Hans-Werner Sinn bei Maischberger

  • Ich bin leider zu früh eingepennt und habe Sinn in dieser Diskussion nicht mehr wahrgenommen. Wird die Sendung nochmal wiederholt?


    Generell halte ich Sinn für den dümmlichsten Demagogen unter den sogenannten "Experten" und besonders fatal ist, dass ihm weiterhin Gehör geschenkt wird. Wohin seine neoliberalen Thesen führen, hat doch inzwischen jeder mitbekommen. Wie er dann weiterhin den gleichen Müll vertreten kann und sich nicht schämt, ist mir unbegreiflich.


    Jeder Grundschüler kapiert doch, dass Sinns Thesen völliger Unsinn sind weil es langfristig nicht so funktionieren kann, wie er das immer wieder vertritt.


    Wirklich fähige Ökonomen (z. B. Jeremy Rifkin) haben schon vor über 10 Jahren vor der 80/20-Gesellschaft gewarnt. Danach werden in Zukunft 20% der arbeitsfähigen Bevölkerung ausreichen um alle Waren und Dienstleistungen zu produzieren, die die Weltbevölkerung benötigt.


    Das heißt umgekehrt, dass 80% der Arbeitsfähigen (und noch mehr Gesamtbevölkerung weil es ja auch noch Kinder, Kranke und Alte gibt) keiner Arbeit nachgehen werden. Rationalisierungen, Produktivitätssteigerung und verbesserte Technik bedingen, dass immer weniger Menschen im Produktionsprozess oder als Dienstleister benötigt werden.


    Die daraus resultierende Frage ist, ist, wie die Mehrzahl der Menschen dann in Zukunft ihren Lebensunterhalt bestreiten sollen, denn bei 80% Arbeitslosigkeit würden unsere Sozialssysteme gesprengt werden - und in den meisten anderen Ländern gibt es sowieso keine Sozialfürsorge, wie wir sie kennen.


    Wir werden also entweder im Chaos versinken weil sich die Menschen unglaublich um die wenigen verbliebenen Arbeitsplätze prügeln werden während die große Masse dennoch keinen Arbeitsplatz und damit kein Einkommen bekommen wird.
    Oder wir entwickeln Möglichkeiten wie das bedingungslose Grundeinkommen etc. damit die Menschen auch ohne Arbeit leben können: eine sozusagen "vom Joch der Arbeit befreite" Gesellschaft, in der jeder ausreichend für ein einfaches Leben versorgt ist ohne dafür arbeiten zu müssen. Wer es luxuriöser haben will, muss dann aber einen Job ergattern.


    Die notwendigen Denkmodelle müssen weltweit funktionieren weil es in einer globalisierten Welt auf lange Sicht keine regionalen Verwerfungen geben wird, sondern die Menschen auf dem ganzen Globus betroffen sind.
    Auch die boomende chinesische Wirtschaft wird irgendwann die Probleme bekommen, die es hier schon gibt: wenn eine Maschine preiswerter produziert als der billigste Arbeiter, wird der Arbeiter seinen Job verlieren. Vor allem wird er in den nächsten Jahren erstmal bessere Arbeitszeiten und besseren Lohn haben wollen, denn China ist bislang auch deswegen so billig, weil die Leute dort für Hungerlöhne 70-Stunden-Wochen absolvieren.


    Diese Erkenntnisse über die Entwicklung der Arbeit werden den Bürgern von der Politik aber nicht klar dargestellt weil im Augenblick keiner Lösungen parat hat. Man erzählt den Bürgern, um die schon jetzt zunehmenden Probleme des Arbeitsmarktes zu erklären, dass ...


    a) die Verlagerung von Arbeitsplätzen ins billigere Ausland nur das Werk böser Unternehmer und skrupelloser Manager sei,


    b) die Leute nicht ausreichend oder falsch ausgebildet seien. Dabei ist die Schul- und Ausbildungsqualität in Industrienationen wie der unseren maximal hoch.
    Nach wie vor steckt die Arbeitsagentur aber "Unvermittelbare" in Umschulungen und zu Fortbildungen - schön für die Statistik, diese Leute zählen dann nämlich nicht mehr als Arbeitslose. Einen Job werden sie trotzdem in der Masse nicht kriegen weil Unternehmen, die überhaupt Mitarbeiter suchen, lieber einen knackigen Azubi wollen - der für ein Ausbildungsgehalt voll mitarbeitet - als einen unflexiblen, altersmäßig fortgeschrittenen Umschüler mit entsprechend ungeradem Lebenslauf und vielleicht sogar mangelhafter Motivation.


    c) die hohen Lohnnebenkosten die Schaffung oder den Erhalt von Arbeitsplätzen im Inland zu teuer machen würden.


    In konkreten Einzelfällen treffen diese Dinge auch zu. Wenn man aber nicht nur kurzfristigen Benefit im Blick hat, sondern um Nachhaltigkeit bemüht ist und das große Ganze sieht, erkennt man die Sinnlosigkeit derartiger Argumente. Von einem Prof. Sinn erwarte ich, dass der solche Zusammenhänge erkennt. Er aber palavert weiter seinen weltfremden, fast schon menschenverachtenden Nonsens.


    Zeitarbeit, prekäre Arbeitsverhältnisse, Outsourcing, befristete Verträge - all das sind Auswirkungen einer sich langsam Bahn brechenden 80/20-Entwicklung... Es sind nicht Lohnnebenkosten, schlechte Ausbildung und Outsourcing, die Arbeitsplätze kosten, sondern es ist einfach der Produktivitätsschub durch modernere Produktionsmethoden und Informationstechnologie.


    Wir werden in den nächsten Jahren nicht umhin kommen, uns grundlegende Gedanken zu machen und weltweit Weichen für die Zukunft der Arbeit und vor allem die Versorgung der Menschen zu stellen... Sinn mit seinem "weiter wie bisher, nur noch kräftiger" ist schon lange nicht mehr ernst zu nehmen.


    Das ist eigentlich jedem logisch, der die Augen auf macht und sieht, wie sich die Welt in den letzten Jahren entwickelt. Ein Prof. Sinn argumentiert immer wieder gegen das Offensichtliche - und irgendwie kapiere ich das nicht. Wie kann man die Zusammenhänge so dermaßen nicht verstehen wie er?

    Ich dachte immer es sei technisch unmöglich mit jemandem Sex zu haben, der Dörte heißt...

  • Zitat

    Original geschrieben von Printus
    Wirklich fähige Ökonomen (z. B. Jeremy Rifkin) haben schon vor über 10 Jahren vor der 80/20-Gesellschaft gewarnt. Danach werden in Zukunft 20% der arbeitsfähigen Bevölkerung ausreichen um alle Waren und Dienstleistungen zu produzieren, die die Weltbevölkerung benötigt.


    Das heißt umgekehrt, dass 80% der Arbeitsfähigen (und noch mehr Gesamtbevölkerung weil es ja auch noch Kinder, Kranke und Alte gibt) keiner Arbeit nachgehen werden. Rationalisierungen, Produktivitätssteigerung und verbesserte Technik bedingen, dass immer weniger Menschen im Produktionsprozess oder als Dienstleister benötigt werden.


    Ich bin zwar kein studierter Ökonom wie dein Herr Rifkin. Dennoch denke ich, dass dein 80/20 Modell einen kleinen aber entscheidenden logischen Fehler enthält. Ich stimme dir zu, dass wir in Zukunft vielleicht nur noch 20% der heutigen Arbeitskraft brauchen um die Produkte/ Dienstleistungen herzustellen, die wir HEUTE konsumieren. ABER wir werden immer versuchen unseren Lebensstandard zu erhöhen und ihn nicht konstant lassen. Das heißt der absolute Output wird steigen, aber auch der Output pro Arbeitskraft. Dadurch braucht man doch wieder mehr als nur 20% der verfügbaren Arbeitskraft. Vergleich doch nur mal den heutigen Lebensstandard mit dem von vor 150 Jahren in Deutschland (keine Autos, Elektrizität, Computer usw.). Natürlich wirft der ständige Fortschritt dennoch das Problem auf, dass wir weniger niedrig qualifizierte Arbeiter brauchen. Aber wenn wir es schaffen sollten mehr Ingenieure und Co. auszubilden, werden wir sie auch garantiert brauchen.

  • Es kommt halt immer auf den Standpunkt an, darum gehen solche Diskussionen meist wie das Hornberger Schießen aus.

    Oberfranken ist meine Heimatliebe, die mir am Herzen liegt Bernhard

  • Das Problem ist nur, dass in den Medien (die problematischerweise nicht transskriptiv sind, sondern die "öffentliche Meinung" aktiv steuern) seit geraumer Zeit als "Experte" in Wirtschaftsfragen immer nur noch Hans-Werner Sinn zu Wort kommt.


    Abgesehen vom mangelnden Unterhaltungswert ( :p ) wird dadurch wird natürlich suggeriert, dass


    1. er eine Art "Oberexperte" ist ... oder schlimmer noch, dass


    2. das was Herr Sinn erzählt, aus "wissenschaftlicher" Sicht das allein richtige ist.


    Und die Macht der Medien wird allgemein immer wieder unterschätzt. Ich bin sogar davon überzeugt, dass das Ausmaß der aktuellen Wirtschaftskrise von den Medien erst "herbeigeredet" wurde. Es ist doch klar, dass der so "informierte" Verbraucher dann aus Angst erst mal "dichtmacht" und der verängstigte Anleger einem ohnehin angeschlagen Markt dann noch den Rest gibt ... und dadurch entsteht dann erst eine Wirtschaftskrise im aktuellen Ausmaß ... die ansonsten vielleicht etliche gar nicht erst bemerkt hätten ... :p


    Frankie



    Ergänzung:


    Die gefährlichste in den Medien verbreitete Information war m.E. folgende:


    "Der Wert eines Portfolios aus Forderungen, die durch Grundpfandrechte besichert sind, deren Nennwert den Wert der jeweiligen Immobilie in vielen Fällen deutlich übersteigt ... ist gleich Null".


    Den Medien ist es - jedenfalls bezogen auf meinen Bekanntenkreis - gelungen, einen Großteil von der Richtigkeit dieser "Tatsache" zu überzeugen. Und in diesem Bekanntenkreis sind nicht nur Dumme ... viele nehmen solcherlei Aussagen als "gegeben" hin ... und wo es dann noch nicht einmal Widerspruch gab ... kommt man erst gar nicht auf die Idee, das anzuzweifeln.


    Und wenn Anleger (einschließlich der institutionellen) dann in Panik verfallen und schnell Geld sehen wollen ... und daraufhin das Karussell der Zwangsversteigerungen so richtig auf Drehzahl kommt ... und in der Folge die Immobilienpreise ins bodenlose fallen ... erst dann wird diese "Tatsache" fast richtig ... aber selbst dann eben nur fast ...

  • Zitat

    Original geschrieben von coolergg
    ABER wir werden immer versuchen unseren Lebensstandard zu erhöhen und ihn nicht konstant lassen. Das heißt der absolute Output wird steigen, aber auch der Output pro Arbeitskraft. Dadurch braucht man doch wieder mehr als nur 20% der verfügbaren Arbeitskraft. Vergleich doch nur mal den heutigen Lebensstandard mit dem von vor 150 Jahren in Deutschland (keine Autos, Elektrizität, Computer usw.). Natürlich wirft der ständige Fortschritt dennoch das Problem auf, dass wir weniger niedrig qualifizierte Arbeiter brauchen. Aber wenn wir es schaffen sollten mehr Ingenieure und Co. auszubilden, werden wir sie auch garantiert brauchen.


    Naja, dabei vergisst du aber den Effekt der Technisierung. Unser Geldsystem ist ja von realen Gütern abhängig. Diese sind begrenzt, deshalb ist letztlich die Geldmenge ebenso begrenzt-das lernen die Bankster gerade, wenn auch der Lerneffekt durch Bürgschaften verhagelt wird.


    Insofern ist "Lohnarbeit" eher störend, denn die kann nicht mehr ausreichend geschaffen werden, um das Geld zu verteilen. Selbst wenn alle Ingenieure sind, wird sich das nicht umkehren lassen.


    Angenommen wir sind technisch so weit, dass wirklich alles von Maschinen gemacht werden kann. Dann hätten wir quasi nur noch "Dienstleistungen", also die Erfindung und Bedienung dieser Maschinen. Nur, geistige Tätigkeiten wurden und werden durch die bezahlt, die mit ihrer Hände Arbeit Geld verdienen und umgekehrt.


    Durch die Technisierung fällt aber eine Seite weg und wird durch Maschinen ersetzt, die derzeit nicht bezahlt werden (es gab Überlegungen einer Maschinensteuer-dadurch würden Maschinen theoretisch teurer als menschliche Arbeitskraft-würde den Fortschritt abbremsen, täte aber dem Gemeinwohl wohl gut). Effekt wird weiter grassierende Verarmung sein, denn die Verteilung ist unterbunden und somit kommt Geld, dass erstmal geparkt wurde (weil zum Überleben nicht benötigt) nicht zurück in den Kreislauf.


    Das Problem ist nicht Arbeitstätigkeiten zu erfinden, sondern die Koppelung aller Tätigkeiten an Geld. Wir sind eigentlich an einem Punkt, wo man das Geld weglassen kann und jeder könnte uneingeschränkt vom Fortschritt profitieren.


    Das Prinzip sieht man am Internet am Beispiel der "Raubkopien". Hier wird aufgrund der Technisierung eine bzw. mehrere Dienstleistungen erbracht und alle können uneingeschränkt vom Fortschritt profitieren. Und man sieht es in der dritten Welt, die nicht so produzieren kann wie die erste und deshalb auch kein Geld erwirtschaften kann, weil sie niemals konkurrenzfähig sein kann und wenn sie es würde, dann wären wir arm. Das würde dann über die Jahrhunderte hin und her gehen, wie es das vor der Technisierung getan hat.


    Das könnte das sein, was Sinn meint, wenn er behauptet, dass Arbeit nicht genug Geld zum leben einbringen muss-weil sie es ab einem gewissen Entwicklungsschritt nur dann kann, wenn man das derzeitige Geldsystem ad absurdum führen würde, dann kann man es aber auch gleich abschaffen.


    Dir Frage die man sich als Gesellschaft stellen sollte ist, wohin man eigentlich will? Bleiben wir beim Götzenbild Arbeit, dann steuern wir auf Massenverarmung auf der einen und grenzenlose Faulheit auf der anderen Seite hin. Die einen können nicht teilhaben, die anderen haben soviel, dass sie lethargisch werden.


    Wir müssten uns eigentlich gezielt vom Geld und Arbeit befreien und uns "geistig" entwickeln-denn wie sonst sollen wir mit der Zukunft zu Recht kommen, wenn uns der Identifikator Arbeit abhanden kommen wird?


    Und das wird viel schneller so kommen, als man denkt. Alleine in den letzten hundert Jahren hat sich die Welt extrem verändert, das geht immer schneller, weil mit jeder Erkenntnis eine neue gewonnen wird. Die Entwicklungssprünge werden immer schneller stattfinden.

  • Zitat

    Original geschrieben von coolergg
    ABER wir werden immer versuchen unseren Lebensstandard zu erhöhen und ihn nicht konstant lassen.


    In den vergangenen Jahrzehnten war es tatsächlich so. Zum einen bedingte der 2. Weltkrieg einen immensen Bedarf an wirtschaftlicher Kraft um die Folgen der Zerstörung aufzuarbeiten und zum anderen schritt die Technisierung rasant fort. In vorindustrieller Zeit arbeiteten 80 von 100 Erwerbstätigen in der Landwirtschaft, heute sind es noch 2,5. Diese statistischen 2,5 Landwirte erwirtschaften aber den gleichen bzw. noch mehr Ertrag als damals 80 Leute. Wenn man sich anschaut, dass wir im Überfluss leben und wie sich z. B. die Milchpreise darstellen, sind es vielleicht sogar 2 Landwirte, also wiederum eine Ersparnis um eine halbe Arbeitskraft.


    Im industriellen Sektor kann man das genauso durchkaspern. Auch da produzieren, dank moderner Techniken und Maschinen, wesentlich weniger Menschen als früher weit mehr Produkte.


    Die frühere Logik, nach der im kapitalistischen System der Wegfall eines Marktteilnehmers zum Vorteil und zum Wachstum eines anderen führe, in der gesamtwirtschaftlichen Betrachtung also der gleiche Level erhalten bleibt, kommt inzwischen nicht mehr hin.


    Tatsächlich wird der Bedarf an Menschen, die Arbeit leisten, heute geringer weil die verbleibenden Mitarbeiter auch bei fortschrittlicheren Produkten immer rationeller arbeiten.


    Wenn früher 5 Konstrukteure an Reißbrettern konstruiert und gezeichnet haben, macht das heute 1 mit seinem PC oder CAD-Programm. Auf einer Lokomotive führen früher Heizer und Lokführer, heute reicht der Lokführer. Im Flugzeug gab es früher einen Fligingenieur, heute erledigt sein Job ein Computersystem, dessen Daten die Piloten bedienen.


    In der Gesamtheit ist es nicht so, dass die Anzahl der Arbeitenden gleich bleibt, weil einfach nur umgeschichtet wird (z. B.: wer früher Telefonhäuschen baute, ist jetzt im Handysektor tätig), sondern heute braucht man trotz komplexerer Welt weniger Leute für die gleiche oder gar höhere Bruttowertschöpfung.


    Zitat

    Original geschrieben von coolergg
    Das heißt der absolute Output wird steigen, aber auch der Output pro Arbeitskraft. Dadurch braucht man doch wieder mehr als nur 20% der verfügbaren Arbeitskraft.


    Diese Argumentation verstehe ich nicht... Wieso braucht man doch mehr Arbeitskraft?


    Zitat

    Original geschrieben von coolergg
    Vergleich doch nur mal den heutigen Lebensstandard mit dem von vor 150 Jahren in Deutschland (keine Autos, Elektrizität, Computer usw.). Natürlich wirft der ständige Fortschritt dennoch das Problem auf, dass wir weniger niedrig qualifizierte Arbeiter brauchen. Aber wenn wir es schaffen sollten mehr Ingenieure und Co. auszubilden, werden wir sie auch garantiert brauchen.


    Eben nicht! In den Denkmodellen ist natürlich einkalkuliert, dass es Fortschritt gibt und wir nicht ewig auf dem Status Quo verharren.

    Ich dachte immer es sei technisch unmöglich mit jemandem Sex zu haben, der Dörte heißt...

  • Zitat

    Original geschrieben von zumwinkler
    Naja, dabei vergisst du aber den Effekt der Technisierung.


    Nein, ich vergesse nämlich gerade nicht die Technisierung. Denn gerade die macht den Fortschritt und damit unser Wohlstandswachstum möglich. Beispiele siehe unten.


    Zitat

    Original geschrieben von zumwinkler
    Unser Geldsystem ist ja von realen Gütern abhängig. Diese sind begrenzt, deshalb ist letztlich die Geldmenge ebenso begrenzt-das lernen die Bankster gerade, wenn auch der Lerneffekt durch Bürgschaften verhagelt wird.


    Wo nimmst du diese Annahme her? Wieso ist die Menge von realen Gütern begrenzt? Die einzige Grenze, die mir einfällt, ist, dass natürliche Rohstoffe natürlich nicht unbegrenzt vorhanden sind. Aber genau hier kommt ja wieder die Technisierung/ der Ingenieur ins Spiel. Zum Beispiel geht uns das Öl für unsere schönen Autos aus, muss man eben Alternativen wie Sonnenenergie, Gezeitenkraft oder Kernfusion nutzbar machen.


    Zitat

    Original geschrieben von zumwinkler
    Angenommen wir sind technisch so weit, dass wirklich alles von Maschinen gemacht werden kann. Dann hätten wir quasi nur noch "Dienstleistungen", also die Erfindung und Bedienung dieser Maschinen. Nur, geistige Tätigkeiten wurden und werden durch die bezahlt, die mit ihrer Hände Arbeit Geld verdienen und umgekehrt.


    Auch hier liegt ein Denkfehler vor. Denn nicht nur die manuelle Arbeit wie das Zusammenschrauben von Maschinenteilen ist Arbeit. Auch die geistige Arbeit ("Dienstleistung") schafft Wohlstand. Wenn ich ein Produkt erfinde (und die Maschine, die das Produkt herstellt), das den Menschen einen Mehrwert bringt wie z.B. eine kürzere Reisezeit von A nach B, dann habe ich damit ein neues reales Gut erschaffen, dass den gesamtwirtschaftlichen Wohlstand mehrt und mir steht natürlich eine monetäre Entlohnung für meine Mühen zu.


    Das Problem dabei sind natürlich die, die an diesem kreativen Dienstleistungsgewerbe wegen mangelnder Bildung oder anderer Gründe nicht teilhaben können. Die Aufgabe der Gesellschaft muss es sein möglichst viele dazu zu befähigen an diesem Prozess teilzunehmen. Wenn dies nicht gelingt, passiert das was du vorhersagst, dass es eine große Zahl Arbeitsloser gibt, die auf dem modernen Arbeitsmarkt keine Chance mehr haben.

  • Zitat

    Original geschrieben von coolergg
    Nein, ich vergesse nämlich gerade nicht die Technisierung. Denn gerade die macht den Fortschritt und damit unser Wohlstandswachstum möglich. Beispiele siehe unten.


    Ich glaube du wirfst hier Dinge durcheinander. Wir schauen heute zwar auf Flachbildfernseher, benötigen davon aber nicht mehr als früher große Flimmerkisten. Ein Auto ist heute sicherer und komfortabler als vor 20 Jahren - wir brauchen deswegen aber nicht mehr Autos. Wirklich "neu" in dem Sinne, dass wir Waren anschaffen, die es früher nicht gab, sind heute wenige Dinge.
    Die Industrialisierung und die Einführung moderner EDV bis hinein in den Privathaushalt hat uns tatsächlich ein "Mehr" an Waren beschert. Wir sind da aber auf einem Plateau angekommen, zukünftige Entwicklungen finden eher in der Mikrobiologie, Gentechnik etc. statt, es wird aber kein direktes Wachstum in dem Sinne geben, dass alle Haushalte plötzlich revolutionär neue Techniken anschaffen werden. Das war in vergangenen Jahrzehnten durch Nutzung der Elektrizität und des Verbrennungsmotors etwas anderes.


    Wohlstandswachstum in deinem Sinne heißt Verbesserung von Produkten. Das geht aber nicht zwangsläufig einher mit zusätzlichem Bedarf an Waren und Arbeitskräften. Da erleben wir nämlich genau das Gegenteil, einen Rückfall um 6%.


    Zitat

    Original geschrieben von coolergg
    Die einzige Grenze, die mir einfällt, ist, dass natürliche Rohstoffe natürlich nicht unbegrenzt vorhanden sind.


    Wir reden gerade über unser Wirtschaftssystem...



    Zitat

    Original geschrieben von coolergg
    Auch hier liegt ein Denkfehler vor. Denn nicht nur die manuelle Arbeit wie das Zusammenschrauben von Maschinenteilen ist Arbeit. Auch die geistige Arbeit ("Dienstleistung") schafft Wohlstand. Wenn ich ein Produkt erfinde (und die Maschine, die das Produkt herstellt), das den Menschen einen Mehrwert bringt wie z.B. eine kürzere Reisezeit von A nach B, dann habe ich damit ein neues reales Gut erschaffen, dass den gesamtwirtschaftlichen Wohlstand mehrt und mir steht natürlich eine monetäre Entlohnung für meine Mühen zu.


    Der Nutzer dieser Verbesserung muss ihn aber bezahlen und dazu muss er ihn bezahlen können. Das schönste neue Auto nützt nichts, wenn es keiner mehr bezahlen kann. "Autos kaufen keine Autos", wie es so schön heißt.


    Der Trend auf dem Arbeitsmarkt war, dass man in den vergangenen Jahren Stellen vor allem im Niedriglohnsektor und der Zeitarbeit geschaffen hat. Man erfand Hartz IV und wollte "fördern und fordern", es wurde aber vor allem gefordert. Gefördert wurde wenig - und wenn, dann sinnlos. Umschulung in unnsinnige Branchen und Druck auf Leute, die manchmal nicht mehr leisten können. Es wird immer mittelmäßig Begabte und einfache Menschen geben, die man nicht in hochkomplexe Jobs stecken kann. Diesen zu drohen weil sie nicht mehr leisten können, ist Unsinn. Die Gesellschaft muss damit leben, dass es auch die einfachen Leute gibt.


    Wenn die Einfachen alle aus dem System katapultiert werden und auch die gut Qualifizierten erstmal als unbezahlte Praktikanten Vollzeitjobs erfüllen anstatt gutes Geld zu verdienen, kann das so nicht dauerhaft funktionieren. Es kann auch nicht funktionieren wenn der Mittelstand ausblutet, weil die Armen von Transferleistungen leben müssen und die "happy few" ihr Vermögen in Steueroasen auslagern oder in Länder gehen, in denen sie wenig abgeben müssen. Für die gesamte Gesellschaft funktioniert sowas nicht.


    Und das ist etwas, das Sinn einfach nicht kapieren will. Dass uns die Schere zwischen arm und reich ruiniert und eben NICHT dazu führt, dass die Armen durch den Wohlstand der Reichen ebenso profitieren, weil immer etwas vom Tisch fällt...
    Gerade die aktuelle Weltwirtschaftskrise lehrt uns doch, dass es eben nicht so ist und war, dass die ungeheuerlichen Gewinne der Reichen zugleich Wohlstand für alle brachte. Im Gegenteil: Die Zeche zahlten und zahlen auch weiter, auf viele Jahre hinaus, die Normalverdiener, die aber sowieso auch schon durch Reallohnverluste und Arbeitsplatzabbau in die Enge getrieben wurden.


    Sinn ist ein Geisterfahrer, der auf die Erkenntnis, dass man auf der falschen Spur fährt, sinngemäß damit reagiert dass man noch mehr Gas geben und noch schneller noch weiter fahren soll. Unbegreiflich...


    Zitat

    Original geschrieben von coolergg
    Das Problem dabei sind natürlich die, die an diesem kreativen Dienstleistungsgewerbe wegen mangelnder Bildung oder anderer Gründe nicht teilhaben können. Die Aufgabe der Gesellschaft muss es sein möglichst viele dazu zu befähigen an diesem Prozess teilzunehmen. Wenn dies nicht gelingt, passiert das was du vorhersagst, dass es eine große Zahl Arbeitsloser gibt, die auf dem modernen Arbeitsmarkt keine Chance mehr haben.


    Siehe oben. Wir sind eine der führenden Industrienationen der Welt, aber auch wir haben einfache Menschen. Nicht jeder kann Ingenieur oder Erfinder werden.

    Ich dachte immer es sei technisch unmöglich mit jemandem Sex zu haben, der Dörte heißt...

  • Das keyesianische Modell ist eine realistische Erklärung der Volkswirtschaft. Sinn mach nicht mehr oder weniger als diese Fakten immer wieder darzulegen. Es sind nun mal Angebot und Nachfrage die den Preis eines Gutes in einer Wirtschaft bestimmen. Es gibt den Gleichgewichtspreis, Nachfrage- und Angebotselastizitäten und die aktuelle Liquiditätsfalle ist auch offensichtlich.


    Der Gleichgewichtspreis ist nunmal so wie er ist, Marktgleichgewicht nur bei niedrigeren Löhnen oder niedrigerem Arbeitsangebot bei gleicher Nachfrage. Daran kann Sinn nichts ändern, er kann aber seinen Ansatz zur Lösung propagieren.
    Arbeit gibts billig von überall in der Welt, wenn die Menschen mit dem Ausland Handel treiben wollen und ausländ. Waren konsumieren, dann muss der Preis der Arbeit runter.


    Kauft nicht im Ausland, dann können wir die Arbeiter besser bezahlen.
    Das ist nicht neoklassisch, das ist die beschi***ene Globalisierung.


    Nur wie sähe es ohne die aus. Mir grausts vor der Qualität, die dann hier produziert würde.

  • Zitat

    Original geschrieben von lobo999
    Das keyesianische Modell ist eine realistische Erklärung der Volkswirtschaft. Sinn mach nicht mehr oder weniger als diese Fakten immer wieder darzulegen. Es sind nun mal Angebot und Nachfrage die den Preis eines Gutes in einer Wirtschaft bestimmen. Es gibt den Gleichgewichtspreis, Nachfrage- und Angebotselastizitäten und die aktuelle Liquiditätsfalle ist auch offensichtlich.


    Der Gleichgewichtspreis ist nunmal so wie er ist ...


    Und das ist er heute eben nicht mehr. Zu Zeiten Keynes war es noch nicht tägliche Übung, dieses Gleichgewicht durch den Handel von Derivaten in unfassbarem Umfang in eine beliebige Richtung zu verschieben. Und wenn derartiges im heute bereits alltäglichen Umfang geschieht, passt dieses klassische Modell so nicht mehr.


    Es werden - wenn ich das richtig verstanden habe - ja wohl täglich Derivate in einem Umfang gehandelt, der die tatsächliche Geldmenge bei weitem übersteigt. Und wenn ich mich recht entsinne (ich bin nun kein Ökonom) war das im keynsianischen Modell niemals vorgesehen ...


    Kann da einer der Fachleute zu meinem Verständnis mal einen kurzen Satz zu schreiben?


    Gruß aus Wedau


    Frankie



    Ergänzung @ Lobo:


    Die "künftige" Qualität, vor der es dir graust, ist doch genau das, was wir heute in den Regalen finden ... könnte es wirklich noch schlimmer kommen ???

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!