Europäische Schuldenunion - ist der Politik überhaupt noch zu trauen?

  • Sehr interessantes Interview mit Herrn Varoufakis:


    http://www.stern.de/politik/au…r-demokratie-6368972.html


    Money Quote:
    ".....Es war quälend für ihn. Sie hielten ihm die Pistole an die Schläfe - und so verhandelt es sich schlecht. Wie soll man da frei entscheiden, wenn einem gesagt wird, klipp und klar: "Wenn du nicht zustimmst, bleiben die Banken zu. Wir zerquetschen dich!" Tsipras, als Regierungschef, muss an die Rentner denken, die Geld brauchen, an die vielen Menschen, die weiter in die Armut absinken würden oder sogar verhungern......"


    Und noch ein echtes Highlight:


    Stern:
    Andere sehen das ganz anders. Etwa Hans-Werner Sinn, einer der wichtigsten Ökonomen Deutschlands, Berater von Schäuble.


    Varoufakis:
    Oh Gott, ich kenne Sinn. Ich weiß aber auch von Schäuble, dass er nicht besonders viel von ihm hält.



    ".....Wenn Sie wüssten, wie ich Gabriel erlebt habe, würden Sie sich für ihn schämen.....Als ich ihn Anfang des Jahres in seinem Berliner Büro traf, hatten wir ein sehr langes Gespräch. Es war wie unter Brüdern. Es gab nicht den Hauch von Meinungsverschiedenheit. Es war fantastisch, als ob ich mit einem Syriza-Mitglied redete. Einem Genossen. Und dann, kurz danach, krieg ich mit, wie er über uns herzieht...."


    ".....Diese Jahrhundert-Krise ist zu gut, um sie ungenutzt verstreichen zu lassen. Ganz am Anfang sagte mir Dr. Schäuble, wir könnten uns den Sozialstaat nicht mehr leisten. Insofern nutzen sie die humanitäre Katastrophe schamlos aus......"

    Suche: aktuell nichts


    30 positiv in der "neuen" Vertrauensliste, ??x mal positiv in der "Alten"..:-)


    Insider: Die Plaaaaaattttttttforrrrrrrrmmmmmmmmmm brennt nicht mehr, sie ist abgesoffen.....!

  • Tja, dieses Interview lässt so viele offene Fragen zurück. Aber, gesetzt der Fall, die Dinge sind so oder ähnlich, wie er es im Interview behauptet, was geht dann vor in der Politik? Was sind die Ziele?
    Autoritäres Europa, wie er als Ziel Schäuble bzw. Deutschland unterstellt? Gruselig!


    Aber, immerhin, er ist sehr eloquent, glaubwürdig, sympathisch. Das hat er Schäuble und Merkel schon mal weit voraus. Ich bin sehr geneigt ihm zu glauben.


    Und vieles wird ja durch die abstruse Forderungspolitik der Eurogruppe untermauert.
    Aber das man verhindert hat, die Reichen zu besteuern, Steuerflüchtlinge zu verfolgen?


    Brrrrrrr........

  • Zitat

    Original geschrieben von Timba69


    ".....Es war quälend für ihn. Sie hielten ihm die Pistole an die Schläfe - und so verhandelt es sich schlecht. Wie soll man da frei entscheiden, wenn einem gesagt wird, klipp und klar: "Wenn du nicht zustimmst, bleiben die Banken zu. Wir zerquetschen dich!" Tsipras, als Regierungschef, muss an die Rentner denken, die Geld brauchen, an die vielen Menschen, die weiter in die Armut absinken würden oder sogar verhungern......"


    Ein wahrliches "Highlight".


    Wenn aus einem "das ist unser Angebot, nimm es oder lass es bleiben, lebe mit den Konsequenzen und komme allein damit klar" zu einem "Wenn du nicht zustimmst, bleiben die Banken zu. Wir zerquetschen dich!" wird, ist die klaffende Kompentenz nur allzu deutlich.


    Auch das hier ein wahres Highlight:


    Zitat

    Mir war ja klar, dass sie früher oder später unsere Banken schließen würden, um uns zu erpressen. Für mich wäre das ein aggressiver, feindlicher Akt. Eine Kriegshandlung.


    Wer hat die Banken geschlossen? Ist Schäuble etwa vorgerollt und hat die Türe zugemacht? Oder waren es die Griechen etwa selbst, weil man kein Geld mehr finden konnte, weil man es versäumt hat Geld zu beschaffen oder es versäumt hat eine neue Währung einzuführen? Und wenn ihm das klar war, dass man dies "früher oder später machen wird", wieso hatte man dann keine Lösung für das Problem, Plan-B, Notfallplan oder sonstwas? Griechenland will eigenständig sein, ist aber zu nichts aber auch reingarnichts selbst fähig? Stattdessen guckte man saublöd aus der Wäsche?


    Für mich ist Varoufakis ein Blender, ein Theoretiker und ja: ein Versager.

  • Zitat

    Original geschrieben von mac bertl
    Tja, dieses Interview lässt so viele offene Fragen zurück. Aber, gesetzt der Fall, die Dinge sind so oder ähnlich, wie er es im Interview behauptet, was geht dann vor in der Politik? Was sind die Ziele?
    Autoritäres Europa, wie er als Ziel Schäuble bzw. Deutschland unterstellt? Gruselig!


    Schau doch selbst und vergleiche.
    Wenn selbst in Deutschland mit 8 Stunden Arbeit am Tag viele Menschen nur mit Ach und Krach überleben können, dann kannst du dir ausmalen wo es hin geht. Politiker tun das was die Lobbys hinter ihnen verlangen und haben im Prinzip kaum mehr Macht. Ganz besonders nicht mit der EU da man eine gewisse Souveränität abgegeben hat. Und da dort nun mal die Banken regieren braucht es auch nicht viel Intelligenz zu begreifen was passiert. Die meisten Bevölkerungen werden als Vieh mit paar Menschenrechten gehalten und fertig. Mehr braucht mal auch nicht in einer Diktatur. Diktatur deshalb weil sich die zu wählenden Parteien kaum voneinander unterscheiden. Dann ist mal heute der an der Macht, morgen der andere und übermorgen der nächste.


    Das ist auch so ziemlich der einzige Grund wieso ich einzig für Politiker als Mindeststrafe die Todesstrafe verlange. Wenn sie extrem Mist bauen und zugunsten Einzelner das Volk betrügen dann wieder wie im Mittelalter. Sonntag, Rathaus, Kopf ab und tschüss. Meinetwegen auch eine Enteignung der gesamten Familie als Alternative. Aber dann so das alle Nutznießer nie wieder mehr als die Klamotten besitzen die sie am Leib tragen. :mad:


    Edit: dieser blöde IE stürzt ständig ab seit dem Update auf Win10

    .:Gate 13:.
    Vor die Wahl gestellt zwischen Unordnung und Unrecht, entscheidet sich der Deutsche für das Unrecht.
    Johann Wolfgang von Goethe

  • Zitat

    Original geschrieben von CK-187
    Schau doch selbst und vergleiche.
    Wenn selbst in Deutschland mit 8 Stunden Arbeit am Tag viele Menschen nur mit Ach und Krach überleben können, dann kannst du dir ausmalen wo es hin geht.


    Soviele sind das nicht, die hier mit 8 Stunden Arbeit nur mit "Ach und Krach" überleben können.
    Wenn man natürlich Ansprüche ohne Ende hat und dabei nur 3 Jahre in der Schule war, wird es in der Tat kompliziert.

  • Wie ich das vorher schon schrieb sollte das gerade in Deutschland (und anderen Ländern die sich Wirtschaftsstark schimpfen) problemlos möglich sein. Die meisten der Gastarbeiter die vor 30-40-50 Jahren hergekommen sind waren oft nicht mal 3 Tage auf der Schule und haben trotzdem was erreichen können.


    Dass das heute anders ist liegt eher beim Thema "Gewinnmaximierung um jeden Preis, ohne Rücksicht auf Verluste" in Verbindung mit einer gewissen Unterdrückung derer die die Arbeit machen. ;)

    .:Gate 13:.
    Vor die Wahl gestellt zwischen Unordnung und Unrecht, entscheidet sich der Deutsche für das Unrecht.
    Johann Wolfgang von Goethe

  • In der Tat hat das in Deutschland über viele Jahre sinkende Reallohnniveau m.E. inzwischen die Schmerzgrenze des Verträglichen unterschritten. In Anbetracht der Einführung des Mindestlohns und der letzten Lohnabschlüsse habe ich allerdings das Gefühl, dass es in Deutschland wieder leicht aufwärts geht.


    Gefühl deshalb, weil Statistiken in dieser Frage nur bedingt brauchbar sind. Das Herunterfahren des Lohnniveaus wurde nämlich nicht durch Lohnkürzungen im vorhandenen Tarifgefüge erreicht, sondern durch Umlagerung sehr vieler Arbeitsplätze in Bereiche mit ungünstigeren Tarifen.


    Täuscht mich mein subjektives Gefühl oder gibt es tatsächlich Indikatoren, die belegen, dass es mit den Reallöhnen im unteren Einkommensbereich wieder bergauf geht? Diese Beschäftigtengruppe ist in meinen Augen diejenige, die von einem Anstieg überproportional profitieren müsste, weil auch sie es war, die m.E. seit Einführung der Hartz-Gesetze am stärksten gelitten hat.



    Der Abstieg, den Deutschland seit Beginn der Hartz IV Gesetzgebung durchgemacht hat, steht den Griechen nun bevor ... allerdings könnte der Widerstand der Betroffenen deutlich lauter ausfallen als in Deutschland.

  • Den Abstieg den du nennst kann es in Griechenland nicht mehr geben. Das ist ja auch das Problem. Hier wird immer von Gehältern gesprochen die in Griechenland jenseits von gut und böse sind. Das ist beim größten Teil der Beschäftigten aber nicht der Fall. Der Vergleich mit den Ländern und der Verkäuferin im Norden hinkt allein schon deshalb weil Netto mit Brutto verglichen wird. So etwas gibt es in Griechenland nämlich nicht.
    Wenn es heißt in Griechenland verdient jemand 1.000 Euro dann hat er noch keine Steuern gezahlt. Keine Versicherung und kein nichts.


    Und von der Augenwischerei mit den 8,50 kann doch in Deutschland auch kaum einer (über)leben. Außer man definiert Leben so das man 8 Stunden am Tag arbeitet, vielleicht noch eine Stunde Anfahrt dazukommt, nach der Arbeit nach hause geht und am Wochenende vielleicht mal ein Bier trinkt. Natürlich gibt es zuhause nur Billig(st)fraß und Billig(st)Möbel in einer Bruchbude. Sorry aber das ist für mich dahinvegetieren und hat mit leben nichts am Hut. Ich schätze, nein ich hoffe dass es in Deutschland nur so ruhig ist, weil viele der aktuellen Rentner noch eine Zeit erlebt haben in der man richtig gutes Geld sparen konnte, Geld das heute ausgegeben wird und mit dem man sich ein halbwegs anständiges Leben leisten kann. Die jetzige Generation kann bei den Gehältern weder etwas sparen noch auf eine Rente hoffen. Und dann knallt´s ;)

    .:Gate 13:.
    Vor die Wahl gestellt zwischen Unordnung und Unrecht, entscheidet sich der Deutsche für das Unrecht.
    Johann Wolfgang von Goethe

  • Zitat

    Original geschrieben von CK-187
    Billig(st)Möbel in einer Bruchbude. Sorry aber das ist für mich dahinvegetieren

    Zitat

    Original geschrieben von CK-187
    Die meisten der Gastarbeiter die vor 30-40-50 Jahren hergekommen sind waren oft nicht mal 3 Tage auf der Schule und haben trotzdem was erreichen können.


    Glaubst du, dass die meisten dieser Gastarbeiter, die da was “erreichen” konnten wesentlich besser gehaust haben, als in der zitierten “Bruchbude”? Kaum. Die haben deswegen allerdings nicht “rumgenölt” und das als “vegetieren” bezeichnet, sondern waren froh, einen relativ guten Job zu haben (und im Vergleich zu ihren Herkunftsländern hatten sie immer noch relativ gute Wohnungen).


    Zitat

    Original geschrieben von CK-187
    Natürlich gibt es zuhause nur Billig(st)fraß


    Den Vorwurf hör’ ich immer wieder, a la die Leute könnten sich das “nicht leisten”. Ich halte das für reichlich absurd. Die Lebensmittelpreise in Deutschland sind so niedrig. Und das auch (vielleicht nicht für “High-End bio” aber) für “gute” und frische Ware.


    Für mich das ist in Deutschland kein ökonomisches, sondern ein kulturelles Problem. Und das in mehrerelei Hinsicht:


    Gesunde bzw. genussvolle Ernährung spielt nicht so einen Stellenwert. Gleichzeitig sind viele Deutsche schlicht nicht bereit, mehr Geld für vernünftiges Essen auszugeben. Und last but not least ist die "deutsche Küche" ist auch nicht so gesund, wie einige mediterrane.


    Kulinarisch sind vermutlich gerade die Griechen den Deutschen ein gutes Vorbild (bzw. könnten es sein). ;)

  • PS:

    Zitat

    Original geschrieben von CK-187
    Ich frage mich seit geraumer Zeit wann die Menschen hier endlich auf den Trichter kommen dass nicht der Süden zu viel, sondern der Norden zu wenig Geld verdient.


    Wettbewerbsfähig wird niemand auf Dauer bleiben wenn der "Exportweltmeister, ja wir sind die Besten, die Tollsten, Produktivsten Yippieyayeah Schweinebacke" Deutsche, seine Wettbewerbsfähigkeit nur erreicht indem die Menschen nicht genug verdienen.


    Ich gehe damit teilweise d'accord.
    In Deutschland ist die Situation aber gewissermassen "komplex".


    Westdeutschland hätte, denke ich, ohne Wiedervereinigung und Öffnung des eisernen Vorhangs heute ein deutlich höheres Lohn- und Preisniveau. So irgendwo zwischen Schweiz/Dänemark/Luxemburg (als Länder mit deutlich höherem Lohn- und Preisniveau) und Frankreich/Belgien/Niederlande (letztere liegen mittlerweile aber auch über den Daumen 10% höher als Deutschland).


    Nur ist Deutschland insofern einzigartig, als dass ein ehemaliger RGW-Staat mit seinem viel niedrigeren Lohn- als auch Produktivitätsniveau Rahmen der sogenannten "Wiedervereinigung" angeschlossen wurde. Gerade für Ostdeutschland aber ist es eben nicht so, dass das Lohnniveau zu niedrig ist, also die Leute mehr verdienen müssten. Vielmehr sind die Löhne oft noch zu hoch. Diese bzw. eine noch grössere Ungleichheit innerhalb Deutschland konnte/wollte bzw. will man Ostdeutschland freilich nicht in dieser Form zumuten. Das ist politischer Wille.


    Wie konnte die Politik das Problem "handlen", bzw. wie hat sie es?


    1. Das Einkommensniveau im Osten wird teils vom Westen subventioniert.
    2. Man nimmt eine höhere Arbeitslosigkeit im Osten "hin".
    3. Man drosselt die gesamtdeutsche Lohnentwicklung.


    Quasi in diesem "Dreieck" bewegt sich die tatsächliche Situation in Deutschland auch.



    Genauso wie übrigens auch - die Parallelen* sind ja offensichtlich, entbehren aber hier im Kontext nicht einer gewissen Ironie - Griechenland in Europa, in den letzten Jahren ;)


    * sinkende Löhne, höhere Arbeitslosigkeit, Transferzahlungen.

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!