Da es hier zuletzt leider immer weniger Autothreads gibt, schiebe ich mal einen wie ich finde interessanten Fahrbericht ein, der bei einer mehrtägigen Testfahrt gemeinsam mit fahrsfahrwerkaus entstanden ist…
Hinter der Typbezeichnung dieser Corvette verbirgt sich nicht etwa eine besonders sportliche Variante, sondern ein Sondermodell für den US-amerikanischen Mietwagenverleiher Hertz, das aber im wesentlichen dem Corvette C6 Coupe entspricht.
Das Fahrzeug gehört dort zur sogenannten „Fun-Collection“ von denen an größeren Mietwagenstationen in den USA insgesamt angeblich 500 Stück angeboten werden.
Ausstattung und Technische Daten:
Leider kommt die Corvette nur mit der Einstiegsmotorisierung daher, also einem 6,2-Liter V8 mit 436 PS.
Typisch amerikanisch gibt es natürlich eine Wandler-Automatik mit immerhin 6 Gängen, Schaltpaddel am Lenkrad für ein manuelles Wählen der Gänge, eine Fahrwerksabstimmung zwischen sportlich und komfortabel, unterschiedliche ESP-Einstellungen, Satellitenradio, Lederausstattung, Navigationssystem von Hertz, Targa-Dach, Zweizonen-Klimaautomatik und sicher noch vieles mehr, was man wohl auf der Herstellerseite herausfinden müsste.
Karosserie:
Wie zu erwarten war sitzt man natürlich sehr tief in der Kiste, wenn man aber nicht grad 60 ist und/oder Knie und Rücken kaputt hat, kommt man aber mit etwas Übung gut rein und raus und sitzt auch auf Langstrecken komfortabel, manchmal sogar etwas zu wenig sportlich, da eigentlich nur die Rückenlehne, aber nicht die Sitzfläche Seitenhalt bietet.
Der Kofferraum ist erstaunlich groß, da er direkt hinter den Sitzen beginnt, und nach hinten unter einer Glaskuppel bis zum Heck durchgeht, das ist aber alles recht verwinkelt und flach, so dass sich unbedingt Reisetaschen statt Koffer empfehlen wenn man zu zweit unterwegs ist.
Die Rundumsicht ist zuerst gewöhnungsbedürftig, da man fast auf Augenhöhe mit der sehr langen Motorhaube sitzt und der Wagen relativ breit ist. Dazu kommen sehr kleine Spiegel und die ungewöhnliche „B-Säule“. Man gewöhnt sich aber sehr schnell an die Fahrzeugabmessungen.
Der Qualitätseindruck des Innenraumes und der Verarbeitung generell war einigermaßen OK, an vielen Stellen knarzte es ein bisschen (besonders das Targa-Dach), der Kofferraum ging ein bisschen schief zu, und auch wenn an einigen Stellen Leder und weiche Kunststoffe benutzt wurde, fielen doch viele billig und kratzig wirkende Kunststoffe auf.
Ärgerlich war das schlüssellose Öffnungs-/Schließ-/Startprozedere. Ich weiß nicht ob das eine Fehlfunktion war, aber ich habe aufgehört zu zählen, wie oft ich fluchend auf Parkplätzen gestanden habe bis die Kiste endlich den Schließquittungston von sich gab, besonders wenn die zweite Fernbedienung auch nur in der Nähe war. Einmal wollte der Wagen sogar gar nicht mehr starten.
Motor/ Getriebe:
Der Gedanke beim ersten Starten war: „Ach Du Schei*e“.
An den subjektiven (und wahrscheinlich auch objektiven) Fahrleistungen gibt’s nix zu meckern, schiebt an wie bescheuert und hört sich böse an. Sicher kann man so was immer noch steigern, aber für mich war hier der Wunsch nach noch mehr Leistung auch nach einigen Tagen Fahrt am Ende. Fazit: Totfahren „Platin“.
Das Getriebe empfand ich dabei als erstaunlich fix und trotzdem komfortabel schaltend, obwohl ich eigentlich kein Freund von Wandlerautomatiken bin, hier hatte ich aber nix zu meckern. Auf Wunsch konnte man in der Stellung „S“ auch selber mit den Schaltpaddeln am Lenkrad schalten, da konnte man dann z.B. mal bei 60 oder 70 mph in den zweiten Gang zurückschalten, drauflatschen und für einen Moment alle Diskussionen um Benziner/Diesel/Turbo/Sauger/Schaltung/Datenblätter/Drehmomente/usw. vergessen…
Nur leider konnte man das Ganze natürlich nicht wirklich ausfahren, einerseits wegen der Geschwindigkeitsbeschränkung in USA, und andererseits weil wahrscheinlich 99% der Ottonormalautofahrer das fahrerische Können fehlt um so ein Auto am Limit zu bewegen.
Interessant war auch der Kraftstoffverbrauch. Auf 580 Meilen haben wir 25,2 Gallonen verbraucht, was etwa 23 mpg entspricht, bzw. etwa 10,3 Liter auf 100 km, was wie ich finde ziemlich gut ist.
Dabei war etwas Stadtverkehr und natürlich überwiegend Langstrecke auf denen konstant ohne zu bremsen 70 oder 75 mph gefahren wurde. Dabei drehte der Motor im höchsten Gang grad mal 1500 Umdrehungen.
Auf einer deutschen Autobahn könnte man das ganze wahrscheinlich mit etwas Gewalt auch Richtung 15-20 Liter auf 100 km bewegen.
Fahrwerk:
Auch hier gabs wenig zu meckern.
Man hat von amerikanischen Autos ja meist den Eindruck etwas zu komfortabel abgestimmt zu sein und nur geradeaus schnell fahren zu können, aber im Gegensatz zum amerikanischen Musclecar wo in irgendeine Mittelklasselimousine ein Riesenmotor eingebaut wird, hat man hier einen richtigen Sportwagen, wo man auch bei zügig gefahrenen langen Kurven kein schlechtes Gefühl bekommt.
Nur etwas ruppig war es teilweise. Während man auf guten Straßen noch erstaunlich komfortabel unterwegs war, reichte die kleinste Bodenwelle, um zu glauben, dass man grad mit 50 einen Bordstein runter gefahren wäre.
Da half auch die Fahrwerkseinstellung „Tour“ statt „Sport“ nix.
Lediglich den ESP-Schalter sollte man auf der Vollautomatikstellung lassen, und selbst da bricht einem das Heck manchmal leicht aus. Den „Competitive Mode“ hab ich nur kurz probiert und wieder bleiben lassen. ESP ganz ausschalten kann man als ungeübter Fahrer im normalen Straßenverkehr wohl ganz vergessen wenn man es zügig angehen lassen will.
Fazit:
In Florida dreht sich kaum einer nach diesem Fahrzeug um, hierzulande würde man wahrscheinlich in den Verdacht geraten ein „Vollkaufmann“ zu sein.
Wenn einen das trotzdem nicht stört, bekommt man hier einen (Super-)Sportwagen der hierzulande für 65.000 Euro angeboten wird und wo es nicht viel zu meckern gibt. Ich glaube in der Preisklasse gibt’s keine Konkurrenz.
Ich kaufe mir aber trotzdem keinen…