Mindestlöhne sinnvoll?

  • @ Printus:
    Deine normative Sichtweise (überhaupt lese ich hier viel zu viel: "Das darf aber so und so nicht sein") ist schön und gut, in diesem Thread aber überhaupt nicht zielführend! Meine Aussage ist und bleibt aus ökonomischer Sicht korrekt. Oder glaubst Du wirklich, dass es irgendein rational handelndes Wirtschaftssubjekt gibt, welches für weniger als Alg II im Monat bereit ist zu arbeiten? Was also sonst ist das Alg II wenn nicht ein (DER) Mindestlohn?

  • ilbasco


    Es gibt tatsächlich viele Arbeitnehmer, die zu stolz sind, ergänzend Alg II zu beantragen, obwohl sie bezugsberechtigt wären.


    Zur "ökonomischen Sicht" sei noch angemerkt, dass die gängigen marktwirtschaftlichen Großtheorien für sich beanspruchen, gerade auch Nutzen maximierendes Verhalten so kanalisieren zu können, dass vereinfacht gesagt am Ende alle davon profitieren.


    Wenn es aber gar keine Grenzen nach unten gibt, muss man allen Unternehmern unterstellen, aus ethischen Erwägungen heraus einen auskömmlichen Lohn zu bezahlen. Da versagt dann die Theorie und es muss wenn man es zuspitzt der - gerade bei Wirtschaftsliberalen verhasste - neue Mensch (also ein freiwillig mehr als nötig zahlender Unternehmer) unterstellt werden, damit das Wirtschafts- und Gesellschaftssystem nicht leidet.


    Ich will ja nicht sagen, dass ein flächendeckender Mindestlohn unbedingt die beste Lösung ist. Aber so wie es sich momentan entwickelt kann es auch nicht bleiben.

    “The ideas of economists and political philosophers, both when they are right and when they are wrong, are more powerful than is commonly understood. Indeed the world is ruled by little else. Practical men, who believe themselves to be quite exempt from any intellectual influence, are usually the slaves of some defunct economist.” (Keynes)

  • Klar sind nur wenige bereit für unter des ALG Satzes zu arbeiten. Aber da kommt die ARGE ins Spiel die den Leuten mit Sanktionen, Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen oder öffentlicher Gemeinschaftsarbeit großzügig "aushilft", so das die Leute immer mehr "frewillig" Ihre Zukunft im Lohnniedrigsektor wiederfinden.


    So wie von Arbeitslosen erwartet wird das Sie nicht unsere Steuergelder in Anspruch nehmen sollen, so sollen Unternehmen in der Lage sein Ihre Wettbewerbsfähigkeit aus eigener Kraft und nicht von Staatszuschüssen ala Lohnzuschuss abhängig zu machen.


    Also wenn mich Vernunft und Verstand verlassen haben soll wegen meiner Meinung, da frag ich mich was diejenigen verlassen hat die es befürworten das Menschen den ganzen Monat schuften um nicht mal das Existenzminimum zu erlangen. Da scheint sogar noch einiges mehr als nur Verstand, Vernunft verloren gegangen zu sein. Da ist sogar komplett die Menschlichkeit verloren gegangen.

  • Übrigens:


    Wenn man die Mindestlohndebatte schon im Kontext der Globalisierung diskutiert, sollte man sich auch vergegenwärtigen, dass der ständige Verweis auf das niedrigere Lohnniveau im Ausland zum Zwecke der Lohndrückerei (und das auch bei Stellen, die gar nicht ausgelagert werden können!) mit der Zeit einen neuen wirtschaftlichen Isolationismus und Protektionismus politisch salonfähig machen könnte.


    Und das würde mehr schaden als Mindestlöhne.

    “The ideas of economists and political philosophers, both when they are right and when they are wrong, are more powerful than is commonly understood. Indeed the world is ruled by little else. Practical men, who believe themselves to be quite exempt from any intellectual influence, are usually the slaves of some defunct economist.” (Keynes)

  • Zitat

    Original geschrieben von Printus
    Ja - nur geht es da um "generell hohe" Löhne - wir diskutieren aber um "generell zu niedrige" Löhne... Und es geht um theoretische Entwicklungen einer völlig unregulierten Wirtschaft, während unser System ja durchaus bestimmten Regularien unterliegt. So einfach isses also nicht...


    Es geht darum, ob es sinnvoll ist, Mindestlöhne einzuführen und damit das Lohnniveau anzuheben.
    Und der Artikel sagt, dass es irrational bzw. unwirtschaftlich bzw. ökonomisch nicht sinnvoll (nenne es, wie du möchtest) ist, Löhne zu erhöhen und damit einen volkswirtschaftlichen Vorteil erreichen zu wollen, nicht mehr, nicht weniger (und zwar auch dann, wenn es der Wirtschaft scheinbar besser geht als noch vor kurzer Zeit).
    Daher halte ich den Artikel durchaus für passend, auch wenn der Fokus nicht auf der Mindestlohndebatte basiert.


    Wie auch immer. Ein interessantes und diskussionswürdiges Thema ist es allemal.


    Gibt's hier eigentlich keine Verfechter der "Götz Werner"-Theorie? :D

  • Ich bin eindeutig gegen die Einführung eines Mindestlohnes sowie dessen Gegensatz dem Maximallohn.


    Dafür aber für die Ausweitung der Schulpflicht mit anschließender Arbeitspflicht sowie der Deckelung des eigenen privaten verpflichtenen Vermögens.


    Für mich ist der Mindestlohn nichts anderes wie das Feld "Los" beim Monopoly Spiel. Es zögert den Spielverlauf heraus ändert aber nichts am eigentlichen Phänomen. Dem Ende des Spielverlaufes durch Unterbrechnung des im "Idealfall" unendlichen Kreislaufes.


    Die Arbeitspflicht setzt natürlich voraus, dass ein Jeder auch eine Möglichkeit erhält seiner Berufung nachzukommen.


    Und jetzt darf alles oberhalb der Mittelschicht auf mich eindreschen.
    - Wir sollen angesichts der Klimadiskussion Energie sparen, aber täglich wird mein Haushalt von drei bis vier Packetzustellern angefahren.
    - Der Verbraucher wird aus kostengründen gezwungen seinen Verbrauch dezentral zu organisieren.
    - Sind nicht viele Beschäftigungsverhältnisse mittlerweile für die "Wirtschaft" sogar kontraproduktiv, da sie nur administrative Zwecke aber schon lange keinen produktive Zwecke mehr verfolgen. Also heute schon nichts mehr als die Vorhaltung von gesellschaftlich notwendigen Mindestarbeitsplatzzahlen.


    Und da wären wir schon beim Stichwort der Mindesarbeitsplatzzahlen für eine okonomisch sowie ökologische funktionierende Volkswirtschaft. Denn dieses steht im direkten Zusammenhang mit der notwendigen Arbeitspflicht eines Jeden.


    Leider ist die Zeit noch nicht reif genug um wirklich strukturveränderne Reformen durchzuführen. Denn dazu ist der durchschnittliche Lebensstandard noch zu hoch. Was sich jedoch schon wegen der Energiediskussion schneller ändern kann, als gemein angenommen wird.



    Siemensanier


    Der auch mit Mindestlohn niemals einen Audi R8 fahren würde. Nicht einmal durch die Erfüllung seiner gesellschaftlichen Arbeitspflicht. Dieses jedoch durch die Verwendung von X Mindestlöhnern durchaus erreichen kann. Und ohne Mindestlohn ist der Faktor X eben bedeutend geringer.

  • Es wird hier so getan, als würden in Deutschland nur Hungerlöhne gezahlt. Die meisten Arbeitnehmer haben einen ordentlich bezahlten Arbeitsplatz und das ist auch gut so. Es gibt aber auch Arbeit dich sich nur bis zu einer bestimmten Höhe des Lohnes rechnet, da kann man nicht einfach diesen Lohn durch den Staat künstlich hochsetzen. So ein Arbeitsplatz verschwindet oder die Arbeit wird schwarz verrichtet oder der Mindestlohn wird durch Umgehungstatbestände ausgehebelt. Nur hier sollen doch dann Kombilöhne greifen Niemand will doch z.B. Kombilöhne für Branchen,wo bereits durch Tarifverträge gut bezahlte Löhne existieren, wie zB in der Metallindusrie. Die können auch gute Löhne bezahlen, weil die Produktivität entsprechend ist. Das gilt für viele weitere Branchen. Es sagen doch auch die führenden Wirtschaftsinstitute, daß ein Mindestlohn kontraproduktiv ist. (z.B. Prof. Sinn) Manche wissen es halt besser, als die Experten.

    Oberfranken ist meine Heimatliebe, die mir am Herzen liegt Bernhard

  • Diese Diskussion ist halt doch etwas eigenartig. Denn hier wird über ein Thema diskutiert, welches zu umfassend ist und in unserem Staat bzw. System in der BRD wieder mal verdeutlich, dass jahrzehntelang keine Reformen durchgeführt wurden. Die Frage nach Mindestlohn oder nicht ist nicht losgelöst von unserem verkorkstem System zu betrachten. Denn all die flaschen Entscheidungen z.B. im Gesundheitssektor und Rente etc. zeigen nur zu deutlich, dass mit den Mindestlöhnen nur wieder ein Loch gestopft werden muss, was wieder am anderen Ende aufgegangen ist. So war es in D schon seit vielen Jahren und wird schön brav von den Politikern weiter geführt. Wir Deutschen meckern halt nur und machen nichts.
    Man betrachte nur das System der Unternehmen. Alle Firmen zahlen an alle (Steuern) persönlich unbekannte in D. Vor 100 Jahren war es nicht so. Da kümmerten sich die Unternehmer um das Wohl und Wehe ihrer Mitarbeiter (z.B. Rentenkasse, Gesundheitskasse, Kindergärten, Ärzte, Nahrungsmittel, etc). Man brauch bloss die ganzen gut und straff organisierten Unternehmen von damals zu betrachten. Humankapital war damals schon klar. Da wussten die Unternehmer auch direkt was sie machen wollten und was ankommt. Heute ist das theoretisch hochgerechnet und in die Hände von "Fachleuten" gegeben worden. Jetzt hat man sich verrechnet und als der Topf restlos leer war einfach die Lohndebatte angezettelt. Allein die Gesundheitsreform und Rentenreform hat (weggemobbt von Kohl) K. Biedenkopf Anfang der 80er mehrfach schriftlich offengelegt und angemahnt. Aber da kam ein höriger kleiner Mann und schreibt heute Kinderbücher. Bis heute gibts die Reformen nicht. Und so zahlen wir immer schön höhere Renten- und Krankenkassenbeiträge. Die nächste Möglichkeit die dringende Reform zu verschieben sind dann die Pro-Kopf-Pauschalen. Super!
    Das System ist nicht mit Mindestlöhnen zu durchbrechen. Genau wie oben von andern Mitdiskutierern gesagt, will man dem Friseur mehr zahlen, dann muss man mehr verdienen. Wenn aber per Gesetz so viele Schlupflöcher und Ungerechtigkeiten existieren, dass keiner im freien Wettbewerb vom Chef mehr bekommt, dann braucht man über Mindestlöhne nicht zu reden.
    Es ist vielmehr eine Gewissenfrage nach: was habe ich als Unternehmer für Möglichkeiten hier im Land ordenlich zu überleben ohne gleich auszuwandern und den Mitarbeitern - meinen Kunden - gute Löhne zu zahlen. Ziehen die Konkurrenten mit? Wenn das Bewusstsein der Wirtschaft bei gleichzeitiger Reduzierung des Staates in der Eingriffsverwaltung in die Wirtschaft funktionieren könnte, dann ist alles super. Aber der Staat will sich nicht zurücknehmen und nicht die zwingenden Reformen durchführen. Somit werden Mindestlöhne eine kurze Diskussionsgrundlage bieten. Nichts weiter.
    So braucht man sich doch bloss zu fragen, wer hat was in der Zukunft von Mindeslöhnen. Wenn man die Arbeitnehmer mal aussen vor lässt. Dann weiss man ja sofort, dass hier wieder ein Blödsinn der morgen erst stattfinden wird präventiv ausgebügelt werden muss. Oder wann ist nochmal Wahl in D?

  • Mindestlöhne bevorteilen insbesondere die eingesessenen Player in den Branchen, diese können ohne Problem den Lohn zahlen, oder zahlen ihn längst. Die weniger etablierten Unternehmen, die zudem den Wettbewerb über den Preis machen (was in Deutschland ja immer noch der übliche Weg ist), werden schlichtweg aus dem Markt gedrängt. Mindestlöhne in anderen Ländern sind oft nicht Flächendeckend, sondern Regional an den Markt angepasst (siehe z.B. USA). Was ein Frankfurter Unternehmer bezahlen kann, kann einen Rostocker Unternehmer an den Rand der Insolvenz treiben.
    Desweiteren sind andere Länder ein schlechtes Beispiel, weil i.d.R. das Umfeld ein ganz anderes ist, die Linke versucht ja oft mit Rosenpickerei ach so tolle Lösungen vorzuschlagen, die zwar einzeln irgendwo super funktionieren, in der Summe aber totaler Unfug sind.
    Bei einem Mindestlohn kann man eigentlich nur etwas falschmachen, setzt man ihn zu hoch an, dann vernichtet er tatsächlich schnell viele Arbeitsplätze in den betroffenen Bereichen, setzt man ihn zu niedrig an, dann hat er quasi keinen Nutzen. Das Problem des richtigen Wertes will man aber offensichtlich bundesweit beantworten, da kann man nur sagen: Idiotisch!. Statt sich endlich mit einem Lohngefälle und damit auch entstehender Konkurenz innerhalb Deutschlands abzufinden, versuchen wir alle Regionen auf ein Niveau zu heben. Ich behaupte mal, dass es selbst innerhalb eines Kreises schon schwer genug ist einen adäquaten Mindestlohn zu finden.


    Die 50 Euro Frisur ist doch eher die Ausnahme, zudem muss ein Frisör auch etwas mehr bezahlen als den Lohn, so muss er Miete, Versicherungen etc. Ein Herrenhaarschnitt kostet in der Region hier um die 15 Euro, wem die Leistung mehr wert ist, der hat ja durchaus die Option Trinkgeld zu geben. Nur wird der Frisör, wenn er den Preis auf 20 Euro hebt ein Problem bekommen, weil die Geiz-ist-Geil Mentalität nun mal viele, insbesondere jüngere, dann zu einem anderen treiben würde.


  • Da muss ich dann dochmal den netten Prof. Sinn ins Spiel bringen.
    Der Mann ist zu Wirtschaftswunderzeiten groß geworden, darum sollte man mit seiner Einstellung tolerant umgehen. Denn wenn die Zukunft einmal zeigen wird, dass sein wissentschaftliches Wirken vielleicht weniger Produktiv als das Ausleeren eines besagten Papierkorbes eines Bankers war, dann ist Mitleid wohl das angebrachteste.



    Zitat von Wikipedia, da so schön kompakt


    http://de.wikipedia.org/wiki/Hans-Werner_Sinn:


    Zitat:
    "In einem Interview der Süddeutsche Zeitung im Oktober 2007 vertritt Sinn den Standpunkt, dass die Marktwirtschaft zwar nicht "gerecht", aber "effizient" sei: "Etwas mehr Ungleichheit in der Einkommensverteilung bewirkt auch für die weniger gut dabei Wegkommenden letztlich einen höheren Lebensstandard, als wenn man ein egalitäres System schafft, wo alle das Gleiche kriegen und alle gleichermaßen arm sind." In Anlehnung an das von Adam Smith formulierte Prinzip der unsichtbaren Hand formuliert Sinn seine Auffassung: "Jeder Mensch in der Marktwirtschaft denkt doch zunächst einmal an sein eigenes Wohlergehen, trotzdem funktioniert die Marktwirtschaft. Sie braucht nicht den guten Menschen, sondern funktioniert mit Menschen, die ihren eigenen Vorteil maximieren wollen." [12] Sinn gehört damit zu den Verfechtern des "Kapitalistischen Paradoxons", wonach der individuelle Eigennutz Grundlage des Allgemeinwohls sei"
    Zitatende




    Gerechtigkeit und Gleichheit in Einkommensfragen scheint also gar nicht das Ziel des "verkorksten" Systems zu sein. Das System basiert nach dieser These auf dem Egoismus eines Jeden, da kann von Gewissensfrage wohl eher keine Rede sein. Wenn die Anhänger dieser Theorie denn mal über den Tellerand eines 1ste Welt Staates hinaus blicken würden, würden sie eines erkennen. Es gibt einen Punkt an dem diese Theorie kippt. Beispiel die vielen durch besessene Machthaber verarmten Staaten in beispielsweise Afrika. An Egomanie kann es da nicht fehlen. Denn wenn der stützende Mittelstand durch die Egomanie bedroht wird, ist das gesamte System bedroht.

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