Wobei der Bürgerzorn weniger durch Begrenzung von Freiheit als vielmehr durch soziale Ungerechtigkeiten ausgelöst wird.
Facebook, Twitter, Onlinebanking, die jüngsten Berichte über die Überwachung des Internets durch amerikanische Geheimdienste - das alles nehmen die Leute weitgehend in Kauf weil der Nutzen von Smartphones und Apps das Unwohlsein aufgrund der Überwachungsmöglichkeiten übersteigt.
Schaut man sich aber die Probleme auf den Finanzmärkten an, die Zuspitzung zwischen arm und reich, das Wegbrechen der Mittelschicht, von der viele Leute faktisch längst im Niedriglohnsektor gelandet sind, nur ein Haus haben weil es von den Eltern geerbt wurde usw., dann liegt da ein gewaltiger sozialer Sprengstoff.
Der Arbeitsmarkt bringt, von Schröder und Clement so initiiert, immer mehr Zeitarbeitssklaven anstatt passabler Beschäftigungsverhältnisse hervor. Befristungen werden zur Regel anstatt Ausnahmen zu sein. Just heute morgen las ich in der Tageszeitung, dass inzwischen mehr als jede 2. Rente unter 700 EUR und damit unterhalb der Grundsicherung im Alter (inkl. Heizung und Miete) liegt. Dieses vor der der Situation des demografischen Wandels, längerer Lebenserwartungen und Billiglöhnen, die geringe Renten vorprogrammieren.
Die Hotline des Arbeitsamtes kassierte bisher 3,9 Cent/Minute, Beträge bis 6 EUR (z. B. bei Fahrtkosten) werden als "Eigenleistung" betrachtet und nicht erstattet - Abzocke ausgerechnet bei sowieso gebeutelten Arbeitssuchenden mit Geld- und vielen anderen Problemen. Faire Beratung über die Zuschüsse, die zu bekommen wären - Fehlanzeige. Gerade wenig Qualifizierte oder Menschen mit begrenzten Sprachkenntnissen begreifen oft nicht, welche Möglichkeiten bestehen weil die Arbeitsämter es ihnen nicht offenbaren.
Zugleich werden aber Banken mit Milliarden gerettet - Banken sind im Gegensatz zu Menschen "systemrelevant" - eine halbe Milliarde EUR wird für eine unbrauchbare Drohne verschwendet und in Berlin, Stuttgart und Hamburg werden Bauprojekte, die nicht funktionieren, zu explodierenden Unsummen finanziert. Verantwortung übernimmt dafür keiner der Entscheidungsträger.
Die SPD, deren Klientel Arbeiter und kleine Angestellte sind, hat den ganzen Zeitarbeitsdreck erfunden und setzt das eigene Wählerklientel mit Hartz 4 unter Druck. Sie wurden dafür in 2 Wahlen massivst abgewatscht und wollen bei der nächsten Bundestagswahl mit einem sozalen Programm punkten. Man ringt sich aber nicht durch, die Agenda 2010 als politischen Fehler, nämlich Verrat an den eigenen Wählern, zu sehen. Mit Steinbrück wird einer Kanzlerkandidat, der die Deregulierung des Finanzmarktes salonfähig machte und neben Steinmeyer zu den Repräsentanten der Schröder-Clement-Machenschaften gehört. Der Mann kassiert von maroden Stadtwerken 25.000 EUR für einen Abendvortrag. 25.000 EUR verdienen sehr viele Menschen und die Masse der klassischen SPD-Zielgruppe, nicht mal als Jahresgehalt.
Ich glaube, dass der soziale Sprengstoff, wo Bürger sich verarscht fühlen und wo Feudalherren in Politik und Wirtschaft den Bezug zum Volk verlieren, viel gefährlicher ist als der von vielen nicht so richtig begriffene Freiheitsverlust. Orwells 1984 wird an vielen Stellen von der heutigen Realität übertroffen, aber die Leute finden es im Internetzeitalter ganz normal.
Soziale Unruhen kann sich hier keiner vorstellen weil kaum noch jemand lebt, der den Krieg erlebt hat - und wenn dann auch nur als Kind, das die Zusammenhänge damals nicht verstand. Wenn wir aus der Geschichte etwas lernen wollen sollten wir Lehren aus der Weimarer Republik ziehen.
Mollath ist in der Wahrnehmung der Bevölkerung ein weiterer Mosaikstein, wo ein gefährlicher Kritiker an Finanzmachenschaften der Oberen einfach weggesperrt und mundtot gemacht wird.