Ich bin leider zu früh eingepennt und habe Sinn in dieser Diskussion nicht mehr wahrgenommen. Wird die Sendung nochmal wiederholt?
Generell halte ich Sinn für den dümmlichsten Demagogen unter den sogenannten "Experten" und besonders fatal ist, dass ihm weiterhin Gehör geschenkt wird. Wohin seine neoliberalen Thesen führen, hat doch inzwischen jeder mitbekommen. Wie er dann weiterhin den gleichen Müll vertreten kann und sich nicht schämt, ist mir unbegreiflich.
Jeder Grundschüler kapiert doch, dass Sinns Thesen völliger Unsinn sind weil es langfristig nicht so funktionieren kann, wie er das immer wieder vertritt.
Wirklich fähige Ökonomen (z. B. Jeremy Rifkin) haben schon vor über 10 Jahren vor der 80/20-Gesellschaft gewarnt. Danach werden in Zukunft 20% der arbeitsfähigen Bevölkerung ausreichen um alle Waren und Dienstleistungen zu produzieren, die die Weltbevölkerung benötigt.
Das heißt umgekehrt, dass 80% der Arbeitsfähigen (und noch mehr Gesamtbevölkerung weil es ja auch noch Kinder, Kranke und Alte gibt) keiner Arbeit nachgehen werden. Rationalisierungen, Produktivitätssteigerung und verbesserte Technik bedingen, dass immer weniger Menschen im Produktionsprozess oder als Dienstleister benötigt werden.
Die daraus resultierende Frage ist, ist, wie die Mehrzahl der Menschen dann in Zukunft ihren Lebensunterhalt bestreiten sollen, denn bei 80% Arbeitslosigkeit würden unsere Sozialssysteme gesprengt werden - und in den meisten anderen Ländern gibt es sowieso keine Sozialfürsorge, wie wir sie kennen.
Wir werden also entweder im Chaos versinken weil sich die Menschen unglaublich um die wenigen verbliebenen Arbeitsplätze prügeln werden während die große Masse dennoch keinen Arbeitsplatz und damit kein Einkommen bekommen wird.
Oder wir entwickeln Möglichkeiten wie das bedingungslose Grundeinkommen etc. damit die Menschen auch ohne Arbeit leben können: eine sozusagen "vom Joch der Arbeit befreite" Gesellschaft, in der jeder ausreichend für ein einfaches Leben versorgt ist ohne dafür arbeiten zu müssen. Wer es luxuriöser haben will, muss dann aber einen Job ergattern.
Die notwendigen Denkmodelle müssen weltweit funktionieren weil es in einer globalisierten Welt auf lange Sicht keine regionalen Verwerfungen geben wird, sondern die Menschen auf dem ganzen Globus betroffen sind.
Auch die boomende chinesische Wirtschaft wird irgendwann die Probleme bekommen, die es hier schon gibt: wenn eine Maschine preiswerter produziert als der billigste Arbeiter, wird der Arbeiter seinen Job verlieren. Vor allem wird er in den nächsten Jahren erstmal bessere Arbeitszeiten und besseren Lohn haben wollen, denn China ist bislang auch deswegen so billig, weil die Leute dort für Hungerlöhne 70-Stunden-Wochen absolvieren.
Diese Erkenntnisse über die Entwicklung der Arbeit werden den Bürgern von der Politik aber nicht klar dargestellt weil im Augenblick keiner Lösungen parat hat. Man erzählt den Bürgern, um die schon jetzt zunehmenden Probleme des Arbeitsmarktes zu erklären, dass ...
a) die Verlagerung von Arbeitsplätzen ins billigere Ausland nur das Werk böser Unternehmer und skrupelloser Manager sei,
b) die Leute nicht ausreichend oder falsch ausgebildet seien. Dabei ist die Schul- und Ausbildungsqualität in Industrienationen wie der unseren maximal hoch.
Nach wie vor steckt die Arbeitsagentur aber "Unvermittelbare" in Umschulungen und zu Fortbildungen - schön für die Statistik, diese Leute zählen dann nämlich nicht mehr als Arbeitslose. Einen Job werden sie trotzdem in der Masse nicht kriegen weil Unternehmen, die überhaupt Mitarbeiter suchen, lieber einen knackigen Azubi wollen - der für ein Ausbildungsgehalt voll mitarbeitet - als einen unflexiblen, altersmäßig fortgeschrittenen Umschüler mit entsprechend ungeradem Lebenslauf und vielleicht sogar mangelhafter Motivation.
c) die hohen Lohnnebenkosten die Schaffung oder den Erhalt von Arbeitsplätzen im Inland zu teuer machen würden.
In konkreten Einzelfällen treffen diese Dinge auch zu. Wenn man aber nicht nur kurzfristigen Benefit im Blick hat, sondern um Nachhaltigkeit bemüht ist und das große Ganze sieht, erkennt man die Sinnlosigkeit derartiger Argumente. Von einem Prof. Sinn erwarte ich, dass der solche Zusammenhänge erkennt. Er aber palavert weiter seinen weltfremden, fast schon menschenverachtenden Nonsens.
Zeitarbeit, prekäre Arbeitsverhältnisse, Outsourcing, befristete Verträge - all das sind Auswirkungen einer sich langsam Bahn brechenden 80/20-Entwicklung... Es sind nicht Lohnnebenkosten, schlechte Ausbildung und Outsourcing, die Arbeitsplätze kosten, sondern es ist einfach der Produktivitätsschub durch modernere Produktionsmethoden und Informationstechnologie.
Wir werden in den nächsten Jahren nicht umhin kommen, uns grundlegende Gedanken zu machen und weltweit Weichen für die Zukunft der Arbeit und vor allem die Versorgung der Menschen zu stellen... Sinn mit seinem "weiter wie bisher, nur noch kräftiger" ist schon lange nicht mehr ernst zu nehmen.
Das ist eigentlich jedem logisch, der die Augen auf macht und sieht, wie sich die Welt in den letzten Jahren entwickelt. Ein Prof. Sinn argumentiert immer wieder gegen das Offensichtliche - und irgendwie kapiere ich das nicht. Wie kann man die Zusammenhänge so dermaßen nicht verstehen wie er?