Telefone ohne SIM Cards in USA? Wie geht das?

  • Moin,


    bei macuser läuft momentan (wie könnte es auch anders sein) :) eine iPhone Diskusion.


    Ich zitiere mal einen Teil dieses Threads

    Zitat

    Zusätzlich sind SIM Karten in den USA nicht bei allen Mobilfunkanbieter
    vorhanden, ich bin zum Beispiel bei SPRINT wo man KEINE SIM Karten
    hat.


    Wie funktioniert das denn technisch? Wie wird das Telefon einem Benutzer zugeordnet? Wie werden Gespräche abgerechnet? ...


    Fragen über Fragen

    Der Golgataner aka QWallyTy aka Thorsten

  • Hallo,


    in den USA sind viele Telefone mit ihrer Seriennummer beim Netzbetreiber registriert.


    Gruß
    Pooky

  • Das Telefon ist mit seiner Seriennummer in einer Datenbank fest mit einem bestimmten Betreiber verbunden. Dadurch können die Provider kontrollieren, wann man sein Endgerät wechselt und gegebenenfalls zum Beispiel ungebrandete, bei der Konkurenz gekaufte Geräte ausschließen.
    Will man einen anderen Vertrag mit dem Telefon nutzen, muss man die Kundenbetreuung anrufen, und die neue Seriennummer des neuen Telefons mitteilen. Die stellen das dann für einen um.
    Sogar bei GSM-Netzen muss man manchmal die IMEI seines Geräts angeben, um für bestimmte Dienste, z.B. WAP, freigeschaltet zu werden.


    Dort ist der Subventions- und Brandingwahnsinn durch die vielen unterschiedlichen und zueinander inkompatiblen Techniken noch viel schlimmer als bei un, weil Otto-Normalmensch gar nicht davon ausgeht, sein Telefon zu einem anderen Anbieter mitnehmen zu können. Sein Telefon kauft man dadurch fast grundsätzlich beim Netzbetreiber und nicht auf dem freien Markt.

  • Hi,
    ist in Japan genau das Gleiche.


    "SIM"-Karten gibt es generell nur in den GSM-Netzen. Dort sind sie ein integraler Bestandteil des Netz-Standards. Obwohl GSM sehr verbreitet ist, gibt es (leider oder glücklicherweise) zahlreiche weitere Netzstandards.


    Bei UMTS-Netzen wurde das Konzept der Chip-Karte weiterverwendet, dort heißt die entsprechende Karte U-SIM. Diese kann auch in GSM-Telefonen (D-/E-Netze) verwendet werden.


    Gänzlich anders sieht es in den anderen Standards aus, etwa bei CDMA, CDMA2000 oder auch bei PHS. CDMA ist z.B. in den USA (Sprint/Nextel) und in Japan (bei au) im Einsatz. Mit den sogenannten "Quadband"-Telefonen, die USA-tauglich sind (1900MHz), kann man damit als Ausländer in diese Netzen auch nicht "roamen", da es eine ganz andere Technologie ist. Roaming geht nur in den amerikanischen GSM-Netzen, z.B. bei T-Mobile USA.


    In CDMA-Netzen gab es bis vor ein paar Jahren überhaupt keine Chip-Karten, die entsprechenden Informationen wurden ausschließlich im Gerät selbst gespeichert. Mittlerweile gibt es aber eine SIM-ähnliche Lösung namens "R-UIM", mit der CDMA-Nutzer dann erstmals auch die Möglichkeit haben, in GSM-Netzen zu roamen, da die Identifikations-Daten für GSM dort auf Chip gespeichert sind. Weiterhin enthält die Karte auch die Ident-Daten für CDMA.


    CDMA2000 ist die 3G-Fortentwicklung von CDMA vergleichbar mit W-CDMA (=UMTS) und hat in der Regel auch keine Chip-Karten zur Speicherung der Identifikations-Daten. CDMA2000 und W-CDMA (=UMTS) sind übrigens technisch inkompatibel.


    Bei PHS gibt es auch keine SIM-Karten. Das System ist in Asien sehr verbreitet und ist technisch nicht viel anders, als das DECT schnurlos-Telefon von zu Hause. Das hat ja auch keine SIM.


    Sprint setzte vor der Fusion mit Nextel das 2G-Mobilfunksystem iDEN von Motorola ein, auch dort gab es keine Chip-Karten. Die Identifikations-Daten waren im Speicher des Geräts.


    Japan hat daneben noch ein komplett eigenes 2G System: PDC (z.B. NTT Docomo --> i-mode). Bei PDC gibt es auch keine Chip-Karten. PDC-Telefone stellen fast ausschließlich japanische Hersteller her. Die Entscheidung für dieses proprietäre System für Japan war damals wohl auch aus Gründen der Marktabschottung. Allerdings war das Ergebnis zweischneidig: Nokia hat in Japan keinen Fuß auf den Boden bekommen, da die japanischen Unternehmen grundsätzlich schneller und näher am Kunden waren. Für Nokia war es außerdem zu aufwendig, nur für Japan Geräte zu produzieren. Das Gleiche galt für Motorola. Damit waren die Handys in Japan fast alle von Sharp, von Panasonic oder von Sony.
    Das Ergebnis war aber auch, dass die japanischen Firmen auf dem Weltmarkt für Mobiltelefone fast keine Rolle spielten, da sie den Heimatmarkt nicht nutzen konnten. Sony hat mit der Fusion mit Ericsson zu SonyEricsson gerade noch die Kurve gekratzt, Panasonic und Sharp sind fast irrelevant. Seit es UMTS gibt, muckt Sharp wieder ein wenig auf, v.a. bei Vodafone.


    In den 3G-Netzen ist in Japan W-CDMA (UMTS) und CDMA2000 im Einsatz. Chip- bzw. USIM-Karten gibt es dort nur in den 3G-Netzen von Vodafone ( bzw. jetzt bei Softbank) und Docomo. Daher gibt es z.B. auch Roaming für Ausländer nur bei Softbank im UMTS-Netz und bei Docomo (UMTS bzw. FOMA). Vor UMTS musste man immer ein Gerät am Flughafen mieten und bekam dann natürlich auch noch eine eigene Nummer. Wenn man 2G, z.B. auf dem Land, nutzen muss, gilt das noch immer.


    In den "normalen" 2G bzw. 2.5G-Netzen sind in Japan SIM-Karten überhaupt nicht im Einsatz, da es in Japan im Gegensatz zu den USA kein GSM gibt, sondern nur PDC (Docomo & Softbank), das amerikanische CDMA (au) und PHS (bei Willcomm).


    Handys gibt es nur in den Netzbetreiber-Shops bzw. bei Vertragspartnern. In den Shops stehen dann meist zwei Preise für die Handys, einer für einen Neuvertrag und einen weitaus höheren für ein Ersatz-Handy. Ein Gebrauchthandy-Markt existiert so praktisch nicht. Genauso gibt es keine "brandingfreien" Geräte. Bei den neuen UMTS-Handys wäre ein Gebrauchtmarkt zwar denkbar, aber das wird in Japan durch einen Simlock aller UMTS-Geräte unterbunden.


    Die Japaner selbst wissen darüber hinaus meist auch gar nicht, dass die Verwendung eines anderen Geräts möglich wäre, denn bei PDC und CDMA ging es ja überhaupt nicht. Ausländische UMTS-Geräte sind für Japaner genauso uninteressant, da es außerhalb Japans keine Handys mit einer Software mit japanischen Zeichensätzen gibt.


    Interessant ist in diesem Zusammenhang übrigens, dass in Japan das Motorola RAZR V3-Design jetzt gerade hypermodern ist. In Europa gibt es die Geräte ja schon seit Jahren, in Japan aber erst, seit es auch die UMTS-Version von Motorola gibt. Irgendwie interessant, früher hieß es immer, die japanischen Handys seien den europäischen Jahre voraus.


    Noch eine Anekdote: Als mich ein Backpacker vor ein paar Jahren mal bei Big Camera (analog: MediaMarkt) fragte, wo man ein Gebraucht-Handy für die japanischen Netze herbekommt, in das er dann seine SIM-Karte stecken könnte, hat er ganz schön dumm aus der Wäsche gekuckt, als ich ihm klarzumachen versucht habe, dass es in Japan keine SIM-Karten gibt. Mir hat er zumindest geglaubt, den Japanern nicht.


    Grüße

  • Zitat

    Original geschrieben von blntel
    Noch eine Anekdote: Als mich ein Backpacker vor ein paar Jahren mal bei Big Camera


    Danke für die wirklich tolle Erklärung....;)
    Echt klasse....
    Aber was bitte ist "ein Backpacker"?

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