Die Kehrseite des Smartphone-Wahnsinns

  • Zitat

    Original geschrieben von Florian72


    Zur Lösung des E-Schrott-Problems könnte meines Erachtens nach eine Zwangsabgabe beitragen, die bei Kauf eines neuen Elektrogeräts zu entrichten ist, ...


    Zwang ist immer scheiße. Wenn die seltenen Erden wirklich selten werden, wird es schon der Markt richten, ob und wann man ein Handy wegwirft.

  • Zitat

    Original geschrieben von Bongomann
    Zwang ist immer scheiße. Wenn die seltenen Erden wirklich selten werden, wird es schon der Markt richten, ob und wann man ein Handy wegwirft.


    Hier hat der Markt eben keine selbstregulierende Funktion (Stichwort: Marktversagen). Das Coltan wird z. B. in der Demokratischen Republik Kongo unter Bedingungen gefördert, die an Sklaverei grenzen – und dies unter Lebensgefahr, denn die Coltan-Untertageminen können jederzeit einstürzen, da die Stollen nicht abgestützt werden. Teilweise herrscht Zwangsarbeit. Zudem gibt es durch die Förderung massive Umweltschäden. Diese Kosten müssen durch die weiterverarbeitende Industrie und letztendlich durch den Endverbraucher also gar nicht getragen werden, da sie gar nicht an die letztgenannten Marktteilnehmer weitergereicht werden. Stattdessen „übernehmen“ die Menschen in den Fördergebieten diese Kosten, ohne angemessen hierfür entlohnt bzw. entschädigt zu werden, da sie zu der Tätigkeit gezwungen werden und somit gar keine andere Wahl haben. Den Vorteil haben nur die vorwiegend in den reichen Industrieländern ansässigen Endkunden, wohingegen die Menschen in den Fördergebieten lediglich die Schäden zu übernehmen haben – und dies annähernd für lau. Selbst diejenigen, die nicht zu der Arbeit in den Minen gezwungen werden, arbeiten dort aber dennoch mehr oder weniger unter Zwang, da die einzige Alternative wäre, zu verhungern.
    Zwar haben sich die Handyhersteller verpflichtet, kein Coltan zu verwenden, das unter unmenschlichen Bedingungen in der DR Kongo gewonnen wurde. Da das Coltan von dort aber mit „sauberem“ Coltan aus anderen Fördergebieten vermischt/verschmolzen wird, lässt sich im Nachhinein die Herkunft nicht mehr ermitteln und das „schmutzige“ Coltan landet zusammen mit dem „sauberen“ in den Mobiltelefonen. (Anm.: das „saubere“ Coltan aus China ist sicherlich unter nicht viel besseren Bedingungen wie in der DR Kongo gefördert worden, aber in China dürften die Arbeitsbedingungen und die Entlohnung zumindest minimal besser sein.)


    Eine Abgabe auf neue Elektrogeräte würde hier in Europa sicherlich niemandem wirklich wehtun und es wäre möglich, ein dringend notwendiges Recyclingsystem hiermit aufzubauen. Dies würde, wie schon geschrieben, auch den Druck aus den Rohstoffmärkten nehmen. Zudem stellt sich die Frage, ob wir Ein-Euro-Handies vom Grabbeltisch der Elektronikmärkte, die nach dem Abtelefonieren des Kartenguthabens erst in der Schublade und danach im Müll landen, wirklich brauchen...


    Du hast eben selbst geschrieben „Zwang ist immer scheiße...“. Nur dürfte der Zwang, der durch eine im Verhältnis zum Gerätekaufpreis bzw. zur Gerätetypklasse geringen Abgabe besteht, deutlich leichter zu ertragen sein als die Zwangsarbeit in einer Coltanmine.


    Ich will mich hier absolut nicht als besonders edel und moralisch darstellen. Auch ich habe vor ein paar Jahren mir noch das ein- oder andere Billiggerät zugelegt, das ich letztendlich so gut wie nicht genutzt habe und schließlich in der Schublade verschwunden ist. Aber nachdem das Thema der Rohstoff-, insbesondere der Coltangewinnung, mehr und mehr in die Öffentlichkeit gelangt ist und die Problematik mittlerweile jedem bewusst sein dürfte, kann man nicht mehr so weitermachen wie gehabt und einfach sagen „Der Markt wird’s schon richten.“.


    Manchmal ist es eben nötig, dass der Staat bzw. die EU regulierend in den Markt eingreifen. Die Finanzkrise hat dies deutlich vor Augen geführt.

  • Zitat

    Original geschrieben von Florian72
    Manchmal ist es eben nötig, dass der Staat bzw. die EU regulierend in den Markt eingreifen. Die Finanzkrise hat dies deutlich vor Augen geführt.


    Noch drastischer: Es ist manchmal nötig, dass man als Verbraucher von der Einsicht geleitet handelt, wie man es wohl fände, wenn man selbst in unter Bedingungen arbeiten müsste, die man nur als Sklavenarbeit bezeichnen kann.


    Denn "merkwürdigerweise" schreien die meisten nur solange "Zwang ist schlecht" und "Der Markt reguliert sich von selbst" wie dies sinkende Preise auf Kosten anderer, in diesem Fall eben bedauernswerter Sklavenarbeiter im Kongo, bedeutet. Sobald aber das "freie Spiel der Kräfte", das in Wirklichkeit gar nicht so frei ist, sondern zumeist von irgendwelchen Profiteuren, Spekulanten usw. gesteuert wird, dazu führt, dass die Preise wie wild steigen, wird sofort der Ruf nach staatlichem Eingreifen laut. :rolleyes:

    Viele Grüße und einen Happy Day


    Guy Fawkes was the only person ever to enter Parliament with honest intentions.

  • Florian72
    Du hast leider mehrere Denkfehler bzw. betrachtest die Sache aus dem falschen, vielleicht etwas zu Naiven Blickwinkel ;)
    Bring mal z.B. die Worte Profitgier und Gewinnmaximierung aus sicht der Firmen und Geiz aus sicht des Kunden in dein Gedankenspiel ;)


    Grundsätzlich hast du ja Recht wenn du behauptest das der ganze Schrott auch wieder weg muß aber eine Abgabe füllt doch auch nur einige Taschen mehr und ändert nichs. Ich wär eher dafür das die Hersteller das aufgebrummt bekommen sollten. Seien wir doch mal ehrlich. Denkst du das so eine Abgabe etwas ändern würde? Das Geräte plötzlich Umweltkonform entsorgt und das der Minenarbeiter besser verdient? Wer soll das überwachen? Der Staat der sowas überhaupt erst zulässt vielleicht? ;)


    Das einzig wirksame was die "von oben" machen könnten wär Firmen die Menschenunwürdig produzieren (wobei die sich da wohl alle in nichts nachstehen) die Einfuhr und den Verkauf zu verbieten. Aber das wollen wir ja alle nicht ;)


    Beispiel Apple

    .:Gate 13:.
    Vor die Wahl gestellt zwischen Unordnung und Unrecht, entscheidet sich der Deutsche für das Unrecht.
    Johann Wolfgang von Goethe

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