ZitatOriginal geschrieben von milky
derAL
Tiefen Zug aus der Pfeife nehm
Wir sind wirklich nicht soweit mit unseren Aussagen auseinander, als man beim ersten Durchlesen glauben möchte. Wie gargoil es aber so schön formulierte, die Finanzkraft von Apple ist dergestalt, dass sie sich einen Patzer oder auch zwei erlauben können.
Salut milky und an alle,
ich habe mal einen Relativ-Chart (jeweilige Kurs-Basis in EUR) von Nokia (rot) und Apple (lila) eingestellt. Periode: Januar 1995 bis heute.
Vielleicht ganz interessant:
Beim Relativ-Chart (kein Kurs-Chart, sondern ein Prozent-Chart) ist die Startbasis bei beiden Aktien 100%. So kann man sich ein Bild davon machen, wie die prozentuale Entwicklung beider Unternehmen innerhalb einer Periode im Vergleich war.
Natürlich hängt der Vergleich maßgeblich vom Startzeitpunkt ab (Kritikpunkt hier: Durch unterschiedliche Unternehmenszyklen innerhalb einer Periode, nicht ganz identischen Produktportfolien aber auch durch Dividenden-Ausschüttungen ergeben sich gewisse Verzerrungseffekte). Der Relativ-Chart sieht natürlich auch jedesmal anders aus, wenn man den Startzeitpunkt bzw. die Periode verändert.
Der Chart ist jetzt nicht zeitadjustiert. Ist aber für meine an die vorherigen Beiträge angelehnte Argumentation nicht so entscheidend.
Man kann gewisse Ähnlichkeiten im Kursverlauf erkennen, wenn man den steilen Anstieg von Apple 2005-2010 gedanklich über den damaligen steilen Anstieg von Nokia 1995-2000 legt. Das "S" im Relativ-Chart steht übrigens für Aktien-Splits und das "D" für Dividendenausschüttungen (,die dann nach dem Dividendenauszahlungs-Termin nicht mehr im Kursverlauf stecken und meistens beim Wertentwicklungsvergleich untergehen, wenn die zu vergleichenden Unternehmen eine unterschiedliche Ausschüttungspolitik für ihre Investoren fahren).
Betrachtet man den Chart und auch die fundamentalen Kennzahlen im Hintergrund, befindet sich die Apple-Aktie (im Sinne des Behavioral Finance) börsenpsychologisch in einer ausgeprägt euphorischen Phase. Diese Phase könnte in der Tat noch einige Zeit andauern; mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit aber (zeitnah?) zum Ende kommen. Spätestens dann, wenn die Erwartungen (, die galoppierend immer euphorischer werden; man sieht es an den von Analysten immer höher herausgerufenen Prognosen nach dem Motto "Wer bietet mehr?") des Marktes nicht mehr stark überfüllt (das erwarten nämlich insgeheim alle) bzw. sogar nicht erfüllt werden. Ähnlich war die damalige Entwicklung auch bei Nokia, wo jede noch so kleinste Meldung euphorisch am Markt gefeiert wurde (SMS, Communicator, erstes WAP-Handy usw.).
Heute hat Apple einen extrem starken Lauf; der Börsenkurs zieht derzeit um Längen besser als der von Nokia; der zeitadjustierte (für uns gedankliche Vergleich) zeigt dennoch gewisse Parallelen.
So gesehen ist Apples größtes Problem und Risiko Apple selbst, wenn sie etwa die Erwartungen des Marktes nicht mehr erfüllen können. Wie lange hält die Innovationskraft- und Innovationsgeschwindigkeit den hohen Level durch? Ein "Höher-Schneller-Weiter" gibt es nirgendwo; auch nicht bei Apple.
Bei Nokia stellt sich die Situation im Moment anders dar. Der Markt traut dem Unternehmen aktuell (gerechtfertigt?) wenig zu. Und deshalb ist Nokia am Markt ein (nicht als solcher erkannter aber unabhängig davon trotzdem breit aufgestellter) Underdog und gerade deshalb für kursbeeinflussende Überraschungen gut.
Auf den Underdog bzw. in einer vermeintlich klaren Marktlage auf eine gegenläufige Meinung zu setzen (sog. "Contrarian-Opinion-Strategie") ist manchmal gar nicht die schlechteste Wahl, insbesondere dann nicht, wenn beim Mitbewerber (Apple) die Enttäuschung nicht erfüllter Erwartungen eintreten sollte.
Das Prognose-Problem: Wann wird das konkret der Fall sein? 2010, 2011 oder doch erst 2012?
Trotz des Prognose-Problems sehe ich aus den benannten Gründen die mittelfristigen Chancen bei Nokia durchaus höher als bei Apple. Bei Apple kann man vielleicht noch kurzfristig überproportional profitieren. Jedoch gleicht dies einem Höllenritt auf einem zu schnellen und außer Kontrolle geratenen (Börsen-)Zug.
Und macht der Zug eine starke Vollbremsung, ist auch die Finanzkraft neu zu bewerten.
So würde ich es am Markt interpretieren.
Falls es andere Meinungen geben sollte:
Die Börse lebt von unterschiedlichen Meinungen.
Sonst würde ja gar kein Handel möglich sein, würde jeder gleich denken.
Gemäß dem Motto:
Ein Haar auf dem Kopf ist relativ wenig.
Ein Haar in der Suppe ist relativ viel.
Es lebe die Kunst der Interpretation.
Ob im Leben oder an der Börse.
Beste Grüße,
derAL