Journalismus: copy & paste = fertig ist der Qualitätsartikel?

  • Ich möchte mal das Fass "Journalismus 2.0" aufmachen, da mir in letzter Zeit einige Dinge schwer auf die Nerven gehen.


    Los gings hiermit:

    Zitat

    Original geschrieben von bochumer-22
    ...Durch gebündelte Inhalte ließen sich noch außergewöhnliche Themen von "oberflächlichen" Artikeln querfinanzieren. Das fällt online weitestgehend weg.
    Ich sehe ehr die Gefahr bei "Bezahlung nach Klicks", das diese naturgemäß möglichst hoch sein müssen. Entsprechend wird hauptsächlich erotischer, humoristischer und kurioser Inhalt die meiste Aufmerksamkeit erhalten. Die eigentlichen Themen gehen dadurch unter.
    Gerade beim Spiegel ist mir im Laufe des letzten Jahres aufgefallen, das sich immer mehr Schund-Artikel à la Bild dazwischen mischen. Beispielsweise Nachrichten über Promisternchen, die nun wirklich nichts mit Qualitätsjournalismus zu tun haben.
    Man sehe sich auch mal die letzten Postings auf Facebook an. Eine Meldung über süße Pandababys und andere "lustige" Youtube Videos geben sich die Hand. :flop:
    Sorry, war OT.

    Mich stört es sehr, das die Medien sich selbst als die kontrollierende 4.Gewalt im Staat wahrnehmen, aber aktuell meist nichts anderes tun, als die vorgekauten Meldungen der Nachrichtenagenturen umzuformulieren.
    Aktuelles Beispiel, Thema: Versteckte Mathematikhinweise in der Cartoon-Serie "die Simpsons". Belangloser gehts eigentlich wirklich nicht mehr!!
    02.11.2013:gizmodo.de berichtet.
    04.11.2013:welt.de berichtet.
    11.11.2013:sueddeutsche.de berichtet.
    14.11.2013:zeit.de berichtet.
    14.11.2013:faz.de berichtet.
    15.11.2013:ntv.de berichtet.
    16.11.2013:ad-hoc-news.de berichtet.
    Ratet mal, wer ganz investigativ heute (!) unter dem Thema "Kultur" einen tiefgründigen Inhalt gefunden hat. Richtig geraten:
    20.11.2013:[URL=http://m.spiegel.de/kultur/literatur/a-934432.html#spRedirectedFrom=www&referrrer=http://www.google.de/url?sa=t&rct=j&q=simpsons%20mathematik&source=newssearch&cd=1&cad=rja&ved=0CC0QqQIoADAA&url=http%3A%2F%2Fwww.spiegel.de%2Fkultur%2Fliteratur%2Fsimpsons-mathematik-in-der-kult-serie-a-934432.html&ei=qBeNUqusL4Tn4gToiIGIBQ&usg=AFQjCNFg3J27qwkke3ZluxXxGfI-BA8tcg&bvm=bv.56643336,d.bGE]spiegel.de berichtet.[/URL]


    Copy & Paste ist das eine.
    Das andere sind die Trendthemen, die -einmal losgetreten- nicht mehr aufzuhalten sind. Wochenlang darf man die immergleichen Berichte über meist negative Themen lesen.
    Mediale Hetzjagd gegen bestimmte Personen (i.d.R. meist vor richterlichem Beschluss) ist mir in der Vergangenheit besonders bitter aufgestossen. Da es die allmächtigen Pressekonzerne sind, gilt "in dubio contra reum" weils so schön einfach ist.
    Vom moralischem abgesehen, leidet auch immer mehr das rein handwerkliche. Rechtschreibfehler in veröffentlichten Artikeln gehören zur Tagesordnung, ebenso wie inhaltliche Fehler. Es ist immer wieder lustig, in den Kommentaren Hinweise auf haarsträubende Behauptungen zu finden.
    _____________________________
    Mir ist bewusst, dass Journalismus Geld kostet.
    Ebenso ist mir bewusst, dass überall eingespart werden muss.


    Die unbedingte Gier nach Aufmerksamkeit macht es dem Qualitätsjournalismus - so wie ich ihn verstehe - immer schwerer. Alles muss lustig, locker und möglichst leicht bekömmlich sein.
    Ich befürchte, dass Journalismus dem Fastfood immer ähnlicher wird. Der Konsument bekommt es schnell, ohne viel Aufwand und "man kann es sich nebenbei so irgentwie reinziehen".
    Ich bin von Grund auf ein positiv denkender Mensch, aber mir graust es davor, in Zukunft den medialen Einheitsbrei erleben zu müssen.


    Welche Veränderungen würdet ihr euch wünschen? Und ganz zentral: was wäre euch guter Journalismus wert?

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  • Ähhhmmm.....das mit den Simpsons ist ein ganz normaler PR-Text (Werbung vom Verlag) der über die üblichen Verteiler geht und aus denen sich alle Medien bedienen. Deshalb findet man diese Berichte überall im Web. Jede Agenturmeldung verbreitet sich so und da man Inhalte braucht, bezieht man das - kostet ja nix.


    Leider machen sich viele Redaktionen nicht mal die Mühe den Bericht umschreiben zu lassen oder durch eigene Recherche zu ergänzen.

    Ich erhoffe nichts. Ich fürchte nichts. Ich bin frei.

  • @bochumer:


    Zitat

    Mir ist bewusst, dass Journalismus Geld kostet.
    Ebenso ist mir bewusst, dass überall eingespart werden muss.



    Warum liest du dann alle Nachrichten online? In den Papierausgaben war davon nichts bzw. anders zu lesen.


    Es hat schon einen Grund, warum gute (andere, echte) Nachrichten was kosten.

    Suche: aktuell nichts


    30 positiv in der "neuen" Vertrauensliste, ??x mal positiv in der "Alten"..:-)


    Insider: Die Plaaaaaattttttttforrrrrrrrmmmmmmmmmm brennt nicht mehr, sie ist abgesoffen.....!

  • Wenn ich mir aber ansehe, wie Zeitungen der sogenannten "Qualitätspresse", ihre Angebote quasi verschenken: Es ist quasi nichts wert, weil immer weniger Menschen bereit sind, dafür Geld auszugeben.


    Solange in Deutschland Meinungen und Nachrichten quasi Hand in Hand gehen, solange wird das nichts mit "Journalismus". Und da die allermeisten "Journalisten" eh die gleiche politische Meinung haben ist da auch mit "objektiv" nicht mehr viel.

  • Zitat

    Original geschrieben von mostwanted
    ...Jede Agenturmeldung verbreitet sich so und da man Inhalte braucht, bezieht man das - kostet ja nix.
    Leider machen sich viele Redaktionen nicht mal die Mühe den Bericht umschreiben zu lassen oder durch eigene Recherche zu ergänzen.


    Genau das ist.
    Die Nachrichtenagenturen entscheiden, was wir wissen sollen (und vor allem was nicht), dann wird die vorgefertigte Meldung etwas abgeändert - und fertig.
    Das es anders geht, zeigen viele Techblogs. Dort sind neben den klassischen Geräteneuigkeiten auch regelmässig Artikel zu finden, die tiefer ins Thema einsteigen und mit mehr Aufwand verbunden sind.

    Zitat

    Original geschrieben von Timba69
    Warum liest du dann alle Nachrichten online? In den Papierausgaben war davon nichts bzw. anders zu lesen.
    Es hat schon einen Grund, warum gute (andere, echte) Nachrichten was kosten.


    Weil es praktisch ist (kein Papiermüll), weil ich die Nachrichten sofort und nicht erst am nächsten Tag habe und weil ich mir nicht Abos von 10 unterschiedlichen Zeitungen leisten wollen würde.
    Ich hatte über einige Jahre eine regionale Zeitung abonniert, aber nach und nach flog diese direkt in den Müll, da ich den wesentlichen Inhalt schon kannte.
    Bis letztes Jahr habe ich mir vor jeder längeren Auto-/ Zugfahrt einen Spiegel und "Die Zeit" gekauft. Aber selbst beim etwas happigen Preis, kauft man damit ca. 30% Werbung. Und das sehe ich langsam nicht mehr ein.
    Zum Spiegel muss ich ergänzen, das ich diesen grundsätzlich sehr gerne lese, auch wenn mir die veröffentlichte Meinung zu Rot ist. In dieses Magazin habe ich Hoffnung gesetzt, das Qualität über Quantität steht. Genau das lässt aber immer mehr nach, daher auch die Enttäuschung!


    Das neue Zauberwort heißt "paid content" (siehe Umsetzung des Springer Verlags). Da ich nicht nur fordere und alles umsonst haben will, werde ich damit auch kein Problem haben. Ich hoffe es wird eine für den Konsumenten interessante Variante gefunden. Also bezahlbarer Preis, wenig bis keine Werbung, kurze Abo-Laufzeit zum reinschnuppern.

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  • Den Spiegel gibt es kostenlos als PDF im Netz und mich freut das. Die Printmedien haben der Musikindustrie höhnische Vorträge gehalten, warum die Käufer illegale Downloads bevorzugen - garniert mit Hinweisen auf Kopie und Download, natürlich nur um davor zu "warnen".


    Jetzt sitzt man selbst im sinkenden Boot. So ist es eben mit der Digitalisierung. Also muss man andere Wege finden, all die Printredakteure können die Tips an die Künstler jetzt selbst anwenden :D


    Lediglich für GEO zahle ich noch, die wirkliche Qualität liefern. Die FAZ - meine Lieblingszeitung, gibt es digital noch gratis - aber dafür würde ich auch zahlen.

    Ich erhoffe nichts. Ich fürchte nichts. Ich bin frei.

  • Nun, Qualität und investigativen Journalismus kann es nur gegen (indirekte) Bezahlung möglich....


    Wenn man(n) nur eine Informationschleuder will, der vorsortierte und meinungsgleiche "Meinungen und Nachrichten" überbringt, dann sollte man(n) weiterhin nur online und kostenlos lesen.

    Suche: aktuell nichts


    30 positiv in der "neuen" Vertrauensliste, ??x mal positiv in der "Alten"..:-)


    Insider: Die Plaaaaaattttttttforrrrrrrrmmmmmmmmmm brennt nicht mehr, sie ist abgesoffen.....!

  • Es hat schon seinen guten Grund, warum sich die Leser den angeblichen Qualitätsmedien mehr und mehr abwenden, sei es in den Printmedien, deren Online-Ausgaben, ja sogar im TV.
    Es gab Zeiten, wo Medien noch eine eine etwas breitere Meinung hatten, auch kritisch hinterfragten.


    Man muss auch im Hinterkopf behalten, wie sehr die Medienwelt inzwischen konsolidiert worden ist. Allein hierzulande sind es faktisch noch zwei, die uns unsere Meinung vorschreiben wollen. Auch sollte man überlegen, wem diese gehören und welche Interessen dahinterstecken.
    Was will man von einem deutschen Mediengiganten erwarten, deren Hauptanteilseigner eine Bank ist!?


    Heute sind es zusehends völlig gleichgeschaltete Nachrichen ohne großen Spielraum zu Diskussionen - zudem politisch korrekt. In Online-Medien empfiehlt es sich Leserkommentare zu lesen! Auch sollte man aufhörchen, wenn Kommentarfunktionen gleich deaktiviert sind. Viele sind zum Glück nicht so verblödet, wie uns die Medien gerne haben wollen :)


    Es mehrt sich die Zahl von frustierten Journalisten, die Ihren Arbeitgebern den Rücken kehren, weil sie einfach keinen investigativen Journalismus betreiben dürfen. Kritische Themen werden abgewürgt, die Wahrheiten teilweise massiv unterdrückt. Das ist Fakt! Viele von denen sind heute in der freien Journalie tätig und werden nicht selten diffamiert, weil deren Aufklärung eben nicht verdreht und nicht politisch korrekt ist.


    Es gibt inzwischen viele Alternativen von freien Journalisten, von unabhängigen Bloggern, etc., die immer mehr Zulauf und Zustimmung erhalten. Dem gegenüber stehen immer noch viele, die an den üblichen Medien festhalten und alles für bare Münze nehmen.

  • Zitat

    Original geschrieben von NokiaPort.de
    Es gibt inzwischen viele Alternativen von freien Journalisten, von unabhängigen Bloggern, etc., die immer mehr Zulauf und Zustimmung erhalten.


    Hätte Interesse mal reinzulesen, kannst du 2-3 lesenswerte empfehlen? :)

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