Vormund bei einem behindertem Erwachsenen

  • Hallo zusammen,


    vlt. kennt ja jemand die Situation und hat es bereits selbst oder im Bekanntenkreis erlebt. Ich denke es ist ein relativ heikles sowie sensibles Thema, manche würde wohl sagen, dass der Denkansatz recht egoistisch ist, aber man muss die Frage ja stellen.


    Negativ inspiriert durch einen Kollegen dessen Vater mit 66 einen Herzinfarkt hatte, bin ich ins grübeln gekommen, da es ab einen gewissen Alter recht schnell gehen kann.


    Meine Lebensgefährtin hat eine behinderte Schwester, die bereits um die 29/30 Jahre alt ist. Es lebt nur noch ihr Vater, der sich im Moment um die behinderte Schwester kümmert, die Mutter ist vor ca 11Jahren verstorben. Weitere nahe Verwandte gibt es nicht.


    Leider ist ihr Vater bereits 70Jahre alt und wir stellen uns die Frage, was passiert, wenn ihr Vater auch sterben sollte? Der Behinderungsgrad der Schwester ist sehr stark ausgeprägt, sie kann im Grund nichts alleine machen und benötigt bei einfachsten Dingen Hilfe.


    Wir sind mittlerweile 10Jahre zusammen und dabei uns einen PLan für unser Leben zurecht zu legen und da kam dieses Thema zur Sprache - was bringt Planung für Haus, Kinder, etc, wenn innerhalb kurzer Zeit alles durcheinander gewirbelt werden kann, in dem meine LG zBsp als Vormund bestimmt wird.


    Vor ca 4 Jahren haben wir die neuen Länder wegen mangelnder beruflicher Möglichkeiten verlassen und wohnen nun ca 500KM von der eigentlichen Heimat weg, wieder in die Heimat kommt für uns eigentlich nicht in Frage, da wir hier gute Jobs gefunden haben und diese natürlich nur ungern aufgeben.


    Doch was passiert, wenn ihr Vater nun stirbt?
    Zuerst wird nach nahen Verwandten gesucht, der den Vormund übernehmen können?
    Laut unten aufgeführten Link ist jeder dazu verpflichtet den Vormund zu übernehmen, sofern das Gericht dies verordnet? (AusnahmeFall zu weite Entfernung - in unserem Fall 500KM?)


    Dazu habe ich folgende INformationen im Internet gefunden.


    Zitat

    Jeder Deutsche ist zur Übernahme der Vormundschaft verpflichtet, wenn er vom Vormundschaftsgericht dazu berufen wird und keine im Gesetz genannten Gründe dagegensprechen (§ 1785 BGB).


    Zitat

    Ablehnen darf, wer:
    [...]
    •zu weit entfernt vom Vormund wohnt
    [...]


    http://www.rechtslexikon-online.de/Vormund.html



    Ich formulier es jetzt mal ganz drastisch, müssen meine LG und ich in unserer Lebensplanung berücksichtigen, dass wir jederzeit ein pflegebedürftiges Kind aufnehmen müssten? Dass würde dann so ziemlich alles auf den Kopf stellen, da es einen nicht ganz unerheblichen finanziellen und zeitlichen Aufwand darstellt.


    Gruß

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  • Wie steht deine LAG zu dem Thema? Es ist immerhin Ihre Schwester. Vielleicht hängt Sie ja doch an der Schwester und vermeidet nur aus Rücksicht auf dein, mit Verlaub wenig einfühlsames, Verhalten die Ansage, dass Sie sich schon um die Schwester kümmern möchte.


    Dir scheint es es ja völlig egal zu sein, was mit der Schwester passiert und dies wird deine LAG natürlich merken.


    Das würde ich als erstes klären.


    Als kleiner Tipp:
    Deine LAG wird dir *nie* sagen, dass es sie verletzt, wenn du so kalt und berechnend über ihre Schwester sprichst, aber es wird definitiv der Scheidungsgrund sein ...


    Überlege dir also sehr genau, was du sagst und was du tust.

  • Ein interessantes Thema ist dazu auch eine Patientenverfügung.
    Info gibt es hier: Klick hier


    rechtliche Hilfe findest Du eventuell hier: Klick hier

    <p><em>Hol Dir die CallYa-Freikarte:</em>&nbsp;<font color="#0000FF"><a href="https://www.callya-freikarte.de/callya.html;jsessionid=2BFB365F72D84D649548B872B372D671?tsID=z21639942716882641920&amp;void=33333260&amp;campaign=cyneutral&amp;signature=ba8de8a1d9ce40633d496db0e9744b44ff739b89c73957304268949bd2b00ab9&amp;timestamp=1337677613" target="_blank"><font color="#0000FF">Klick mich...</font></a></font></p>

  • Miramal


    Nachdem die Schwester Deiner Lebensgefährtin volljährig ist, sind die §§ 1896 BGB ff einschlägig. Die von Dir zitierte Vormundschaft bezieht sich auf Minderjährige.


    Ein Erwachsener hat keinen Vormund, sondern einen Betreuer. Die Betreuung zielt auf Besorgung der Angelegenheiten des zu Betreuenden ab, nicht auf die Pflege.


    Ich gehe davon aus Ihr Vater nimmt sowohl die Besorgung Ihrer Angelegenheiten 1896/I BGB) wie Rechtsgeschäfte (z. B. Wohnungsnahme, Wahl der ärztlichen Behandlung usw.) als auch die Pflege (Hilfe bei der Verrichtung der Dinge des täglichen Lebens) wahr.


    Sollte der Vater versterben oder unfähig (aufgrund körperlichen Gebrechens oder Demenz usw.) sein, sind beide Aufgaben neu zu regeln


    Nachdem die Schwester offensichtlich geschäftsunfähig ist wird das zuständige Gericht einen gesetzlichen Betreuer zu bestellen. Die Suche beginnt bei den nächsten Verwandten. Nach § 1898/II BGB darf nur derjenige zum Betreuer bestellt werden, der sich auch dazu bereit erklärt. Hier geht es aber nur um die Vertretung im täglichen Leben nach außen hin, nicht um die Aufnahme des Betreuten in die Wohnung oder dessen Pflege.


    Dieser bestellte Betreuer kann dann bestimmen. wo der zu Betreuende wohnt (z. B. Pflegeheim).


    Wenn jetzt der Vater Deiner Lebensgefährtin stirbt oder aber selbst geschäftsunfähig wird, wird’s kompliziert. Ich gehe davon aus, daß weder Vater für sich selbst, noch für die geschäftsunfähige Schwester (für die ja er ja offensichtlich der Betreuer ist - hat er für sie einen Betreuerausweis?) eine Betreuungsvollmacht erstellt hat. In Bayern kann die Betreuungsvollmacht bei jedem Landratsamt kostenfrei erstellt werden. Die notarielle Erstellung gibt es auch und empfiehlt sich wenn bedeutende Vermögenswerte vorhanden sind.


    Wenn dem so ist, wird Deine Lebensgefährtin aller Wahrscheinlichkeit, sofern sie die einzige und nächste Verwandte ist, im Eilverfahren für beide zum Betreuer bestellt. Sie kann alle Dinge des täglichen Lebens regeln.


    Sollte dann für beide noch Vermögen zu verwalten sein, kriegt das ganze noch mal größere Dimension. Für Ihren Vater kann sie als direkter Abkömmling von der Rechnungslegung (jährliche Begründung jeder einzelner Zahlung aus dem Vermögen des Betreuten ggü. dem Gericht) befreit werden. Gegenüber Ihrer Schwester ist regelmäßig diese Befreiung ausgeschlossen.


    Sollte kein Vermögen vorhanden sein kann sich der Betreuer mit dem Sozialamt über die Übernahme von Kosten streiten.


    Das Thema ist sensibel. Nachdem wir aber so einen Fall in der Familie hatten, waren überraschender Weise doch alle über Fünfzigjährigen bereit sich damit auseinanderzusetzen und haben Betreuungsvollmachten erstellt.


    Gruß


    Fran

  • das ganze in kürze zusammengefasst:


    deine schwester *muss* garnichts machen. schon garnicht wenn ihr hunderte km weit weg wohnt. es wird dann einfach ein dritter (meist ein rechtsanwalt) als betreuer bestellt, der dann alles weitere (pflegeplatz, ggf. sozialhilfe) veranlasst.

  • Es wäre auch denkbar, dass die Schwester einen Pflegeheimplatz nahe Deines jetzigen Wohnsitzes findet. Dann wäre eine Betreuung durch Deine Lebensgefährtin ohne Probleme möglich. Wie schon beschrieben, hat Betreuung nichts mit Pflege zu tun und umgekehrt. Bei der Betreuung geht man im Regelfall von einem Aufwand von unter 10 Stunden monatlich aus.


    Letztlich bestimmt jeder selbst, wieviel Pflichten und Verantwortung er/sie für andere übernehmen will.
    Es gibt für solche Fragen zwei Anlaufpunkte für Dich:
    Die Betreuungsbehörde Deiner Stadt/Landkreis und ehrenamtlich tätige Betreuungsvereine, deren ehrenamtliche Mitglieder selbst als Betreuer tätig sind und Dir gern helfen, Antworten auf Deine Fragen zu finden.
    Grundsätzlich berücksichtigt ein Gericht immer die Wünsche und Bedürfnisse aller Beteiligten.


    Für die Schwester wäre es sicher sinnvoll, wenn Ihre Angelegenheiten weiterhin von engen Vertrauten geregelt würden.
    Übrigens geht es hier nicht um Patientenverfügung sondern Vorsorgevollmacht. Liegt so etwas vor, wird gar kein Gericht tätig. Das sollte der Vater zusammen mit Deiner Lebensgefährtin in Angriff nehmen.
    Es gibt da auch eine sehr gute Broschüre des Justizministeriums, in der Du auch Vordrucke für entsprechende Vollmachten findest.

  • Vielen Dank für eure ausführlichen Antworten. Ich habe da ja einiges falsch ergooglet.


    Merlin: mir ist durchaus bewusst dass das Thema heikel ist, ich habe mich aber bewusst dazu entschieden bei meinen Ausführungen jegliche Art von Emotion wegzulassen. Aber um dir zumindest ein Gefühl für die Situation zu geben, wird es wohl so sein, dass wenn garnichts mehr geht und der Worst Case eintritt ihre Schwester zu uns holen werden.


    Ich habe eine eher neutrale Betrachtungsweise, aber deswegen bin ich damit auch in der Lage solche Fragen zu stellen, wäre es mein Bruder oder meine Schwester dann würde es mit Sicherheit ganz anders aussehen

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  • Re: Vormund bei einem behindertem erwachsenen Kind




    Nun, ich kann Deine bedenken nur zum Teil nachvollziehen. Wir leben mit einem schwerbehindertem, pflegebedürftigen Kind, und behaupte mal die Lebensqualität leidet nicht darunter. Ein Besonderer Mensch kann Dir viel geben, du siehst die Welt mit anderen Augen, dasss ist aber sicher eine Lebenseinstellung.


    Niemand wird Euch zwingen die Betreuung zu übernehmen. Es gibt genügend Einrichtungen der Lebenshilfe, wo besondere Menschen leben können, wenn es innerhalb der Familie nicht gewünscht oder möglich ist.


    Soweit ich weiß übernimmt die Pflegegeldkasse einen Teil der Kosten, für alles weitere würde ich mich an eurer Stelle mal unverbindlich Beraten lassen.

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