Hallo,
zur Zeit habe ich so einen Hang, an manchen scheinbar festgefügten Weisheiten der IT-Welt zu rütteln.
Vor einigen Tagen hier die Beschreibung, wie man kostenlose (oder besser sehr kostenarme) MMS aus allen Netzen verschickt, unabhängig davon, ob die Netzbetreiber überhaupt schon MMS unterstützen, und heute habe ich mich des Geheimnisses um die i-mode Zugangsdaten angenommen.
Schon als i-mode und das NEC N21i im März vorigen Jahres vorgestellt wurden, kamen zwei Fragen auf:
1. Kann man das N21i auch in anderen Netzen vernünftig (d.h. inkl. WAP) nutzen?
2.a) Kann man i-mode auch mit anderen (gleichbedeutend mit besseren) Geräten nutzen als dem N21i?
2.b) Wie nutze ich den niedrigen Einführungspreis von 0,1Cent/kb richtig aus?
Frage 1 musste leider schnell verneint werden. Zu Frage 2.a) gab es bisher auch noch keine völlig befriedigende Antwort. Seit einem Monat stehen immerhin das Toshiba TS21i und das NEC22i zur Verfügung. Diese sind aber leider auf genau die gleiche Weise vorkonfiguriert wie das N21i.
Frage 2.b) hat sich für die Bestandskunden mit Beginn des Jahres leider erledigt und betrifft nur noch die Neukunden und die Masse der Testpaket-Nutzer.
Seit ein paar Tagen habe ich nun auch so ein Testpaket mit N21i und der Händlertarifkarte und damit endlich die Gelegenheit, mich mit i-mode etwas mehr aus der Nähe zu befassen.
In den letzten Monaten hatte sich bei mir der Eindruck verfestigt, als seien i-mode und sein spezieller Gateway nichts besonderes. Ich hatte die Erfahrung gemacht, daß fast alle Gateways HTML-Dateien zumindest an die Handys weiterleiten, die damit umgehen können. Die Unterscheidung, ob bei zweideutigen Adressen nun die HTML- oder die WAP-Version angezeigt wird, trifft nicht der Gateway, sondern der Webserver der entsprechenden Site anhand der Daten im HTTP-Header. Ein Merkmal, das i-mode zunächst von WAP unterschied, ist der Paycontent. Hier hat Vodafone aber nachgezogen und ein entsprechendes System auch mit seinem Gateway realisiert. Ein System wie i-mode liesse sich also sehr einfach auf vergleichsweise konventionelle und kompatible Weise realisieren. Ich dachte mir daher zeitweise, ob es reine Schikane ist, daß die i-mode Zugangsdaten so geheimgehalten werden, oder ob die Vereinbarungen mit den japanischen Partnern so ungewöhnlich streng waren.
Dann erhielt ich das N21i und merkte schnell, daß an dem System nichts konventionell ist.
Es ist nicht möglich, vorkompilierte WAP-Seiten im wmlc-Format zu laden. Desweiteren wird kein wmlscript akzeptiert. Es gibt zwar die Möglichkeit, ein manuelles Zugangsprofil zu erstellen, aber dort lässt sich nur ein "i-mode Server" angeben, aber kein WAP-Gateway. Kurz gesagt, gab es nur eine Schlussfolgerung:
Das Gerät selbst weiss mit WAP absolut überhaupt nichts anzufangen.
Es versteht nur cHTML und ist auch dabei recht beschränkt. Wenn man eine WAPseite aufruft, wird diese vom i-mode Server in cHTML übersetzt und dann an das Handy geschickt. Dies bedeutet übrigens, daß die i-mode Tarife immer unter den WAP-Tarifen liegen sollten, da bei Aufruf einer WML-Seite im Gegensatz zum "echten" WAP keine Datenreduktion erfolgt. (Wobei natürlich theoretisch auch bei i-mode eine komprimierte Übertragung der Information möglich wäre. Ich nehme aber nicht an, daß dies der Fall ist.)
Jetzt wusste ich also eins besonders genau: i-mode ist ein proprietärer Standard. Mmh, wirklich keine Neuigkeit, aber dieses System erscheint mir doch ziemlich verkorkst und verquer. In Japan mag so ein geschlossenes System gut funktionieren, aber in Europa bringt so eine Insellösung überwiegend Probleme. Wäre es als offener Standard anstelle von WAP implementiert worden, wäre es ein großer Erfolg geworden und uns wären viele WAP-spezifische Tücken erspart geblieben. Aber so?
Jetzt aber zum eigentlichen Topic:
Ich habe mir die Einstellungsmöglichkeiten im manuellen Zugangsprofil mal genauer angesehen. Der erste Punkt heisst "APN" und lässt wenig Zweifel über seinen Zweck. Trägt man hier die Adresse eines zur jeweiligen Karte passenden APN ein, merkt man, wie das Handy eine korrekte GPRS-Verbindung aufbaut. In der "Cost Control" der Eplus Online-Kundenbetreuung werden "normale" GPRS-Verbindungen unter "internet.eplus.de" aufgeführt und i-mode Verbindungen unter "portalmmm.de". Könnte also "portalmmm.de" der Name des i-mode APN sein? Bingo!
Das allein nützt einem aber wenig, da höchstwahrscheinlich nur Verbindungen über den i-mode Server möglich sind. Wie kommt man nun an dessen Adresse? Wenn man die WAPseite http://webcab.de aufruft, findet man dort unter den Tools einen Punkt "Who am i?". Dieser zeigt zum einen den im HTTP-Header übermittelten User Agent (UA) an, vereinfacht und auf deutsch gesagt: den Produktnamen des Handys. Zum anderen wird auch angezeigt, von welchem Rechner die Anfrage zum Webserver geschickt wurde. Im Falle von i-mode ist dies 212.23.97.185 = accm2sn1.eplus-online.de. Also könnte man versuchen, diese Adresse im N21i unter "i-mode Server" einzutragen. Der Erfolg: Fehlanzeige! Nun ist es allerdings nicht immer so, daß die hier übermittelte IP mit der Gateway-IP identisch ist, die man im Handy eingestellt hat. Manchmal weicht die Adresse ein wenig ab. Ich habe deshalb die letzte Stelle ein wenig variiert, was zunächst nichts brachte. Schließlich hatte ich mit 212.23.97.180 Erfolg. Die per Bookmark angeforderte i-mode Seite erschien! Die Adresse des i-mode Servers war damit ermittelt.
In den Einstellungen gibt es noch den Punkt "Portal Server". Diese Adresse habe ich noch nicht herausgefunden. Drückt man daher auf den rechten Softkey und wählt den Punkt "i-Menu", erscheint eine vom i-mode Server generierte Fehlermeldung, daß sich diese Seite nicht erreichen liess. Am Fuße des Textes befindet sich aber ein Link zum i-Menu, der einen genau dahin bringt. Das Fehlen der Portal-Server Adresse stellt also überhaupt keinen Mangel dar. Schwerwiegender ist das Fehlen der Mail-Server Adresse, ohne die der i-mail Dienst nicht funktioniert. Bei den passenden Geräten ist aber ohnehin ein funktionierender Satz von Zugangsparametern eingebaut, den man normalerweise verwendet.
Nun, was bringt das jetzt, außer der Befriedigung, diese angeblich "streng geheimen" Parameter ermittelt zu haben?
Ich habe spaßeshalber mal die Eplus-Karte ins Sharp GX10 eingelegt und in den WAP-Einstellungen den APN "portalmmm.de", sowie die i-mode Server IP als Gateway IP eingetragen und als Portnummer 9201 angenommen. Es erschien mir unsinnig, daß soetwas etwas bringen sollte, aber einen Versuch konnte ich ja mal riskieren.
Und es klappte! Es liessen sich WAP- und i-mode Seiten aufrufen und der beinahe obligatorische Link unten auf i-mode Seiten, der zum i-menu führt, funktionierte plötzlich. Ich war mit dem Sharp im offiziellen i-mode Bereich. Dort konnte ich z.B. eine Übersicht meiner Abos aufrufen und sogar ein neues Abo unter Eingabe meiner i-mode PIN bestellen. Unter diesen Umständen war es dann auch keine Überraschung mehr, daß auch die Lokalisierung funktionierte, da ich ganz offensichtlich als vollwertiger i-mode Nutzer vom System akzeptiert und über den APN auch identifiziert war.
In diesem genau zwei Monate altem Posting habe ich versucht zu erklären, inwiefern das Sharp GX10 ein i-mode taugliches Handy ist oder eben nicht ist. Die Erfahrungen von heute stellen das in ein neues Licht. Die Benutzung von i-mode ist nicht mehr an ein von Eplus vorgegebenes Handy gebunden, das sich in anderen Netzen nur eingeschränkt nutzen lässt. Eines der Haupthindernisse zu einem weitergehenden Erfolg von i-mode ist damit beiseite geräumt. Sicherlich gibt es mit dem GX10 noch Einschränkungen, von denen ich in dem genannten Posting schon einige aufgezählt habe. Zusätzlich möchte ich erwähnen, daß die Zahlen, die dem schnellen Zugriff dienen, nicht automatisch links neben den Links erscheinen. Drückt man dann aber trotzdem die entsprechende Taste, reagiert das Handy wie vorgesehen.
Trotz dieser kleinen Einschränkungen macht das "i-moden" mit dem Sharp viel mehr Spaß als mit dem N21i. Das Gerät scrollt schneller, hat wesentlich angenehmere Tasten und ein viel schöneres Display. Bei einigen Seiten ist der Unterschied zwischen 256Farben-STN und 65536Farben-TFT schon frappierend. Zusätzlich hat man noch eine Kamera mit im Gerät und kann MMS nutzen. Der i-mail Dienst fehlt dagegen. Dies kann als einziger wirklicher Nachteil gesehen werden. Allerdings sollte man beachten, daß i-mail und MMS technisch verwandt sind. Der wesentliche Unterschied liegt in der unterschiedlichen finanziellen Behandlung. MMS sollen Geld in die Kassen der Netzbetreiber spülen, und zwar möglichst viel. i-mails sind ein Zusatzdienst von i-mode, die wohl nur notgedrungen so billig sind, um einen Anreiz für i-mode zu schaffen. Nutzt man aber den NowMMS-Dienst, hat man fast den selben Komfort wie bei i-mail und kann zusätzlich noch multimediale Attachments nutzen. Das Verfahren müsste nur noch etwas ausgereifter und zuverlässiger (zumindest in Empfangsrichtung) werden.
Was bedeutet es, daß i-mode so unerwartet mit dem Sharp funktioniert?
Mit einem anderen Handy konnte ich den i-mode Server nicht als WAP-Gateway verwenden. Anscheinend ist die Nutzung tatsächlich auf WAP2.0-taugliche Geräte beschränkt. Ob das Sharp hier explizit freigeschaltet wurde, lässt sich schwer sagen. Es kann gut sein, daß es sich hierbei um ein erstes Anzeichen dafür handelt, daß Eplus mit der Umstellung auf WAP2.0 ernsthaft experimentiert. Dies würde dem Dienst sehr gut tun. Andererseits fehlen immer noch die passenden Endgeräte. Die derzeitigen WAP2.0-Handys interpretieren den xHTML-Standard zu streng. Den Content-Partnern kann aber eine Umstellung auf XHTML nur schwer zugemutet werden. Als aktuelle Geräte fallen mir nur das Sharp und das Motorola T720 ein. (Probiert das mal jemand mit einem T720 aus?
Ich stelle mir übrigens gerade die Eplus Techniker mit dem stark Vodafone gelabelten GX10 vor. )
Die Cebit scheint spannend zu werden. Ich hatte mich in den letzten Tagen gefragt, wie Eplus den proprietären i-mode Standard mit MMS in Verbindung bringen will, das ja auf WAP basiert. Die Umstellung auf WAP2.0 wäre eine elegante Lösung, wobei durch Tricksen am Server auch mit dem derzeitigen Standard so einiges möglich wäre, von dem vielleicht sogar die derzeitigen i-mode Handy Besitzer zumindest partiell profitieren könnten. Ich denke dabei an geschickte i-mail <-> MMS Konvertierungen und direkt anklickbare Links in i-mails, die auf i-mode konforme Darstellungen der MMS-Inhalte verweisen. Andererseits könnte ich mir gut vorstellen, daß mit Erscheinen von WAP2.0-basierten i-mode Geräten die aktuellen NECs und Toshibas endgültig als veraltet gelten.
Warten wir also die Cebit ab. Dann werden wir sehen, ob es Eplus schafft, mit einem modernen i-mode aus dem von NTTDoCoMo und NEC vorgezeichneten Sackgassenkurs auszubrechen.
Viele Grüße,
Lanturlu