Europäische Schuldenunion - ist der Politik überhaupt noch zu trauen?

  • Zitat

    Original geschrieben von frank_aus_wedau


    Und es ist wirklich so, dass allein der Druck einer neuen Währung selbst unter günstigen Voraussetzungen mindestens ein Jahr benötigt.


    Das ist Quatsch. Selbst die Vorbereitung der Währungsreform 1948 dauerte weniger als ein Jahr und das war vor mehr als 60 Jahren und die Banknoten wurden damals noch per Schiff von New York nach Deutschland verfrachtet. Das dürfte für ein 10-Mio-Einwohner-Land (wie Griechenland) unter heutigen Bedingungen wahrscheinlich eine Frage von Wochen sein.

  • Hm, ob die wirklich keine Ersatzwährung im Keller haben???
    Gibt's in Deutschland denn sowas eigentlich noch, eine Ersatzwährung? So ein Gerücht hab ich mal gehört.

  • Zitat

    Original geschrieben von Jimmythebob
    Das ist Quatsch. Selbst die Vorbereitung der Währungsreform 1948 dauerte weniger als ein Jahr ...


    Das mit dem Jahr stimmt schon. ;)


    Es existieren auch noch andere Quellen ... ich habe nur die erste verlinkt.


    xpop:
    Eine deutsche Ersatzwährung - die etwa Verwendung gefunden hätte, wenn der böse Russe im Kalten Krieg unsere Republik mit Falschgeld überschwemmt hätte - gab es tatsächlich. Die ist aber schon vor Ewigkeiten (nach Glasnost und Perestroika) eingestampft worden.

  • Bei dem Bargeld, welches in Griechenland mittlerweile unterm Kopfkissen liegt, brauchen Sie auch so schnell kein neues Bargeld. Und zur Not gibts noch reichlich Ziegen und Feta zum handeln :D

  • Zitat

    Original geschrieben von frank_aus_wedau
    Ich mag immer noch nicht so recht an einen Grexit glauben.


    Ich denke auch nicht, dass es zum Grexit kommt - jedenfalls nicht jetzt. Ökonomisch mag das in vielerlei Hinsicht Sinn ergeben, aber letztlich weiß niemand mit Sicherheit zu sagen, was im Falle eines Austritts in Griechenland selbst und in den europäischen Ländern passiert. Dieses Risiko einzugehen, können Professoren und Politiker in der zweiten und dritten Reihe fordern, die keine Letztverantwortung tragen, aber die Spitzen der Europäischen Union können sich das allerhöchstens als Gedankenspiel erlauben.


    Aus genau diesem Grund könnte ich mir auch vorstellen, dass auch große prinzipienfeste Kritiker Mario Draghis sich ähnlich verhalten würden wie er, wenn sie selbst Zentralbankchef wären.

    Ich will immer Herbst. Ich will immer Küste. Ich will immer Norden.

  • Zitat

    Original geschrieben von Robert Beloe
    letztlich weiß niemand mit Sicherheit zu sagen, was im Falle eines Austritts in Griechenland selbst und in den europäischen Ländern passiert. Dieses Risiko einzugehen


    Es wäre in meinen Augen ein Irrglaube, zu denken, ein Nachgeben ggü. Griechenland und ein Verbleib im EURO sei "risikolos".


    Das würde nur einen (weiteren) Präzedenzfall für Europa gegen fiskalische Disziplin schaffen. Und eine Blaupause als Verhandlungsstrategie für weitere in Schwierigkeiten geratene Länder. Im übrigen zementierte es die mangelnde wirtschaftliche Konkurrenzfähigkeit, die mangelnde Reformfähigkeit Griechenlands und ein auf lange Sicht untragbares Schuldenniveau des griechischen Staates.


    Das "Aussitzen" auf bekanntem Terrain ist nicht immer die beste Lösung.
    Und auch nicht immer die, die mit dem geringsten anzunehmenden Risiko verbunden ist.


    In diesem Falle glaube ich im, dass ein Verbleib von Griechenland im EURO die Probleme nur in die Zukunft verschiebt - dann allerdings mit einem grösseren Schuldenberg. Anders formuliert: Die Schuldenblase wird nur weiter aufgeblasen.

  • Dieses Aussitzen ist natürlich ebenfalls nicht risikolos - aber es ist beim Aussitzen wesentlich einfacher, auf Sicht zu fahren als bei einem Grexit, der eine Blackbox ist im Hinblick auf die Folgen. Und in einer akuten Krise kann man eigentlich wenig anderes machen, als auf Sicht zu fahren - jedenfalls dann, wenn man Verantwortung trägt.


    Gut, wenn man, während man vorsichtig auf Sicht fährt, gleichzeitig an einer grundsätzlichen Entscheidung feilt. Aber in einer akuten Krise einen radikalen Bruch zu wagen, geht im Grunde nur, wenn die Vollkatastrophe bereits eingetreten ist (etwa die Hyperinflation 1923, die die Einführung der Rentenmark notwendig machte).


    Im Übrigen schätze ich die Gefahren, dass Spanien und Portugal wegen Zugeständnissen an Griechenland nun auf einmal eine laxe Politik umschwenken, als nicht besonders groß ein. Einer der Gründe, warum die Reformpolitik in Portugal, Irland und Spanien zumindest zum Teil bereits Erfolge hatte, ist ja, dass diese Staaten effiziente Strukturen und Institutionen haben. Die Besteuerungsvorstellungen der griechischen Regierung stoßen beim IWF ja u.a. deshalb auf Bedenken, weil man anders als Spanien, Portugal und Irland den griechischen Behörden nicht zutraut, diese wirklich eintreiben zu können.

    Ich will immer Herbst. Ich will immer Küste. Ich will immer Norden.

  • Zitat

    Original geschrieben von Robert Beloe
    Dieses Aussitzen ist natürlich ebenfalls nicht risikolos - aber es ist beim Aussitzen wesentlich einfacher, auf Sicht zu fahren ...


    ... allerdings auf Kurzsicht.


    Wir dürfen nicht verkennen, dass eine Lösung der gegenwärtigen schwierigen Krise der EU mit Griechenland gar keine Lösung wäre ... sondern nur ein weiterer Aufschub um eine begrenzte Zeit, an deren Ende sich das gegenwärtige Spiel zu wiederholen droht. Oder glaubt noch jemand ernsthaft daran, dass die Regierung Tsipras die ihr in einer Notlage "abgepressten" Zugeständnisse auch erfüllen würde?


    Die Regierung ist inzwischen lange genug im Amt, dass ich gar nicht erst erwarte, die Regierung Tsipras werde sich an gemeinsame Vorgaben halte. Dazu hat sie in meinen Augen schon zu viel Vertrauen verspielt. Griechenland wäre unweigerlich ein "Dauerbrenner", der voraussichtlich nie in den Griff zu bekommen sein dürfte.


    Zwar würde ein Grexit auch für den Euro-Raum finanzielle Folgen haben, weil die EU die Bevölkerung eines EU-Mitgliedsstaates nicht wird ausbluten lassen können. Aber das fortwährende Gezänk mit einer sturen und vollkommen uneinsichtigen Klientel hätte ein Ende. Bitte ... bitte ... bitte ... setzt diesem unwürdigen Geschacher ein Ende mit einer Lösung, mit der Griechenland allein dilettieren kann, ohne uns zur Weißglut zu treiben.


    Dann wäre es sehr viel einfacher, Griechenland-Hilfen ohne Mitwirkung Griechenlands beschließen zu können. Die Griechen bräuchten uns nicht für ihre Entscheidungen und wir die Griechen nicht für unsere. Gemeinsam mit Griechenland geht einfach nicht. :flop:

  • Das finnische, estnische, slowenische, deutsche und niederländische Parlament müssen einer Einigung mit den Griechen ihre Zustimmung geben. Das wird nicht einfach und setzt auch Spieltheorie-Überlegungen enge Grenzen.

    Ich will immer Herbst. Ich will immer Küste. Ich will immer Norden.

  • Oh Wunder! Ganz überraschend gibt es wohl sowas wie eine Einigung. Man gewährt Griechenland einen Aufschub bis November, versenkt in der Zeit weitere 15,5 Milliarden in dem schwarzen Loch ohne Boden (die bis dahin locker weiter fliessenden ELA-Kredite an die Banken nicht eingerechnet.). Und danach soll es genauso weiter gehen.
    Damit hätte jetzt keiner gerechnet. ;)


    Spaß beiseite: Wie erwarete sind die ganzen Verhandlungen nur Spiegelfechtereien für das dumme Publikum. Griechenland wird, koste was es wolle, im Euro gehalten. Das steht schon lange fest und alle Beteiligten, insbesondere in Griechenland, wissen das.
    Wir können uns jetzt schon auf die "allerletzten" Scheinverhandlungen Ende Oktober einrichten.

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