Haftpflichtversicherung kürzt Schadenshöhe gem. Gutachten - wie reagieren?

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    Original geschrieben von A1234
    Ich hatte jetzt 3 Unfälle und jedesmal war mein erster Anruf beim Anwalt der mir gleich nen Gutachter vermittelt hat. Einmal müsste sogar Klage eingereicht werden, aber eine Woche nach Einreichung der Klage hat dann auch diese Versicherung (war übrigens die Allianz) bezahlt. Offensichtlich war das Prozessrisiko dann doch zu hoch.


    Das ist vielleicht für einen selbst das einfachste Vorgehen und man verschafft seinem Anwalt etwas zu tun, dem Gegner tut man damit allerdings keinen Gefallen. Will er den Schaden von seiner Versicherung zurückkaufen damit sein Beitrag nicht nach oben schnellst, wird er wohl auch die Anwaltskosten mit übernehmen müssen. Warum also sofort mehr Kosten verursachen als notwendig? Es soll ja auch Fälle geben bei denen sofort bezahlt wird.

  • Zitat

    Original geschrieben von Jannis71
    dem Gegner tut man damit allerdings keinen Gefallen. Will er den Schaden von seiner Versicherung zurückkaufen damit sein Beitrag nicht nach oben schnellst, wird er wohl auch die Anwaltskosten mit übernehmen müssen. Warum also sofort mehr Kosten verursachen als notwendig? Es soll ja auch Fälle geben bei denen sofort bezahlt wird.


    Schadenrückkauf macht eh nur bei Schäden bis ca. 1000€ Sinn, außerdem hätte vermutlich der Gegner bei einem Rückkauf sogar das Recht nur den reinen Schaden zu bezahlen, wenn Anwalt und Gutachter erst durch das Rumgezicke der Gesellschaft ausgelöst worden sind.


    Bei größeren Schäden sowieso nur gleich über Anwalt. Spart man sich viel Ärger.

  • Bei geringen Schäden gebe ich Dir recht (wäre gegebenefalls davon abhängig zu machen, wie sich der Schädiger vor Ort verhält). Dann sollte aber am Besten direkt vor Ort mit dem Schädiger geklärt werden, dass dieser z.B. entsprechend eines Kostenvoranschlags zahlt - denn ist die Versicherung erst mal im Spiel, entschiedet diese ja letztlich wieder, was reguliert wird und was nicht.


    Der Geschädigte hat vielafch folgendes Problem, wenn er sich wie von Dir vorgeschlagen verhält: Die Versicherung zahlt alles, wo nicht die minimalste Chance besteht, dass Sie mit einer Verweigeurng durchkommt. Die weitere Zahlung wird verweigert. Dann hat der Geschädigte einfach ein deutlich höheres Risiko, den Rest noch geltend zu machen. Hierbei muss man sich z.B. vor Augen halten, dass die Anwaltskosten degressiv steigen. Auf deutsch ein Beispiel:
    Schaden wird in Höhe von 10.000 € geltend gemacht, Versicherung zahlt 9.000 €
    1. Fall: Direkte Anwaltseinschaltung
    Anwalt hat gegen Mandanten Anspruch auf (ich rechne mal mit einer 1,5) Geschäftsgebühr in Höhe von 729,00 € netto. Versicherung reguliert aus 9.000 € - bedeutet 673,50 €. Bedeutet, wenn der Mandant am Ende nicht klagen will, einen von ihm zu tragende Differenz in Höhe von 55,50 € (die oft vom Anwalt nicht einmal verlangt werden).
    2. Fall Spätere Anwaltseinschaltung
    Geschädigter beauftragt Anwalt erst mit der Geltendmachung der verbliebenden 1.000 €. Bei diesem Wert beträgt der Gebührenanspruch bei einer 1,5 Geschäftsgebühr 127,00 € netto. Auf diese wird der Anwalt auch nicht verzichten, weil er sonst gar nichts verdient hätte. ;)


    Dies verbunden damit, dass der Anwalt bei höherer Vergütung (so traurig das natürlich ist) oft motivierter ist, Arbeit in die Sache zu investieren (nicht nur Versicherungen denken oft wirtschaftlich), bedeutet, dass es für den Gecshädigten auch wirtschaftlich meist attraktiver ist, direkt einen Anwalt einzuschalten - dass das in den von Dir geschilderten Fällen für denjenigen, der gerne selbst regulieren will, ärgerlich sein kann, ist unbestritten. Daher würde ich wohl bei einem kleinen Unfall dem Schädiger vorschlagen, vor einem Gutachten erstmal in seine Werkstatt zu fahren, einen KVA machen zu lassen und das Ergebnis kurz mitzuteilen, damit man sich die direkte Regulierung überlegen kann. Denn unabhängig von der Anwaltseinachaltung: Wenn da erst einmal ein Gutachten für 2-700 € erstellt wurde, ist es mit dem Rückkauf meistesn eh vorbei.

  • Zitat

    Original geschrieben von Jannis71 Das ist vielleicht für einen selbst das einfachste Vorgehen und man verschafft seinem Anwalt etwas zu tun, dem Gegner tut man damit allerdings keinen Gefallen.


    Aus meiner Sicht ist folgendes ein Problem:
    Die Lebensdauer der allermeisten Leute hier ist begrenzt (so auf 80-100 Jahre). Bis zum Ende wollen viele Leute sich deshalb verständlicherweise so wenig wie möglich unbezahlt rumärgern bzw. unbezahlt arbeiten.


    So gesehen ist es absolut verständlich, wenn jemand nach einem Unfall ohne 1s nachzudenken den Fall seinem Anwalt in die Hand drückt, der das ganze ggf. vor Gericht zu Ende verhandelt, denn: Vom Gegner werden nur Kosten für anwaltliche Tätigkeit ersetzt, aber kein Stundensatz für eigenen Aufwand!


    Nochmal: Der Geschädigte hat entweder die Wahl, sich selber unbezahlt rumzuärgern und selber Porto für Briefe auszugeben etc., oder alles sofort an den Anwalt abzugeben und ohne einen weiteren Gedanken an die Sache zu verschwenden selber Zeit für andere Dinge zu haben, z.B. bezahlt arbeiten zu gehen, die Freundin zu vernaschen, oder bei TT zu posten ;-).


    Mir hat auch mal jemand meinen geparkten PKW angefahren, und sich gemeldet, und bei glasklarer Rechtslage die Reparaturkosten bezahlt.
    Sofern ich mal einen Unfall haben sollte, bei dem die Rechtslage unklar ist, oder wenn der Gegner bei aus meiner Sicht klarer Rechtslage rumzickt, würde ich sofort den Anwalt einschalten.

  • Zitat

    Original geschrieben von horstie
    Der Geschädigte hat vielafch folgendes Problem, wenn er sich wie von Dir vorgeschlagen verhält: Die Versicherung zahlt alles, wo nicht die minimalste Chance besteht, dass Sie mit einer Verweigeurng durchkommt. Die weitere Zahlung wird verweigert. Dann hat der Geschädigte einfach ein deutlich höheres Risiko, den Rest noch geltend zu machen.

    Daß wäre ja noch halb so wild, wenn man einigermaßen darauf vertrauen könnte, daß die Versicherung nur solche Abzüge probiert, wo sie reelle Durchsetzungschancen sieht. Es ist aber offenbar inzwischen schon so, daß die Versicherung pauschal kürzt. Eine eventuelle Durchsetzungschance brauchen sie dabei ja gar zu beachten, da ja schon ein geringer Anteil darauf Eingehender diesen Zwischenschritt rechnet. Nach mir die Sinftflut...

    Je suis Charlie

  • Zitat

    Original geschrieben von horstie
    ...
    1. Fall: Direkte Anwaltseinschaltung
    Anwalt hat gegen Mandanten Anspruch auf (ich rechne mal mit einer 1,5) Geschäftsgebühr in Höhe von 729,00 € netto. Versicherung reguliert aus 9.000 € - bedeutet 673,50 €. Bedeutet, wenn der Mandant am Ende nicht klagen will, einen von ihm zu tragende Differenz in Höhe von 55,50 € (die oft vom Anwalt nicht einmal verlangt werden).
    ...


    Welche Anspruchsgrundlage auf Erstattung dieser Anwaltskosten durch den Schädiger siehst Du? Verzugsschaden können diese Anwaltskosten bei rechtszeitiger Zahlung nicht sein.


    Welchen Grund sollte ich als Schädiger für die Übernahme von Anwaltskosten haben, wenn der Geschädigte einen Anwalt als "Boten" für die Übermittlung des Kostenvoranschlags einsetzt.


    Zudem hast Du (zumindest) eine dritte Alternative vergessen:


    Der Beklagte zahlt vor Klageerhebung die 9.000,- und die Klage betreffend die restlichen 1.000,- € wird abgewiesen. Warum sollte der Beklagte in diesem Fall auch nur einen einzigen Cent Anwaltskosten tragen, wenn er von Anfang an völlig im Recht war.


    Gleiches Problem sähe ich, wenn die Versicherung nach Prüfung des Gutachtens den vollen Betrag zahlt ... auch hier sähe ich nicht den geringsten Anlass für die Übernahme von Anwaltskosten. Ehe ich als Versicherung mit Prozessrisiko 9.673,50 € zahle, würde ich ohen dasselbe eher gleich 10.000,- € überweisen und der Geschädigte bleibt auf den Kosten sitzen.


    Oder siehst Du auch in diesen Fällen eine Anspruchsgrundlage für die Übernahme von Anwaltskosten?


    Frankie

  • Zitat

    Original geschrieben von frank_aus_wedau
    Welche Anspruchsgrundlage auf Erstattung dieser Anwaltskosten durch den Schädiger siehst Du? Verzugsschaden können diese Anwaltskosten bei rechtszeitiger Zahlung nicht sein.


    823 BGB. Es geht hier nicht um Verzug, sondern Schaden aus unerlaubter Handlung. Bitte akzeptiere einfach, dass hier in der tatsächlich Praxis niecht einmal die Versicherungen ein Problem sehen - also fange ich auch nicht an, da weiter herumzuproblematisieren.


    Zitat


    Zudem hast Du (zumindest) eine dritte Alternative vergessen:


    Nein, denn meine beiden Alternativen bezogen sich auf das außergerichtliche.


    Zitat

    Der Beklagte zahlt vor Klageerhebung die 9.000,- und die Klage betreffend die restlichen 1.000,- € wird abgewiesen. Warum sollte der Beklagte in diesem Fall auch nur einen einzigen Cent Anwaltskosten tragen, wenn er von Anfang an völlig im Recht war.


    Richtig. Darum habe ich oben auch gerade die Fälle dargestellt, wo der Geschädigte die 1.000 € eben nicht mehr einklagt, weil er das Risiko scheut. Ich verstehe jetzt nicht ganz, was dieses Beispiel damit zu tun hat, ob man vor oder nach Teilregulierung einen Anwalt einschaltet.


    Zitat

    Gleiches Problem sähe ich, wenn die Versicherung nach Prüfung des Gutachtens den vollen Betrag zahlt ... auch hier sähe ich nicht den geringsten Anlass für die Übernahme von Anwaltskosten. Ehe ich als Versicherung mit Prozessrisiko 9.673,50 € zahle, würde ich ohen dasselbe eher gleich 10.000,- € überweisen und der Geschädigte bleibt auf den Kosten sitzen.


    Wie gesagt: Das Problem siehst Du, aber zum Glück (fast) keiner, der mit der Regulierung von Verkehrsunfällen zu tun hat. ;) Es gibt tatsächlich Urteile, die den Ersatz von Anwaltskosten verneinen, wenn der Geschädigte geschäftlich gewandt ist und der Unfall einfach gelagert ist und anstandslos reguliert wird. Aber das sind absolute Einzelfälle, die in der Praxis im Normalfall nicht relevant werden. Juristischen Beistand braucht der Gecshädigte ja meist schon bei der Frage, ob er überhaupt einen Gutachter auf eigene Faust beauftragen darf. Praktisch kann eine Ausnahmesituation wenn z.B. eher eine Autovermietung betrffen, die permanent mit Unfällen zu tun hat.

  • Zitat

    Original geschrieben von horstie
    ...
    Wie gesagt: Das Problem siehst Du, aber zum Glück (fast) keiner, der mit der Regulierung von Verkehrsunfällen zu tun hat. ;)
    ...


    Aus meiner Sicht als prämienzahlender Versichterter halte ich es für sehr bedauerlich, wenn durch die Inanspruchnahme von Anwälten als "Post-Office" die Kosten jedes zu regulierenden Schadens mutwillig in die Höhe getrieben werden und meine Prämien dadurch steigen.


    Glücklicherweise existieren durchaus Amtsrichter, bei denen Geschädigte bei der Geltendmachung derartiger mutwilliger Anwaltskosten abblitzen. Auch wenn die Gefahr gering ist, besteht für jeden Geschädigten das potenzielle Risko, auf seinen Anwaltskosten sitzen zu bleiben. Als Folge der Schadensminderungspflicht aus meiner Sicht sogar die einzig richtige Entscheidung (auch wenn die Praxis das noch anders sehen mag).


    Und jeder einzelne dieser in meinem Sinne entschiedenen (Einzel-)Fälle dämpft die allgemeine Freude an der unnötigen Einschaltung von Anwälten - jedenfalls aus meiner höchstpersönlichen Sicht als gelackmeierter Prämienzahler. ;)


    Frankie



    Und noch was, lieber horstie: Wenn Du hier zur unnötigen Verursachung von Schadenregulierungskosten anstiftest, nimm es mir bitte nicht übel, wenn ich aus berechtigtem Eigeninteresse dagegenhalte.

  • Zitat

    Original geschrieben von frank_aus_wedau
    Und noch was, lieber horstie: Wenn Du hier zur unnötigen Verursachung von Schadenregulierungskosten anstiftest, nimm es mir bitte nicht übel, wenn ich aus berechtigtem Eigeninteresse dagegenhalte.


    Ich nehm Dir das nicht übel und ich könnte es durchaus verstehen, wenn die Verischerungen nicht versuchen würden, die nicht anwaltlich vertretenen Geschädigten über den Tisch zu ziehen. Ich habe meinen ersten Verkehrsunfall auch ohne Anwalt reguliert - hätte dies reibungslos geklappt, hätte ich auch gesagt, o.k.


    Als Prämienzahlender Versicherter solltest Du mal Deiner Versicherung auf die Finger schauen, welche Kosten sie produiziert, obwohl sie sich trotz klarer Rechtslage verklagen lässt und dann nach Klageeinreichung Sätze wie "Von einer Prozessführung nehmen wir Abstand. Den Klagebetrag nebst Zinsen haben wir heute an die Gegenseite überwiesen." zum Besten gibt. Das ist m.E. mutwillig, indem man entweder sehenden Auges darauf baut, dass der Geschädigte die ihm zustehenden Ansprüche nicht geltend macht oder aber man nach Klagezustellung das erste Mal den Anspruch wirklich prüft. Ob das immer wirtschaftlich ist und im Sinne des Prämienzahlers, vermag ich nicht zu beurteilen (ggf. rechnet es sich im Ergebnis, weil viele eine Klage dann doch scheuen).


    Das Wort "mutwillig" gegenüber dem Geschädigten empfinde ich in diesem Zusammenhang aber wirklich als Frechheit. Ich akzeptiere Deine Meinung - aber meine Lust, mit Dir darüber zu diskutieren, hält sich in Grenzen. Sei mir nicht böse, aber das wird meistens anstrengend... ;)

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