Hamburg Wahl 2008

  • Wenn jeder die Preise erhöht, dann steigt vielleicht dein nominales Einkommen durch den Mindestlohn, dein reales Einkommen ist damit aber kein bischen besser, im Gegenteil sämtliche Bezieher von Transferleistungen werden schlechter gestellt.


    In einem Punkt ist ein sehr niedriger Mindestlohn sicher sinnvoll, das extreme Dumping durch andere europäische Länder wäre unterbunden. Flächendeckend ist er dennoch Unfug. Selbst die USA legen die Mindestlöhne nur auf Staatsebene fest, alleine schon um den Wettbewerb der Regionen nicht durch eine unsinnige Gleichschaltung anzugreifen.


    Man sollte mal von diesem Idealismus weg, dass jede Arbeit ohne Transferleistung reichen muss. Wir spezialisieren uns immer mehr, da haben einfache Arbeiten einfach keine Wertschöpfung mehr wie vor einige Jahren. Was hilft? Bildung!

  • Bei Einführung eines Mindestlohnes würden wohl einige Dienstleistungen teurer werden, aber ich denke insgesamt wäre die dadurch verursache Inflation nicht so arg hoch, das es ein Problem darstellen würde.


    Und ich finde schon das jede Arbeit so vergütet werden muss das der, der sie macht davon leben kann. Ansonsten ist es der Job eh nicht wert erhalten zu werden.

  • Von der Anti-Mindestlohn-Fraktion wird immer angeführt dass Jobs wegfallen würden wenn man Mindestlöhne zahlen würde.


    Nur erklärt niemand logisch, warum! Da wird doch unterstellt dass bestimmte, im Moment unterbezahlte, Dienstleistungen wegfallen würden weil sie mit Mindestlohn unrentabel würden. Im Umkehrschluß heißt das: man zahlt im Augenblick für sinnlose Dinge nur weil sie billig sind?


    Wenn es tatsächlich so wäre dass eine Putzfrau, die einen Mindestlohn bekommt, nur noch alle 2 Tage anstatt bisher täglich putzen kommt, dann bedeutet es dass eine Reinigung alle 2 Tage ausreichend ist. Demnach würden ihr Chef und dessen Auftraggeber sie im Moment täglich einsetzten - und bezahlen! - obwohl das gar nicht nötig ist?


    Schwachsinn! Mindestlohn oder nicht Mindestlohn, wenn erkannt wird dass eine Reinigung alle 2 Tage reicht wird man das sofort umsetzen, denn so spart man auch vom kleinen Gehalt noch die Hälfte ein!


    Geht man wirklich seltener zum Friseur und rennt demnächst wochenlang mit Zottelhaaren herum weil die Preise beim Friseur so gestaltet werden dass sie die Kosten decken? Sicher nicht!


    Und schmidt, genau diese Prozentrechnungen, obwohl wohlbekannt und wahrscheinlich richtig, nutzen faktisch gar nichts weil sie am Problem vorbei gehen. Mir war aber, als ich die Zahlen vor ein paar Tagen erstmals las, sofort klar dass irgendwer sie partout als Nebelkerze nutzen würde. Glückwunsch, es war kein FDP-"Wir sind die Partei der Besserverdienenden"-Politiker in einer Talkshow, sondern du hast den Punkt gemacht.
    Es ist völlig wurscht ob die Steuerlast X oder Y Prozent des Einkommens ausmacht oder welche Bevölkerungsschicht welchen Anteil am gesamten Steueraufkommen hat. Den individuellen Bürger interessiert was er netto in der Tasche hat und welche Kaufkraft er davon hat, nicht welchen statistischen Anteil seine Abgaben ausmachen.


    In der täglichen Realität hat der eine ein Problem wenn das Geld kaum zum Leben reicht, der andere lebt in Saus und Braus, völlig egal wieviel Steuern diejenigen in den Topf einbringen. Wenn ich jeden Monat ein paar tausend Euro zum Verprassen habe ist mir völlig egal ob ich 1, 25 oder 99% Steuerabgaben zahle, wirklich wichtig ist was ich in der Tasche habe und wie ich davon leben kann.


    Ansonsten ist es okay wenn Leute, die viel arbeiten, eine anspruchsvolle Ausbildung, einen anstrengenden Job oder hohe Verantwortung haben, entsprechend honoriert werden. Es muß aber in nachvollziehbarem Rahmen bleiben. Auch der Tag eines Managers hat nur 24 Stunden, er hat auch nur 2 Hände, einen Kopf zu denken und einen Mund zum reden. Er KANN nicht so viel mehr leisten wie normale Angestellte dass er so horrend mehr Geld verdient.
    Die Leute sollen ruhig gutes Geld bekommen, aber es muß in vertretbaren Relationen bleiben - und das ist immer weniger der Fall.


    Abgesehen davon verselbstständigen sich große Vermögen weil allein die Zinsgewinne so wachsen - und exponentiell weiter steigen! - dass viele Vermögen keineswegs mit harter Arbeit verdient wurden, sondern sich ab einer gewissen Schwelle aus sich selber heraus schneeballartig weiter vergrößern. Da tut der Besitzer keinen Handschlag dafür.


    Wie man in purem Luxus leben, dem Geld beim selbstständigen Wachstum zusehen und dennoch mit krimineller Energie Summen beiseite schaffen kann ist mir einfach schleierhaft. Was geht in Zumwinkel und Konsorten vor, die es nun wirklich nicht nötig haben zu bescheißen?
    Wie kann man sich denn vom Staat, vom Steuerrecht, benachteiligt fühlen wenn man trotz hoher Abgaben immer noch zu den finanziell bestgestellten Menschen des Landes, man kann auch schreiben "der Welt", gehört? Dazu muß man doch eine Denke entwickelt haben, die ein Psychiater als "Fixation in den Denkinhalten" bezeichnet.


    Die CDU hat nicht etwa dazu beigetragen dieses gesellschaftliche Problem zu lösen - nein, sie waren sogar so dreist mitzumachen! Ich sage nur "Parteispendenaffaire"! Ansonsten verdienen Abgeordnete schon als solche ganz gut, aber so richtig abgesahnt wird durch die Posten in Aufsichtsräten etc. Man fragt sich natürlich wo diese Leute ihre Zeit stehlen... Und zugleich wie glaubwürdig und neutral ein Politiker ist, der auf der Gehaltsliste eines Unternehmens steht, gegen dessen Interessen er im schlimmsten Fall Gesetze machen müßte...


    Die Bürger sind aber keineswegs so blöd das alles nicht zu verstehen oder sich wie dummes Stimmvieh zu gebärden. Die Leute kapieren mehr als manche Hohlköpfe glauben, wie ein gewisser Roland Koch gut zu berichten wüßte.

    Ich dachte immer es sei technisch unmöglich mit jemandem Sex zu haben, der Dörte heißt...

  • Zitat

    Original geschrieben von _-=voodoo=-_
    Wenn jeder die Preise erhöht, dann steigt vielleicht dein nominales Einkommen durch den Mindestlohn [...]


    MEINS sicher nicht. ;)

    Zitat

    In einem Punkt ist ein sehr niedriger Mindestlohn sicher sinnvoll, das extreme Dumping durch andere europäische Länder wäre unterbunden. Flächendeckend ist er dennoch Unfug. Selbst die USA legen die Mindestlöhne nur auf Staatsebene fest, alleine schon um den Wettbewerb der Regionen nicht durch eine unsinnige Gleichschaltung anzugreifen.


    Auch hier könnte es von mir aus gerne regionale Unterschiede geben.

    Zitat

    Man sollte mal von diesem Idealismus weg, dass jede Arbeit ohne Transferleistung reichen muss. Wir spezialisieren uns immer mehr, da haben einfache Arbeiten einfach keine Wertschöpfung mehr wie vor einige Jahren. Was hilft? Bildung!


    Also entschuldige mal - was hat das denn bitte mit Idealismus zu tun?? Das kanns ja nun nicht sein. Ausreichendes Gehalt zur Sicherung eines minimalen Lebensstandards erst ab Gymnasiumabschluss aufwärts, und niedrigqualifizierte Arbeiten nur mit staatlichen Zuschüssen? Was ist das denn bitte für eine unsinnige Theorie? Vor allem: Beim Thema "Mindestlohn" darf der Staat nicht eingreifen, aber damit es für die Arbeitgeberseite weiterhin bezahlbare Kräfte für die "niederen" Arbeiten gibt, da darf der Staat dann mit Transferleistungen aushelfen? Na vielen Dank auch. Wie wirr muss man sein, um auf solche Gedanken zu kommen? :confused:


    Es hat IMMER schon niedere Arbeiten gegeben, die von irgend jemandem gemacht werden müssen, und das wird auch IMMER so bleiben. Auch in Deutschland. Aber es kann ja nun wohl kaum Sinn und Zweck des Systems sein, dass diese niederen Arbeiten (die ja letztlich auch nicht dem Gemeinwohl, sondern dem Arbeitgeber und dessen Kunden zugute kommen) prinzipiell nur noch mithilfe staatlicher Transferleistungen machbar sind. Das ist von der Idee her ja fast schon Kommunismus - nur andersrum. :D


    Die Gemeinschaft der Steuerzahler als Subventionsträger aller Putzfrauen. Da fällt einem wirklich nix mehr zu ein...

    Ist das eine von den Kirchen, wo man so kleine Cracker kriegt? Ich habe Hunger!

  • habe denn alle die hier gegen mindestlohn oder die linke wettern ihre schäfchen schon ins trockene gebracht?
    was hierzulande momentan abläuft ist doch schon eine finanzoligarchie. der sklavenhalter gibt seinen sklaven ein bett und was zu essen, mehr nicht. anders ist es, finde ich nicht zu sehen, wenn zum beispiel zeitarbeiter oder sicherheitsmitarbeiter (nur als beispiel) für 5-6 € die stunde arbeiten, dadurch fast zwangsläufig mehr arbeiten, weil sie ja auch leben müssen? während sich die vermögen der oberen zehntausend fast verdoppeln und spitzensteuersätze gesenkt werden.
    das ist wahre soziale gerechtigkeit! :top:
    ich hoffe die linke oder welche soziale kraft auch immer word bald die (sozial) demokraten ersetzen, die haben sich irgendwie überlebt...

  • Die Debatte um die Mindestlöhne verdeckt doch nur das eigentliche Problem: Die radikale Öffnung der Dienstleistungs- und Produktionsmärkte für ausländische Arbeitnehmer.


    Ich weiß wirklich nicht wieso wir reihenweise Laster aus Osteuropa für die Paketauslieferung brauchen oder rumänische Arbeitskräfte in Schlachhöfen, bulgarische Putzkolonnen oder litauische Mauerer auf den Baustellen.


    Und die Bürger hier die noch eine einigermaße einträgliche Arbeit haben, finanzieren dann die Sozialtransfers an die Opfer dieser kriminellen EU-Wirtschaftspolitik, während unser Volksvertreter tatenlos zuschauen.

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    Ericsson T39m
    Legends never Die!
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  • Und für's Zusehen gibt es jetzt eben die Quittung in Form der Wahlergebnisse. Da wird der Wahltag zum Zahltag...

    Ich dachte immer es sei technisch unmöglich mit jemandem Sex zu haben, der Dörte heißt...

  • Original geschrieben von BigBlue007
    Wir werden wirklich auch niemals auf eine Linie kommen... :D


    Was ist dagegen einzuwenden, wenn gesagt wird, dass eine Arbeit, egal was für eine, einen bestimmten Mindestbetrag x wert ist?


    Es kann - und da sind wir vermutlich einer Meinung - selbstverständlich nicht Aufgabe der Politik sein, die Tarifverhandlung zwischen Arbeitnehmer- und -geberseite zu ersetzen. Aber was bitte ist denn so schlimm daran, wenn man sagt, dass jemand, der in Tätigkeit, sondern quasi allein aufgrund der Tatsache, dass er seine Arbeitskraft einem Arbeitgeber zur Verfügung steht, mindestens mit einem Betrag x nach Hause gehen können muss, der ausreichend hoch sein muss, dass er davon in Deutschland und zu den hierzulande üblichen Lebenserhaltungskosten ein halbwegs auskömmliches Dasein führen kann?


    Ich sage: Nichts!


    Und ich verstehe auch das Gezetere von wegen Konkurrenzfähigkeit usw. nicht. Wenn es einen Mindestlohn gäbe, müssen ihn ALLE zahlen. Wenn ein Frisör dann seine Dumpingpreise anheben muss, dann müssen das alle anderen auch. Und die Leute haben ja dann keinen geringeren Bedarf daran, sich ihre Haare schneiden zu lassen.


    [/QUOTE]


    An diesem Punkt müßte man natürlich zuerst definieren, was man unter dem "Wert" einer Ware verstehen möchte. Da gibt es verschieden Möglichkeiten wie z.B. Nutzwert, Tauschwert, Marktwert etc. Bereits im 1. Kapitel von Marx´Kapital findet sich eine hochsophistische Diskussion dieser Frage, die man nur jedem ans Herz legen kann, der eine gewiße Neigung zum intellektuellen Masochismus hat. Letztlich scheint es Dir allerdings um das zu gehen, was man in der Dogmengeschichte unter der Frage nach einem "gerechten Preis" versteht und die bereits im Altertum etwa von Aristoteles diskutiert wurde und vor allem bei den Scholastikern eine zentrale Rolle spielte. Allen Lösungsansätzen gemein ist dabei, daß moralisch Kategorien bei der Bestimmung des Preises eine zentrale Rolle spielen sollten und genau das postulierst Du ja im Grunde auch.
    In einer funktionsfähigen Marktwirtschaft haben Preise und damit auch Löhne jedoch die rein effizenzorientierte Funktion, Knappheitsverhältnisse zu signalisieren und Güter und Faktoren so in die Verwendungen zu lenken, in denen sie den höchsten "Nutzen" oder "Ertrag" erzielen. Wenn dies funktioniert zeichnet sich das Endergebnis im Idealfall dadurch aus, daß das erzielte Sozialprodukt maximiert wird, daß also der insgesamt zur Verteilung zur Verfügung stehende Kuchen möglichst groß wird. Dazu ist es notwendig, daß sich die Preise durch das Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage auf einem markträumenden Niveau einspielen bei dem Angebot und Nachfrage nach einem Gut eben gerade übereinstimmen. Legt man nun auf einem Markt, z.B. dem Arbeitsmarkt für gering qualifizierte Arbeitskräfte willkürlich einen Preis fest, ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, daß das markträumende Niveau verfehlt wird. Liegt der Preis zu niedrig, so wird mehr nachgefragt als angeboten, liegt er dagegen zu hoch, so verhält es sich gerade umgekehrt. Und genau das ist der springende Punkt. Legst Du auf dem Arbeitsmarkt für gering qualifizierte Arbeitskräfte einen Lohnsatz fest, der über dem markträumenden Niveau liegt, so werden mehr Menschen bereit sein, zu diesem Lohnsatz ihre Arbeitskraft anzubieten als Unternehmen bereit sein werden zu diesem Lohnsatz diese Arbeitskraft nachzufragen. Das Ergebnis ist Arbeitslosigkeit, die neben allen anderen Problemen aus ökonomischer Sicht eine Verschwendung von Ressourcen darstellt. Deshalb kann es in einer funktionierenden Marktwirtschaft nicht darum gehen, einen Preis so festzulegen, daß er die Wünsche und Bedürfnisse der einen Marktseite befriedigt. Wenn die so zustande kommende primäre Einkommensverteilung aus ethisch-moralischen Überlegungen unbefriedigend ist, so muß man überlegen, wie man sie durch Einkommensumverteilungen korrigiert. Dazu gibt es das Steuerwesen und Sozialtransfers. Versucht man jedoch die Einkommensumverteilung durch Eingriffe in die Preisbildung zu erreichen, so verringert man dadurch drastisch die Effizienz des Marktsystems.


    Zitat

    Original geschrieben von BigBlue007


    Es kann schlicht und ergreifend nicht sein, dass jemand 8h am Tag arbeitet und dann trotzdem noch staatliche Beihilfen bekommen muss, weil das Einkommen nicht ausreicht, um selbst grundlegenste Bedürfnisse zu befriedigen. Und wenn das Geschäftsmodell eines Unternehmens nur solange funktioniert, solange Dumpinglöhne gezahlt werden, dann hat dieses Unternehmen keine Daseinsberechtigung und darf dichtmachen - so einfach ist das. Da kann man den (dann ehemaligen) Mitarbeitern dann genauso gut Geld aus den Sozialkassen zahlen, bis sie einen anderen Job finden


    Auch hier argumentierst Du wieder nach dem Konzept des gerechten Preises. Für den Preis oder Tauschwert eines Produktes ist es in einer Marktwirtschaft jedoch gänzlich unerheblich, wie hoch die subjektive Anstrengung war, die erbracht wurde, um es zu erstellen. Wenn niemand das Produkt haben will, dann besitzt es keinen Tauschwert. Der Punkt ist jedoch, daß es genügend Produkte und Leistungen gibt, für die Nachfrage bestünde, allerdings nicht zu einem Preis der ihrem Erzeuger ein "angemessenes" Auskommen zu sichern. Deshalb haben diese Produkte oder Leistungen dennoch einen (Tausch)Wert und tragen damit zu einer Steigerung der Sozialproduktes, zu einer Vergrößerung der Kuchens bei. Insofern ist Deine Behauptung, solche Unternehmen hätten keine Daseinsberechtigung eben falsch. Wenn Du eine bestimmte Bevölkerung hast, die zumindest das von Dir postulierte "auskömmliche Dasein" führen muß, dann steigert jeder Euro, der in welcher Tätigkeit auch immer erwirtschaftet wird, das "Güterbündel", das letztlich irgendwie verteilt werden kann. Alle Personen, die nicht in der Lage sind, ihr "auskömmliches Dasein" vollständig aus dem für sie am Markt erzielbaren Einkommen zu bestreiten, dauerhaft in Arbeitslosigkeit zu belassen zu wollen ist nicht nur etwas zynisch, es ist vor allem auch eine Verschwendung von Ressourcen.



    Zitat

    Original geschrieben von BigBlue007

    Übrigens haben 20 von 27 EU-Ländern einen Mindestlohn. Liegen die alle falsch?
    Und in den Ländern, die keinen Mindestlohn haben, ist es dann i.d.R. immerhin noch so, dass ein großer Teil der Beschäftigten nach einem Flächentarifvertrag bezahlt werden. In Österreich z.B. gibt es zwar keinen Mindestlohn, dafür arbeiten aber fast 100% nach Tarif. Ähnlich sieht es etwa in Finnland oder Dänemark aus. In Deutschland dagegen arbeiten nur roundabout 60% der Beschäftigten nach einem Flächentarifvertrag, was unter den relevanten Ländern ohne Mindestlohn so ziemlich das Schlusslicht sein dürfte.


    Irgendwann muss man auch als Deutscher mal einsehen, dass man nicht alles am besten wissen und machen kann. Wir reden hier nicht über ein ökonomisches Experiment, sondern über etwas, das in der großen Mehrzahl der Industrieländer der Welt seit Langem Normalität ist.


    Du solltest allerdings nicht unerwähnt lassen, daß der staatliche Mindestlohn in Bulgarien, Rumänien und Lettland unter 1€ liegt, In Litauen, Estland, Polen, der Slowakei, Ungarn, Tschechien deutlich unter 2€, in Portugal weit unter 3€, in Spanien, Slowenien, Griechenland und Malta unterhalb von 4€. Das Problem liegt ja weniger in einem Mindestlohn an sich, sondern an seiner Höhe. Liegt er unterhalb des markträumenden Lohnsatzes so hat er schlichtweg keine Wirkung, schadet also auch nicht. Wenn man sich die Länder ansieht, in denen ein Mindestlohn auf dem Niveau eingeführt wurde, wie er für Deutschland angedacht wurde, so ist das Ergebnis durchaus unterschiedlich. In Großbritannien oder Irland, scheint die Einführung eines Mindestlohnes der Beschäftigung nur wenig geschadet zu haben. Zum einen wurde er dort aber auch von starken Liberalisierungen am Arbeitsmarkt flankiert, Kündigungsschutzregelungen in unserem Sinne gibt es dort eigentlich nicht mehr. Zum anderen scheint es dort aber auch gelungen zu sein, relativ nahe bei einem martkräumenden Preis zu landen. Darauf deutet hin, daß dort nur ein sehr geringer Anteil der Beschäftigten diesen Mindestlohn erhält, in Irland sind das knapp 5%. Ganz anders sieht die Situation etwa in Frankreich aus. Hier wurde der Mindestlohn offenbar viel zu hoch angesetzt, dort beziehen etwa 20% der Beschäftigten den Mindestlohn und die Schäden für die Beschäftigung waren beträchtlich.


  • Du behauptest hier, in ökonomischen Chargon übersetzt, daß die Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen, die unter Einsatz niedrig qualifizierter Arbeitskräfte hergestellt werden und damit indirekt auch die Nachfrage nach gering-qualifizierter Arbeit selbst nicht preiselastisch wären. Ganz abgesehen davon, daß dies unter empirischen Gesichtspunkten totaler Nonsens ist, stellt sich mir dann unmittelbar folgende Frage: Wenn durch Lohnsatzerhöhungen keine Arbeitsplätze gefährdet würden, warum dann diese Zurückhaltung? Warum verlangt man dann "nur" einen Mindestlohn von 8€? Wenn ihre Arbeitsplätze so unangreifbar sicher sind und die soziale Ungerechtigkeit gleichzeitig so himmelschreiend wie von Dir behauptet, warum sollten die Geringverdiener nicht einmal einen kräftigen Schluck aus der Pulle nehmen? Warum dann keinen Mindestlohn von 18 oder 28€? Oder gibt es möglicherweise vielleicht doch einen Zusammenhang zwischen Lohnsätzen und Arbeitsnachfrage?
    Allerdings ist es offenkundig so, daß es genügend Menschen gibt, denen durchaus bewußt ist, daß Mindestlöhne Arbeitsplätze kosten und diese trotzdem fordern, wie folgende Studie von infratest dimap belegt:


    http://www.infratest-dimap.de/?id=39#ue3


    Demnach sind 84% der Befragten für die Einführung von Mindestlöhnen obwohl 37% davon ausgehen, daß hierdurch in größerem Umfang Arbeitsplätze vernichtet werden. Somit ist mindestens 21% der Bevölkerung für Mindestlöhne, obwohl sie glauben, daß dadurch großflächig Arbeitsplätze verloren gehen. Ich finde das ziemlich erstaunlich.



    Nun, wenn 10% der Bevölkerung über 50% der Einkommenssteuerzahlungen erbringen (das reichste Prozent bringt es übrigens allein schon auf über 20% des Einkommenssteueraufkommens), dann mag das für Dich keinerlei Bedeutung haben, für diese Leute selbst hat es die allerdings vermutlich schon. Wir reden hier übrigens durchaus nicht über lauter Einkommensmillionäre, das durchschnittliche Bruttojahreseinkommen innerhalb dieser Gruppe der einkommensreichsten 10% betrug 135000€ und lag damit etwa 3,4mal so hoch wie das durchschnittliche Bruttoeinkommen in Deutschland von damals knapp 40000€. Das ist sicherlich eine Menge und ermöglicht bestimmt einen mehr als komfortablen Lebensstil. Ob das aber der Saus und Braus ist, den Du Dir so vorstellst, weiß ich nicht. Ich weiß allerdings, daß gerade diese Gruppe auch eine hohe Sparquote aufweist und daß dort das Kapital gebildet wird, das zumindest teilweise auch wieder die Entstehung neuer Arbeitsplätze ermöglicht. Die paar superreichen Einkommensmillionäre, die die öffentliche Diskussion beherrschen, sind von ihrer Zahl her dagegen eine eher vernachlässigbar kleine Gruppe.
    Auch das Argument, ein einzelner könne garnicht soviel mehr leisten leisten, daß dies ein zigfach höheres Einkommen rechtfertigen könnte, ist natürlich einfach ein wenig dürftig, da unterschiedliche Arbeiten natürlich ganz verschiedene Qualitäten haben können. Um ein mal ein ganz extremes und bewußt politisch unkorrektes Bespiel zu konstruieren: Der Entdecker des Penicilins, Alexander Fleming, hat der Menschheit mit seiner wissenschaftlichen Arbeit sicherlich einen deutlich höheren Dienst erwiesen, als dies hunderte von sagen wir einmal Sachbearbeitern in ihrem ganzen Leben könnten. Ganz abgesehen davon benötigt es in einer Marktwirtschaft aber keiner moralischen Berechtigung auch ein (extrem) hohes Einkommen am Markt zu erzielen, sondern nur eines Vertragspartners, der bereit ist, dieses zu bezahlen. Moralische Erwägungen zur Einkommenshöhe gehören in den politischen Raum und haben ihren Platz in Diskussionen über das wünschenswerte Maß an Umverteilung, das die primäre Einkommensverteilung in die sekundäre transformiert.


    Zitat

    Original geschrieben von Printus


    Abgesehen davon verselbstständigen sich große Vermögen weil allein die Zinsgewinne so wachsen - und exponentiell weiter steigen! - dass viele Vermögen keineswegs mit harter Arbeit verdient wurden, sondern sich ab einer gewissen Schwelle aus sich selber heraus schneeballartig weiter vergrößern. Da tut der Besitzer keinen Handschlag dafür.


    Das ist schon richtig, ab einer gewißen Vermögenshöhe hat man es nicht mehr nötig zu arbeiten. Und was willst Du daraus für Konsequenzen ziehen? Arbeitspflicht für alle? Oder nur für reiche Erben? Eine Arbeitspflicht für Sozialleistungsempfänger wirst Du ja sicherlich vehement ablehnen. Oder die Enteignung aller Vermögen über 250000€? Oder lieber doch die Wiedereinführung des mittelalterlichen Zinsverbots? Überlege Dir aber vorher, was für Konsequenzen solche Maßnahmen mittel- und langfristig auf Sparneigung, Investitionsquote und damit Schaffung von Arbeitsplätzen hätte.


    Zitat

    Original geschrieben von Printus


    Wie man in purem Luxus leben, dem Geld beim selbstständigen Wachstum zusehen und dennoch mit krimineller Energie Summen beiseite schaffen kann ist mir einfach schleierhaft. Was geht in Zumwinkel und Konsorten vor, die es nun wirklich nicht nötig haben zu bescheißen?
    Wie kann man sich denn vom Staat, vom Steuerrecht, benachteiligt fühlen wenn man trotz hoher Abgaben immer noch zu den finanziell bestgestellten Menschen des Landes, man kann auch schreiben "der Welt", gehört? Dazu muß man doch eine Denke entwickelt haben, die ein Psychiater als "Fixation in den Denkinhalten" bezeichnet.


    Da haben wir ja wenigstens noch einen Punkt gefunden, in dem ich Dir zustimmen kann. Daß ausgerechnet solche Einkommensmillionäre wie Herr Zumwinkel versuchen, sich mit kriminellen Methoden ihrern gesetzlichen Verpflichtungen zu entziehen, ist nicht nur zutiefst verwerflich, sondern auch staatspolitisch in höchstem Maße gefährlich, da es das Vertrauen der Bevölkerung in die bestehende Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung unterminiert. Und wenn tatsächlich stimmen sollte, wie derzeit kolportiert wird, daß Herr Zumwinkel in seiner Einkommenssteuererklärung jahrelang Kapitaleinkünfte unterhalb des Sparerfreibetrages angegeben hat, dann ist es schlichtweg ein Skandal, daß er damit bei irgendeinem Finanzamt dieses Landes durchkommen konnte.

  • Amen,
    mehr bleibt zu dieser ökonomischen Gardinenpredikt nicht zu sagen, greift sie doch viele wahre Punkte auf.


    Aber warum die Stimmung in vielen Teilen Europas , entwickelten Asiens und auch den USA dann so ist wie sie ist, kann ich gar nicht verstehen. Die zunehmende Zukunftsangst der Menschen. Müßten wir doch im Paradies leben, nachdem die Hölle Kommunismus ausgetrieben wurde. Hat da nicht doch einer in die böse Frucht der Erkenntnis gebissen?



    "Wert einer Leistung":
    Dumm nur das sich dieser durch Globalisierung nicht mehr einheitlich konstant abbilden lässt. Zölle und Schranken sind gefallen, Werte im Zuge dieses auch.



    "funktionsfähigen Marktwirtschaft":
    *hüstel* schon Ironie des Schicksals, dass der böse Kommunismus es erst durch sein Zugrundegehen schafft genau diese Funktionsfähigkeit zu untergraben. (Überangebot von Arbeitsleistung) Oder doch besser ausgedrückt, die Rahmenbedingungen für eine funktionsfähige Marktwirtschaft nicht weiter mit Unterstützt. Huch jetzt bin ich ein Linker. Schreiben die doch auch was vom Nutzen innerhalb des Kapitalismus durch vorhandensein des Kommunismus.



    "Für den Preis oder Tauschwert eines Produktes ist es in einer Marktwirtschaft jedoch gänzlich unerheblich, wie hoch die subjektive Anstrengung war, die erbracht wurde, um es zu erstellen."
    Wie recht du hast. Warum werden dann eigentlich oftmals gerade gewisse Vergütungen subjektiv und nicht objektiv bewertet. Ein böser M der Vermögen objektiv vernichtet, verdient objektiv hierfür keinen Lohn, erhält aber subjektiv eine Abfindung. Weil die bösen M eben nur subjektiv und nicht objektiv bewerten können.



    "Mindestlohn":
    Und immer schön nach unten orientieren. Deflation ist ja auch ein vom Ökonom zu bevorzugendes Aggregat.



    "Und wieder unsere 10 50 Debatte"
    Wäre die Welt doch schön, würde es die anderen 90% nicht geben.



    Und jetzt wird es ganz links:


    Arbeitspflicht für alle?
    klar, aber bitte in Lagern, und unter Aufsicht der Stasi mit einer hohen Mauer darum. Oder doch nur ein soziales Jahr, innerhalb der Heranwachsende lernt, das man das Alter in einer Privatresidence auf Mallorca verbringen darf, wenn man denn mal genug geleistet hat, oder andernfalls 23 h am tag in einem Zimmer mit 2 anderen Genossen im bettliegend verbringen darf.



    "Oder die Enteignung aller Vermögen über 250000€?"
    Warum denn enteignen. Setze deine Grenze bei 10.000.000 € an, und begrenze hier das max. zulässige Privatvermögen. Erträge oberhalb sind in Kapitalgesellschaften zum Nutzen derer als Grundkapital anzusehen. St. Moritz ohne deutsche Großaktionäre, nicht vorstellbar. Noch schlimmer, Unternehmungen mit ausreichender Eigenkapitaldecke. Die Banken jammern heute schon, wohin mit den Mrd. Euro der Privataltersversorgungen und Kleinsparer.



    *************************************************


    Jaja, die Ökonomie ist schon eine tolle Religion, wenn man Ihr erstmal verfallen ist sieht alles so schön einfach aus. Nur ein Haken hat das Ganze doch. Religionen können sich innerlich zerrütten, obwohl doch alles so klar und eindeutig sein sollte. Siehe Evangelen und Katholiken.


    Man hat in dieser Predikt immer gelesen, Marktwirtschaft. Vieles was gesagt wurde stimmt zweifelsohne. Zumindest wenn wir bei der Marktwirtschaft bleiben. Setzt man erstmal sozial vor die Marktwirtschaft sieht es schon anders aus. Und richtig schlimm wird es dann, wenn die Reformierten erkennen müßen, dass eine soziale Marktwirtschaft nicht mehr unter den Gesetzen einer Marktwirtschaft dauerhaft funktioniert. Den Altgläubigen ist dies egal, funktioniert doch ihr Modell so schön in der Theorie. Und das es in dieser Theorie eine Großzahl von geduldeten Verlieren gibt, braucht man ja nicht zu erzählen.


    Und die Reformierten müßen sich halt weiter auf die Suche nach der Erkenntnis begeben. Wenn es denn einen Ausweg ohne Verlierer überhaupt geben soll.



    Siemensanier

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