Die Bahn streikt und Deutschland steht still

  • Lokomo, wieviel steuerfreie Zuschläge bekommst du? Wieviel kommt netto heraus?


    Bei eurem Beruf ist die Angabe des Bruttogehalts eben wegen dieser Zuschläge nicht aussagekräftig, weil es zumindest in den Medien doch immer wieder heißt, dass es netto zwischen 1500 und 2000 Euro sind, also deutlich mehr, als das bei einem Bruttogehalt von 2100 € der Fall wäre. Und natürlich ist das Leben sehr teuer geworden. Ich verdiene brutto deutlich mehr als du, aber da ich in einer teuren Großstadt wohne, würde es für mich mit zwei Kindern und einer Frau, die gar nicht und nur halbtags arbeiten könnte, auch fast unmöglich werden.


    Ich kann das, was über die Arbeitsbedingungen sagst, auch nachvollziehen, aber auf das Gehalt eines Herrn Mehdorn, der im übrigen unternehmerisch hervorragend gearbeitet hat die letzten Jahren und sicher einer der besseren deutschen Top-Manager ist, zu verweisen, hilft euch im Endeffekt nicht weiter, denn die Bahn steht nun mal im internationalen Wettbewerb, im Güterverkehr wahrscheinlich schon mehr als im Personenverkehr, aber auch da wird es dank EU-weiter Ausschreibungen erheblich mehr Konkurrenz in Zukunft geben, und wenn die Gehälter so hoch werden, dass die DB nicht mehr konkurrenzfähig ist, dann wird man als allererstes Personal entlassen.


    Die Gehaltserhöhung vom Herr Mehdorn kostet zwei Millionen, Gehaltserhöhungen im bis zu zweistelligen Bereich in einem Konzern mit 230.000 Mitarbeitern kosten Millarden. Millarden, die die Bahn VOR dem Börsengang auf gar keinen Fall hat.


    Man muss mal ganz klar sagen, dass die Bahn nur konkurrenzfähig bleiben kann, wenn sie an die Börse geht, sonst wird sie gegen internationale Konkurrenz keine Chance haben und auch in Zukunft am Tropf der Steuerzahler hängen. Bei der GDL vermisse ich diese Weitsichtigkeit. Hier geht es nur um die Durchsetzung einer Lohnforderung und Stärkung einer Machtposition und nicht darum mit den anderen Bahngewerkschaften gemeinsam die Zukunft der Mitarbeiter bei der DB zu sichern und zu stärken. Wenn der Börsengang glückt und die Bahn mit neuem Geld investieren und expandieren kann, dann kann es natürlich mit Mitwirken der Gewerkschaften für Unternehmen und Mitarbeiter eine Win-Win-Situation geben. Aber wenn die GDL jetzt schon von vorne herein mit dazu beiträgt, den Börsengang zu verhindern und die Bahn für Investoren unattraktiv zu machen, dann wird das im Endeffekt nicht dem Herr Mehdorn weh tut, der seine Schäfchen im Trockenen hat, sondern den Lokführern und anderen Beschäftigten, die ihren Job verlieren, weil andere Bahngesellschaften nach und nach die DB unterbieten werden und immer mehr Marktanteile gewinnen werden.


    Und umso teurer die Lokführer werden, umso mehr wird investiert werden in die Entwicklung führerloser Systeme. Die kommen so oder so in den nächsten 10-20 Jahren, nur so wird man wahrscheinlich noch schneller in diese Richtung gehen wollen. In den USA gibt es schon nahezu führerlose U-Bahn-Systeme und in Nürnberg ist man da auch schon sehr weit, wenn ich mich recht entsinne.

    23.05.2009, 17:18 Uhr...VfB Stuttgart nach 3:1 in München Deutscher Meister 2009, Diego beendet in seinem letzten Spiel für Werder Wolfsburger Titelträume...

  • Ich denke wenn die Bahn an der Börse ist wird als erstes wieder am Personal gespart....
    Anderes Denken haben die Manager zZ doch gar nicht mehr drin.
    Dann wird die Qualität wieder bröckeln und man wundert sich über Kundenverluste.


    Imho gehört Infrastruktur komplett in Staatshand.

    Original geschrieben von bernbayer:
    "Eine Kampagne in ZUsammenhang mit Guttenberg kann man der Bild-Zeitung nicht vorwerfen."

  • DLove:


    Die Bahn ist mittlerweile einer der größten Logistiker weltweit. Die haben sich aus Steuergeldern BAX und Schenker zusammengekauft, das sind Firmen, die größtenteils auf der Straße arbeiten. Mit dem Schienenverkehr in Deutschland hat das aber zunächst einmal nichts zu tun.


    Die DB macht unter Berücksichtigung der Staatssubvention keinen müden Cent Gewinn, sondern Milliarden Euro an Verlusten. Im Schienenverkehr erst recht, denn ein guter Teil der Gewinne kommt von den eben erwähnten Logistikern. Daran hat sich in den letzten Jahren nichts geändert, mitunter wurden die Posten einfach von A nach B geschoben.


    Zitat

    und wenn die Gehälter so hoch werden, dass die DB nicht mehr konkurrenzfähig ist, dann wird man als allererstes Personal entlassen.


    Auch hier: wenn die Tabellen stimmen, wird im europäischen Ausland deutlich mehr gezahlt.


    Zitat

    Man muss mal ganz klar sagen, dass die Bahn nur konkurrenzfähig bleiben kann, wenn sie an die Börse geht, sonst wird sie gegen internationale Konkurrenz keine Chance haben und auch in Zukunft am Tropf der Steuerzahler hängen.


    Das "internationale Konkurrenz" hier bezieht sich für die nächsten Jahre/Jahrzehnte wohl höchstens auf den Güterverkehr, großteils auf der Straße. Und da muss man sich fragen: Brauchen wir unbedingt zwei führende, weltweit tätige Logistiker in Staatshand, nämlich die Deutsche Post und die Deutsche Bahn?! Oder sollte die Priorität eines Konzern, der auf Ewigkeiten zur Hälfte dem Staat gehört, nicht eher darauf liegen, in Deutschland möglichst viel Menschen und Güter effizient auf der Schiene von A nach B zu transportieren? Im Personenverkehr wird es Wettbewerb wohl nur im Nahverkehr geben. Und da wird bei anderen Anbietern bereits heute mehr gezahlt, glaubt man der GDL. So sollen die Lokführer bei Metronom (Regionalverkehr Hamburg-Göttingen und Hamburg-Bremen) bessere Arbeitszeiten und trotzdem 10 % mehr Geld als die Kollegen der DB haben.


    Niemand geht davon aus, dass die Bahn weg kommt von Staatssubventionen. Im Regionalverkehr nicht und bei der Netzinfrastruktur schon gar nicht. Wenn es so durchgeht, wie derzeit von Bahn und Politik geplant, heißt das: Die Bahn gehört zur Hälfte irgendwelchen Investoren, kassiert aber fest für das Netz mehrere Milliarden Euro. Und noch dazu natürlich die Subventionen im Regionalverkehr. Im Fernverkehr ist Wettbewerb strukturbedingt wohl weiterhin extrem schwierig, ergo: die DB ist dort weiterhin Quasi-Monopolist. Bevor jetzt jemand mit den über 300 Wettbewerben kommt: Wo kann ich denn tatsächlich für eine Strecke auf der Bahn zwischen mehreren Firmen auswählen? Es gibt keinen Wettbewerb und es wird jedenfalls im Personenverkehr keinen Wettbewerb auf breiter Fläche geben, bei dem der Endkunde zwischen mehreren Bahn-Beförderern auf einer Verbindung auswählen kann. Das gibt es nirgendwo auf der Welt.


  • Zu dem von beugelbuddel geposteten "unkritischen Bericht" möchte ich nur mal das Transrapid-Unglück in Erinnerung rufen, da ist/war auch ein ähnliches so genanntes Hightec-Leitsystem installiert...
    Des weiteren würde mich sehr interessieren, was bei einem Komplettausfall dieser Hightec-Zentrale überhaupt Zugtechnisch noch funktioniert in Bayern? Da die ja schlauerweise in absehbarer Zeit die Stellwerke samt Fahrdienstleiter abschaffen/abbauen wollen, können die Fdls beim Totalausfall eingreifen! Wenn derzeit mal ein örtliches Stellwerk ausfällt kann man das relativ gut kompensieren, aber bei der starken Zentralisierung? Fraglich ist ja auch, was für hohe Auflagen das EBA vorschreibt? Aber als Fahrgast möchte ich dann aus Sicherheitsgründen nicht mehr unbedingt mit nem ferngesteuerten Zug durch Bayern fahren...falls ich das überhaupt noch erlebe!

  • Zum Thema U- und S-Bahn: U-Bahnen sind in Deutschland rechtlich Straßenbahnen. Kein Scherz. S-Bahnen dagegen, auch in Hamburg und Berlin, wo sie großteils innerstädtische Strecken bedienen und auf komplett eigenen Strecken fahren, gelten als "richtige" Eisenbahn.

  • Zitat

    Original geschrieben von oleR
    Zum Thema U- und S-Bahn: U-Bahnen sind in Deutschland rechtlich Straßenbahnen. Kein Scherz. S-Bahnen dagegen, auch in Hamburg und Berlin, wo sie großteils innerstädtische Strecken bedienen und auf komplett eigenen Strecken fahren, gelten als "richtige" Eisenbahn.


    Stimmt!!! :top:


    Allein der Unterschied der Endgeschwindigkeiten der beiden verschiedenen Systeme ist gravierend, wenn ma nur mal an den Bremsweg denkt!

  • Zitat

    Original geschrieben von Pfalzbuy
    Stimmt!!! :top:


    Allein der Unterschied der Endgeschwindigkeiten der beiden verschiedenen Systeme ist gravierend, wenn ma nur mal an den Bremsweg denkt!


    Dafür gibt es bei U-/Stadt- und Straßenbahnen dichtere Zugabstände sowie im Falle von Stadt- und Straßenbahnen auch noch teilweise den Straßenverkehr, mit dem der Fahrer zu kämpfen hat.

    23.05.2009, 17:18 Uhr...VfB Stuttgart nach 3:1 in München Deutscher Meister 2009, Diego beendet in seinem letzten Spiel für Werder Wolfsburger Titelträume...

  • Nun, also zumindest Hamburg und Berlin muss man differenzierter sehen. In beiden Städten sind die U-Bahnen komplett vom Straßenverkehr getrennt. Die Züge fahren auch etwas schneller als in Frankfurt, nämlich 70 (BVG) bzw. 80 (HHA) km/h Spitze. Man fährt im Regelfall nicht wie in anderen Städten "auf Sicht", sondern wie bei der Eisenbahn nach Signal. Und sind nebenbei noch etwas länger als normale Straßenbahnen, nämlich im Regelfall über 110-120 Meter mit Platz für 800 Menschen pro Zug. Die S-Bahn ist in beiden Städten in dieser Hinsicht nicht großartig anders, sie hält auch alle paar hundert Meter, die Züge schaffen jeweils maximal 100 km/h (mehr könnte man auch gar nicht ausfahren) und auch sie sind natürlich komplett vom Straßenverkehr getrennt.


    Übrigens: Es gab jedenfalls in Berlin allerdings vor einigen Jahren einige Tricks, um die Löhne der U-Bahn-Fahrer zu reduzieren. Man hat einfach eine Tochtergesellschaft, die "Berlin Transport" (BT), gegründet und etliche Fahrer dorthin verschoben. Diese Firma macht nichts, als der Muttergesellschaft BVG Fahrer für die U-Bahn zur Verfügung zu stellen. Die Fahrer bekommen natürlich deutlich weniger Geld als ihre Kollegen, die direkt bei der BVG beschäftigt sind. Würde bei der BVG gestreikt werden, hätten sie auch ihre "Beamten", nämlich die Fahrer der BT. Schlauerweise sollen die Tarifverträge unterschiedliche Laufzeiten haben, sodass nie beide "Firmen" gleichzeitig streiken können. Also, da gibt es praktisch zwei Tarifverträge in einem Unternehmen, nur mal zum Vorteil des Arbeitgebers. Die Frage ist, wie lange die Beschäftigten das hinnehmen werden :)

  • Zitat

    Original geschrieben von D-Love
    Lokomo, wieviel steuerfreie Zuschläge bekommst du? Wieviel kommt netto heraus?


    Hallo,


    also ich beantworte euch gern alle Fragen. :) Als Steuerfreien-Zuschläge kriege ich zwischen ca. 200-250.-€ im Monat. Dafür muß ich aber den ganzen Monat im Wechseldienst (einschl. Wochendende) arbeiten. Bei Urlaub oder Krankheit fallen die Zuschläge natürlich weg.


    Die Zulagen im Detail:


    Nachtarbeitzuschlag = 1,28.-€ je Stunde
    Samstagzuschlag = 0,64.-€ Std.
    Sonntagzuschlag = 3,48.-€ Std.
    Feiertagszuschlag = 4,22.-€ Std.


    Pro geleisteter Schicht gibts noch 5,11.-€ Verpflegungspauschale u. bei erreichen von 25 Nachtarbeitsstunden 51.13-€ wobei sich dieser Betrag bis auf 122,71.-€ erhöhen kann wenn man über 150 Nachtarbeitsstunden in einem Monat hat.


    Da möchte ich noch betonen, das die U-Bahn nicht zur DB gehört. Aber die S-Bahn schon.


    Zu den Führerlosen Zügen kann ich nur sagen, das es jetzt schon technisch machbar ist. Man müßte aber in das jetzige Schinennetzinfrastruktur Millionen bzw. Billionen investieren u. Umrüsten. Dann könnte man auch Führerlos fahren.
    Die Frage ist nur, ob man da auch mutige Fahrgäste findet, die sich in ein führerloses Zug reinsetzen. Schließlich versagt die Technik immer wieder.

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