Günther Oettingers Trauerrede

  • Zitat

    Original geschrieben von Printus
    Für uns Deutsche steht zwar mehrheitlich fest dass die Todesstrafe eine unwürdige Veranstaltung ist - aber andere Länder sehen das bis heute nicht so, und vor 60 Jahren wurde das auch in Deutschland anders bewertet.
    Kann man allein an der Frage nach der Todesstrafe fest machen ob jemand ein "schlimmer Jurist" war? Man pickt sich hier eine Sache heraus, die nach heutigen, nach unseren Gesichtspunkten sicher absolut unappettitlich ist.


    Ich weiß nicht, wie andere das sehen, aber ich persönlich mache das Problematische an der Figur Filbinger ganz klar NICHT daran fest, dass es damals Todesurteile gab. Dies liegt zum einen daran, dass ich selbst kein 100%iger Gegner der Todesstrafe bin und es auch heute unter ganz bestimmten und sehr eng umrissenen Umständen befürworten würde, dieses Strafmaß zur Verfügung zu haben und auch anwenden zu können. Zum zweiten ist es für mich nicht von Belang, welches Strafmaß Filbinger in den fraglichen Prozessen verlangt bzw. ausgeurteilt hat (was mit Blick auf Todesstrafen sicherlich etwas zynisch sein mag). Entscheidend ist für meine Einschätzung vielmehr die Tatsache, dass sich Filbinger überhaupt in diesem Amt befunden und an dieser Stelle für das Naziregime gearbeitet hat. Ob er nun jemanden nur ins Gefängnis brachte oder die Todesstrafe verlangte bzw. aussprach, ist für mich nebensächlich und hat insbesondere auf die ursprüngliche Frage - nämlich ob es hinnehmbar war, dass Filbinger durch Oettinger als Nazi-Gegner dargestellt wurde - nicht die geringste Auswirkung.


    Zitat

    Original geschrieben von <registered>
    Im Grunde haben wir es mit einem Totalversagen der "intellektuellen Eliten" dieser Zeit zu tun.


    In der Tat - das kann man 100%ig unterschreiben...

    Ist das eine von den Kirchen, wo man so kleine Cracker kriegt? Ich habe Hunger!

  • Öttinger muss zurücktreten. Merkel hat ihm das mit ihrem Durchgreifen erspart.
    Also wem oder was hat sie mit ihrem Durchgreifen gedient? Der CDU.


    Öttinger sollte trotzdem zurücktreten.

  • Ich halte das Ganze für eine hochstilisierte Diskussion.


    Filbinger hat sich weder in der NS-Zeit besonders als eifriger Verfechter des Regimes gezeigt, noch hat er etwas anderes gemacht als 100 tausend andere Bürger.


    Er hat Urteile nach geltendem Recht gesprochen: Desertation mit dem Tod zu bestrafen findet sich übrigens schon Jahrhunderte länger im Recht verankert und das überall in Europa in der Zeit.

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  • Zitat

    Original geschrieben von galahad13
    Ich halte das Ganze für eine hochstilisierte Diskussion.


    Das ist durchaus richtig, sehe ich genauso. Interessant ist aber doch auch, dass gerade dann, wenn derartige (vollkommen überflüssige) Diskussionen geführt werden, andere Nachrichten in den Hintergrund gedrängt werden. Hätten wir nicht gerade über Oettinger zu diskutieren, wäre sicher die, viel fatalere, Aussage eines gewissen Präsidentschaftskandidaten aus Frankreich (wird hier diskutiert) viel stärker in der Presse vertreten gewesen.


    Das ganze ist eine Scheindiskussion, angefochten von Leuten, die Oettinger nicht leiden können oder zurückdrängen wollen bzw. unter Kontrolle halten wollen (siehe Angela Merkel, die gerne ihre Landesfürsten "unterdrückt"). Jeder leistet sich mal Fehler, das macht auch nicht bei einem Ministerpräsidenten halt. Und die etwas weiter oben geäußerte These, dass die Rede von einem Redenschreiber war und nicht von Oettinger selbst, halte ich für sehr wahrscheinlich.

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  • Zitat

    Original geschrieben von John1281

    Das ganze ist eine Scheindiskussion, angefochten von Leuten, die Oettinger nicht leiden können oder zurückdrängen wollen bzw. unter Kontrolle halten wollen (siehe Angela Merkel, die gerne ihre Landesfürsten "unterdrückt"). Jeder leistet sich mal Fehler, das macht auch nicht bei einem Ministerpräsidenten halt. Und die etwas weiter oben geäußerte These, dass die Rede von einem Redenschreiber war und nicht von Oettinger selbst, halte ich für sehr wahrscheinlich.


    Nicht jeder Politiker in Führungsposition hat nunmal das Talent wie unser ehemaliger Bundeskanzler sich frei vom Manuskript zu trennen, und totzdem zielsicher im politischem Fahrwasser die geneigten bzw kritischen Zuhörer zu umgarnen. Darum ist die Zunft der Redenschreiber eine nicht mehr wegzudenkende Gruppe im politischen Alltagsgeschäft geworden. Gib Ihnen drei Stichworte und vier Interviews von dir, und schon bekommst du eine Rede, wie Sie deinem politischem Bild entspricht.


    Wenn auch nicht in Gänze so stammt zumindest das Rohkorsett von Oettingers Rede von einem dieser Zunft. Leider haben unsere politischen Volksvertreter die Eigenheit sehr selbstbewusst zu sein, und gerne mal eine verfasste Rede etwas abzuändern bzw. zuergänzen. Was ja ansich nicht schlimm ist, denn es ist ja IHRE Rede. Dieses geschieht jedoch oftmals ohne zu merken, welch Sprengstoff Sie durch Ihre scheinbar "unüberlegte" Handlung in die ansich wasserdichte Rede einbauen.


    Solch eine Änderung ist schon so manchen wegen journalitischen Übereifer zum Verhängnis geworden.


    Durch sein jetziges Zurückweichen hat Oettinger zwar den sofotigen Rücktritt vermieden, seine politische Position jedoch entscheidend geschwächt. Ob er diese Schwächung lange übersteht wird sich zeigen.



    Siemensanier


    PS: Was von solchen Reden übrigens ansich zu halten ist zeigt ein Beispeil, bei dem ein Redenschreiber sich auf Eröffnungsreden für Kongresse und Messen spezialisiert hatte. Der Witz daran war, das man seine Reden gleichwohl von Vertretern der beiden großen Volksparteien hören konnte. Was man am Markt nicht alles kaufen kann. Er hat übrigens seine Reden immer mit einem quasi Wasserzeichen versehen. Drei unterschiedliche Worte in gewissem Abstand doch relativ sinnfrei. NEIN, ich werde jetzt keine Beweise oder Links für diesen Fall hier anführen!

  • Zitat

    Original geschrieben von John1281
    Und die etwas weiter oben geäußerte These, dass die Rede von einem Redenschreiber war und nicht von Oettinger selbst, halte ich für sehr wahrscheinlich.


    Das ist keine These, sondern Fakt und absolut üblich in allen Bereichen, in denen Reden gehalten werden. Die Redenschreiber der Politiker gehören allerdings normalerweise zum Beraterstab und sind wichtige Mitarbeiter, keine 'Freelancer'. ;)


    Diese Rede wurde von einem Mann namens Grimminger geschrieben, der auch an Filbinger-Biographien mitgearbeitet hat und Mitarbeiter des Filbinger-Gefährten Rohrmoser war, einem Mitbegründer des Studienzentrums Weikersheim. Kurz gesagt: Der Redenschreiber ist dem christlich-konservativen Lager zuzuordnen und hat mehr oder weniger direkten persönlichen Bezug zum Filbinger-Lager gehabt.


    Um die Rede soll es übrigens im entsprechenden Referat der Regierung durchaus Debatten gegeben haben, Oettinger hat also sicherlich keine Rede gehalten, die er auf der Fahrt zur Beerdigung das erste mal gelesen hat.

  • Zitat

    Original geschrieben von galahad13
    Desertation mit dem Tod zu bestrafen findet sich übrigens schon Jahrhunderte länger im Recht verankert und das überall in Europa in der Zeit.


    Du kannst doch nicht einfach davon abstrahieren, WOVON jemand desertiert!

  • Zitat

    Original geschrieben von tinalein
    ...
    Die Redenschreiber der Politiker gehören allerdings normalerweise zum Beraterstab und sind wichtige Mitarbeiter, keine 'Freelancer'. ;)
    ...



    normalerweise, doch so wie ich informiert bin, kaufen selbst die Angehörigen des Beraterstabes heute schon ganz gerne Reden zu gewissen Anlässen ein. Oder besser gesagt, folgt ein Politiker einer Einladung, so kann er bei Bedarf gleich ein Manuskript in Rohfassung für seinen Auftritt vom Gastgeber mit erhalten. Nicht ohne Grund beziehen sich viele Reden bei Eröffnugsevents aufeinander, weil Sie eben aus einer Feder stammen.


    Dann sollte Herr Oettinger aber schleunigst mal seinen Beraterstab nach faulem Obst durchforsten, bevor ihm da jemand noch so ein faules Ei ins Nest legt, denn die nächste Salmonellenvergiftung ist garantiert tötlich.



    Siemensanier

  • Berater und Redenschreiber hin oder her - am Ende steht immer der Chef vorne und muß vertreten was er sagt. Und Aussagen wie die, die in dieser Rede standen, MUSSTEN Oettinger einfach auffallen. Das war ja nichts, wo man sagen kann dass es so versteckt war dass es erstmal nicht auffallen konnte...

    Ich dachte immer es sei technisch unmöglich mit jemandem Sex zu haben, der Dörte heißt...

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