Was ist von diesem Arbeitszeugnis zu halten?

  • Ganz miserabel.


    Ist es auf Firmenpapier geschrieben oder ist das ein blanko-DIN A4-Blatt? Es muss Firmenpapier sein.


    Zum Fachlichen gibt es dann nur einen einzigen Satz - und der ist auch noch unterdurchschnittlich. "Herr xxx führte die ihm übertragenen Aufgaben stets zu unserer Zufriedenheit aus." Das ist schon vom Text her viiiiiiiiiiel zu knapp. "Übertragene Aufgaben" ist oft das Synonym für mangelnde Eigeninitiative. "stets zur Zufriedenheit" ist eine 4, wenn man das in Zeugnisnoten ausdrücken möchte. Dass nicht mehr zur Leistung dasteht als nur dieser Satz sagt, dass man überhaupt nicht viel von dem Mitarbeiter hielt.


    Auch zum Sozialverhalten gibt es nur 1 Satz. Auch das viel zu wenig. Insbesondere wenn jemand mit Kunden zu tun hatte und Mitarbeiter geführt hat, müsste es viel ausführlicher zugehen. "Aufmerksam im Umgang mit Kunden" ist scheiße, "korrekter Vorgesetzter" ist scheiße und dass die Reihenfolge Vorgesetzte, Mitarbeiter, Kunden umgedreht wurde ist auch scheiße.


    Geradezu tödlich ist, dass bei jemandem, der mit Geld und Umsätzen zu tun hatte, nichts Positives über die jederzeitige Ehrlichkeit geschrieben wird. Es wird zwar im nächsten Satz kurz erwähnt, aber nicht "stets ehrlich" - also nur meistens.


    Die anschließende Erwähnung Ehrlichkeit, Pünktlichkeit und Fleiß ist miserabel, denn wenn man über die Erfolge eines guten Mitarbeiters schreiben kann muss man sich nicht auf solche Kleinigkeiten verlegen, die normalerweise erst gar nicht erwähnt gehören weil sie selbstverständlich sind. Dass sowas da steht sagt, es gibt weiter nichts Gutes über ihn zu sagen.


    Im Schlußsatz fehlt der Ausdruck des Bedauerns. Immerhin wird weiterhin alles Gute und viel Erfolg gewünscht, wobei man es auch so lesen kann, dass "weiterhin alles Gute" da steht und man den Erfolg zwar wünscht, aber eben nicht weiterhin. Ergo: bisher keinen Erfolg gehabt.


    Dass das Zeugnis 2 Jahre nach dem Ausscheiden aus dem Betrieb geschrieben wurde ist auch schlecht. Hat man sich zwischenzeitlich über das Zeugnis gestritten, sodass es erst nach langer Zeit mit den Minimalanforderungen erstellt wurde?


    Unter dem Strich ein saumäßiges Zeugnis, bei dem der Mitarbeiter ganz schlecht wegkommt.

    Ich dachte immer es sei technisch unmöglich mit jemandem Sex zu haben, der Dörte heißt...

  • Zitat

    Original geschrieben von Printus
    Dass das Zeugnis 2 Jahre nach dem Ausscheiden aus dem Betrieb geschrieben wurde ist auch schlecht. Hat man sich zwischenzeitlich über das Zeugnis gestritten, sodass es erst nach langer Zeit mit den Minimalanforderungen erstellt wurde?


    Ausscheiden: 09/2004
    Zeugnisdatum: 09/2004


    Wie kommst Du auf die 2 Jahre?

    Johnny
    just enjoy it! - meet Johnny B. & friends at the DJFactory
    ----------------------------------


    Ich mag keine Brummschlümpfe...

  • Du hast Recht.


    Ich wurde dadurch verwirrt, dass nicht - wie üblich - in der Einleitung die Gesamtdauer der Beschäftigung genannt wird, sondern der Termin des Ausscheidens erst im letzten Satz steht.


    Okay, damit fällt dieser Kritikpunkt weg.

    Ich dachte immer es sei technisch unmöglich mit jemandem Sex zu haben, der Dörte heißt...

  • Zitat

    Original geschrieben von Printus
    Im Schlußsatz fehlt der Ausdruck des Bedauerns.


    Vielleicht gibt es dieses "Bedauern" ja gar nicht, warum sollte es dann aufgeführt werden? :D


    Soll heißen: Das ist wahrlich ein miserables Zeugnis, aber vermutlich einfach nur ehrlich. :cool:

  • Ehrlich, warum? Es wurden Überstunden nicht bezahlt, Lohnt nicht pünktlich bezahlt, man musste vor Gericht die letzten zwei Monatsgehälter erklagen. Und noch andere Dinge wie Diebstahl unterzujubeln und was weiss ich. Trotz Aussagen von Mitarbeitern konnte man gegen das Zeugnis jedoch nichts machen. Könnte Reihenweise ähnliche Zeugnisse aus dem Laden besorgen, eins ist laut Anwalt sogar eine 7- ;) In dem Laden wird man systematisch ausgenutzt und lässt man sich das irgendwann nicht mehr gefallen, muss halt gehen. So läuft die Welt halt.


    Dazu muss man sagen, dass der Regionalleiter mittlerweile auch sein Fett weg bekommen hat, ewig geht es halt doch nicht gut.... :D Bringt nur heute nichts mehr. Aber solche kriegen ja doch relativ fix wieder 'nen Job und machen weiter.


    Das Zeugnis ist komplett und auf Firmenpapier (normalerweise, dies ist bereits eine Kopie davon gewesen)


    Danke für die Einschätzung. Dass es schlecht ist, war zwar schon klar, nur eben nicht im Detail. :)

  • Es gibt solche miserablen Firmen, die nach der Strategie handeln "wir sind super, die Mitarbeiter schlecht, und wenn einer geht lag das IMMER an seiner Minderleistung, niemals an uns. Wir sind nämlich eine ganz, ganz supertolle Firma!".


    Arbeitsgerichte sind sehr arbeitnehmerfreundlich. Wenn seitens des Ex-AG's also keine Nachweise für schlechte Arbeitsqualität vorgelegt werden können (Einträge in die Personalakte, protokollierte Mitarbeitergespräche, wiederholte Mahnungen vor Zeugen etc.) hat man nahezu narrensichere Chancen, mindestens ein durchschnittliches Zeugnis zu bekommen - also eins, mit dem man sich problemlos weiter bewerben kann. Der Ex-AG kommt dann nicht durch mit seinem schlechten Zeugnis und muss ein besseres schreiben.


    Man sollte das aber schnell angehen und nicht zu lange warten. Wer mehr als ca. 10 Monate trödelt überschreitet die Zeitspanne, die Gerichte zur Prüfung des Zeugnisses gewähren, deswegen gilt das Zeugnis danach als akzeptiert. Aber mal ehrlich, wer braucht 10 Monate? Man weiß doch nach 2 Minuten, dass man schlecht weggekommen ist und sich gegen das Zeugnis wehren sollte.


    Die 10 Monate sind nicht festgeschrieben, es gibt keine klar definierte Frist. Es ist aber der Teitrahmen, in dem Gerichte bereit waren, Klagen gegen ein Zeugnis noch anzunehmen.


    Vorteil in diesem Fall: es ist 10 Jahre her und wer seitdem bessere Referenzen vorzeigen kann, dem nimmt man ab, dass es damals eher am Arbeitgeber lag. Oder man glaubt zumindest, dass sich der Arbeitnehmer seitdem leistungsgesteigert hat.

    Ich dachte immer es sei technisch unmöglich mit jemandem Sex zu haben, der Dörte heißt...

  • Wie ist eurer Meinung nach die folgende Formulierung aus dem Arbeitszeugnis einer Freundin zu bewerten:


    Zitat

    Frau XYZ verfügt über ein fundiertes Fachwissen und findet stets effektive Lösungen. Frau XYZ ist eine belastbare Mitarbeiterin, die die Anforderungen auch unter schwierigen Umständen und Termindruck stets sehr gut meistert. Dabei ist ihre Arbeitsweise zügig, ergebnisorientiert und von einem hohen Maß an Selbständigkeit geprägt. Ihr Projektmanagement zeichnet sich durch sorgfältige Planung und Dokumentation, strukturierte Prozessschritte und zielgerichtete Umsetzung sowie den verantwortungsbewussten Umgang mit den zur Verfügung stehenden Mitteln aus. Ihr Kontaktvermögen, ihre Kommunikationsstärke und ihre Gradlinigkeit führten zu einer positiven und erfolgreichen Zusammenarbeit mit unseren Partnern. Unser Unternehmen wird von ihr stets vorbildlich repräsentiert. Ihr Verhalten gegenüber Vorgesetzten, Kollegen und Mitarbeitern war jederzeit einwandfrei. Wir danken Frau XYZ für ihre sehr guten Leistungen.

  • Klingt soweit gut. Aber es ist immer ein bisschen Kaffeesatzleserei wenn man nicht das komplette Zeugnis vorliegen hat: stimmen die äußeren Rahmenbedingungen/Anforderungen an ein Zeugnis? Gibt es den erforderlichen guten Schlusssatz usw.?


    Man hat oft verstärkende Adjektive (fundiert, effektiv, stets, ...) Aussagen benutzt, was die Beurteilung aufwertet.


    Ein Standardsatz wie "Ihre Leistungen waren stets zu unserer vollen Zufriedenheit" etc. fehlt. Kein Weltuntergang, fällt einem aber auf weil das eigentlich die Zusammenfassung in einer Note ist (bestimmte Formulierungen kann man als Synonym für eine bestimmte Note interpretieren).


    "Ihr Kontaktvermögen, ihre Kommunikationsstärke und ihre Gradlinigkeit führten zu einer positiven und erfolgreichen Zusammenarbeit mit unseren Partnern. Unser Unternehmen wird von ihr stets vorbildlich repräsentiert." klingt tendentiell etwas sehr kunden- und weniger auf den Vorteil des eigenen Unternehmens orientiert... Aber das ist halt Interpretation, die auch falsch sein kann. Wie gesagt, unvollständige Zeugnisse kann man nur bedingt beurteilen.


    Scheint aber insgesamt ein sehr gutes Zeugnis zu sein, ganz anders als bei dem Kollegen oben. ;)

    Ich dachte immer es sei technisch unmöglich mit jemandem Sex zu haben, der Dörte heißt...

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