Auch wenn ich es nicht beweisen kann, es kann nur so sein, das die alte Regelung vorläufig weiter gelten würde, alles andere macht keinen Sinn. Auch das BVG kann keinen Abgeordneten zwingen, das er irgendeinen Gesetz zustimmt, nur weil eine Frist gesetzt wurde. Ein Abgeordneter ist nach dem GG frei in seiner Entscheidung und kann nicht gezwungen werden einem Gesetz zuzustimmen, auch nicht durch den Fraktionszwang. Hier besteht ein gewisser Widerspruch, einerseits die Fristsetzung für eine Gesetzesänderung, anderseits die freie Entscheidung des Abgeordneten nur nach seinen Gewissen.
Hartz IV - "Die Regierung hat beschlossen ..."
-
-
-
Zitat
Original geschrieben von frank_aus_wedau
Würde die alte Regelung also tatsächlich zum 31.12.2010 auslaufen, hätte der Sachbearbeiter solche Regelungen nicht mehr - und die Regierung damit ein übergroßes Problem.Es besteht für den Dienstherren immer noch die Möglichkeit - sollte bis dahin wirklich keine Neuregelung getroffen worden seien - per Erlass den Sachbearbeitern eine entsprechende Handhabe einzuräumen was die Höhe der zu zahlenden Leistungen angeht. Anders als eine Gesetzesänderung bedarf es dazu keiner Zustimmung durch den BR. Und da wäre es dann nicht überraschend wenn der Leistungsanspruch sich zufälligerweise mit jetzigen Satz deckt.
Wem das dann nicht passt kann dagegen dann klagen, nur bis die Kiste durch ist hat wahrscheinlich schon zweimal die Regierung gewechselt und die Sätze wurden 5x neu berechnet.
Von daher lohnt es in der Tat nicht hier sich über ungelegte Eier oder irgendwelche verfassungsrechtlichen Fragen einen Kopf zu machen. (Es würde den ein oder anderen sicherlich wundern wie viel Gesetze bzw. deren Neufassung nicht innerhalb der eigentlich vorgeschriebenen Fristen umgesetzt werden.)
-
"Was wäre, wenn..."-Fragen aus dem wirklichen Leben lassen sich schlussendlich nur mittels Durchführung beantworten. Und selbst dann bekommt man die Frage nur für die eine Ausgangssituation beantwortet. Analog dem in Brasilien flatternden Schmetterling oder dem in China umfallenden Reissack könnte aus eine minimalen, eigentlich gar nicht wahrnehmbaren Ausgangssituationänderung eine komplett andere Folgesituation entstehen. Insofern ist die Frage schon an sich müßig.
Auch früher ist nie ein Sachbearbeiter mit einem Antragsteller einkaufen gegangen und hat ihn durch dessen persönlichen Normaltagesablauf begleitet, möglicherweise noch samt wirtschaftlichen, psychologischen, kulturellen, religiösen, infratstrukturellen und sonstigen Fachgutachten, um daraus des Antragsstellers Bedarfssituation zu ermitteln. Es gab schon immer Pauschalen, es gibt jetzt welche und auch nach Silvester werden unter jeglichem Verlauf Pauschalen irgendwelcher Art angesetzt werden.
Falls andere, nachgeordnete Gremien wie Bundesrat oder Länderparlamente zustimmungspflichtig einbezogen werden müssen bedeutet das ja noch nicht, daß die Regierung und Bundestag kein Gesetz verabschiedet haben. Aber auch unabhängig von juristischen Finessen, derer Meister ich definitiv nicht bin gibt es doch gar keinen Zweifel, daß selbst im Nichteinigungsfall nach Silvester entweder das alte oder ein neues Tagesgeschäft in den Arges betrieben werden wird - nötigenfalls eben unter dem Geheiß der Vorläufigkeit. Zumindest das Verfassungsgericht ist nicht an größtmöglichem Schaden gelegen. Wie inzwischen schon oft angemerkt wurde ja auch in keinster Weise die Höhe kritisiert, sodaß bei transparenterer Berechnung durchaus auch ein Minus herauskommen könnte. Schon die Kinderbeträge sind ja offensichtlich bisher eher zu hoch, als zu niedrig angesetzt worden, auch wenn sie wegen Vertrauensschutzes (sprich: Unmutsbefürchtung) nicht dementsprechend gesenkt werden sollen. Und die Mehrforderer würden selbst dann die Berechnungen kritisieren, falls die in voller Höhe ihren Forderungen entsprechen würden. Dann fordert man flugs noch mehr.
Ich hab' übrigens aus irgendeinem Grund noch in Erinnerung, daß früher als Sozialhilfe 10 Mark pro Tag ausgezahlt wurden, also 300 Mark pro Monat. Das müsste sich auf die Mitte der 80er Jahr beziehen. Seitdem sind 25 Jahre vergangen. Die durchschnittliche Inflationsrate von 1980 bis 2008 betrug 2,1 Prozent. Daraus ergibt sich eine Gesamtinflation von knapp 70 Prozent. Damit wären wir bei 510 Mark pro Monat, also 260 Euro pro Monat. Die heute zumindest im Regelfall in den Hartz4-Satz eingeschlossenen, früheren Einmalleistungen machten früher laut Sozialreferatsstatistik 15 bis 20 Prozent der laufenden Leistungen aus, womit man dann bei effektiv um die 295 bis 310 Euro landen würde, wohlgemerkt einschließlich der Berücksichtigung von Inflation und auch früheren - zum Teil jetzt aber auch noch gewährten - Einmalleistungen. Der tatsächliche HartzIV-Betrag von derzeit 359 Euro liegt also nochmal 15 bis 20 Prozent über der seitherigen Kostenentwicklung. Hinzu kommt ja noch, daß HartzIV sowohl Schonvermögen, Autobesitz und auch selbst bewohnten Wohnungs- und Hausbesitz gestattet. Auch imm Gegensatz zu früher werden Einkommen und Vermögen der familiären Verwandtschaft nicht herangezogen. Und Hartz4 einen erheblich besseren Ruf hat als früher die die Sozialhilfe. Lobby, Opposition und nicht zuletzt die Sozialindustrie (sprich: Sozialverbände, Kirchen,...) tragen dementsprechend viel zum Geschrei bei. Die These der Verarmung ist mit Vorsicht zu genießen.
-
Zitat
Wenn der Bundesrat am 17. Dezember kein neues Hartz-IV-Gesetz beschließt, entsteht eine „verfassungswidrige Gesetzeslage“, wie Juristen sagen. Das bedeutet jedoch nicht, dass sich von alleine etwas ändert: Erst wenn das neue Gesetz in Kraft ist, gilt es auch rückwirkend vom 1. Januar an, hat das Verfassungsgericht bestimmt. Rein praktisch ändert sich aber einiges: „Der Verwaltungsaufwand wird sich deutlich erhöhen“, formuliert der Leipziger Verwaltungsrichter Uwe Berlit vorsichtig. „Das ist für alle Beteiligten ein Horrorszenario“, sagt ein Sozialrechtler, der nicht genannt werden möchte.
Millionen Hartz-IV-Empfänger bekämen von ihren Jobcentern einen Regelsatz ausgezahlt, von dem sie wüssten, dass er verfassungswidrig ist. Schon jetzt versinken die Sozialgerichte in Klagen gegen Hartz IV. Nicht auszudenken, was für eine Flut über die Gerichte hereinbräche, wenn Arbeitsloseninitiativen zum juristischen Aufstand gegen die verschleppte Reform aufriefen. Nach Inkrafttreten des neuen Gesetzes würden die ohnehin chronisch überforderten Jobcenter-Mitarbeiter noch mit der Abwicklung der Nachzahlungen belastet. Es sind die Kommunen, die gemeinsam mit der Arbeitsagentur Hartz IV abwickeln. Chaos bei der Umsetzung von Hartz IV fällt also nicht auf die schwarz-gelbe Regierung in Berlin zurück, sondern letztlich auf alle: Die Kommunen treten den Hartz-IV-Empfängern gegenüber, und in diesen ist die SPD für die Umsetzung genauso verantwortlich wie die CDU.
Quelle: http://www.focus.de/politik/de…-blockade_aid_556792.html
-
Herrrlich ... genau solchen Link hatte ich gesucht (und nicht gefunden).
Ab dem 01.01.2011 gilt das alte Recht definitiv nicht mehr. Gibt es bis dahin kein neues Gesetz (einschl. Zustimmung des BR), operiert die Arbeitsverwaltung im "juristischen Nirvana", d.h. erlässt sie einen Bescheid, wüsste sie schon bei dessen Erlass, das der auf gar keinen Fall Bestand haben kann. Selbst für den Fall, dass sich der Betroffene nicht wehrt, ist der Bescheid nach (zwingend rückwirkendem) Inkrafttreten einer neuen Regelung von Amts wegen zu berichtigen.
Weil verfassungswidrig, kann jeder Betroffene mit Erfolgsaussicht (wenn auch noch unklar ist, worin der Erfolg letztendlich besteht) Klage erheben und spätestens in einem gerichtlichen Verfahren müsste der Bescheid dann aufgehoben werden.
Wie Chickenhawk schreibt, kann ein Dienstherr seine Mitarbeiter zwar anweisen, (nur) bestimmte Beträge auszuzahlen - rechtlich kommt dieser Anweisung im Verhältnis zum ALG II-Empfänger aber keinerlei Bedeutung zu. Eine solche Anweisung gilt nur zwischen Dienstherrn und Mitarbeiter und führt daher (nahezu) automatisch zu einer Aufhebung durch das Sozialgericht. Und weil die dortigen Verfahren so schön gebührenfrei sind (jedenfalls waren sie es immmer), werden sich Hinz und Kunz (wenn sie nicht blöde sind) vor den Gerichten treffen.
Das vom Focus bei den Gerichten vorausgesagte Chaos hatte ich nicht einmal brücksichtigt ...
Und hier kommt folgendes Zitat aus dem Focus-Artikel ins Spiel:
"Denkbar ist aber auch: Es wird vorher über den Entwurf verhandelt. Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) erklärte am Montag, sie sei „offen für eine sachlich fundierte Diskussion“. Kanzlerin Merkel kündigte an, auf die SPD zuzugehen und über den Entwurf zu diskutieren. Manche Punkte des 74 Seiten dicken Konvoluts wirken gar, als habe die Regierung extra kleinlich gerechnet, um später Verhandlungsmasse zu haben."
Und hier hatte ich ja schon die Vermutung geäußert, dass die 5,- € nur "Ausgangswert" für ein intensives Betragsgeschacher zwischen Regierung und Opposition sind.
Um zu meinem Eingangsposting zurückzukehren:
Wenn die von mir befürchteten Folgen (die auch der Focus sieht) drohen, kann es bei den von der Regierung "beschlossenen" 5 Euro auf gar keinen Fall bleiben. Schon bevor der Entwurf der Regierung in den Vermittlungsausschuss wandert, wird die Regierung ihr "Angebot" deutlich nachbessern müssen.
Und daher lohnt es zum gegenwärtigen Zeitpunkt m.E. überhaupt nicht, bei Diskussionen von einer Erhöhung um 5,- € auszugehen.
Manchmal kann die Beantwortung von "Was wäre wenn ..."-Fragen durchaus sinnvoll sein. Im konkreten Fall führt die Beantwortung zu der Gewissheit, dass das Regierungslager den Sozialdemokraten ein ganzes Stück entgegen kommen muss, um Verwaltung und Justiz handlungsfähig zu halten.
Fazit:
Anstatt jetzt hitzig über 5,- € zu diskutieren, sollte man sich zurücklehnen und erst einmal das nächste Angebot abwarten.Und davon, dass die Erhöhung des Grundbetrags höher als 20,- € ausfällt, geht ein Realist m.E. ohnehin nicht aus (unabhängig davon, welcher Betrag wirklich gerechtfertigt erscheint oder nicht). In meinen Augen gilt es für die Sozialdemokraten nun, diesem Betrag so nahe wie möglich zu kommen. Wenn sie mehr herausholen, wäre das m.E. ein absolutes Meisterstück ... aber auch so etwas soll es schon gegeben haben.
Letztlich werden Diskussionen über die Angemessenheit des ein oder anderen Betrags zu nichts führen - so berechtigt die Argumente auch sein mögen. Einigen kann man sich nur auf einen Wert, der politisch umsetzbar ist. Und immer wenn es diese Voraussetzung zu erfüllen gilt, hat das letztendliche Ergebnis mit den tatsächlichen Bedürfnissen wenig gemein.
Frankie
-
Fuer die Regierung war es aber schlecht nicht gleich ein vernuenftiges Angebot zu machen - weil schon im Maerz drei Landtagswahlen sind
Wen sich die Regierung von der Opposition hochpokern laesst dan profitieren die Oppositionsparteien weil sie dan die Retter der Armen sind
Wen sich die Regierung nicht von der Opposition hochpokern laesstund blockt dan profitieren auch die Oppositionsparteien weil sie dan zeigen das sie sozialer sind
Besser waere es fuer die Regierung gewesen gleich an Angebot zu machen und zu zeigen das sie genauso sozial ist als die Opposition
-
Das siehst Du eigentlich richtig, aber wie auf dem Basar muss das erste Angebot deutlich unter dem Betrag liegen, den man zu geben bereit ist - sonst wird es am Ende zu teuer.
Politisches Ansehen hin oder her ... so richtig gewinnen kann ein solches Spielchen eigentlich keiner - obwohl jeder am Ende einen Pokal in Händen hält. :p
Frankie
-
Es muss ja nichteinmal der Satz als solches verhandelt werden - denn auch die SPD hat kein Interesse daran, den Haushalt mehr zu belasten als gerade nötig. Ich könnte mir vorstellen, dass sie an anderer Stelle Zugeständnisse einfordern (Hotels z.B.).
-
Zitat
Original geschrieben von Anja Terchova
Fuer die Regierung war es aber schlecht nicht gleich ein vernuenftiges Angebot zu machen - weil schon im Maerz drei Landtagswahlen sind
Nun sind 5 EUR.
- Was wäre wenn es 10 EUR gewesen wären? Dann wäre ein Aufschrei durch das Land gegangen: Nur so Wenig?
- Was wäre wenn es 20 EUR gewesen wären? Dann wäre ein Aufschrei durch das Land gegangen: Nur so Wenig?Ich glaube nicht, dass sich an den Sätzen wirklich etwas ändert. Höchstens das BVG könnte sich wieder einmischen, weil gewisse Dinge eben doch willkürlich sind: z.B. Die Referenzgruppe raucht und trinkt, aber die Ausgaben dafür werden gestrichen. Besser hätte man eine Referenzgruppe mit nichtrauchenden Abstinenzlern nehmen müssen.
-
Zitat
Original geschrieben von Bino-Man
Es muss ja nichteinmal der Satz als solches verhandelt werden - denn auch die SPD hat kein Interesse daran, den Haushalt mehr zu belasten als gerade nötig. Ich könnte mir vorstellen, dass sie an anderer Stelle Zugeständnisse einfordern (Hotels z.B.).
Steht denn die Mehrwertsteuerreform nicht auch auf der Agenda der Regierung?
Jetzt mitmachen!
Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!