ich bin dann allerdings gedanklich zu dem Schluss gekommen, dass er sowas nicht garantieren kann.


    Edit:


    Jay: Wenn ich den Absprung hinbekomme, werde ich wahrscheinlich bei einem AG landen, dessen Gehaltsgefüge demjenigen nach Gehaltsverzicht entspricht.


    Edit 2: Auf die Nerven geht er allen MA, ärgern tut er nur einige.


    Edit 3:


    Lisa: Das wären auch so meine Überlegungen für die Alternative 2. Du hast das sehr gut auf den Punkt gebracht.

  • Zitat

    Original geschrieben von Wasnun   Jay: Wenn ich den Absprung hinbekomme, werde ich wahrscheinlich bei einem AG landen, dessen Gehaltsgefüge demjenigen nach Gehaltsverzicht entspricht.


    Das kann sein. Nur dieser Gehaltsverzicht ist ja nicht das Ende. Danach kommen weitere Repressalien bis hin zu "unlösbaren" Aufgaben, die Du nicht fehlerfrei lösen kannst. Dann kommt die erste Abmahnung....etc...

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