Telekom: 96,5% der Beschäftigten für Streik

  • HoldaT


    VWL 6,
    sorry aber auf einem Blatt Papier was meinen Namen trägt steht hinter VWL eine 1. Und im Bereich BWL/Rechnungswesen / Bankenwesen steht eine 1,5 die so gebe ich hier zu wirklich durch Arschkriechen zu erreichen war.


    Und nochmal, ich bin kein Siemensianer, nicht einmal gewerkschaftlich vertreten.
    Eher schon ein Keynesianer (nach dem Ökonomen John Maynard Keynes)
    http://de.wikipedia.org/wiki/Keynesianismus


    Niemand sagt, dass nicht investiert werden muß.
    Aber neben den wirtschaftlichen Investitionen treten heute verstärkt finanziellbegründete Ausschüttungen zu Lasten gewisser am Wertschöpfungsprozess beteiligter Personen zu tage, und diese können niemals einen dem privaten Konsum gleichenden Bedarf wecken. Wie sollen Bedürfnisse geweckt werden, wenn die nötige Vergütung nicht gedeckelt ist. Und der britische Weg, Schulden für Konsum, kann niemals eine Lösung sein




    Siemensanier


    PS: Zumindest haben wir ja eines gemeinsam, beide geben wir beim Fahren wirklich GAS.

  • Keynes halte ich persönlich für den falschen Ansatz, da damit "nur" ein Strohfeuer entfacht wird, für das darauffolgende Generationen die Lasten zu tragen haben. Letztlich lebt die Bundesrepublik ja den Keynes'schen Ansatz, in dem seit zig Jahren über die eigenen Verhältnisse gelebt wird und der konsumtive Anteil im Haushalt immer mehr angestiegen ist.


    Der Osten ist unbewusst ein Keynes-Testfeld gewesen, in dem die Aufbau-Ost-Mittel über Jahre konsumtiv verwurstet wurde anstatt regelkonform zu investieren. Trotz dieser Milliardengieskanne fliegen immer noch nicht die gebratenen Tauben durch die Luft...


    Über ein anzustrebendes antizyklisches Verhalten des Staates brauchen wir nicht zu streiten, nur der Regelfall ist das Gegenteil... Man spart in die Depression hinein und fängt an zu investieren, wenn die Steuern sprudeln und der Markt eh schon zur Überhitzung = Inflation neigt. So sind sie aber eben die Oberlehrer im Bundestag. Was will man aber erwarten, wenn nur verschwindend geringe Teil der Abgeordneten überhaupt aus der Wirtschaft kommen...


    Man kann zu den VWL-Problemen stehen, wie man will. Jedenfalls halte ich es nicht für unschlecht, dass Bofinger mit im Sachverständigenrat sitzt, da der ja einen abgeschwächten Keynes-Ansatz vertritt, während der Rest den Bundeshaushalt führen will wie die Familienkasse. Da man sich als Staat aber im gegensatz zur Familie auch totsparen kann, weil Ausgaben und Einkommen entgegen der Familie rückgekoppelt sind, haben die Neo's offenbar noch nicht realisiert.


    Ich denke mal, wir sind uns in vielen Dingen einig, nur sprengt das hier den Rahmen. :)

    ---

  • Zitat

    Original geschrieben von Martyn
    Ich hab selber auch schon Aufträge aus der Schweiz und Norditalien angenommen, weil dort die Bezahlung wesentlich besser war.... Aber die Möglichkeit ins Ausland zu gehen haben ja nicht nur Selbstständige sondern auch Arbeitnehmer....


    Schon merkwürdig, dass man inzwischen auch als Arbeitnehmer in den meisten west-/mittel- und nordeuropäischen Ländern mehr verdienen kann als in Deutschland. Das passt irgendwie nicht zur "Wir-müssen-den-Gürtel-enger-schnallen"-Leier hierzulande (Wobei das wir nur fürs "Fußvolk" gelten soll.).
    Anscheinend gibt es dort keine "Globalisierung", oder?


    Gruß


    Pitter

  • Viele werden jetzt bestimmt schon lange der Meinung sein, was hat das ebend Diskutierte noch mit dem Thema Telekom zu tun. Aber so ist halt die Wirtschaftslehre, ein kleiner konkreter Ansatz (so wie hier die Lohnkürzung)führt schnell in die Welt der Wirtschaftstheorien. Und wenn wir jetzt schon in bei den Theorien sind:
    " Keynesianer hingegen sehen im Anstieg von Inflation und Anstieg der Arbeitslosigkeit keinen Zusammenhang zum Keynesianismus, sondern im Gegenteil eine Abkehr von seinen Grundsätzen und eine Umdeutung der Theorie zu einer bloßen Verschuldungspolitik." so ein Wortlaut aus Wikipedia, um es vielleicht dochnoch einigermaßen verständlich zu umschreiben.
    Aber jetzt über die Richtigkeit einzelner Wirtschaftstheorien zu diskutieren führt wohl wirklich zu weit hier.


    Bedenklich ist halt ebend nur, dass mit der Telekom selbst ein Unternehmen mit mehrheitlicher Staatsbeteiligung den Irrweg der Lohnsenkung angeht. Und diesen Weg können wir als Hochlohnland gegenüber den Mitbewerbern niemals lange durchhalten.


    Da beneide ich doch manchmal unsere schweizer Eidgenossen. Ich weiß heute schon, wenn ich nächste Woche Mittwoch wieder in Zürich bin, dass ich mindestens dreimal den Spruch zu hören bekomme:" Baut Ihr nur weiter an den Vereinigten Staaten von Europa und der globalen Welt. Uns ist es egal woher die Transaktionen kommen, ob aus China oder Deutschland. Wichtig ist nur, dass die jeweilige Einzeltransaktion ein gewisses Volumen ausweist." Und hier ist die Umverteilung und Kapitalkonzentration ebend hilfreich.
    Die Eidgenossen passen übrigens tunlichst darauf auf, dass sie zwar ausländisches Kapital verwalten, aber nicht zuviel schweizer Firmenbesitz in ausländische Hände gelangt. Naja beim Spiel Monopoly gibt es ja am Ende neben dem Gewinner auch nur noch einen weitern der Kapital besitzt, nämlich die Bank.



    Siemensanier


    PS: Gibt es eigentlich eine reale Staatsverschuldung, oder besser ist der Staat ein guter Schuldner? Wenn der Staat nicht mehr bezahlen will oder besser KANN löst er sich eh auf.

  • Zitat

    Original geschrieben von Siemensanier
    PS: Gibt es eigentlich eine reale Staatsverschuldung, oder besser ist der Staat ein guter Schuldner? Wenn der Staat nicht mehr bezahlen will oder besser KANN löst er sich eh auf.


    Das geht auch anders. Argentinien hat doch seinen Gläubigern mal ein fast unschlagbares Angebot gemacht... ;)
    Das -um zu versuchen den Kreis zu schließen- erinnert mich wiederum stark an das 'Angebot' der Telekom...

  • Ich fand den Ausflug in die VWL sehr interessant.


    Noch eine kurze Anmerkung zu HoldaTs


    "homo homini lupus"


    und dem damit gerne verbundenen negativen Menschenbild - das passt hier nämlich noch ganz gut. Der Ausspruch ist ursprünglich von Thomas Hobbes, einem politischen Philosophen des 16. Jahrhunderts.


    Hobbes' Anthropologie ist aber nicht so negativ, wie die Analogie Mensch-Wolf vermuten lässt. Hobbes legitimiert in seiner Theorie das Gewaltmonopol und die Souveränität des Staates gerade durch einen fiktiven Zustand ohne Staat, den Naturzustand.


    In diesem Naturzustand sind alle Menschen gleich, insofern, dass selbst der Schwächste durch Zusammenschluss mit anderen oder wenn der Starke schläft, diesen töten kann. Dort ist der Mensch dem Menschen ein Wolf.


    Die Menschen einigen sich darum in einem fiktiven Vertrag (Vertragstheorie) darauf, ihre Souveränität auf einen absolutistischen Herrscher zu übertragen, der als einziger im Naturzustand verbleibt, aber die Auflage hat, den Menschen Sicherheit vor einander und vor externen Gefahren zu garantieren. Dieser Herrscher ist dann der neue und einzige Souverän ("Leviathan" bei Hobbes).


    Der Vertrag kann aber laut Hobbes nur solange bestehen, wie der Herrscher (der Staat) die Sicherheit garantieren kann.


    Und damit kommen wir wieder zurück zum modernen Verhältnis zwischen Bürger und Staat:
    Wenn der Staat seine Legitimation, wie Hobbes sagt, hauptsächlich daraus zieht, dass er seinen Bürgern Sicherheit (auch vor einander) garantiert, dann kann man ruhig fragen, ob eine vom Staat geduldete wirtschaftliche Rahmenordnung, bei der so viele auf der Strecke bleiben diese hobbes'sche Minimalforderung an staatliche Gewalt überhaupt noch erfüllt.


    Ich hoffe Euch nicht gelangweilt zu haben.

    “The ideas of economists and political philosophers, both when they are right and when they are wrong, are more powerful than is commonly understood. Indeed the world is ruled by little else. Practical men, who believe themselves to be quite exempt from any intellectual influence, are usually the slaves of some defunct economist.” (Keynes)

  • Zitat

    Original geschrieben von <registered>
    Wenn der Staat seine Legitimation, wie Hobbes sagt, hauptsächlich daraus zieht, dass er seinen Bürgern Sicherheit (auch vor einander) garantiert, dann kann man ruhig fragen, ob eine vom Staat geduldete wirtschaftliche Rahmenordnung, bei der so viele auf der Strecke bleiben diese hobbes'sche Minimalforderung an staatliche Gewalt überhaupt noch erfüllt.


    Bitte wie? Zurück zur Planwirtschaft oder Kommunismus?


    Der Staat schützt seine Bürger voreinander (Gesetz, Polizei) und vor Bedrohungen von außen (Bundeswehr). Er garantiert die freie Berufswahl im GG.
    (Und er unterstützt diejenigen die nicht arbeiten können oder wollen finanziell und das ist schon mehr als Hobbes je für möglich gehalten hat.)


    Da bleibt also niemand "auf der Strecke" oder wird von Wölfen zerfleischt.
    Jedem AN ist es zunächst einmal freigestellt, ob er mit einem AG im Rahmen der Vertragsautonomie ein Arbeitsverhältnis eingehen will oder nicht.
    Wie sollte der Staat in ein solches Verhältnis eingreifen, außer wenn alles in staatlicher Hand ist? Schließlich sind Eigentum etc. für alle (also auch Unternehmer) per GG geschützt.


    Nicht zuletzt hat ist es ja gerade beabsichtigt, dass Tarifverhandlungen und ähnliches ausschließlich Sache der Gewerkschaften und AN-Vertreter sind in denen der Staat bzw. Politiker nichts verloren haben.

  • Hu, Kommunismus.


    Ist alles, was du nicht sofort verstehst, Kommunismus?


    Da würde der gute Hobbes aber laut lachen, wenn er gewusst hätte, was das ist.
    Ich denke, du interpretierst da etwas zu viel in meinen Beitrag hinein.


    Die von dir angeführten Leistungen des deutschen Staates habe ich mit keiner Zeile in Abrede gestellt.


    Sicher geht es Hobbes in erster Linie um die körperliche Unversehrtheit. Trotzdem kennt er auch kulturelle Errungenschaften, die erst in einem Staat entstehen können.
    Wie aber ist es um die Entwicklung der Kultur bestellt, wenn die Arbeitslosigkeit hoch ist und immer weniger Bürger am kulturellen Leben teilhaben können?


    Wie steht es um die körperliche Unversehrtheit, wenn sich jedes Jahr mehr Arbeitnehmer krank in die Arbeit schleppen?


    Bedeutet Sicherheit vor einander nicht auch, dass man sich nicht durch Lohndumping gegenseitig der Existenzgrundlage entzieht?


    Ich hasse die Kommunismuskeule, sorry.

    “The ideas of economists and political philosophers, both when they are right and when they are wrong, are more powerful than is commonly understood. Indeed the world is ruled by little else. Practical men, who believe themselves to be quite exempt from any intellectual influence, are usually the slaves of some defunct economist.” (Keynes)

  • Du willst das der Staat in marktwirtschaftliche Vorgänge eingreift, das geht nun mal nur wenn man Kommunismus praktiziert, denn dort ist per Definition das Privateigentum an Produktionsmitteln aufgehoben, ob Dir diese Keule nun gefällt oder ob Du das verstehst oder nicht...


    Und was hat körperliche Unversehrtheit damit zu tun, dass kranke AN trotzdem zur Arbeit gehen? Nüscht, Deine Argumentation würde nur passen, wenn die ausgeübte Arbeit krank machen würde (und dafür gibt es ja entsprechende Schutzgesetze). Das jemand aus Angst seinen Job zu verlieren trotzdem zur Arbeit geht mag evtl. nicht schön sein, hat aber nichts damit zu tun das der Staat nicht auf dessen Unversehrtheit achtet. Nicht umsonst darf man gar nicht arbeiten, wenn man nen gelben Schein hat.


    Ob jemand nun zum Arzt geht oder nicht, ist prinzipiell erstmal eine persönliche Entscheidung. Da müsste der Staat schon die Leute selber zum Doc schleifen ;)


    Wieso sollte ein Arbeitsloser nicht am kulturellen Leben teilnehmen können?
    Es sei denn kulturelles Leben definiert sich allein dadurch wie viel Geld man für den nächsten Latte Machiato ausgeben kann oder will.
    Musumsbesuche sind in vielen Fällen sogar gratis...

  • Zitat

    Original geschrieben von ChickenHawk


    Da bleibt also niemand "auf der Strecke" oder wird von Wölfen zerfleischt.


    Wenn du davon ausgehst, dass es so etwas wie ein soziokulturelles Minimum, welches über Hartz4 liegt nicht gibt, dann nicht, nein.


    Viele Betroffene würden ihre Existenz aber wohl als zerstört ansehen. Und das liegt weniger an den eigenen hohen Ansprüchen, sondern daran, dass das Leben in einer modernen westlichen Gesellschaft mehr als das nackte Überleben bedeutet.
    Leben heißt heute irgendwo auch Teilhaben. Und das geht mit HArtz4 nicht. Hobbes hätte die Sozialbürokratie natürlich auch im Ganzen abgelehnt.


    Zitat


    Wie sollte der Staat in ein solches Verhältnis eingreifen, außer wenn alles in staatlicher Hand ist? Schließlich sind Eigentum etc. für alle (also auch Unternehmer) per GG geschützt.


    Gar nicht. Aber er könnte ein Bürgergeld einführen und die Unternehmen wieder stärker in die Pflicht nehmen.


    Im Übrigen: Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen (Art. 14 Abs. 2 GG).

    “The ideas of economists and political philosophers, both when they are right and when they are wrong, are more powerful than is commonly understood. Indeed the world is ruled by little else. Practical men, who believe themselves to be quite exempt from any intellectual influence, are usually the slaves of some defunct economist.” (Keynes)

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