Klavier in Mietswohnung - erlaubt?

  • Hallo zusammen,


    ich hatte am WE mit einem Freund eine rege Diskussion. Er behauptete - da selbst Klavierspieler - das man auch in einer Mietswohnung ein Klavier aufstellen und benutzen darf. Ich selbst bin da anderer Meinung, weil so ein Gerät ja nun mal sehr laut ist, wenn man es häufiger er spielt. Er meinte, man könne bis zu 2-3 Stunden am Tag darauf spielen, weil das unter die "künstlerische Freiheit" fällt.


    Gibt es darüber Gerichtsurteile oder irgendwas handfestes? Mit Mietswohnung ist übrigens ein Mehrfamilienhaus gemeint. Wer ist von euch Klavierspieler und betreibt sein Klavier in einem Mehrfamilienhaus mit welchen Folgen? Ärger mit den Nachbarn?


    Gruß,
    Dominik

  • Danke für die Google Links. Die hab ich selbst auch gefunden mit exakt den gleichen Keywords ;)


    Nur wenn man sich das Urteil anschaut, geht es dort um einen Musiklehrer, der sich für den Unterricht vorbereitet. Wie sieht es aber aus, wenn jemand zum Spass spielt?


    Ich denke nicht, dass man alle Parteien im Haus fragen muss, wenn man sich sowas anschafft. Denn dann würde sowieso rauskommen, dass irgendeine "Nein" sagen würde. Ich vermute, dass lediglich der Vermieter gefragt werden sollte, aber selbst da bin ich mir nicht sicher. Hat er überhaupt das Recht zu entscheiden ob man ein Klavier besitzen darf oder nicht (und somit auch spielt) ?

  • Es ist erlaubt, und zwar je nach Gericht zwischen 2 und 2,5 Stunden im Mittel.


    Ich habe selbst einen Orgelspieler in der Wohnung unter mir
    und kann als Betroffener ein Lied davon (aber nicht dazu! ;) ) singen.


    Als Nachbar kannst Du im Grunde gar nichts machen,
    solange er sich an die erlaubte Dauer und die allgemeinen Ruhezeiten hält.


    Auch Trompeter, Alpenhornspieler etc. etc. haben ein Recht darauf, in ihrer Wohnung zu üben, gleichwohl es laut ist.



    EDIT: Auch der Vermieter darf das nicht wirksam unterbinden, da es zur allgemeinen Persönlichkeitsentfaltung gehört. ;)


    EDIT II: Einige Urteile (Quelle: hr-online.de)



    Dem Mieter ist es auch in einem hellhörigen Mietwohnhaus gestattet, unter Beachtung der täglichen und nächtlichen Ruhezeiten bis zu 90 Minuten pro Tag Klavier zu spielen, selbst wenn er etwa 30 Minuten hiervon auf tägliche Fingerübungen verwenden will.
    (AG Frankfurt/M.,WuM 1997, 430)



    Unter Einhaltung der Ruhezeiten gehört Klavierspiel bis zu 2 Stunden pro Tag zum vertragsgemäßen Gebrauch.
    (AG Düsseldorf, DWW 1988, 357)



    Es gehört bei Einhaltung der Ruhezeiten zum vertragsgemäßen Gebrauch der gemieteten Wohnung, etwa 1 1/2 bis 2 Stunden täglich zu musizieren.
    (OLG Frankfurt/M.,WuM 1984, 303)



    Nur in Ausnahmefällen (z.B. besonders geräuschintensive Instrumente, Hausmusik in Gruppen) ist eine weitere Reduzierung auf ca. 1 Stunde tägliches Musizieren zulässig.
    (OLG Frankfurt/M., WuM 1984, 303)



    Ein völliges Verbot, in der Mietwohnung zu musizieren, ist unwirksam. Allenfalls zu Beginn eines Mietverhältnisses ist eine entsprechende vertragliche Einzelabrede möglich.
    (OLG München, WuM 1988, 299)



    Der Mieter hat auch bei ausdrücklicher Gestattung der Musikausübung im Mietvertrag die üblichen Ruhezeiten einzuhalten.
    (LG Frankfurt/M.,WuM 1990, 287)



    Kann das Spielen eines Musikinstruments nicht auf Zimmerlautstärke reduziert werden (z.B. Akkordeon), muss es zeitlich auf etwa eineinhalb Stunden täglich unter Beachtung der üblichen Ruhezeiten begrenzt werden.
    (LG Kleve, DWW 1992, 26)



    Auch Übungszeiten eines Schlagzeugspielers müssen in zumutbarem Rahmen von anderen Bewohnern oder Nachbarn ertragen werden, sie sind aber streng zu begrenzen (45 min täglich im Sommerhalbjahr; 90 min pro Tag im Winterhalbjahr).
    (LG Nürnberg-Fürth,WuM 1992, 253)





    :) MTT :)

    Multae causae sunt bibendi...

  • Na das nenn ich doch mal eindeutige Urteile.


    Danke euch! Hätte nicht gedacht, das dem doch so ist. Muss ich meinem Freund wohl doch recht geben.

  • Ich freue mich auch nicht, dass dem so ist.


    Ich persönlich finde, dass es für alles eine Grenze gibt - und die hier juristisch definierte ist mir definitiv zu weit.


    Wenn ich ein lautes Instrument spielen möchte, muß ich mir auch Gedanken darüber machen, wo ich damit spiele / übe.
    Es kann nicht sein, dass künftig die Allgemeinheit, sprich: meine Mitmieter, darunter leiden müssen, dass ich unbedingt Trompete spielen muss. Dann muss eben auch ein Probenraum/Kellerraum o.ä. gefunden werden.


    Neben dem Risiko, dass plötzlich Menschen mit 5 oder mehr Kindern neben/über einem einziehen (nein, bitte keine Diskussion über Kinderfreundlichkeit und -Akzeptanz), besteht auch das allgemeine Risiko, dass der neue Nachbar gern laute Musik macht (und das auch noch täglich 2h legal darf).




    :) MTT :)

    Multae causae sunt bibendi...

  • Andersherum kann man aber doch auch nicht erwarten, dass einem ein Instrument vorenthalten wird, nur weil man nicht die finanziellen Möglichkeiten hat ein Haus auf dem Land oder ein Eigenheim mit dicken Wänden zu bezahlen.


    Ich kann dich aber verstehen. Jemand der Klavier spielt, das weiß ich zufällig von einem Freund, muss das täglich tuen um drin zu bleiben. Daher hat das nichts mit Schikane oder mutwilliger Belästigung zu tun.

  • Ja, sicherlich.


    Bei einem Klavier kann man zumindest nicht erwarten, dass woanders geübt wird, weil das Instrument nun einmal immobil ist.


    Bei "normalen" Instrumenten könnte man allerdings schon erwarten, dass in einem separaten Raum (Keller, Probenraum, Vereinsraum...) geübt wird.


    Wahrscheinlich würden bei meinem Glück dann rund um mich herum Leute mit Klavier wohnen, aber das ist dann Murphy's Law. :D




    :) MTT :)

    Multae causae sunt bibendi...

  • Gabs da aber nicht darüber hinaus gewisse Lärmpegel, die eingehalten werden müssen?


    Sogesehen könnte da ja dann auch drunterfallen dass ich mich mit meiner 5 köpfingen Heavy-Metall Combo 2-2,5 Stunde bei mir in der Wohnung künstlerisch entfalten will.


    Und, dass das erlaubt ist kann ich mir nicht wirklich vorstellen...

    --
    Die 5 Sinne des Menschen:
    Unsinn, Irrsinn, Stumpfsinn, Blödsinn und mein persönlicher Liebling, der Wahnsinn.
    ---------------

  • moin,


    wir haben mal in einem mehrfamilienhaus gewohnt, in dem eine ältere dame (über 80 jahre) über uns klavier gespielt hat. unter uns hat eine andere partei gewohnt, die das klavier spielen sehr gestört hat. vor unserer zeit hat die untere partei gegen die alte dame geklagt und auch teilweise recht bekommen. in dem fall war es dann so, dass die klavierspielerin nur noch zu bestimmten zeiten spielen durfte und sie sich eine art decke zwischen die anschläge des klaviers legen musste. dadurch wurde die lautstärke doch etwas verringert. mich hat es nicht wirklich gestört, auch wenn sie immer pünktlich um 13 uhr angefangen hat bei 30° und sonnenschein "oh du fröhliche" zu spielen :D



    cu

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