Bahnübergang und Geisterwagon

  • Zitat

    Original geschrieben von Brainstorm
    ...
    Wenn ein Güterzug versetzt wird, ist das kein Zug sondern eine Rangierfahrt.
    ... Eine Regelung daß nur die erste und letzte Bremse einsatzbereit sein müssen gibt es aber so nicht. Das gilt für Handbremsen, wenn man den Zug abstellt. Nicht aber für Fahrbremsen.
    ...


    Zitat

    Original geschrieben von Martin Reicher
    ...
    Möglichkeit zwei: Man hat durch Bedienen der Löseeinrichtungen die Bremsen der mittleren Wagen gelöst.
    ...


    Dann passt es doch wieder:


    Wenn man einen solchen Verbund von Güterwagen versetzt, bei denen die Fahrbremsen zum Zwecke des Rangierbetriebs per Löseeinrichtung gelöst (und im Stand lediglich die beiden äußeren Handbremsen betätigt) waren, passt doch alles.


    Der Lokführer/Rangierer koppelt die Lok an, löst die Handbremsen die beiden äußeren Wagen und nimmt aus ökonomischen Gründen nur deren Löseeinrichtungen außer Betrieb (es geht ja nicht weit). Dann entsteht doch genau die Konstellation, die den Unfall am Bahnübergang (mit-) verursacht hat.


    Oder sehe ich das falsch?


    Frankie

  • Ja das siehst Du falsch.
    Dazu muß ich etwas ausholen, auch wenn es von Ursprünglichen Thema völlig weg führt.
    Von der Erwähnten 5 bar Bremsleitung wird in jedem Wagen ein kleiner Druckluftbehälter gespeist. Also die Luft geht aus der Leitung in den kleinen Behälter. Dieser Behälter dient als Vergleich, wenn der Druck in der Leitung sinkt, kann das Ventil feststellen: Druck in der Leitung geringer, als im Behälter, also Bremse anlegen. Der Behälter wird offiziell als A-Kammer bezeichnet.
    Damit die Luft wenn der Druck in der Leitung sinkt, nicht einfach aus der A-Kammer wieder abhaut, ist die Verbindung sehr Eng. Daher dauert es ca 5 Minuten, bis der Druck von 5 Bar aus der Leitung in der A-Kammer auch erreicht ist.
    Beim Lösen der Bremse wird über ein Ventil die Luft aus der A-Kammer abgelassen, jetzt ist der Druck in der Leitung immer größer als in der A-Kammer also bleibt die Bremse immer gelöst (bis die A-Kammer sich wieder gefüllt hat).
    Also hätte der Lokführer oder der Rangierer am gesamten Zug die Löseeinrichtung betätigen müssen. Das macht absolut keinen Sinn sowas zu tun. Und wenn man das macht, dann weiß man das, da fährt man nicht einfach los. Oder er hätte an allen Wagen die Bremse komplett ausschalten müssen. Aber auch das macht keinen Sinn, weil es keinen grund gibt sowas zu tun.


    Außerdem hast Du vorhin erwähnt, daß der Lokführer angeblich ein Vorsignal übersehen hätte. Das kann aber auch nicht stimmen, denn bei Rangierfahrten gibt es keine Vorsignale, die gibt es nur bei Zugfahrten. Dafür sind ja Rangierfahrten auch so langsam. Eine Zugfahrt geht aber immer bis (mindestens) in den nächsten Bahnhof, sonst bräuchte man keine Zugfahrt. Zum Umsetzen von ein paar Wägen macht man keine Zugfahrt.


    Im Übrigen wundere ich mich, daß Du den original Untersuchungsbericht gelesen haben willst. Wie das? Der ist normalerweise nur intern zu lesen. Das würde bedeuten daß Du Fachmann bist, dann aber wüsstest Du mehr über die Thematik, als Du offensichtlich weißt. Wie aber kommt man als Außenstehender an den Untersuchungsbericht?

    **** Commodore 64 Basic V2 ****
    64K RAM System 38911 Basic Bytes Free
    READY.

  • Nun gut ... die zuständige Behörde - wenn ich mich recht entsinne, war es das Eisenbahnbundesamt - hatte ein Dutzende Seiten langes Gutachten zur Strafakte gereicht.


    Jetzt bin ich davon ausgegangen, dass Du das mit Untersuchungsbericht meinst. Oder gibt es daneben noch einen weitergehenden internen Untersuchungsbericht, den man der Justiz und den anderen Verfahrensbeteiligten (wie etwa dem Beschuldigten und den Geschädigten, denen auch Akteneinsicht gewährt wird) vorenthält?


    Informationen zufolge, die nach dem Unfall von Eschede durchsickerten, soll es in diesem Fall ja derartiges gegeben haben. Hier hatte ich das aber darauf zurückgeführt, dass Beschuldigte auch in höheren Positionen gesucht wurden, die ein Interesse an unterschiedlich aussagekräftigen Berichten haben könnten.


    Hinsichtlich des Vorsignals wurde dem Lokführer vorgeworfen, dass er eins übersehen haben soll. Daraus folgt (leider) nicht einmal, dass es eins gegeben hat. Aber das ist ein anderes (leidges) Thema.


    Das das Gutachten beherrschende Thema war die Frage der Bremskonstellation - unter anderem die Frage, ob der Zug (oder was es auch immer war) bei einer früheren Bremsung rechtzeitig vor dem Bahnübergang zum Stehen gekommen wäre. Und da sagte das Gutachten halt, dass das mangels ausreichender Bremswirkung nicht der Fall gewesen wäre. Dann hätte es wahrscheinlich nur ein anderes Fahrzeug erwischt.


    Und wie ich schon schrieb - das ganze war vor mehr als 10 Jahren und ich erinnere nicht jedes Deteail. Die Geschichte war mir aber insbesondere wegen der nicht in Betrieb befindlichen Bremsen in Erinnerung geblieben. Das fand ich zum damaligen Zeitpunkt, als die Bahn in meinen Augen noch die Zuverlässigkeit eines Uhrwerks hatte (vielleicht auch unberechtigt), ziemlich bemerkenswert.


    Frankie

  • Es ist schon interessant, was ich mit meiner Frage für eine Flut von Antworten bekommen habe. :top:

    Thomas...........



    Gezielt gegriffen ist etwas anderes als hirnloses Zombiegegrapsche...

  • Zitat

    Original geschrieben von Martin Reicher
    Wenn du schon nie in einem ICE 1 gesessen hast, woher hast du dann das Wissen, dass sicherheitsrelevante Schäden nicht als Störung gemeldet werden?


    Keiner der Triebzüge meldet alle Fehler an den Lokführer, auch nicht ICE 3 oder ICE T. Was interessiert es mich, wenn ein WC verstopft oder der GSM-Repeater ausgefallen ist? Betrieblich relevante Mängel wie z.B. Türstörungen, Schäden am Antrieb, Laufwerk, Bremsen werden selbstverständlich vom Diagnosesystem sofort im Führerraum angezeigt und vom Lokführer entsprechende Maßnahmen eingeleitet.


    Steht so in den Unterlagen, wird auf den Lährgängen so kommuniziert bzw. sehe ich das im Betrieb. Ich muss ja nur im MMI nachsehen und mit dem Schadrucksack vergleichen.


    Noe, werden sie nicht. Auch im ICE1 nicht. Kannst Du auch in den entsprechenden Unterlagen (Und wenns nur das DCT-Dokument ist) finden. Du siehst nicht alle. Der Ausfall eines BSGs beispielsweise wirst Du als Lokfüherer nie mitgeteilt bekommen obwohl der Schaden wohl eindeutig Sicherheitsrelevant ist! Kannst Dir ja mal die Fehlerklasse ansehen....

  • So eng würde ich das nicht sehen. Dann springt eben das Slave-BSG ein, aber selbst bei einem Totalausfall beider BSG könnte man wegen der noch vorhandenen pn-Steuerung noch sicher fahren und (halt ohne ep) bremsen.

    Viele Grüße
    Martin

  • Zitat

    Original geschrieben von Martin Reicher
    So eng würde ich das nicht sehen. Dann springt eben das Slave-BSG ein, aber selbst bei einem Totalausfall beider BSG könnte man wegen der noch vorhandenen pn-Steuerung noch sicher fahren und (halt ohne ep) bremsen.

    Natürlich geht das. Und? Ausfall der WB dürfte bei BSG-Totalausfall auch anstehen. Alles nicht sehr gut.


    Das ist nicht der einzige Fehler, den der Lokfüher nicht sieht.
    Ich sagte ja nicht, das er kaum welche sieht - nur, das er nicht alle sieht. Selbst eben solche nicht.

  • Beim 403 wird er Ausfall eine BSG angezeigt, da er aufgrund der nur vorhandenen Teilredundanz Einschränkungen mit sich führt z.B. müssen die Türen des Wagens abgesperrt werden, die Bremse ausgeschaltet werden (da die Umschaltung Hoch-/Niedrigabbremsung nicht mehr funktioniert) usw.
    Ein 403 wäre beim Ausfall beider BSG im Endwagen nicht mehr fahrfähig, da sein IBH keine pneumatische Rückfallebene besitzt. Eine Gefahr ist das allerdings dennoch nicht, da sowohl Schnell- als auch Notbremsungen weiterhin möglich sind. Aufgrund der Schnellbremsschleife würden auch die WBs wirken.


    Außerdem waren wir doch beim 401 der nunmal keine WB besitzt.

    Viele Grüße
    Martin

  • Eine Frage bleibt mir nun doch noch, nach dem Lesen der ganzen Geschichten, hab ich das falsch verstanden, oder ist das bei der Bahn anders als bei LKW? Bei LKW ist es ja so, dass, bevor der überhaupt los fahren kann, ein Druck im Bremssystem aufgebaut werden muss, die Bremsen werden da mit Hilfe der Druckluft gelöst, nicht angezogen. Wenn nun ein Druckabfall im System ist, dann wird die Bremse zwangsläufig schließen. In den vorangegangenen Antworten wurde mir das nicht ganz klar wie das bei der Bahn gelöst ist, es klang mal so, mal jedoch so, dass die Bremse erstmal "lose" ist, und durch den Luftdruck festgezogen wird.


    Gruß
    Dennis.

  • Im Gegensatz zu LKW gibt es bei (Güter-) Waggons aber eine Lösungseinrichtung, mit der man dieses Zwangsbremssystem zu Rangierzwecken kompett außer Gefecht setzen kann.


    Und dann rollen Waggons so weit, bis sie entweder von selbst stehen bleiben oder auf ein Hindernis auflaufen.

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!