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Buntes Vergnügen aus Fernost
Das Samsung-Handy SGH-S100 ist farbenfroh, spricht Java und hat viele Talente
Korea: Bei diesem Wort denken viele nur an Fußball. Doch auch mit anderen Themen sorgt das fernöstliche Land derzeit für Schlagzeilen. Beispielsweise mit dem Samsung-Handy SGH-S100, dessen Bildschirm ein absoluter Volltreffer ist: Mit 65 536 Farben, die sich über 4 × 3,5 Zentimeter verteilen, weist es alle anderen Farbhandys vom Spielfeld. Sie beschränken sich nämlich auf magere 256 Farben. Das bunte Vergnügen hat jedoch auch beim Samsung-Gerät seine Grenzen, denn sobald ein Angriff von oben kommt, ist es ebenso wehrlos wie die Konkurrenz: Bei Sonnenlicht kann man fast nichts mehr erkennen.
Neben dem bunten Display auf der Innenseite bringt das SGH-S100 einen zweiten Bildschirm mit, der wie eine kleine Brosche auf der Frontklappe sitzt. Die grüne Anzeige informiert über Akkustand, Uhrzeit, Datum und Empfangsbereitschaft. Außerdem zeigt sie die Nummer der Anrufer an, so daß man - ohne das Gerät zu öffnen - direkt sieht, ob Mutti oder der Chef dran ist. Ein weiteres Mittel der Verteidigung sind die 45 Klingeltöne, die sich den Anrufern zuordnen lassen: Fernab aller Tröten und Trommeln sorgen die mehrstimmigen Melodien für reichlich Stimmung auf der Tribüne. Wer es weniger melodisch mag, wählt statt dessen Hundegebell, die Baby- oder Frauenstimme - in Koreanisch, versteht sich. Und wer im Fußballfieber lieber die eigene Nationalhymne hören will, kann im Wap-Netz auf die Suche gehen.
Das hörbare Vergnügen geht bei dem 100 Gramm leichten Gerät jedoch weit über seine Klingeltöne hinaus, denn auch die Akustik von Gesprächen ist absolut überzeugend: Ohne Hintergrundgeräusche kommen die Stimmen klar rüber. Der Empfang hingegen ist nicht ganz so gut - er könnte besonders im E-Netz besser sein. Darüber hinaus funkt der Mini im D- Netz sowie auf der amerikanischen Frequenz GSM 1900. Möchte man beim Laden von Daten Zeit sparen, kann man zudem das GPRS-Netz mit vier Kanälen für den Empfang und einen für den Versand nutzen. Dennoch würden Business- Anwender dem Handy die gelbe Karte zeigen. Beispielsweise, wenn sie die Organizer-Funktionen bei einer Nahaufnahme betrachten. So gibt es nur eine Monatsübersicht - eine für die Woche und den Tag hingegen fehlt. Ferner vermißt man eine Freisprech- und eine Diktierfunktion, diverse Situationsprofile sowie die Möglichkeit der Sprachwahl und Sprachsteuerung. Außerdem versteht sich der kleine Koreaner nur bedingt mit dem Computer. Zwar lassen sich sowohl über Infrarot als auch über das mitgelieferte Datenkabel Informationen übertragen, doch ein Abgleich mit Outlook ist nicht möglich. Fans von Handys der Oberliga vermissen ferner eine Bluetooth-Schnittstelle.
Als Mobiltelefon von Welt beherrscht das SGH-S100 dafür die Programmiersprache Java, auf deren Basis sich weitere Anwendungen laden lassen. Sie werden in einem gesonderten Menüpunkt gesichert, unter dem man auch drei Java-Spiele findet. Generell findet man sich im Menü sehr schnell zurecht: Der Aufbau ist gut strukturiert, und die Navigation ist dank der kreisförmig angeordneten Menütasten recht leicht. Allerdings sind sämtliche Tasten sehr flach in das Gehäuse eingelassen.
Punkten kann der Apparat zudem bei den Nachrichten: Kurzmitteilungen können miteinander verknüpft, mit einfachen Grafiken versehen und an Gruppen gesendet werden. Bis zu 50 SMS- oder EMS-Meldungen hält er fest. Schade nur, daß sich die schönen bunten Bilder und Animationen - beispielsweise ein Schiff, das der untergehenden Sonne entgegensegelt, oder ein Korallenriff mit karibischen Fischen - nicht versenden lassen. Das ist nur mit dem neuen MMS-Standard möglich, den bislang nur das T68i beherrscht. Hier kassiert Samsung also ein weiteres Gegentor.
Ein wenig ins Abseits gerät der Koreaner mit seinem Lithium- Ionen-Akku (720 mAh): Ihm fehlt es eindeutig an Kraft. Schon nach 60 Stunden im täglichen Gebrauch gibt er auf. Doch zum Glück wartet auf der Reservebank bereits ein Ersatz-Akku (900 mAh), der zum Lieferumfang gehört: Er vergönnt einem die gewünschte Verlängerung. Mit im Paket ist des weiteren eine Mikrofon-Ohrhörer-Kombination - aber keine Karte für das WM-Endspiel. Auch wenn man das beim Preis von knapp 700 Euro ohne Vertrag meinen könnte.
MARION KAMP
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 18.06.2002, Nr. 138 / Seite T2