Wie lange sich Nokia über Wasser halten kann, können wahrscheinlich nur Analysten oder das Board von Nokia selbst beantworten.
Nokia hat sich in den letzten Jahren den Kredit bei ihren Kunden verspielt, den Nokia sich in den 90er Jahren aufgebaut hat. Nokias Erfolg hing maßgeblich mit der einfachen und simplen Bedienung zusammen. In Sachen Verarbeitungsqualität und Technik (ein Siemens S35 war den Nokias damals technisch weit überlegen in der Preisklasse) haben damals andere den Ton angegeben und trotzdem verkaufte Nokia die meisten Handys. Nach der Jahrtausendwende wurden die Handys immer komplexer und Nokia schickte eine Reihe von High End Geräten ins Rennen. Bereits damals versiebte Nokia den positiven Gesamteindruck durch schlechte Handhabung (z.B. rundes Tastenfeld des Nokia 3650 oder zu kleine Tasten beim 7650). Nokia war aber noch Technologieführer und fast das einzige Unternehmen am Markt, dass fast seine gesamten Ressourcen für die Entwicklung von Handys einbrachte. Bei Siemens, Sony und Samsung war die Handysparte ja nur eine Sparte von vielen.
In den folgenden Jahren vernachlässigte Nokia die Entwicklung der Userinterfaces immer mehr und legte den Fokus allein auf die Technik und hatte fast immer das Handy mit dem besten Display, der größten Kamera und dem größten Speicher auf dem Markt.
An seine ursprünglichen Erfolgsfaktoren hat sich Nokia dabei nicht zurückbesinnt – nämlich die einfache Bedienung. Selbst ein 2007 vorgestelltes iPhone (Classic oder 2G) lässt sich heute im Jahr 2011 besser bedienen als alle neuen Nokia Geräte!
Nokia wirbt plakativ mit günstigen Touchscreen Phones. Meiner Meinung nach, sind diese Geräte die Betrug am Kunden. Die meisten Käufer haben das „ Nutzererlebnis“ eines iPhones oder eines modernen Android Handys im Kopf und werden bei den billigen resistiven Touchscreens von Nokia bitter enttäuscht. Resistive Touchscreens sind nämlich ohne Stift, auf einem 3,5 Zoll Display unbrauchbar. Das müssten auch die Herrn von Nokia wissen. Das Nutzererlebnis ist bei diesen Geräten miserabel. Dazu kommt noch das nutzerunfreundliche Betriebssystem. Auch die verwendeten Materialien wirken bei anderen Herstellern wie aus einem Guss. Ein iPhone 4 besteht an seiner Oberfläche quasi nur aus drei Teilen (Glasfront, Glasrückseite und Rahmen). Bei Nokia zieren immer noch Spalten und Plastikteile das komplette Gerät.
Nokia kann sich nur Retten, wenn sie bei der Materialqualität und bei der Bedienbarkeit endlich nachbessern. Auch bei den billigeren Geräten (mit denen Nokia derzeit am meisten Verdient).
Ich begrüße den Schritt zur Umstellung auf Win Phone 7, auch wenn dieser Schritt wieder mal verdeutlicht, dass Software aus Europa nicht konkurrenzfähig ist (außer SAP).
Wenn Nokia jetzt noch an der Materialqualität schraubt, kann es noch mal gut gehen. Aber auch die Billigsparte müsste komplett überarbeitet werden um zum Erfolg zurückzukehren.
P.S. Wenn man bei einem aktuellen Nokia S40 Handy eine SMS schreibt, beträgt die Größe des Textfeldes nur ca. ein Drittel des Displays. Der Rest ist mit komischen Symbolen zugekleistert die sowieso niemand braucht. Früher konnte man auf Nokia Handys am schnellsten und treffsichersten SMS verschicken und Anrufe tätigen (ohne hinzusehen). Selbst in diesen Ur-Disziplinen ist Nokia mittlerweile schlecht.