Der Fall Mollath

  • Zitat

    Original geschrieben von pithein
    Mollaths Anwalt stellt Gutachten ins Netz.
    Unter anderem urteilt ein Gutachter, ohne ihn persönlich gesehen zu haben.
    Quelle: http://wap.bild.de/bild/json.b…json/wap/31991186/16.html


    Also das ist nicht so erstaunlich. In der Kassenpsychotherapie urteilt der Gutachter der Krankenkasse im Rahmen des Antragsverfahrens auch immer, ohne den Patienten/Klienten gesehen zu haben. Wenn der dann die Therapie ablehnt, hat man nämlich die "lustige" Aufgabe vor sich, ihn doch zu überzeugen, obwohl der Gutachter ihn ja nie zu Gesicht bekommt. Klingt komisch, ist aber so, da mein täglich Brot.


    Mal sehen, wann der Anwalt dann eine Anzeige an den Hals bekommt, denn ich kenne das so, dass Gutachten nie dem Betreffenden selbst zur Kenntnis gegeben werden dürfen, da das Urheberrecht des Gutachters damit verletzt wird. Wer jetzt denkt, dass das völliger Blödsinn ist, dem kann ich versichern, dass ich das damals bei der Rentenversicherung selbst so erlebt habe und zwar über 15 Jahre lang! :rolleyes:


    Und noch zu den Briefen aus der Vergangenheit: Nur aus Briefen irgendwas heraus lesen zu wollen, halte ich für problematisch. Das ist genau so, wie ein Gutachten zu erstellen, ohne mit dem Menschen direkt gesprochen zu haben! ;)

  • Zitat

    Original geschrieben von wrywindfall
    (..)
    Mal sehen, wann der Anwalt dann eine Anzeige an den Hals bekommt, denn ich kenne das so, dass Gutachten nie dem Betreffenden selbst zur Kenntnis gegeben werden dürfen, da das Urheberrecht des Gutachters damit verletzt wird. Wer jetzt denkt, dass das völliger Blödsinn ist, dem kann ich versichern, dass ich das damals bei der Rentenversicherung selbst so erlebt habe und zwar über 15 Jahre lang! :rolleyes:


    Dann hättest du ja 15 Jahre lang "in" der Rentenversicherung (lass mich raten: eine bayerische oder hessische Niederlassung?) einen "völligen Blödsinn" erleben müssen, wenn das so wäre...


    Zumindest stellt das rechtliche Rahmenwerk der http://www.PTK-Bayern.de namens "Berufsordnung für Psychotherapeuten" in § 10 Absatz 2 fest:

    Zitat

    (2) Der Psychotherapeut (PP/ KJP) hat dem Patienten auf dessen Verlangen grundsätzlich in die ihn betreffenden Behandlungsunterlagen Einsicht zu gewähren; ausgenommen sind diejenigen Teile, welche subjektive Eindrücke oder Wahrnehmungen des Psycho-therapeuten (PP/ KJP) enthalten. Auf Verlangen sind dem Patienten Kopien der Unter-lagen gegen Erstattung der Kosten herauszugeben.


    (eigene Hervorhebung). Dieses Regelwerk wird von Berufsgerichten überwacht und ist verbindlich.


    Aufgrund der Autonomie des Einzelmenschen, die im Grundgesetz garantiert ist, und die zu achten sich die Psychotherapeuten in § 2 Absatz 2 derselbigen Berufsordnung nochmals ausdrücklich verpflichten, ist es auch gar nicht anders denkbar, als dass diese Gutachten dem Betroffenen selber zugänglich gemacht werden!
    Die Formulierung "Grundsätzlich" weist darauf hin, dass es eine Ausnahme geben kann; diese ist dann nach dem Semikolon aufgeführt.


    m.E. adressiert die Passage mit den "Subjektiven Eindrücken" speziell die Problematik der "Gegenübertragung", also wenn ein Psychoanalytiker über seine Klientin notiert, dass sie z.b. ihn in ihrer Art wie sie ihre Kleidung trägt, an seine Mutter erinnert ;) :eek:



    Nicht der Betroffene muss rechtfertigen warum er die Dokumentation einsehen will - dieses ergibt sich schon aus seinem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung - , sondern der Psychotherapeut / Gutachter / Arzt muss im Einzelfall rechtfertigen, warum das ausnahmsweise nicht so sein soll..
    leider wird es in ländlichen Gebieten anscheinend immer noch teilweise anders gehandhabt...


    Zitat

    Und noch zu den Briefen aus der Vergangenheit: Nur aus Briefen irgendwas heraus lesen zu wollen, halte ich für problematisch. Das ist genau so, wie ein Gutachten zu erstellen, ohne mit dem Menschen direkt gesprochen zu haben! ;)


    Zumindest etwas nachteiliges über die betreffende Person ;)

  • Problematisch ist nicht die Einsichtnahme, sondern die Veröffentlichung eines Werks, an dem Urheberrechte bestehen könnten.


    Entsprechendes gilt für Abschriften von Schriftsätzen, die ein Rechtsanwalt im Auftrag des Mandanten verfasst hat. Auch hier besteht das Urheberrecht des Anwalts fort - mit der Folge, dass der Mandant seine Abschrift nicht ohne Zustimmung des Anwalts (etwa im Internet) veröffentlichen darf.


    Gern gemacht ... aber nicht unproblematisch, wenns dem Anwalt missfällt.

  • Ach, das ist das Wunderbare, wenn man etwas im Internet schreibt. Verkürzungen überall... :rolleyes:


    Also, als ich bei der Rentenversicherung gearbeitet hatte, war ich noch nicht Psychoonkel. Auf den Gutachten stand immer ein Stempel drauf, dass es nicht statthaft sei, den Inhalt den Versicherten mitzuteilen. Einer hatte dann dagegen prozessiert und vom Gutachter die Begründung mit dem Urheberrecht bekommen, die ich im übrigen absolut unsinnig finde. Es ist wichtig, mit den Leuten zu reden und nicht über sie!


    Dass es ein generelles Einsichtsrecht der Patienten/Klienten gibt, ist mir klar und danach handle ich auch. Vertrauen kann nur durch Transparenz entstehen. Und wenn Herr Mollath erlebt hat, dass hinter seinem Rücken über ihn gesprochen wird, er das ab als unerträglich empfindet, das aber nur sein Wahn wäre, hat man hier wohl das, was ihn in die Anstalt gebracht hat, mit selbst produziert.


    Deswegen arbeite ich da auch weitgehend anders! Und gerade einige Psychoanalytiker sollten lernen, dass ihre Gegenübertragungen eher Ausdruck ihrer eigenen Größenphantasien und nicht Spiegelungen der Welt des Patienten/Klienten sind!

  • Nach der Entscheidung des BVG dürfte endgültig klar sein, das die Bayerischen Gerichte Mist gebaut haben. Warum - dazu sage ich lieber nix, sonst heißt es noch "Verschwörungstheorie".


    Freut mich für ihn.

  • Hier ein Link zu einem interessanten Beitrag in der Mediathek:


    REPORT München - Unschuldig hinter Gittern


    Den sehr interessanten Beitrag hatte ich gesehen, ohne vom Thema zuvor gewusst zu haben - sonst hätte ich ihn hier unter TV-Tipps eingerückt. Jetzt kam ich irgendwie auf die Idee mit der Mediathek ... ich hoffe das klappt mit dem Link.


    Interessant:
    Während es früher keinerlei Statistiken über unschuldig Inhaftierte gab (ich glaube im Kim Schmitz Thread hatte ich das mal angesprochen) gibt es inzwischen wohl eine einzige - vom Land NRW. Jedenfalls wenn ich das richtig verstanden habe. Leider war ich beim Zappen mitten im Beitrag gelandet, so dass ich ihn nicht ganz sehen konnte - was ich aber jezt nachzuholen versuche.


    Fast unglaublich:
    Allein laut letzter Jahresstatistik waren im konkreten Jahr in NRW 124 (!) Menschen unschuldig inhaftiert. Und das ist die offizielle Zahl, der möglicherweise noch eine Dunkelziffer zuzurechnen ist.


    Ich habe es kaum fassen können ... ich werde mal sehen, ob ich mich vielleicht verhört hatte. Eigentlich bin ich mir sicher, die Zahl richtig verstanden zu haben - allein die Höhe lässt mich an mir zweifeln.


    Aber gut ... morgen werde ich mir den kompletten Beitrag in der Mediathek ansehen.


    In diesem Sinne


    Frankie

  • Streit um Asterix im Fall Mollath


    Hallo Frankie,


    danke für den Tipp!
    dazu fällt mir spontan die - vielleicht naive - Frage ein: sind die 124 denn inzwischen freigelassen? weil, die in einer Statistik aufzuführen und gleichzeitig sitzen zu lassen ohne Hilfe , wäre ja ein unfreundlicher Akt.


    Oder sind die 124 nur Fälle, die "irgendwann während des Jahres" erfasst waren bzw. erkannt wurden, so eine Art Mittelwert und die anteilige Zeit wurde rückwirkend ab Freilassung erfasst?


    Mal was anderes, hatte es gestern abend gelesen aber noch nicht aufbereitet:


    Einige Unterstützer Mollaths haben sich mit anderen verkracht.


    Der Verein der über 20000 Euro an Spenden gesammelt hat, will diese nur dann an Mollath aushändigen, wenn dieser in einen (Schein?-) Vertrag einwilligt , auf Vorträgen seine Geschichte zu erzählen. Er soll Mollath sehr bedrängt haben, einzuwilligen und als "Auftragnehmer" den Vertrag zu unterschreiben.


    Diese komische Dienstvertragssituation soll er eingehen, damit ihm die in seinem Namen eingeworbenen Spendengelder ausgehändigt werden können. (und Steuern gespart werden!?)


    Der Vorsitzende dieses Vereins hatte angeblich vorab nicht bedacht, dass die Satzung seines Vereins gar nicht zuläßt, Zuwendungen an eine einzelne Person zu machen. Trotzdem hat er das Spendenkonto (das zuvor bei einem anderen Verein lag) beworben.
    Jetzt sitzen sie auf der Kohle und meinen sie nicht rausrücken zu dürfen.


    Wissenswert: Der Vorsitzende des Vereins ist Psychotherapeut. Es wirkt ein wenig so, als möchte er , einem Löwendompteur gleich, Herrn Mollath durch einen (steuerlich brennenden) Reifen springen lassen. Dass die Psychobranche auch alleweil solche autoritär auftretenden Personen hervorbringen muss und auch jetzt noch Herrn Mollath Schwierigkeiten macht, schade! :rolleyes:


    Die Gemeinnützigkeit sei dann entweder nicht gegeben oder müsse einzelfall bezogen nachgeholt werden (letzteres ist ein Vorschlag von Anwalt Strate). Mehr dazu bei Herrn Strate: http://strate.net/de/dokumenta…rteidigung-2013-10-15.pdf


    Anwalt Strate droht dem Verein nun mit Strafanzeige wegen Steuerproblem. Ein Ausweg wird darin gesehen die Spendengelder an die Spender zurückzuzahlen (!).


    Das ganze erinnert mich ein wenig an an den Comic von Uderzo / Goscinny: "Streit um Asterix" .... oder vielleicht "Obelix GmbH & Co. KG" :o

  • Re: Streit um Asterix im Fall Mollath


    Zitat

    Original geschrieben von iStephan
    ...
    Wissenswert: Der Vorsitzende des Vereins ist Psychotherapeut. ...


    Das scheint sein Problem zu sein ... als Jurist wäre ihm das net passiert. :p


    Und ja, die 124 müssen auf freiem Fuss sein, weil in eine öffentliche Statistitik nur rechtskräftig abgeschlossene Fälle aufgenommen werden können. Alle Anderen sitzen (wenigstens zeitweise) zu Recht ein ... oder haben zu Recht eingesessen... zumindest formal. Erst durch eine rechtskräftige Entscheidung kann das Gegenteil festgestellt werden.

  • Mal wieder ein Mollath:


    Sieben Jahre unschuldig in Haft


    Man wird jetzt zu fragen versucht sein:


    Warum wird nun gerade dieser Fall?


    Die Antwort ist recht einfach. Eine Bemerkung im Artikel hat mich regelrecht aufschrecken lassen. Sie hat mich aber nur auf den auf den ersten Blick überrascht. Denn eins scheint wirklich so:


    "Seine Tochter muss keine strafrechtlichen Konsequenzen befürchten, da ihre falschen Beschuldigungen inzwischen verjährt sind."


    Selbst wenn ich die Regeln zur strafrechtlichen Verjährung kenne, hat mich diese so lapidar im Artikel untergebrachte Feststellung doch einigermaßen von den Socken gehauen. In dieser Konsequenz habe ich noch nie darüber nachgedacht. Für meine Einschätzung wirklich fatal ... aus Sicht eines Betroffenen ... der dem Täter/der Täterin möglicherweise täglich begegnet. Ich möchte nicht wissen, was im Kopfkino eines Betroffenen bei solchen Begegnungen ablaufen mag. Ob das noch "gerecht" aus Bürgersicht ist?


    Der Ausgang des ursprünglichen Verfahrens zeigt einmal mehr, welch glückliches Kind (im Unglück) Jörg Kachelmann doch ist. Nur seiner Hartnäckigkeit und seiner guten finanziellen Situation zu Prozessbeginn ist es zu verdanken, dass ihn nicht ein vergleichbares Schicksal ereilt hat. Ohne die teuer bezahlten Zusatzgutachten hätte es für ihn ziemlich übel enden können.


    Eine Zeit lang sah es nicht gut für ihn aus. Die Mär von dem Grundsatz "Aussage gegen Aussage" ist nämlich eine Solche. Allein das Gericht entscheidet, welcher der beiden Aussagen es glauben schenkt - so einfach ist das ... jedenfalls aus rechtlicher Sicht.


    Frankie



    Edit 1:
    Je mehr ich über die Bemerkung zur Verjährung nachdenke ... und so richtig in Ruhe lässt sie mich nicht: Was ist mit Freiheitsberaubung in mittelbarer Täterschaft?


    Edit 2:
    Tatsache ... auch die dürfte verjährt sein, weil lange genug gewartet.


    Folge:
    Je höher die Haftstrafe war und je länger die Haft dauert(e), um so größer dürfte das Bedürfnis des Falschbeschuldigers sein, möglichst lange die Klappe zu halten, bevor er sein Gewissen dann endlich erleichtert ... halt bis zum Eintritt der Verfolgungsverjährung. Nun ja ... :rolleyes:

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