Praktikantenvergütung viel zu niedrig - wie "nachverhandeln"?

  • Hallo zusammen!


    Ich habe folgendes Problem und freue mich, wenn ihr mir mit Tipps behilflich sein könnt.


    Ich habe mich für ein Praktikum in Stockholm beworben, Zeitraum Anfang Mai bis Ende August.
    Die Bewerbung lief als Initiativbewerbung und nicht über die Personalabteilung, sondern über einen Bekannten meinerseits (von daher bin ich in einer schwächeren Verhandlungsposition). Das Interviewtelefonat lief (aus meiner Sicht) recht gut, und so wurde mir eine Stelle angeboten. Ich selbst bin an der Stelle wirklich interessiert; sie deckt sich sehr gut mit meinen Studienrichtungen, die Aufgabenstellung klingt interessant und eine Menge zu lernen gibt es auch.


    Der Haken ist: als Vergütung wurde mir 550 Euro brutto vorgeschlagen, dazu noch ein kostenloses Monatsticket für den Nahverkehr plus Essensmarken.
    Wer schon einmal in Stockholm war, weiß, wie teuer es da ist. Von dem Nettogehalt könnte ich mir noch nicht einmal eine Wohnung leisten.


    Meine Frage: habt ihr schon einmal eine solche Situation gehabt, sprich Traumpraktikum angeboten bekommen aber die Vergütung war absolut indiskutabel? Habt ihr "nachverhandelt", wenn ja wie? Wart ihr erfolgreich damit? Welche Argumente ziehen am ehesten?



    Zu meinem Hintergrund:
    Ich studiere im 8. Semester BWL mit den SBWLs "Industrielles Controlling" und "Corporate Finance & Finance". Als Wahlfach habe ich mir Ökonometrie (platt gesagt angewandte Statistik) gewählt. Ihr seht, Zahlen liegen mir ;)


    Neben einem der besten 20 Vordiplome (Schnitt 1,5) an meiner Uni habe ich bereits als Hiwi gearbeitet und zwei Praktika in renommierten Unternehmen absolviert. Völlig unbeleckt und unbedarft bin ich also nicht. Dazu kommen sehr gute Excelkenntnisse (die ich für die Stelle auch brauchen werde), Englisch verhandlungssicher und ein Jahr Auslandsstudium. Grundkenntnisse habe ich derzeit in Schwedisch, die aber täglich ausgebaut werden. ;)


    Ich habe einfach das Gefühl, dass ich mich unter Wert verkaufen würde, wenn ich da zustimme, auch wenn mir die Stelle so sehr am Herzen liegt. Sollte ich die 550 Euro akzeptieren, so wäre ich definitiv auf die Unterstützung meiner Eltern angewiesen, was vermutlich einfach nicht drin ist, da noch zwei andere Brüder unterstützt werden müssen. Was also tun?


    Vielen Dank für ernstgemeinte und hilfreiche Tipps! :)

  • Hi,


    so viel BWL studiert und so wenig Personalökonomik gelesen ;)?


    Ohne deinen Fall jetzt genau zu kennen klingen die 550 EUR für mich für ein Praktikum (!) auf Initiativbewerbung (!!) über Vitamin B (!!!) im Prinzip nach 550 EUR zu viel ;).


    Okay, du steckst trotzdem in der Zwickmühle. Darum würde ich an deiner Stelle einfach überlegen ob es dir ohne höhere Vergütung möglich ist oder nicht. Falls nicht, geh auf's Ganze und sag' dass du die Stelle gerne annehmen würdest aber nur zu X EUR im Monat und weise dabei nochmal auf deine guten Studienleistungen hin (obwohl "gut" ja relativ ist und unter den 20 besten von 21 nicht gut ist ;))...


  • Hi!


    Danke für deine Antwort. Ich weiß, dass ich in einer schwachen Verhandlungsposition bin. Dass ein Praktikum vergütet wird ist für mich selbstverständlich: bei aller Einarbeitung, nach spätestens vier Wochen macht man einen Job, für den auch jemand festeingestellt werden könnte.


    Die Frage ist vor allem für mich, wieviel da netto rauskommt. Mein Freund, über den ich die Sache angeleiert habe, meinte dass er damals 25% Flattax bezahlt hat. Würde also 412,50 Euro sein. Wenn ich Glück habe kann ich davon die Wohnung bezahlen. :flop: :(:(


    So zur Info, derzeit bin ich in Helsinki, und alle finnischen Freunde meinen, dass das viel zu wenig ist. Normal sind, selbst für einfache summer jobs wie in einer Bank Botendienste machen, 1500 Euro brutto, teilweise bis 2000 Euro. Selbst meine finnische Mitbewohnerin, die letztes Jahr in Stockholm als Bademeisterin (!!!) gearbeitet hat, bekam 1400 Euro brutto!!!

  • Kenne einige Leute die im Moment während des Studiums ein Praktikum machen oder schon gemacht haben, und ganz ehrlich: 550 Euro brutto hat da fast keiner bekommen.


    Dein Praktikum geht über einen Zeitraum von 4 Monaten, rechne dir einfach mal aus, wieviel du pro Monat und insgesamt gesehen bräuchtest, und überleg dir, von welchen Quellen du wieviel an Unterstützung bekommen könntest oder was du selbst an Mitteln locker machen könntest...

    Oder du hast bis Mai ja noch etwas Zeit, vielleicht findest du bis dahin noch irgendnen kleinen Job um etwas Geld anzusammeln?


    Wenn du das Praktikum absagen mußt, würde ich durchblicken lassen, dass es finanzielle Schwierigkeiten gibt, und wenn sie dich wirklich wollen, wird sich da evtl. ein Weg finden lassen ;)

    Gruß, lazybee

  • Zitat

    Original geschrieben von lazybee
    Kenne einige Leute die im Moment während des Studiums ein Praktikum machen oder schon gemacht haben, und ganz ehrlich: 550 Euro brutto hat da fast keiner bekommen.

    ...und wieviele Leute haben davon Ihr Praktikum in Schweden gemacht?!? ;)


    Ich kenne die Situation aus der Schweiz, wo die Lebenshaltungskosten auch höher sind als in Deutschland (zumindest in den Städten). Wenn man ein fachlich anspruchsvolles Praktikum macht, sind dort die von Intruder genannten Dimensionen absolut üblich.

  • Zitat

    Original geschrieben von der_blub
    ...und wieviele Leute haben davon Ihr Praktikum in Schweden gemacht?!? ;)


    Hmmm 1:0 für dich! ;)


    (Obwohl ziemlich viele ihre Praktika in München gemacht haben, und dort sind die Lebenshaltungskosten auch nicht ohne, alleine die Mieten schon...)


    Zitat

    Wenn man ein fachlich anspruchsvolles Praktikum macht, sind dort die von Intruder genannten Dimensionen absolut üblich.


    Daraus lässt sich dann aber folgern, dass Intruder doch nochmal nachverhandeln sollte...
    Allerdings ist er in einer "blöden" Situation, da es ja wie schon weiter oben geschrieben wurde, eine Initiativbewerbung war und auch über Vitamin B lief!

    Gruß, lazybee

  • Ich glaube man muss da ein bisschen differenzieren. Ich gebe ja selbst durchaus zu, dass ich "auf hohem Niveau" klage. Es mag andere Branchen geben, wo es absolut unüblich ist, ein Praktikum zu vergüten. In "meinem" Bereich, sprich BWL, ist es aber mit einigen Ausreißern bei HR oder Marketing auf jeden Fall gang und gäbe, Praktika zu bezahlen.


    Viele, insbesondere große Unternehmen, haben eine verbindliche Richtlinie für die Praktikavergütung. Z.B. weiß ich dass BASF Praktikanten im Grundstudium 220 Euro brutto monatlich, bei Hauptstudiumsstudenten 770 Euro monatlich bezahlt (nein, bei BASF habe ich kein Praktikum gemacht). Die Deutsche Bank z.B. zahlt, wenn man in der PBC (= private & business clients) Sparte beschäftigt ist, 800 Euro monatlich brutto.


    Wohlgemerkt, das alles in DE. Denn selbst in Frankfurt lässt sich eine bezahlbare Wohnung in der Innenstadt finden. Zur Not gibts Aldi und Co, um über die Runden zu kommen.


    Nur: ich sehe es gerade hier in Helsinki, wie wahnsinnig teuer das Leben in Skandinavien ist, und dabei ist Helsinki noch eine ganze Ecke günstiger als Stockholm oder Oslo. Mich ärgert, dass anscheinend die örtlichen Lebenshaltungskosten völlig ausgeblendet werden. 550 Euro in FFM mag ja noch gehen, aber in STockholm?!?



    Um nochmal auf meine Frage zurückzukommen:
    Habt ihr Tipps, wie ich die Sache nochmal zur Sprache bringen kann? Das Problem ist wirklich, dass meine Eltern vermutlich nicht bereit sein werden, mir die 4 Monate lang auch noch was obendrauf zu legen.
    Oder soll ich eher unter Verweis auf meine Fähigkeiten um etwas mehr bitten?

  • Praktikanten sind nach wie vor leider ein quasi unerschöpfliches Gut, so daß man nur sehr bedingt mit besonderer Qualifikation argumentieren kann.


    Ich würde den Gaul von hinten aufzäumen und so argumentieren, daß Du und das Praktikum wirklich ideal zusammenpassen und beide Seiten davon sehr profitieren können. Allerdings sei Dir die Annahme des Praktikums nur möglich, wenn Du finanziell halbwegs auf Deine Kosten kommst. Es gehe Dir wahrlich nicht darum, Dich zu bereichern, aber mit dem bisher angebotenen Gehalt sei Dir das Leben in Stockholm schlicht nicht möglich.


    Wenn sie dann nicht ziehen, hilft alles nichts und Du musst absagen. oder sie machen von sich aus einen Rückzieher.


    Wenn Du diese Gefahr des Rückziehers ihrerseits oder der Absage Deinerseits nicht eingehen möchtest, ist die o.g. Vorgehensweise natürlich keine Option.

    Hätte der Mensch nur halb so viel Vernunft wie Verstand, dann wäre alles viel einfacher in der Welt. Linus Pauling

  • Andere Länder andere Sitten...


    Nicht in allen Ländern ist die Art von Praktikum, die es in Deutschland gibt bekannt.


    Ich habe ein Praktikum in Irland gemacht (Corporate Finance) - da war sowas gar nicht bekannt. Nur weils ne deutsche Firma war gabs dann eine Bezahlung, mit der man auch leben konnte.
    Eine Freundin hat ein Praktikum in Belgien gemacht (Bank, Asset Management) die Bezahlung war Null.
    In den USA werden Praktika i.d.R. recht gut bezahlt bis zu 2000$ hab ich von Kollegen gehört.


    Ansonsten kann man sich auch ein Stipendium fürs Auslandspraktikum holen, z.B. Leonardo da Vinci Programm.


    Mein Gehalt nachverhandelt habe ich auch, aber erst nach 2 Wochen arbeiten. Da hat der Chef gesehn dass ich mich reinhänge und das Geld auch wert bin. Also Risiko eingehen, die ersten Wochen hart arbeiten, dann nach höherem Gehalt fragen.

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!